An günstigen Möglichkeiten zum Frühstücken und Livemusik lauschen mangelt es in München – leider. Mit dem Sonntagsbrunch im Import Export soll sich das schleunigst ändern.
Mit dem Sonntagsbrunch im Import Export haben Marie Vatter, 26, und Lena Lochner, 31, einen Treffpunkt geschaffen, der „für alle Münchner da sein soll“. Es geht bei dem späten Frühstück eher ums Mitmachen als darum, einfach nur bedient zu werden. Jeder kann sich beteiligen, Essen mitbringen, Musik spielen oder eben einfach nur dabei sein. Das Angebot soll als ein kostenloses und dadurch niederschwelliges die Stadt bereichern. Das Zusammenhelfen und das Beisammensein sind dabei am wichtigsten für Marie und Lena.
Im nostalgischen Rückblick erkennt unsere Autorin, wie prägend und aufschlussreich die Zeit war, die sie beim Radiosender M94.5 hinter Mikrofon und Mischpult verbringen durfte. Die Chance dazu soll dem Radionachwuchs nun genommen werden.
Ach, M94.5, wie gerne denke ich an unsere gemeinsame Zeit zurück. Wir haben gemeinsam gelacht und geweint, geflucht, mal vor Euphorie getanzt und gesungen. Du warst wie ein zweites Zuhause für mich. So viel hast du mir gegeben – und jetzt soll dir das alles genommen werden, deine UKW-Frequenz, dein Kern. Du sollst weichen, Platz machen für Kommerz und Werbeunterbrechungen anderer Sender. Am 9. Februar 2017 ist es soweit. Dann entscheidet der Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien darüber, ob du, der einzige Aus- und Fortbildungssender deiner Sorte, bleiben darfst, wer du bist. Die Nachricht hat mich traurig gestimmt. Seither befinde ich mich in sentimentaler Schockstarre, seither habe ich Liebeskummer.
2011, da haben wir uns kennengelernt. Der Anfang einer kleinen Liebesgeschichte. So überwältigt war ich, als ich das erste mal in der Redaktion stand und das rote ON-AIR-Licht sanft auf mich herunter geleuchtet hat. Noch war ich junge Studentin, schüchtern und unbedarft. Ich war unsicher, ob wir zusammenpassen, ob ich der Aufgabe wirklich gewachsen bin. Aber du warst ein Stütze, die mich tapfer, neugierig und vor allem selbstbewusst gemacht hat. Ich habe von dir gelernt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, zuzuhören und was es bedeutet, eine verantwortungsvolle Journalistin zu sein.
Manchmal war unsere Beziehung ermüdend und zäh. Manchmal musste ich einen Beitrag fünfmal einsprechen, bis mein Chef vom Dienst endlich mit meiner Aussprache und Betonung zufrieden war. Feindselig stand ich solchen Momenten dem Mikro im Aufnahmestudio gegenüber. Habe meinen Beitrag im Stehen, dann doch im Sitzen eingesprochen. Aber niemals hast du mich aufgegeben. Immer haben wir es im Team geschafft. Und jedes Mal durfte ich am Ende des Tages meiner Stimme im Radio lauschen. Was für ein aufregendes Gefühl. Was für ein Kick, wenn jemand am Telefon ist, weil er beim Autofahren deinen Beitrag gehört hat. Und das soll allen kommenden Generationen genommen werden?
Und was bedeutet es eigentlich für München, wenn dieser junge Lokalsender durch üblichen Kommerz ersetzt wird? Olle Rockballaden, statt spannender neuer Bands. Werbespots, statt kreativer Beiträge junger Studenten. Na Prostmahlzeit! München hat einiges zu bieten, aber ohne M94.5 läuft es Gefahr, dass Subkultur, aufregende Bands und viele junge Talente unentdeckt bleiben. Welcher andere Radiosender bietet unerfahrenen, aber dafür umso motivierteren Medienneulingen die Chance, in der ersten Woche vor dem Mikro zu stehen, Nachrichten zu lesen oder ein Teil eines bunten Features zu sein. Ich kenne keinen.
Am Anfang unserer Liebesgeschichte war ich verunsichert, habe oft an mir selbst gezweifelt und habe beim Einsprechen meiner Beiträge alle Ps wie Bs gesprochen und meine Redaktionsmitglieder damit immer wieder zum Lachen gebracht.
Als ich M94.5 nach fünf gemeinsamen Jahren verlassen habe, war ich stolze Sendeleitung eines politischen Feature-Formats. Und dafür bin ich dir, liebes M94.5 bis heute dankbar. Nirgendwo sonst habe ich in so kurzer Zeit so viel Input bekommen, wurde ins kalte Wasser geschmissen und durfte so schnell mit Erfolgserlebnissen wieder ans Ufer schwimmen. M94.5 ist eine Pilgerstätte junger Medien-Macher, ist Ort des Lernens und der Inspiration. Ein Ort, um sich selbst zu finden, aber auch ein Ort des Zusammenhalts. Und nicht nur für mich ist es ein zweites Zuhause und der Anfang so vieler guter Freundschaften. Nicht zuletzt ist M94.5 ein Sprungbrett in die Radio- und die Medienwelt.
Es bleibt mir also nur zu sagen: Ich will dich nicht verlieren. Ich will nicht dabei zusehen, wie dir deine Identität genommen wird. Ich liebe dich doch. Mein M94.5, bitte bleibe, wer du bist. Du würdest so viele Herzen brechen, wäre es anders. Deine Jenny, ehem. Mitglied des Tagesteams am Donnerstag, ehem. Mitglied des Politikressorts und ehem. Sendeleitung des Feature-Formats „Fußnoten“.
Dino Maat, 25, macht Tape-Art. Was er daran schätzt, ist die Ausdrucksstärke. Es wird wenig geschmückt, es wird einfach gezeigt, was man denkt. In diesem Punkt sind sich der Künstler und seine Kunst sehr ähnlich.
Er hat keine Lust sich anzubiedern. Freiheit, die ist ihm wichtig. Das Wort Freiheit nennt er immer wieder. Dino Maat, so nennt sich der 25-jährige Münchner, macht Tape-Art. Tape – auf Deutsch: Klebeband – ist ein sehr schlichtes Material, ein Alltagsgegenstand. Wenn Dino darüber spricht, wird es lebendig: Eine Schicht Farbe, eine Schicht Gewebe und eine Schicht Klebstoff. Dino dehnt sich mit dem Band, geht mit ihm mit durch einen Raum, schafft andere Dimensionen. Er malt mit dem Band, sagt er immer wieder, dann verbessert er sich, „also nicht malen, tapen meine ich“, sagt er und lächelt.
„Es passiert gerade so viel, aber so lange es die Leute nicht wirklich etwas angeht, ist es ihnen egal.“
Dino trägt eine alte schwarze Lederjacke, dick gefüttert. Es regnet, er trinkt einen Früchtetee. Seine Harre sind kurz geschoren, der Bart über der Oberlippe drei Tage alt. Dino hat auch mal Graffiti gesprüht. „Wer einmal sprayt“, sagt er, „der bleibt in der Regel dabei.“ Die Graffiti-Szene ist eng verbunden, bleibt gerne unter sich und der Kampf um den besten Platz ist allgegenwärtig. Das hat Dino einfach nicht gefallen. Die Leidenschaft für das Tapen hat ihn hingegen nie los gelassen. Seit zwei Jahren ist er wieder aktiv, klebt an Münchner Wände, hat bereits einige Ausstellungen organisiert und auch Auftragsarbeiten angenommen. „Tape-Art ist im Kommen“, sagt er. Firmen wie BMW oder Siemens buchen Tape-Art-Künstler für Events. Sie sollen Räume, Autos, Firmenziele in Szene setzten. „Das macht schon Spaß und stellt mich vor Herausforderungen, durch die Vorstellung des Kunden und den Zeitdruck“, sagt Dino. Er macht eine kurze Pause. Er beginnt den nächsten Satz mit „aber …“, dann folgt die nächste Pause. Es kommt wieder diese Sache mit der Freiheit. „Sich an die Vorgaben eines Kunden zu halten, der immer wieder seine Meinung ändert, kann auch anstrengend sein“, sagt er schließlich.
Seine erste Auftragsarbeit hat ihm Felix Rodewaldt organisiert. „Ein Künstler-Kumpel“, wie ihn Dino nennt. Auch er macht Tape-Art. Was Dino an der Tape-Art schätzt, ist die Ausdrucksstärke. Es wird wenig geschmückt, es wird einfach gezeigt, was man denkt. In diesem Punkt sind sich Dino und seine Kunst sehr ähnlich. Der Künstler will sagen, was er denkt. Oft hält er mitten im Satz inne und überlegt einige Sekunden. Er versucht, die richtigen Worte zu finden, damit das, was er ausdrücken will, auch wirklich so beim Gegenüber ankommt. Genauso soll es bei seinen Tape-Installationen sein. Immer öfter sucht er sich öffentliche Plätze in München, um politische Motive an die Wand zu bringen. „Nichts, was zu heftig ist“, sagt er. Er will niemandem auf die Füße treten. Viel eher möchte er eine größtmögliche Aufmerksamkeit schaffen. Die Leute sollen nachdenken, findet der Künstler. „Es passiert gerade so viel, aber so lange es die Leute nicht wirklich etwas angeht, ist es ihnen egal. Das macht mir Angst“, sagt Dino.
Sein Mittel gegen dieses Gefühl ist das Tapen. Unter dem Titel „Our System“ hat er in ein Sperr-Geschoss der U-Bahn eine Granate, eine Fliegerbombe und Dollarscheine geklebt. Daneben der Schriftzug „For What?“ in Pink. Subtile Kunst, über die man lange nachdenken kann, ist das nicht. Soll es ja auch nicht sein. Man soll vorbei gehen und gleich wissen, was gemeint ist. Minimalistisch und stark im Ausdruck, das soll es sein. Und anders als beim Graffiti signiert Dino seine Tape-Kunst – mit Tape versteht sich. „Es ist mir wichtig, dass die Kunst geschätzt wird“, sagt er, „auch wenn es nicht für die Ewigkeit ist.“
Für die Ewigkeit ist selten etwas an den Münchner Wänden, zumindest wenn es um Urban-Art geht. So richtig offiziell darf er es zwar nicht, aber er hat bisher noch nie Probleme mit der Stadt bekommen, was sicherlich auch daran liegt, dass Tape – im Gegensatz zu Graffiti – gut zu entfernen ist. Irgendwann kann ja mal was in Kooperation mit der Stadt entstehen, aber das dauere eben immer so lange in München, findet Dino.
Und außerdem ist da wieder die Sache mit der Freiheit. Zu sehr nach Vorgaben arbeiten oder für einen bestimmten Zweck, das ist nicht Dinos Ding. Trotzdem freut er sich, dass er seit Kurzem dem Tape-Art-Kollektiv „Tape Over“ angehört, das von Robert König geleitet wird. Das hat seinen Sitz in Berlin, aber das macht nichts. Unter der Leitung von König reisen die acht Mitglieder immer wieder in andere Städte, um gemeinsam zu tapen.
Geplant ist demnächst so etwas wie ein Comic-Strip, nur eben nicht gezeichnet
Ende dieses Sommers will Dino Maat das Kollektiv mal nach München holen, um sie hier vorzustellen und gemeinsam mit ihnen ein paar Werke auszustellen. Denn in München ist er bis auf Rodewaldt noch alleine mit seinem Tape.
Aber da kommt schon noch etwas, da ist sich Dino sicher. Und bis dahin macht er weiter, macht aufmerksam. Geplant ist demnächst so etwas wie ein Comic-Strip. Dino will etwas über mehrere Bilder hinweg erzählen. Die Menschen sollen hinschauen.
Jenny ist klein, ihr Freundin Marie ist groß. Das ist es, was sofort auffällt, wenn man die beiden nebeneinander stehen sieht. Und vielleicht sieht das für Außenstehende komisch aus. Doch Jenny und Marie stehen da schon lange drüber – ungeachtet ihres Größenunterschiedes. Eine neue Kolumne aus der Reihe “Zeichen der Freundschaft”.
Ich war schon immer die Kleinste, überall. Manche erzählen, dass sie in der Grundschule zu den Größeren gehört haben und erst nach und nach vom Wachstum der anderen überholt wurden. Bei mir war das nie so. Ich war immer die Kleinste, egal wo. Ich bin es heute noch. Eine, auf deren Schultern man gut seinen Arm ablegen kann. Wenn einer meiner Bekannten mir Musik auf einen USB-Stick zieht, heißt der betreffende Ordner „Musik für den Zwerg“.
Ich finde das inzwischen nicht mehr schlimm. Ist ja auch nicht so, als könnte ich etwas daran ändern. Es gibt nur eine Person, die das versteht. Versteht, was man so alles durchmachen muss, wenn die Körpergröße aus der Norm fällt: Marie. Marie ist kein Zwerg, nein. Im Gegenteil. Wenn man beim Märchenvokabular bleiben möchte, dann ist sie mein Gegenstück: ein Riese. Ich bin nicht mal 160 Zentimeter hoch, Marie ist dafür über 180 Zentimeter groß. Sieht das komisch aus, wenn wir nebeneinander stehen? Ja, ich glaube schon.
Aber das Schönste an Marie und mir ist, dass wir uns so gut kennen, so aneinander gewöhnt haben, so viel gemeinsam unternommen, dass wir unseren Größenunterschied nicht mehr bemerken.
Wenn wir gelegentlich Fotos von uns betrachten, erschrecken wir. „So sieht das doch nicht wirklich aus, wenn wir nebeneinander her laufen oder?“ Doch, genau so! Macht nichts. Nerven Marie die Sprüche über ihre Größe, wenn sie einen Raum betritt? Ja, aber auch nicht mehr so wie früher. Trotz Größenunterschied stehen wir beide drüber. Weit drüber. Und wir haben ja einander. Wir verstehen uns.
Und das Bild, das am besten zeigt, was und verbindet, das wurde nie auf Fotopapier gedruckt, aber es hat einen festen Platz in unserer gemeinsamen Erinnerung: Ich auf dem Gepäckträger von Maries Fahrrad – die Beine musste ich dabei ja kaum einziehen – Marie vor mir auf dem Sattel. Wir fahren lachend und singend durch die Maxvorstadt, mein Hintern tut weh, Marie bekommt vom treten Hitzewallungen, aber wir genießen unser Jugendtage in vollen Zügen. Und wenn auch das Fahrrad gelitten hat, wir sind immer angekommen!
Noch heute, bin ich die einzige, die Marie fragen darf, ob sie mir etwas vom obersten Regal runter reichen kann, ohne dass sie genervt ist. Ich wiederum würde für Marie unter jeden Schrank und jedes Regal kriechen. Klein genug bin ich ja.
Bilder, die die Medien an uns herantragen, können abschrecken, können Unbehagen verbreiten, Angst machen. Aber sie können auch zum Nachdenken anregen. Die jungen Studenten, die hinter dem Verein Equalhats stehen, sind noch einen Schritt weitergegangen. Pauline Kargruber, Joschka Reik und Julian Reik haben ihre Betroffenheit in aktives Engagement umgewandelt.
„Mache einen fremden Namen zu deinem“, ist auf ihrer Webseite equalhats.com zu lesen. Unter diesem Motto vertreiben sie Mützen für einen guten Zweck. Das klingt zunächst simpel. Hinter der Idee stehen jedoch klare Vorstellungen.
An dem Abend des 2. Septembers 2015, an dem das Bild des kleinen leblosen Jungen, der an der türkischen Küste angespült wurde, durch die Medien ging, saßen Joschka und Pauline mit Freunden zusammen. „Eigentlich wollten wir gemeinsam ausgehen, doch nach der Meldung wollte einfach keine ausgelassene Stimmung mehr aufkommen“, sagt Joschka. Er ist 20 Jahre alt, studiert Jura und hat gemeinsam mit seinem Bruder Julian, 24, bereits einige Geschäftsideen erfolgreich umgesetzt. Er hat klare Vorstellungen. Wenn er redet, hat das Struktur. Noch an dem Abend in der Wohngemeinschaft ist die Idee zur Mütze entstanden. „Obwohl das Thema kein neues war, hat es da irgendwie Klick gemacht“, sagt Pauline. Sie ist mit 19 die Jüngste in der Gruppe. Die blonden Haare hat sie zu einem Knoten gebunden, sie trägt eine runde Brille. Die Fragen waren: Wie kann man effektiv helfen? Wo besteht tatsächlich Bedarf? Aber vor allem auch: Wie kann man anderen jungen Menschen, die sich ähnliche Fragen stellen, das Engagement erleichtern?
Das Geld, das der Verkauf der Mützen einbringt, wird gespendet
Auf jede Mütze ist ein Name eines geflüchteten Menschen gestickt, der bereits in Deutschland angekommen ist, auf der Rückseite der Schriftzug „refugees welcome“. Welcher Name auf der einzelnen Mütze steht, ist nicht wichtig, man erfährt es auch nicht vorher. Durch das Tragen eines „Equalhats“ kann man ein Zeichen setzten. Die Mütze wird zum Symbol. Joschka nickt. „Was uns aber auch wichtig war, ist, dass der Austausch über das Thema angeregt wird“, sagt er. Wer eine Mütze trägt, auf der ein fremder Name eingestickt ist, der wird darauf angesprochen, der erklärt seine Bewegründe. Was entsteht, ist ein Gespräch. Ein Gespräch, das sonst im Alltag vielleicht keinen Platz gefunden hätte.
Julian, der gerade seinen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen hat, hört seinem Bruder aufmerksam zu. Joschka hat durch sein Jurastudium rechtliches Know-How, das beim Notar-Besuch und der Gründung des Vereins geholfen hat. Julian kann sich um die unternehmerischen Aspekte im Verein kümmern. „Wir haben uns alle gut ergänzt“, sagt er. So kann soziales Unternehmertum schon während des Studiums gelingen. Jeder hat sein Können, sein Wissen in die Umsetzung des Projektes gesteckt. Pauline studiert Englisch und Arabisch. Sie hat den Versand der Mützen übernommen. „Irgendwann war mein ganzes Zimmer nur noch voller Kartons“, sagt sie und lacht. Sie ist unbeschwert, wenn sie über das Projekt redet. Selbst wenn sie von dem Produzenten erzählt, mit dem sie zunächst zusammengearbeitet haben und bei dem alles schief gelaufen ist, lacht sie. Pauline steht weniger für die Struktur, dafür mehr für die Ideen und das intensive Engagement hinter dem Projekt.
„Dadurch, dass wir alle etwas Unterschiedliches studieren, und jeder von uns eine andere Herangehensweise hat, konnten wir das Projekt so schnell auf die Beine stellen“, sagt Joschka. Pauline und Julian nicken. Geholfen haben dabei die anderen Mitglieder, wie Paulines Schwester Sophie, 21, auch Ruben Schlembach und Lukas Mayer, beide 21, und Salma Sehk Zinth, 24, die Mitbegründer sind. Daneben haben weitere Freunde geholfen, etwa, um die Webseite zu gestalten. Das Geld, das der Verkauf der Mützen einbringt, spenden die Studenten vollständig an „Aktion Deutschland hilft“. „Geld fehlt ja immer“, sagt Pauline, „für diesen Verein haben wir uns entschieden, da er auf der Basis völliger Transparenz arbeitet.“ Das Projekt hat neben dem Studium mehr Zeit eingenommen, als am Anfang vermutet. Einige Mitglieder wissen noch nicht, ob sie im kommenden Jahr weiterhin mitwirken können. Trotzdem planen Pauline, Joschka und Julian mit der gleichen Begeisterung bereits an einem sommerlichen Nachfolger für die Mütze. „Da steht schon eine Idee im Raum, aber verraten wollen wir es noch nicht“, sagt Pauline und lächelt wieder verschmitzt.
Vom Senioren-Programm bis zur Jungle Disko – Diese Münchner Woche hat mal wieder Einiges zu bieten. Nebenbei werden sehr verspätet die guten Vorsätze für’s neue Jahr in Taten umgesetzt und der Karpfen zur neuen Delikatesse erhoben.Warum? Begleitet Jenny durch ihre Münchner Woche!
Der erste Monat des Jahres neigt sich seinem Ende zu und ehrlich gesagt habe ich mir zwar viel vorgenommen, aber noch fast nichts umgesetzt. Nicht so schlimm, denke ich mir, noch habe ich elf Monate, um mit guten Taten zu glänzen, mich gesund zu ernähren, weniger Wodka auf Eis zu trinken und und und..
Freitag – Meine erste gute Tat wird sein, mit einer meiner liebsten Menschen Geburtstag zu feiern. Nicht irgendeinen, nein den 25ten! Ich werde sie kräftig unterstützen, ihr erstes viertel Jahrhundert mit viel Würde und vielleicht nur ein bisschen Wodka zu begießen. Danach Tanzen, Weinen, Jauchzen, sich auf die nächsten gemeinsamen 25 Jahre freuen – alles ist erlaubt!
Der Samstag beginnt etwas schleppend. Aber ich lasse keine Gnade walten. Wer etwas erreichen will, muss auch ein bisschen dafür leiden, oder so ähnlich. Raus aus dem Bett, rein in die Laufschuhe! Danach Dusche, Kaffee, Croissant, Zeitung – fühlt sich gut an, ich bin zufrieden. Abends geht es zu Rudirockt, einer Veranstaltung von Viva con Aqua. RuDi steht für Running Dinner: Drei Gänge Menü, jeder Gang in einer anderen Wohnung, mit neuen Menschen. Einen Gang muss man selbst vorbereiten. Um es zusammenzufassen, es macht Spaß, es kann auch mal skurril werden, aber hauptsächlich trifft man viele lustige, nette Menschen und kann hervorragend essen. Eine After-Dinner-Party gibt’s im Milla ab 23.30 Uhr.
Sonntag ist einer meiner absoluten Lieblingstage: Lange schlafen, ausgiebig frühstücken, spazieren gehen. Klingt nach Senioren-Programm. Um da doch ein bisschen entgegen zu wirken, gehe ich noch in‘s Strom. Lässt sich auch gleich als gute Tat verbuchen: Ich unterstütze die Münchner Band Blackout Problems. Sie stellen ihr neues Album vor und das ist alles andere als Senioren-Stoff.
Am Montag kommt endlich mein Einkaufs-Ratgeber von Greenpeace. Auf meiner langen Liste der guten Vorhaben steht auch: Nachhaltiger und bewusster einkaufen. Das soll zwar zu keinem selbstauferlegten Döner-Verbot oder ähnlichem führen, allerdings möchte ich mich zu einem gut informierten Verbraucher erziehen, der beispielsweise überfischte Bestände verschont. Allerdings ist der einzige Fisch, den man uneingeschränkt konsumieren kann Karpfen. Ich muss sagen, ich bin nicht begeistert. Widerwillig erweitere ich meine Liste: Leckere Rezepte mit Karpfen recherchieren und ausprobieren! Mal sehen…
Der Dienstag führt mich erst mal in den Baumarkt. Ich möchte meine Wohnung nach einem Jahr ein bisschen wohnlicher gestalten. Zugegeben, ich habe noch in keinem einzigen Zimmer eine Lampe montiert. Nur karge Glühbirnen, zwei davon sind auch noch durchgebrannt und warten auf Austausch. Nachdem ich einmal vom Stuhl gestürzt bin, und der Lampenschirm in der Küche danach immer noch schief hängt, vertage ich das Projekt. Elf Monate habe ich ja noch Zeit. Heute Abend ist die Diplomausstellung in der Akademie der Bildenden Künste: Wie jedes Jahr, eine schöne Möglichkeit um Kunst bei einem kühlen Bier zu genießen.
Auch der Mittwoch wird der Nachhaltigkeit gewidmet. Denn nicht nur im Supermarkt, auch beim Klamotten-Kauf kann man sich die Frage nach Herkunft und Produktion stellen. Vergangenen Mittwoch hat der Dear Goods Store eine Filiale in Schwabing eröffnet, da werde ich mich heute mal umsehen. Abends versuche ich den Laptop gegen ein Buch, die Serie, gegen eine stilvolle Lektüre einzutauschen: Moby Dick, schon unzählige Male angefangen, nie zu Ende gelesen. Ich gebe mir elf Monate.
Auf den Donnerstag habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. Die Ausstellung „Öffentlich zensiert“ von Julian Mittelstaed beginnt heute in der Registratur. Wir haben den Fotografen bereits vor ein paar Wochen in unserer Rubrik Mein München vorgestellt. Öffentlich Zensiert, ist ein Projekt an dem er seit ein paar Monaten arbeitet, aber bisher noch nicht öffentlich gemacht hat. Dazu eine Apfelschorle oder ein Bier, zumindest kein Wodka auf Eis.
Freitag – Eine Bilanz: Der Karpfen wartet zwar noch auf seinen großen Auftritt in der Pfanne, aber ich habe mir bereits hilfreiches Wissen angeeignet, damit ich verantwortungsbewusster über die Supermarktschwelle schreiten kann. Die Lampe in der Küche hängt immer noch schief von der Decke und die Glühbirnen in den restlichen Zimmern warten noch auf stilsichere Verkleidung. Macht aber nichts, ich bin zufrieden – fast zumindest. Heute Abend ziehe ich zwar nicht meine Lauf-, dafür aber meine Tanzschuhe an: Jungle Disco im Bahnwärter Thiel.
Eis im Regen – Katharina Pflug, 25, hat ihre analoge Kamera immer dabei, auf Reisen oder bei Spaziergängen. So auch auf diesem Bild. Sie schlendert durch die Münchner Innenstadt. Es wirkt beinahe so, als ob sie hinter einer verregneten Scheibe säße. Dabei isst sie gerade ein Eis, im Regen…
Katharina Pflug, 25, hat zwei große Leidenschaften. Essen und Fotografieren. Sie arbeitet mit verschiedenen Kameras. Geht sie spazieren, hat sie die analoge Kamera dabei, geerbt hat sie die von ihrem Vater, einem Hobbyfotografen.
So auch auf diesem Bild. Sie schlendert durch die Sendlinger Straße in der Münchner Innenstadt. Es regnet. Trotzdem isst sie ein Eis. Und kurz wagt sie sich mit der Kamera aus ihrem Unterstand und fotografiert die Passierenden, die trotz Schutz ihrer Schirme, eilig vorbei laufen. Es wirkt beinahe so, als ob Katharina hinter einer verregneten Scheibe sitzt. Ihr sieht man zwar nicht an, dass sie gerne isst, vielen ihrer Fotos schon. „Aber“, sagt sie, „ich brauche neben dem Essen auch den Menschen als Motiv. Da muss man spontan sein, sich auf sein Gegenüber einstellen.“ Beim Essen ist das anders. Da kann man sich Zeit nehmen, so viel man möchte. „Man hat totale Ruhe, wenn es denn nicht gerade Eis ist, das man fotografiert“, sagt Katharina und lacht. Sie studiert Design in Nürnberg. Ihre zweijährige Ausbildung zur Fotografin hat sie in Würzburg absolviert.
Und bald hat sie München wieder, zumindest für kurze Zeit. Sie macht ein Praktikum in dem Atelier „Photisserie“ in der Adalbertstraße – spezialisiert auf Food-Photography. Inszeniert wird Essen. Mal natürlich in seiner ursprünglichen Form, mal zu etwas Neuem verarbeitet. Katharinas Freund ist übrigens Koch, für ausreichend Inspiration ist also gesorgt.
Julian Mittelstaed, 25, ist auf den Münchner Straßen unterwegs,
beobachtet die vorbeitreibenden Menschen, ihre Bewegungen, Details an
ihrer Kleidung, ihre Mimik – Street Photography eben. Die Momente, die er dann festhalten möchte,
sind nicht immer leicht einzufangen. Dieses Mal ist er einem Schornsteinfeger auf’s Dach gefolgt.
Julian Mittelstaedt, 25, hat eigentlich Höhenangst.
Trotzdem hat er einen Schornsteinfeger am Münchner Hohenzollernplatz bei
seiner Arbeit begleitet. Was auf dem Foto wie eine breite Trittfläche
aussieht, ist tatsächlich nur ein dünner Metallbalken mit circa 30
Zentimetern Breite. „Ich habe versucht, ja nicht nach links und rechts
zu schauen“, erzählt Julian. Dabei ist von Vorteil, dass seine Kamera
eine spiegellose ist, sie ist kleiner als eine herkömmliche
Spiegelreflexkamera und auch leichter. Der perfekte Begleiter also für
unerwartete Klettertouren.
Für gewöhnlich ist Julian auf den Münchner Straßen unterwegs,
beobachtet die vorbeitreibenden Menschen, ihre Bewegungen, Details an
ihrer Kleidung, ihre Mimik. Die Momente, die er dann festhalten möchte,
sind nicht immer leicht einzufangen. Und dann gibt es manchmal „magische
Zufälle“, wie er es nennt. Wenn alles stimmt: der Ort, das Licht, das
Motiv. Julian macht auch Sportfotografie oder Stillleben. Besonders da
kann man als Fotograf viel beeinflussen. Trotzdem ist sein liebstes
Motiv der Mensch auf der Straße – Street Photography eben.
Den
Schornsteinfeger hat er auch auf der Straße getroffen. Eine interessante
Gestalt, der man im Alltag selten begegnet. Julian hat ihn einfach
gefragt, ob er mitkommen dürfe. Auf dem Dach hat er die Kamera hochkant
auf die schmale Metallleiste
gestellt, sich runter gebeugt, den Fokus gesetzt und den Auslöser
gedrückt. „Viel Platz war da nicht, um groß die Perspektiven zu
wechseln.“ Der Schornsteinfeger selbst schaut in die Ferne über die
Dächer. Und er bringt Glück. Julian
ist unfallfrei wieder unten angekommen
Bob Beaman, Kong, Charlie: Matthias Singer hat für viele Münchner Clubs Lichtinstallationen gestaltet. Sie kreieren eine andersartige Welt, die oft geradezu märchenhaft wirkt. „Das Besondere am Licht ist, dass es etwas Flüchtiges ist. Man kann damit so viel machen“, sagt der Künstler.
Foto: Tobias Gabel
Von Jennifer Lichnau
Den perfekten Raum, den gibt es nicht. Vielleicht eher die perfekte Lösung. Und das ist bei Matthias Singer niemals eine Standardlösung, niemals ist es der einfachste Weg. Er hat Elektro- und Informationstechnik bis 2013 an der TU München studiert. Jetzt arbeitet er als selbständiger Lichttechniker. Lichttechniker oder Lichtkünstler? Er will sich da nicht festlegen. Was er ist, hängt immer von dem jeweiligen Projekt ab, an dem er gerade arbeitet. Hat er Angst vor der Dunkelheit? „Klar“, sagt er und lächelt, „jeder hat Angst im Dunkeln.“ Er trägt eine Jeans und Turnschuhe, auf dem Rücken so eine Art kleinen Wanderrucksack. Er kommt gerade aus den Kammerspielen. Da arbeitet er an einer Lichtinstallation für ein Science-Fiction-Theaterstück.
Er lächelt und streicht sich die blonden Haare aus dem Gesicht. Auch bei dem Theaterstück kann er seine Vorstellungen nicht einfach umsetzen wie geplant. „Geht nicht“, sagt er und grinst, „das habe ich jedes Mal als erstes zur Antwort bekommen.“ Das aber ist nicht schlimm, denn es geht ja immer um ein Heranarbeiten an diese perfekte Lösung. Das macht die Arbeiten von Matthias so besonders.
Im Rahmen des Machbaren schafft er immer wieder Unwirkliches, mit einem einzigen Instrument, dem Licht. „Mit den banalsten Dingen kann man meistens die besten Sachen machen“, sagt er.
Lichtkunst zu Hause? „Da hatte ich nur eine Schreibtischlampe im Zimmer.“
Matthias beleuchtet in München nicht nur Theaterinszenierungen. Er hat das Licht in Münchner Clubs wie dem Bob Beaman, dem Kong und dem Charlie installiert. Dort im Charlie – oben Bar und Restaurant, unten Club – ist das Ergebnis des Heranarbeitens an die perfekte Lösung zu erahnen, von der Matthias immer wieder spricht. Mehrere Betonstufen hinab und hinter einer schweren Tür liegt ein länglicher Raum, einem Tunnel ähnlich. Eine rechteckige Röhre, am Ende eine Bar. Was sonst? Matthias’ Installationen. Sie ziehen sich durch den Boden, an der Wand hoch, über die Decke und an der gegenüberliegenden Wand wieder zum Boden. Die Linien in der Wand bilden Quadrate aus Licht. Die sonst schwarze Röhre wird noch mehr zur Röhre. Ein Tunnelblick mit Farbeffekten. Zur Musik blitzen in kurzen Abständen die installierten Farb-Quadrate hell auf.
Aber nicht nur abgedunkelte Münchner Nächte versorgt Matthias mit Lichteffekten. Er hat dieses und vergangenes Jahr für das Puls-Festival des Bayerischen Rundfunks oder das Dokumentarfilm-Fest in München gearbeitet. Wo man hinkommt, man begegnet Matthias’ Installationen. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie kreieren eine andersartige Welt, die oft geradezu märchenhaft anmutet.
Matthias ist ein normaler Typ. Redet er von seiner Arbeit, dann klingt das sachlich. Er kommt nicht ins Schwärmen oder gar ins Prahlen. Wie es bei ihm zu Hause aussieht? „Erschreckend“, sagt Matthias und lacht laut, „da hatte ich sieben Jahre lang nur eine Schreibtischlampe in meinem Zimmer.“
Aufgeregt und enthusiastisch wird er erst dann, wenn er von diesem einen speziellen Moment erzählt, in dem er vor einer eigenen Installation steht und sich denkt: „Geil, alles passt.“ Dann kann er für einen kurzen Augenblick zum Betrachter werden, die Technik vergessen. Kurz zumindest. Das passiert natürlich nicht immer.
Seine Aufträge bekommt er durch die enge Vernetzung der Münchner Szene
Seine Arbeit kennt viele Beschränkungen: das Budget, die Brandschutzverordnung, die Räumlichkeiten, aber vor allem die Technik. Sie ist nicht zu umgehen, sie macht alles möglich, aber vieles auch unmöglich. „Wenn man auf ein gutes Ergebnis hinarbeitet, kommt man nicht drum herum, sich intensiv mit der Technik auseinanderzusetzen, zu experimentieren“, erklärt Matthias. Das ist mitunter der Grund, warum er sich nicht auf Kunst oder auf Technik festlegen will. Das eine ist mit dem anderen fest verbunden.
Obwohl er mit seiner Arbeit in München geradezu omnipräsent ist, ist er kaum sichtbar. Er arbeitet unter einem Pseudonym, 507nanometer. „Die Arbeit soll nicht als Ausdruck meiner Persönlichkeit wahrgenommen werden“, sagt Matthias. Kurze Pause. „Tatsächlich ist es gar nicht so leicht herauszufinden, wer hinter meinen Installationen steckt, es hängt ja nirgendwo ein Schild mit meinem Namen“, sagt er. Seine Aufträge bekommt er durch die enge Vernetzung der Münchner Szene. Und wenn jemand eine Installation braucht, dann klingelt am Ende meist wieder Matthias’ Handy.
„Das Besondere am Licht ist, dass es etwas Flüchtiges ist. Man kann damit so viel machen, was mit dinglichem Material gar nicht umzusetzen wäre“, sagt Matthias. Es klingt beinahe pathetisch, als wäre er wieder selbst fasziniert davon. Matthias ist eigentlich sehr sachlich, sehr bescheiden. Wie es zur Faszination mit dem Licht gekommen ist?. Er weiß es nicht. „Ich bin da einfach so reingerutscht“, sagt er.
Seine Arbeit ist nicht geradlinig. Matthias hat den Ehrgeiz, immer wieder etwas Neues zu schaffen und genau das ist auch sein Antrieb. Dabei zieht er seine Inspiration oft aus bewegten Mustern der Natur. „Wellen zum Beispiel“, sagt er, „oder Strudel. Da hat man zwar beinahe das Gefühl, die Bewegung, das Muster dahinter zu verstehen, aber man tut es nie wirklich. Es ist immer noch genug Chaos dabei für den Moment der Faszination“.
Vom kuschelnden Schauspieler bis zum ehrgeizigen Rapper, von der gemeinnützigen Studentenorganisation bis zur sozialen Modedesignerin: Diese jungen Menschen sorgen 2016 dafür, dass München bunt, spannend und lebenswert bleibt.
Foto: Amelie Satzger
Jede Woche treffen wir auf junge Münchner, die München zu „unserem“ München machen: zu einer spannenden Stadt, die man erst kennt, wenn man ihre Macher kennen und schätzen lernt. Wer diese Stadt im kommenden Jahr bunter und lebenswerter macht? Wir wissen es nicht. Und wagen trotzdem einen Ausblick: Münchens junge Leute 2016.
Leonard Hohm Schauspieler
Es gibt Menschen, die kennt man nicht, und doch ist man vertraut mit ihnen. Genauer gesagt: mit ihren Stimmen. Leonard Hohm, 25, ist einer von ihnen. Der Schauspieler ist wirklich sehr häufig zu hören. Er spricht Werbung für Firmen wie Sony oder Bosch, synchronisiert Serienfiguren und hat zig Hörbücher eingelesen. „Sprechen kann zum Sport werden, da wir unter starkem Zeitdruck arbeiten“, sagt Leonard. Nebenher spielt er noch Theater. 2016 sind neben einem Theaterprojekt auch weitere Hörbücher geplant: „Ich liebe die Arbeit im Studio und spiele gerne mit meiner Stimme. Aber was schon nervt: Wenn deine Freundin dann abends sagt: Lass mal nicht kuscheln, lies mir lieber was vor!“
Foto: Yunus Hutterer
Amelie Satzger Fotografin
Irgendwie kommt sie aus einer anderen Welt. Wenn Amelie Satzger, 20, sich selbst fotografiert, dann sieht sie aus wie eine Fee, manchmal auch wie eine Gottheit aus dem antiken Griechenland. Es sind jene mythologisch angehauchten Selbstporträts, die die Fotografin erfolgreich machen. Angefangen hat das auf der Nordseeinsel Föhr: Familienurlaub mit den Eltern. Irgendwie langweilig. Also hat Amelie, damals 19, ihre Kamera genommen und die Fotos dann auf Instagram gepostet. Die Bilder kamen an: Innerhalb weniger Wochen hatte sie mehrere Tausend Follower, auf der Fotoplattform 500px sind es mittlerweile mehr als 19 000. Amelie studiert Fotodesign an der Hochschule München. 2016 werden Amelies Selbstporträts auf der Kunstmesse Stroke zu sehen sein.
Foto: Amelie Satzger
Bianca Kennedy Künstlerin
Bianca Kennedy taucht ab. Die 26-Jährige, die Medienkunst an der Akademie der Bildenden Künste München studiert, widmet sich derzeit der Badewanne. „Das ist für mich ein ganz besonderer Ort“, sagt Bianca, denn dort würden Klassenunterschiede aufgehoben. Wer in die Badewanne geht, ist nicht arm oder reich, der ist für einen Moment lang befreit von seiner eigenen Geschichte. Abtauchen, die Füße übers Wasser gleiten lassen und sich dabei vorstellen, man habe gerade einen Wal in den Wellen entdeckt, so ist das zumindest in Biancas filmischer Arbeit „Sonar Sounds“. Die junge Künstlerin hat in den vergangenen Monaten mehr als 200 Badeszenen aus berühmten Filmen gesammelt, die sie in der Videoinstallation „We are all in this together“ miteinander verbindet. Parallel arbeitet sie mit ihrem Freund Felix Kraus an einer Filmtrilogie, die das Leben von Mensch-Tier-Pflanze-Pilz-Hybriden in einer fernen Zukunft imaginiert.
Foto: Adrienne Meister
Sophia Klink Literatin
Wenn Sophia Klink Texte schreibt, spielt die Natur darin eine große Rolle. Die 22-Jährige versucht in ihrer Prosa die Dinge zu verarbeiten, die sie aus ihrem Biologiestudium kennt: „Ich wollte einfach zeigen, wie toll diese Welt ist. Es weiß zum Beispiel kaum einer, dass Regenwürmer zehn Herzen haben.“ Die Natur wird bei ihr zum Reibungspunkt für die Sehnsucht ihrer Figuren nach Ruhe abseits der Stadt. 2015 hat Sophia das Literaturstipendium der Stadt München erhalten, das Autoren ein Arbeiten frei von finanziellem Druck ermöglichen soll. Gefördert wurde ihr Romanprojekt „Luftunterfläche“, dessen Erstfassung demnächst fertig werden soll. Sophia Klink liest am 15. Januar 2016 im Keller der kleinen Künste.
Foto: Thomas Freimuth
Florian Kamhuber und Fabian Halbig Filmemacher
Es darf gelacht werden: Florian Kamhuber, 25, und Fabian Halbig, 23, produzieren mit ihrer Filmfirma „Nordpolaris“ Stoffe, die den Zuschauer mit intelligentem Humor unterhalten sollen. Vergangenen Sommer haben die beiden ihren ersten Langspielfilm produziert, der 2016 Premiere feiert: Die Tragikomödie „Dinky Sinky“ (Regie: Mareille Klein) erzählt die Geschichte einer Sportlehrerin, die unbedingt schwanger werden will. Die Hauptrolle übernahm Residenztheater-Schauspielerin Katrin Röver, der Film-Fernseh-Fonds Bayern förderte das Projekt mit 50 000 Euro. Für das kommende Jahr sind bereits viele neue Projekte geplant: Die beiden produzieren eine Sitcom, die die Männerdomäne Baumarkt ironisch aufbricht, und Fabian, Schlagzeuger der Killerpilze, bringt mit seiner Band ein neues Album heraus.
Foto: Vera Brückner
Alexander Hoffmann Veranstalter von „Cook and Code“
Die ersten Schritte in der IT-Welt will Alexander Hoffmann Anfängern in seinem Projekt „Cook and Code“ vereinfachen. Der 27-Jährige organisiert Veranstaltungen, bei denen Experten und Neulinge zusammenkommen und in lockerer Atmosphäre ihr IT-Wissen auffrischen können – zum Beispiel wird auch zusammen gekocht. Für das Jahr 2016 hat sich Alexander eine Menge vorgenommen: „Beim Social Hackathon am 23. Januar werden sich drei bis vier soziale Projekte vorstellen, die ein bestimmtes Problem mit ihrer Website haben“, sagt Alexander. Über einen ganzen Tag hinweg versuchen sich die Teilnehmer an einer Lösung für diese Probleme.
Foto: privat
Hannah Klose Netzwerkerin
Netzwerkerin Hannah Klose, 24, bringt Menschen zusammen. Zum Beispiel als Vorstandsmitglied des Projekts „Rock Your Life“, das Hauptschülern Mentoren an die Seite stellt, um den Übergang ins Berufsleben zu erleichtern. Aber auch darüberhinaus hat sie 2016 viel vor: Hannah organisiert die Intrapreneurship Conference 2016 in München mit und stellt als Heartleaders-Botschafterin Veranstaltungen rund um wertschätzende Kommunikation in der Arbeitswelt auf die Beine. Außerdem holt sie bei 12min.me einmal im Monat Sprecher für Vorträge zu Business-Themen auf die Bühne – in lockerer Atmosphäre und strenger Zwölf-Minuten-Taktung. Wo Hannah Menschen verbindet, ist das Ziel meist dasselbe: Statt Ellbogenmentalität soll Arbeit Raum für Innovation, Erfüllung und Potenziale bieten.
Foto: mantro.net
Alina Birkner Malerin
Ist Malerei nun in oder out, hip oder verstaubt? Immer wieder wird ihr in der Kunst der Tod prophezeit. Davon lässt sich Alina Birkner, 26, nicht beeindrucken. Die Malerin studiert an der Akademie der Bildenden Künste und schließt ihr Diplom im Februar ab. Alina pinselt mit Acryl geometrische Formen in Pastellfarben auf eine nasse, meist großformatige Leinwand. Ihr Können stößt auf so viel Begeisterung, dass sie im Oktober 2015 gemeinsam mit ihrem Vater René Birkner, der eigentlich Filmplakate gestaltet, ein riesiges Fresko für die Ausstellung des Möbeldesigners Konstantin Grcic in der Pinakothek der Moderne malen durfte. 2016 steht aber erst einmal die eigene, abstraktere Kunst auf dem Plan: zum Beispiel im Münchner Centercourt, wo Alina von Januar an vier großformatige Arbeiten zeigt.
Foto: Korbinian Vogt
Lux Rapper
Es gab schon schlechtere Zeiten für Hip-Hop aus München. Edgar Wasser wird bundesweit gefeiert, Fatoni ist dieses Jahr mit seinem Album „Yo Picasso“ durch die Decke gegangen. Und München hat noch mehr Talente parat. Zum Beispiel Lukas Eichhammer, 25, alias Lux. Der Musiker hat 2015 das erste Album veröffentlicht, tourte mit Kumpel Edgar Wasser durch Deutschland. „Ich habe Blut geleckt“, resümiert er. Schon als Kind zieht es Lukas auf die Bühne: Er spielt im Residenztheater und eine Hauptrolle im Kinofilm der Kinderreihe „TKKG“. Mit 16 beginnt er zu rappen, 2012 kommt die erste EP. Lukas wird nächstes Jahr 26. Zehn Jahre Lux – Zeit, erwachsen zu werden? Ja. Deshalb kommt im Frühjahr eine neue EP und mit ihr ein neuer Lux. Es geht um Zukunftsängste, ums Rumhängen und Älterwerden – ganz genau weiß Lukas das auch nicht. Er rappt: „Ich bin nicht Lux, nur sein Synchronsprecher.“
Foto: Nils Schwarz
Mercedes Diaz de Leon Mode-Designerin
Es ist keine einfache Angelegenheit, dem Massenkonsum den Rücken zu kehren – vor allem nicht, wenn es um Mode geht. Mercedes Diaz de Leon, 28, hat es trotzdem versucht: Im Sommer eröffnete sie den „Nui Conceptstore“ in Neuhausen, der ausschließlich fair produzierte Mode von deutschen Jungdesignern und ihr eigenes Label Nui verkauft. Die gebürtige Mexikanerin, die in Deutschland aufgewachsen ist, hat ihr Handwerk an der Meisterschule für Mode in München gelernt. Nach dem Abschluss war sie ernüchtert: Alle tragen das Gleiche, kaufen bei großen Ketten Stücke, die nach kürzester Zeit im Schrank verstauben. Mercedes’ Laden ist keine Revolution. Aber ein Schritt in die richtige Richtung: eine Verkaufsplattform für talentierte Jungdesigner, die nachhaltig, lokal und fair produzieren und für den Modeliebhaber sonst allenfalls über Plattformen wie Dawanda erreichbar wären.
Foto: privat
Equalhats Gemeinnütziges Studentenprojekt
Sechs junge Münchner Studenten haben die Mütze zu einem Symbol der Solidarität erhoben. Ihr Motto: „Mache einen fremden Namen zu deinem.“ Auf den Mützen stehen Namen. Namen von Flüchtlingen, die bereits in Deutschland angekommen sind. Über den Namen wird das Gleichheitszeichen eingestickt. So setzt jeder mit der Mütze ein Statement. Bisher sind circa 400 Mützen verkauft und 2500 Euro eingenommen. Neben dem Studium ist oft zu wenig Zeit, aber für die nächsten Semesterferien plant das Team von Equalheads einen Sommerersatz für die Mütze zu finden. „Wir wollen auf jeden Fall weitermachen“, sagt Pauline Kargruber, Mitbegründerin des gemeinnützigen Studentenprojekts Equalhats. Die Mützen werden fair und im Inland produziert, alle Erträge gehen an die Aktion „Deutschland hilft“. Welcher Name auf der Mütze steht, ist nicht wichtig, man erfährt es auch nicht vorher. Das Zeichen, das man setzt, zählt.
Foto: privat
Nalan381 Hipster-Pop
Es ist zuletzt gut gelaufen für das experimentelle Duo Nalan381. „Sie sind gekommen, um München ein bisschen mehr Sex einzuhauchen“, schrieb etwa der Bayerische Rundfunk. Und auch die SZ hat sich nicht zurückgehalten mit Lob: „Ätherische Töne mit hauchenden, hallenden, klagenden Stimmen, die verlaufen wie Wimperntusche im Swimmingpool.“ Nicht zuletzt deswegen haben Nikolaus Graf aka Nik Le Clap und Nalan Karacagil große Pläne für 2016. Die Findungsphase ihrer Musik ist abgeschlossen, im kommenden Jahr wollen sie mit einer neuen Platte über die Münchner Bühnen hinauswachsen. Ein Konzert in Berlin ist fix, sogar noch vor der Release ihrer Platte am 13. April in der Münchner Bar „Unterdeck“. Ihrem Indie-R ’n’ B bleiben sie treu, „aber der Sound wird interessanter, weil wir ja jetzt wissen, wie der andere tickt“, sagt Nik.