Teilnachtsbotschaft

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Es müssen nicht immer Socken sein. Oder selbstbemalte Keks-Dosen. Oder Stützstrümpfe. Jeder kann seine persönlichen Weihnachtsgeschichten verschenken – die Aktion heißt #teilnachten.

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde …“ Klar, wie diese Geschichte weitergeht, wissen die meisten. Aber das Weihnachtsfest bringt noch viel mehr erzählenswerte Geschichten mit sich, finden Dominik Sennes (Foto: Alex Öland) und David Weingartner. Die beiden Jungunternehmer organisieren die Aktion #teilnachten, um genau diese privaten Erzählungen unter dem Weihnachtsbaum hervorzuholen: „Geschichten sind etwas Wertvolles. Sie transportieren sehr viel, auch über Generationen hinweg“, sagt Dominik.

Jeder kann seine persönlichen Weihnachtsgeschichten verschenken – auf der Internetseite www.teilnachten.de werden sie gesammelt. Wie beim Geschenke kaufen erwarten die Organisatoren einen Last-Minute-Ansturm und hoffen auf weit mehr als 50 Geschichten. Besonders viele Kindheitserinnerungen sind bisher auf die Seite herabgeschneit, aber auch durchaus ernste Geschichten: Antonio beschreibt zum Beispiel, wie er an Weihnachten eine Hilfslieferung nach Bosnien gebracht hat. Gerade diese Erzählungen, die ein Band hin zur „echten“ Weihnachtsgeschichte knüpfen, wollen Dominik und David finden – und mit der ganzen Weihnachtswelt teilen.

Der Austausch der Geschichten ist der Stern, der über der Aktion am Winterhimmel schwebt. Dominik und David sind mit ihren Start-Ups „Cambeo“ und „OuiShare“ in diesem Bereich aktiv und wollen zeigen, dass Teilen glücklich macht. Und sie möchten ein neues Bewusstsein für Weihnachten schaffen: „Über unser Medium der Geschichten sollen sich Menschen Zeit nehmen, zu reflektieren, was Weihnachten für sie bedeutet.“ Wenn das keine „Teilnachtsbotschaft“ ist.  Katharina Hartinger

Neuland

Eine etwas andere Weihnachtsfeier hat in Dachau stattgefunden – mit Impromusik und Poetry-Slam. Organisiert haben sie vier jungen Frauen, die sich zusammen Paul nennen.

Weihnachten im Wasserturm – vier junge Frauen aus Dachau haben eine extravagante Weihnachtsfeier veranstaltet. Mit handgemachter Dekoration, Detailverliebtheit und „Impro-Musik statt ,Stille Nacht‘ aus der Box“, sagt Lina Homann. Sogar Poetry-Slammer Bumillo kam nach Dachau, um aufzutreten. Paul (Packende Aktionen, Unterstützung Leben) nennen sich die vier Freundinnen, sie haben schon eine Kleidertauschbörse organisiert, weitere Events sollen folgen. Ihr Ziel: Den kulturellen Aspekt mit dem Benefizgedanken kombinieren – den Erlös der Weihnachtsfeier spenden sie. Katharina Hartinger

Hilfe mit Tiefgang

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Nicola Gärtner und Amir Aboueldahab organisieren als „Ingenieure ohne Grenzen“ ein Wasserprojekt in Afrika.

München – Die „Wassermusik“ von Händel wäre eine passende Musikauswahl für das Benefizkonzert von „Ingenieure ohne Grenzen“ – schließlich verbessern die 20 TU-Studenten die Wasserversorgung in einem abgelegenen Tal in Marokko. Aber die Ingenieure setzen auf Modernes: Für das Konzert am 16. Dezember in der Glockenbachwerkstatt (Einlass 19 Uhr) konnten sie fünf Bands gewinnen, unter anderem Triska aus München. Spenden in Höhe von 7000 Euro haben sie schon gesammelt, der Erlös aus dem Konzert wird nun komplett hinzukommen. Ein Gespräch mit Nicola Gärtner, 22, und Amir Aboueldahab, 26, über die Hintergründe des Projekts und Wassermelonen.

SZ: Wem genau wollt ihr mit eurem Wasserprojekt helfen?
Amir Aboueldahab: Im Tafraoute-Tal in Marokko leben circa 60 bis 70 Berberfamilien. Die betreiben Subsistenzlandwirtschaft und ziehen tageweise mit ihren Ziegenherden in die Berge. Sie haben Wasserprobleme, weil es dort drei Jahre lang nicht ernsthaft geregnet hat. Eine Trekking-Touristin, die zufällig im Tal war, hat sich an „Ingenieure ohne Grenzen“ gewandt. Und wir fanden das Projekt spannend.

Warum engagiert ihr euch gerade dafür?
Amir Aboueldahab: „Ingenieure ohne Grenzen“ ist ja ein deutschlandweiter Verein, aber das ist das erste Wasserprojekt von uns hier in München. Das war für viele eine Motivation. Dieses Thema spricht zum Beispiel Bauingenieure an …

Nicola Gärtner: … oder Umweltingenieure wie mich (lacht). Wir beschäftigen uns im Studium viel mit Wasserbau und Problemen bei der Wasserversorgung. Wir haben hier das Glück, extrem gute Bildung zu erhalten. Da kann man auch mal etwas zurückgeben.

Wie sieht das Projekt genau aus?
Amir Aboueldahab: Die Anfrage war erst einmal, dass wir mehr und tiefere Brunnen bohren sollen. Im Oktober waren wir im Tal, haben Brunnen vermessen und uns überlegt, welche Alternativen es gibt. Wir haben vor Ort festgestellt, dass es vor zwei Monaten geregnet hatte – die Leute hatten also Wasser.

Problem gelöst.
Amir Aboueldahab: Wir haben gemerkt, dass die Leute das Wasser sofort verbrauchen, wenn sie welches haben. Einer hat angefangen, Wassermelonen (Frucht mit circa 96 Prozent Wassergehalt, d. Red.) anzubauen, um sie zu verkaufen. Das ergibt wenig Sinn, damit verkauft man quasi das Wasser auf dem Markt.

Woher kommt dieser Umgang mit Wasser eurer Meinung nach?
Amir Aboueldahab: Das Hauptproblem ist, dass kein Bewusstsein dafür da ist, wie sich Grundwasser verhält. Die Menschen denken, dass das Wasser weg ist, wenn sie es nicht sofort verbrauchen. Es geht uns darum, zu sensibilisieren: Grundwasser, das sie jetzt nicht verbrauchen, ist nach einem Jahr auch noch da. Hier versuchen wir anzusetzen. Mittlerweile sind wir an dem Punkt, wo wir davon ausgehen, dass es eher ein Bildungsprojekt zum Thema Wasserwirtschaft werden wird.

Damit wären die ursprünglichen Planungen hinfällig.
Amir Aboueldahab: Wir versuchen, flexibel zu sein und ergebnisoffen an das Projekt heranzugehen. Das sieht man: Wir haben fünf Technologien ein Jahr lang ausgearbeitet und eigentlich alle wieder verworfen. Die gründliche Vorbereitung von verschiedenen Lösungen war trotzdem wichtig – und mir macht es Spaß, so zu arbeiten. Aber: Wir haben auf diesem Weg auch ein paar Leute verloren, die sich ganz intensiv mit einer Technologie auseinandergesetzt haben.

Geht ihr davon aus, dass das Bildungsprojekt allein das Wasserproblem schon lösen kann?
Amir Aboueldahab: Aktuell gehe ich davon aus. Es ist schwer abzuschätzen, weil wir noch nicht hundertprozentig wissen, wie sich das Grundwasser in diesem Bereich verhält. Um das zu klären, werden wir erst einmal die Daten auswerten, die wir bei der Erkundung gesammelt haben.

Wie problematisch ist es, dorthin zu gehen und zu sagen: „Ihr macht das falsch. Wir zeigen euch, wie es besser geht.“?
Amir Aboueldahab: Es fühlt sich problematisch an. Wir haben bei der Erkundung aber festgestellt, dass die Menschen dort das wollen. Sie haben bei ganz alltäglichen Dingen gefragt, wie sie das jetzt machen sollen. Sie waren fast unsicher, weil sie uns eine völlig überhöhte Kompetenz zugesprochen haben, was alles im Leben angeht.

Welche technischen Komponenten sind in eurem Projekt eigentlich noch übrig?
Amir Aboueldahab: Eine handwerkliche Lösung wäre zum Beispiel, Pumpen der bestehenden Brunnen auf Solartechnik umzurüsten. Das würde den Familien den Druck nehmen, so viel Geld für Treibstoff ausgeben zu müssen. Dann müssten sie – plakativ gesagt – weniger Wassermelonen anbauen.

Beim Benefizkonzert spielen fünf Bands. Wie groß ist deren Interesse?
Nicola Gärtner: Gerade erst hat sich eine der Bands gemeldet. Die Musiker schreiben derzeit ihre Anmoderation und haben sich wirklich Gedanken über das Projekt gemacht und sehr konkrete Fragen gestellt. Das hat mich beeindruckt.

Interview: Katharina Hartinger

Katja Münch – Sendlinger Basketballplatz

Sie will die Kontraste der Stadt zeigen, die Spannung zwischen aggressivem Basketball und buntem Kinderspiel. Katja Münch setzt natürliche Materialien in einen städtischen Kontext.

Ein Hüpfspiel für Kinder, bunt, mit einem Herzchen verziert und mit Kreide auf einen Sendlinger Basketballplatz gemalt – aber verniedlichend ist das nicht. Zumindest, wenn es nach Katja Münch, 28, geht, die mit diesem Foto „das Spiel zwischen Mensch und Großstadt“, zwischen Kinderspiel und hartem Basketball darstellen will. „Den Kontrast, den eine Stadt in sich trägt“, bildet sie in ihrer Bachelorarbeit in Fotodesign ab, für die sie verschiedene natürliche Materialien in den Kontext des typischen Stadtbilds setzt. Katja sieht derzeit wohl viele Basketballplätze auf der ganzen Welt, denn sie ist seit dem Abschluss oft für Reisereportagen unterwegs. „Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich jede Woche an einem neuen Ort aufwachen“, sagt sie. Katharina Hartinger

Neuland

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Die Suche nach jungen Golf-Partnern in München fiel Christopher Obereder und Florian Thiel schwer – also haben sie kurzerhand ein interessensbasiertes soziales Netzwerk gegründet. Inlope ist als App verfügbar und verbindet Briefmarkensammler und Gitarrenspieler auf lokaler Ebene.

Mehr als 1 380 000 Menschen gefällt auf Facebook eine Seite namens „Cats Paradise“. Trotzdem könnte es sein, dass sich viele der Katzenliebhaber in dieser globalen Gemeinschaft einsam fühlen, schließlich ist das länderübergreifende Katzenkuscheln hier nur virtuell möglich. „Es bringt mir ja nichts, wenn einer in Asien auch eine Katze hat“, sagt Christopher Obereder, 22, und präsentiert zusammen mit Florian Thiel, 22, ein neues soziales Netzwerk, in dem sich die Nutzer interessensbasiert und eben lokal vernetzen können (Foto: Inlope). Das Jungunternehmer-Duo aus München hatte bereits die App Friending auf den Markt gebracht, eine kostenpflichtige, mäßig erfolgreiche App zum Freunde-Finden. Inlope, so nennt sich die neue Plattform, ist gratis und seit Ende November verfügbar.

Inzwischen gibt es schon mehr als 120 verschiedene Interessen in dem Netzwerk, das die Entwickler als eine Art „digitale Pinnwand“ für Gleichgesinnte verstehen. Entstanden ist die Idee, als die beiden 22-Jährigen nach anderen jungen Golfspielern in München suchten und sich diese Suche trotz Facebook eher schwer gestaltete. Gerade Menschen mit „speziellen Interessen wie Wandern“ sollen nun von Inlope profitieren. Das Netzwerk ist quasi eine Mischung aus Selbsthilfegruppe für Briefmarkensammler und Plattform für Nachbarschaftshilfe oder Gitarrenvideos. Ob das Konzept funktioniert? Am Tag der Veröffentlichung wurde die App bereits knapp tausendmal heruntergeladen, sagt Christopher. Damit Münchner Katzenliebhaber in Zukunft besser zueinander finden. Katharina Hartinger

Käthe deKoe – Atomic Café

Tschüss Atomic Café! Käthe deKoe gedenkt ihrem zweiten Zuhause.

Neben der eigenen Wohnung ist das Atomic Café der zweithäufigste Ort in München, den die Fotografin Käthe deKoe bisher betreten hat. Es ist der Platz, „wo ich lachen, weinen, meinen Ausdruckstanz ausüben, betrunken, wütend und alles auf einmal sein konnte“, sagt sie – und jetzt kommt am 6. Dezember das Aus. „Es ist, als ob man die Liebe seines Lebens gefunden hat – und jetzt muss sie gehen. Das tut verdammt weh.“ Natürlich weiß Käthe schon seit sehr langer Zeit, dass der Club schließen muss, „ aber jetzt, wo das genaue Datum bekannt wurde und das Ende sichtbar ist, schmerzt das im Herzen ungemein“, sagt sie. Weit mehr als 100 Konzerte hat Käthe im Atomic Café fotografiert. „Dieses Foto aber drückt für mich das Atomic aus, was es für mich am meisten bedeutet: die Musik, die Liebe und das Vertrauen.“ Katharina Hartinger

Neuland

München, Paris – ist doch eigentlich alles das gleiche. Zumindest in der ersten Ausstellung von Helene Roth und Helena Pooch. Die beiden haben die Stadtpläne überlagert und Fotos am gleichen Ort gemacht, nur eben in zwei unterschiedlichen Städten. 

München wird zur Stadt der Liebe und in Paris ist man plötzlich dahoam: Als Helene Roth, 23, für ein halbes Jahr nach Paris geht, will ihr Helena Pooch, 23, etwas von München mitgeben. Die beiden überlagern Karten der zwei Städte und übertragen „die Münchner Lieblingsplätze punktgenau auf Paris“, erzählt Helena. Ihre Freundin entdeckt so Paris auf die Münchner Art und fotografiert die „Stadtäquivalente“. „Als Helene zurückkam, haben wir das gleiche Spiel andersrum gespielt“, diesmal mit den Pariser Sehenswürdigkeiten – wie dem Centre Pompidou, das ganz in der Nähe vom Münchner Dallmayr liegt. Entstanden ist so die erste Ausstellung der beiden: Stadtäquivalente. Ein Projekt. Sie ist vom 28. November an in den Räumen von Nutrion (Rosa-Bavarese-Straße 3) zu sehen. Katharina Hartinger

Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Kathi

Bevor Kathis Leben sich in den nächsten Wochen ausschließlich auf den diversen Weihnachtsmärkten der Stadt abspielt, hat sie noch eine sehr abwechslungsreiche Vor-Advents-Woche vor sich. Und den ersten Glühwein der Saison gibt es auch schon!

Freunde, wir haben es fast geschafft! Nur noch wenige Tage trennen uns vom verheißungsvollen Duft der Weihnachtsmärkte, von Glühwein, Lebkuchen und Spaziergängen im Schnee – kurz: von der Klischee-Weihnachtszeit, die ich einfach wunderbar finde. Aber noch gilt es eben eine Woche zu überstehen bis zum ersten Advent. Ich bin ja Optimistin und behaupte einfach mal, dass das die beste „letzte Woche vor dem Advent“ in diesem Jahr sein wird:

Wer am Freitag das Konzert von Ebow und „Sound of Munich now“-Sensations-Rapperin Taiga Trece verpasst, ist sowieso selbst schuld. Ich bin jedenfalls um 20 Uhr im Kreativpalast am Start. Danach will ich herausfinden, ob die Jungs von Ilian Tape halten, was sie versprechen. Sie laden nämlich zur „letzten IT Party” des Jahres und haben sich dafür Reeko aus Spanien eingeladen. ¡Olé!

Samstag steht eine neue, nachhaltige und bestimmt sehr amüsante Aktion vom Team der SWOP-App auf dem Programm. Im Impact Hub an der Gotzinger Straße veranstaltet die SWOP-Truppe – unterstützt von meinem Lieblings-Nachhaltigkeitsverein rehab republic – von 15:00 Uhr an ein sogenanntes Charity Rock’n’Run. Das Prinzip ist einfacher als der Name: alte aber geliebte Gegenstände mitbringen, App runterladen und los geht’s. Flohmarkt 3.0. Abends werde ich dann nicht versuchen, nochmal kurz die Welt zu retten. Aber fast. Denn das Ziel der „Stomp 2- in it for Matt“-Party im Atelier ist es, genügend Geld für die alternative Behandlung eines Leukämiekranken zu sammeln. Verschiedene DJs legen auf – es gibt einfach keinen Grund, da nicht hinzugehen und für ein Weihnachtswunder für Matt zu sorgen.

Am Sonntag begebe ich mich zunächst auf dünnes Eis: Die Schlittschuhlaufsaison hat endlich begonnen. Das Schleifen der Kufen muss dieses Jahr noch etwas warten, ich bin einfach zu ungeduldig und will sofort rauf aufs Eis. Also ab ins Prinzregentenstadion, Pirouetten üben. Um 19:30 Uhr steht dann noch ein ganz besonderer Flohmarkt an: der Schallplattenflohmarkt! In der Favorit Bar kann gebührenfrei verkauft und gestöbert werden. So soll die Schallplatte vor dem Aussterben bewahrt werden – nochmal Weltrettung! Den passenden Plattenspieler kann ich mir ja dann zu Weihnachten wünschen.

Nach so einem Wochenende muss ich mich am Montag erst einmal ausruhen und mich ordentlich auf die Weihnachtszeit vorbereiten. Meine Vorbereitung besteht im Wesentlichen daraus, „Tatsächlich Liebe“ in Dauerschleife zu gucken, aber dafür muss ja auch einmal Zeit sein. Abends gönne ich mir dann noch mit ein paar Freunden einen Burrito bei The Burrito Company – Fernweh nach San Francisco inklusive.

Schon steht der Dienstag vor der Tür und mir fällt siedend heiß ein, dass ich meine Dosis Kultur für diese Woche noch nicht abbekommen habe. Da hilft nur eins: Die Bühnenpolka! Als bekennender Italienfan freue ich mich natürlich ganz besonders auf die Mafiapolka mit Impro-Künstlern aus Köln und München im Heppel & Ettlich. Der Spaß beginnt um 20 Uhr.

Weil ich es am Dienstag gar nicht zur Tollwood-Eröffnung geschafft habe, muss ich dort am Mittwoch unbedingt vorbeischauen. Vor allem die „125 Jahre National Geographic“-Foto-Ausstellung hat es mir angetan. Okay, und natürlich der erste Glühwein der Saison. Oder die ersten drei. Danach wird im Cord Club noch gefeiert, bei der „Endlich Mittwoch“-Party! Musikalisch ist von halb 9 Uhr an viel geboten, Alice Rose und Lost Name, ein toller Münchner Musiker, treten auf.

Beschwingt vom Glühwein starte ich in den „Super-Donnerstag“, an dem einfach wahnsinnig viel los ist. Pünktlich um 19 Uhr bin ich bei der Store-Eröffnung des Pop-Up-Modelabels We.Re in der Müllerstraße, um mir den Laden anzusehen und die Vorweihnachtszeit gleich auch modisch aufzupeppen. Von 21 Uhr an steht die Band MAUD in der Glockenbachwerkstatt auf der Bühne – intensive Rockmusik mit französischer Unterstützung. Denn WILLO aus der Normandie sind auch mit von der Partie. Vielleicht ist mir die Musik aber doch etwas zu intensiv. In diesem Fall würde ich einfach um 20 Uhr bei der LIAISON vorbeischauen, der Lesereihe im Keller des Hauses der kleinen Künste. Eine Fotoinstallation wird hier von Autorenlesungen begleitet – klingt magisch und passt schon allein deshalb irgendwie zu Weihnachten.

So, dann liegt schon wieder eine gar-nicht-mal-so-triste Novemberwoche hinter uns. Jetzt kann die Adventszeit kommen! Hört ihr auch schon von weit her „Last Christmas“ tönen? Katharina Hartinger

Neuland

Die ersten Songs sind schon fertig – aber eine Sängerin fehlt Attila von Thermann für sein Elektro-Pop-Projekt Atlataş noch. 2015 könnte er durchaus zu den musikalischen Überraschungen in München zählen.

2014 war reich an musikalischen Überraschungen in München: Akere. Oder Cosby. Und 2015? Wir wagen einen ersten Tipp: Atlataş (Foto: Konsch / In The Boondocks). Attila von Thermann, Musiker von Kafkas Orient Bazaar, hat für sein erstes Soloprojekt den Electro-Pop für sich entdeckt – „mit nervösen Rhythmen und fiepsigen Nintendo-Klängen“. Die ersten Songs sind bereits geschrieben und fast schon fertig aufgenommen. Das einzige Problem: Es fehlt noch eine Sängerin, „die ihre Euphorie rüberbringen kann, poppig und gleichzeitig kraftvoll“, sagt Attila. Katharina Hartinger

Es läuft

Robust, praktisch, unkomplizierte Wartung: Die Industriedesign-Studenten Andreas Goebel und Mandolin Maidt konstruieren ein Auto für Afrika. Moderne Entwicklungshilfe – trotzdem sehen sie sich nicht als Gutmenschen.

Sie haben sich Anzüge gekauft. Maßgeschneiderte, traditionell afrikanische Anzüge in hell- und dunkelblau. Für ihre Masterarbeit. Die neue Kleidung hätte bei ihren nigerianischen und ghanaischen Gesprächspartnern oft als Eisbrecher gewirkt, erzählen Mandolin Maidt und sein Kollege Andreas Goebel, zwei Industriedesignstudenten aus München. Die Anzüge sind ein echtes Zeichen von Respekt und damit geradezu ein Symbol für die gesamte Afrikareise der beiden Studenten. Vier Wochen haben sie diesen Sommer in Nigeria und Ghana verbracht, um Marktforschung für das Fahrzeug ACar zu betreiben, das die beiden für ihre Abschlussarbeit an der TU München entwickelt haben. Es ist speziell für den Einsatz in Subsahara-Afrika designt und ganz auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort zugeschnitten.

Warum konstruieren zwei Industriedesignstudenten ein Auto für Afrika und keinen doppelt verchromten, speziell gebogenen Außenspiegel für eine Luxuskarosse? „Mit unserem Projekt stößt man nicht unbedingt eine große Karriere an“, sagt Mandolin und lacht. Es sei vielmehr eine „absolute Herzenssache“. Gutmenschen wollen sie nicht genannt werden – obwohl das die beiden Designer sehr gut beschreibt. Sie hätten enorm viel Potenzial in der Idee gesehen, weil sie etwas im Leben der Menschen in Afrika bewegen kann und gleichzeitig kommerziell funktioniert, sagen sie. Um diese beiden Aspekte zu vereinen, haben sie sich entschlossen, die späteren Nutzer in den Designprozess einzubeziehen.

Deswegen haben sie in Nigeria und Ghana mit Automechanikern gesprochen, spontan Leute befragt, die auf der Straße an ihren Autos schraubten, um herauszufinden, wie sie arbeiten und welche Probleme bei den gängigen Automodellen häufig auftreten. Andreas berichtet von Dörfern in Nigeria, die an der Straße entlang verlaufen, von florierender Landwirtschaft, die nicht nur der Selbstversorgung sondern vielmehr dem gewinnbringenden Handel dient und vom Unternehmergeschick der Nigerianer. Begeistert und bewundernd zugleich erzählt Mandolin beispielsweise die Geschichte ihres wichtigsten Ansprechpartners in Nigeria, den alle nur „OK Pineapple“ nennen – denn er war der erste, der in der Gegend Ananas anbaute und so satte Gewinne einfuhr. Bald zogen andere nach und ein Ananas-Anbaugebiet entstand.

Neben Herrn Pineapple hatten die beiden jungen Münchner noch weitere Kontaktpersonen vor Ort. Viele von ihnen hat die Futo-Universität in Owerri, Nigeria, vermittelt. Schließlich kooperiert diese Universität schon seit längerem mit der TU München, um Fahrzeugkonzepte für Afrika zu entwickeln. Die Futo-Universität war es auch, die Mandolin und Andreas in Owerri hofierte, die Fahrer und Sicherheitspersonal zur Verfügung stellte – ob Andreas und Mandolin es wollten oder nicht. Eigentlich waren sie ja wegen der Menschen in den Dörfern da, nicht wegen des Universitätspräsidenten oder des gehobenen Hotels, stellt Mandolin klar. Hatten sie Angst in Nigeria? „Vor dem Security-Mann mit Maschinengewehr auf dem Beifahrersitz schon“, sagt Andreas und lacht dabei. „Nigeria ist sicher nicht das sicherste Land Afrikas“, ergänzt Mandolin. Sie hätten um die Gefahr gewusst, sie aber nicht gespürt. Im Gegenteil, so manches Mal hätten sie das Sicherheitspersonal ausgetrickst und seien heimlich in die Dörfer gefahren.

Finanziell gefördert wurde die Reise der beiden von der Hans-Sauer-Stiftung. Vor allem der Aspekt der gemeinsamen Entwicklung des Fahrzeugs zusammen mit den Nutzern in Afrika sei interessant und förderungswürdig, erklärt der Vorstand der Stiftung, Ralph Boch. Er hat Mandolin und Andreas als „angenehme, extrem intelligente und sehr empathische Menschen“ erlebt.

Mandolin und Andreas breiten Fotos ihrer Reise nach Afrika ordentlich auf einem einfachen Holztisch in einem kleinen Konferenzzimmer aus. Andreas schiebt Wassergläser und Flaschen beiseite, um Platz zu schaffen für die vielen Erinnerungen. Hier im Impact Hub an der Gotzinger Straße, wo viele aufstrebende Projekte mit sozialem Charakter angesiedelt sind, haben sie von der Aktion „Startrampe“ einen Arbeitsplatz gesponsert bekommen. Andreas fährt durch seine abstehenden Haare, wirkt eher zurückhaltend. Er spricht leise und vorsichtig. Mandolin dagegen tritt so professionell und selbstsicher auf, als käme er gerade aus einem Meeting mit dem Vorstand eines Autokonzerns.

Die meisten Bilder aus Afrika zeigen Mandolin und Andreas zusammen mit den Menschen, denen sie auf der Reise begegnet sind. Sie erzählen abwechselnd von verschiedenen Gesprächsrunden in nigerianischen Dörfern, während derer sie unter anderem erfuhren, dass Autos in der Gegend gewöhnlich ständig in Betrieb sind – wenn ein Fahrzeug nicht gerade auf den Feldern gebraucht wird, wird es als kostenpflichtiges Taxi genutzt, um Menschen und Waren vom und zum Markt zu befördern. An das typische Nutzungsverhalten hat Mandolin die Ladefläche des Fahrzeugs, deren Design sein Schwerpunkt im Projekt war, dann angepasst.

Andreas dagegen legte seinen Fokus darauf, die Energieversorgung des Autos zu entwickeln, die potenziellen Nutzer in die Gestaltung einzubeziehen und Workshops zu organisieren. So kam es auch, dass die beiden mit einem Drucker im Gepäck durch die Dörfer in Nigeria und Ghana reisten – um bei Bedarf jederzeit Fragebögen und Workshopmaterial ausdrucken zu können. Mandolin bringt den Kern ihres Marktforschungskonzepts, das das Projekt in ihren Augen so einzigartig macht, auf den Punkt: „Wir sind nicht die Experten. Die Experten sind die Menschen vor Ort. Weil sie am besten wissen, wie ein Auto für sie sein muss.“

Bei der Entwicklung des Autos liegt der Fokus auf Robustheit. Und unkomplizierter Wartung. Denn in seiner ganzen Bauart wollen Andreas und Mandolin ACar darauf ausrichten, dass das Hybrid-Auto in Afrika produziert und repariert werden kann, auch das ist ein Punkt, der für die Studenten von Bedeutung ist. „Wichtig ist vor allem, dass das Produkt in den vor Ort vorhandenen Strukturen funktioniert“, resümiert Andreas.

Um zu testen, inwiefern ihr Konzept diesen Anspruch erfüllt, haben sie in Ghana einen zweiten Prototyp gebaut. Nicht vom ganzen Auto, aber von der so wichtigen Ladefläche, die sie diesmal als Anhänger konzipiert haben.

Was liegt näher, um einen Auto-Prototypen zu testen, als einfach Menschen auf der Straße anzusprechen und bei Bedarf mitzunehmen? Genau so seien sie vorgegangen, erzählt Mandolin, Mais und Holzkohle hätten sie transportiert, auch eine schwangere Frau mitsamt ihrem Fahrrad – und eine ungefähr 70-jährige Frau, die alle bisherigen Bedenken bezüglich der Einstiegshöhe des Anhängers zerstreute. Nach derartig erfolgreichen Testfahrten war die Marktforschung abgeschlossen.

Gefertigt wurde der Anhänger in Zusammenarbeit mit ghanaischen Schweißern und anderen Handwerkern. Die beiden Industriedesigner beschreiben einen kreativen Design- und Herstellungsprozess in Ghana, schwärmen von der Einsatzbereitschaft und Spontaneität der Handwerker vor Ort. Herausgekommen ist eine Ladefläche, die ausklappbare Bänke für den Personen- und ausreichend Platz für den Warentransport bietet. Bei Bedarf kann die Ladefläche mit einer Plane überdacht werden, Sichtfenster und Panoramablick inklusive – ab und an kommt dann auch bei den beiden Gutmenschen der verspielte Designer durch. Katharina Hartinger