Neuland

Eine Tagung, die keine ist und keine sein will – so kann man sich ein Barcamp vorstellen. Am Sonntag, 22. Februar, lädt die Design-Fakultät der Hochschule München zu einer „Unkonferenz“: einer Versammlung, die auf alle konventionellen Regeln verzichtet. Passiv zuhören gilt nicht! Wer teilnimmt, ist auch aufgefordert zu diskutieren, Präsentationen vorzubereiten oder bei der Organisation mitzuhelfen. Im Mittelpunkt steht das Thema „Stadtleben“. Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? Wie integriert man andere Kulturen ins Stadtbild? Wie geht man mit Graffiti und Guerilla-Aktionen im öffentlichen Raum um? Worauf man sich von 15 bis 20 Uhr in der Infanteriestraße 14 eigentlich einlässt, weiß niemand so genau. Denn welche Workshops stattfinden, bestimmen die Teilnehmer spontan. Kostenlose Tickets gibt es im Internet unter barcamp-munich.de. 

Elsbeth Föger

Neuland

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Schreiben wird überbewertet, findet Itje Kleinert – und hat deshalb den Musikblog Tune Art auf die Beine gestellt, der fast ganz ohne Text auskommt. „Es ist in Deutschland üblich, nur zu schreiben und die Bildsprache nicht zu benutzen“, erzählt Itje, die als Fotografin unter dem Künstlernamen Käthe deKoe bekannt ist. „Ich wollte mal was Anderes machen!“ 

Visuelles Musikmagazin nennt sich ihr Blog, der seit Anfang Februar online ist. Tune Art (www.tune-art.com) bietet Konzertfotos und Videos. Itje selbst ist aus der Münchner Indie-Szene mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Seit 2009 fotografiert sie regelmäßig auf Konzerten und hat schon Hunderte Bands abgelichtet. Auch die Junge-Leute-Seite hat ihre Bilder oft abgedruckt – beispielsweise vom Atomic Café, in dem sie Stammgast war. 

Das Visuelle verrät viel über die Künstler, findet die Bloggerin: „Wenn man meine Bilder genauer anguckt, errät man die Musikrichtung, ohne die Band zu kennen.“ Itje, die in einer Bildagentur für Illustration arbeitet, schreibt ohnehin ungern. „Für fünf Sätze brauche ich eine Stunde, weil ich zu viel überlege.“

Neuland

Klassiker im stillen Kämmerlein lesen? Da haben sich Münchner Studenten der Literaturwissenschaft eine kommunikativere Herangehensweise überlegt – die „Lange Nacht der Nibelungen“. In den Nächten vom 6. bis 8. Februar liest man das mittelalterliche Heldenepos in neuhochdeutscher Übersetzung und voller Länge. Um 22 Uhr geht es in den Kellerräumen der Komparatistik in der Schellingstraße 3 los. Geübte Vorleser entführen einen in eine Welt voller Verrat und Heldentum, Liebe und Abenteuer – vom Drachentöter
Siegfried bis zum sagenhaften Goldschatz. Damit 2400 Strophen Mittelalter-Lyrik
tief in der Nacht die Zuhörer nicht völlig erschlagen, stehen Getränke bereit.
Statt sich das Epos nur passiv anzuhören, darf man sich auch an Diskussionen
beteiligen. Wer bis zum Morgen durchhält, dem winkt ein stärkendes Frühstück.

Elsbeth Föger

Von Freitag bis Freitag – unterwegs mit Elsbeth

Was haben American Football, Madame Pompadour und intelligente Kühlschränke gemeinsam? Sie alle sorgen dafür, dass uns diese Woche nicht langweilig wird.

Eine Abschiedsfeier an einem Freitagabend? Das klingt nach einer hohen Dosis Nostalgie. Doch in der Kranhalle des Münchner Feierwerks geben die Weggehenden trotzdem noch mal Vollgas: Die Münchner Band Pardon Ms. Arden tritt um 21.00 Uhr zum letzten Mal auf – für alle, die die langjährige Indie-Rock-Hoffnung noch live erleben wollen, bevor die Bandmitglieder ihrer Wege gehen. Als Vorband spielt Twin Tone Trigger. Danach: Aftershow-Party mit den PARKLIFE-DJs. 

Samstags fängt der Morgen bei mir zwar normalerweise erst um 11.30 Uhr an. Doch für das Gärtnerplatztheater mache ich eine Ausnahme – das räumt nämlich in der Frankenthaler Straße 23 seine bunte Kostümsammlung aus. In den 50 Kleiderständern wühlen darf man zwar offiziell von 10 bis 14 Uhr. Doch Chancen auf die besten Schnäppchen haben erfahrungsgemäß nur Frühaufsteher. Wer sich von 9.30 Uhr an mit seiner Wartemarke in die Schlange einreiht, kann schon mal die eigenen Präferenzen abklären. Lust auf einen violetten Samt-Reifrock oder einen überdimensionierten Federhut? Die schicke Uniform mit Goldknöpfen oder doch lieber die Seidenpumps? Dabei ist man ab fünf Euro, die teuersten Teile kosten 250 Euro. Wer es exzentrisch mag, kann hier auch einen Ganzkörperschlafsackanzug aus einer vergangenen Produktion ergattern.

Es ist das Hochfest eingefleischter American-Football-Fans: der Super Bowl Sunday! Am Sonntag um 20 Uhr öffnet die Tonhalle ihre Türen für das sportliche Groß-Event. Für 8 Euro bekommt man an der Abendkasse auch noch ein Bier mit dazu. Auf einer Riesenleinwand wird live mit englischem Original-Kommentar übertragen. Da nimmt man es gern in Kauf, am Montag mit tiefen Augenringen in die Arbeit zu fahren…

Ein ernsterer Termin steht am Montag in meinem Kalender. Die Flüchtlingsthematik ist in allen Zeitungen, auch viele Filme beschäftigen sich damit. Refugio München und der Deutschen Menschenrechts-Filmpreis stellen einige davon vor: Um 20 Uhr zeigen sie im Gasteig Preisträgerfilme –„Bewegte Bilder – bewegende Flüchtlingsschicksale“. Neben Vortrag und Film gibt es auch eine Diskussion. Der Eintritt ist frei. Zugegeben – so ganz geschickt ist dieser Termin doch nicht: Am gleichen Abend setzen wir in München mit der Friedenskette ein Zeichen. Memo an mich selbst: Kerze kaufen!

Wer hat nicht schon mal davon geträumt, einen intelligenten Kühlschrank zu haben? Einen, der eine SMS schickt, wenn man grübelnd vor den Supermarktregalen steht? „Vergiss nicht den Erdbeerjoghurt!“ Mit „Connected Home“ könnte das bald möglich sein. Gemeint sind damit smarte Häuser und vernetzte Geräte, die ständig Daten sammeln und so intelligente Entscheidungen treffen können. Aber was, wenn mich mein Kühlschrank überwacht? Um das herauszufinden, besuche ich am Dienstag eine Veranstaltung der Volkshochschule. Von 19 bis 21 Uhr spricht der Journalist Richard Gutjahr. Gut investierte 10 Euro!  

Am Mittwochabend zieht es mich in ein Theaterstück der besonderen Art: “Serata N°1 – ein Auf.BruchStück”. Was ist eigentlich normal, was ist perfekt? Diese Frage will das Stück aufwerfen, das im Gasteig um 19.30 Uhr uraufgeführt wird. Bei der Freien Bühne München, einem inklusiven Theater, stehen behinderte und nicht-behinderte Darsteller auf der Bühne. Vom eigenen Rollstuhl oder Down-Syndrom lassen sie sich nicht abhalten. Der Eintritt kostet ermäßigt sieben Euro.

Für den gleichen Preis lasse ich mich am Donnerstag nach New Orleans und Chicago entführen. Zumindest klanglich: Denn bei den „Kurt Maas Jazz Award 2015“ im Gasteig wetteifern Klarinette, Klavier und Trompete miteinander. Ab 20.00 Uhr spielen hier die jungen Preisträger, allesamt Studenten des Jazz-Instituts.

Am Freitag habe ich endlich Gelegenheit, mein Kostüm vom Gärtnerplatztheater einzuweihen – und zwar beim traditionellen Gauklerball im Münchner Künstlerhaus. Der gilt als eines der schönsten Kostümfeste in München. Das Motto lautet diesmal: „Die Gaukler in Versailles“. Um 20 Uhr verwandelt sich das Künstlerhaus in den prunkvollen Hof des Sonnenkönigs. Hofdamen und Hofnarren kann man hier bei Kerzenschein gleichermaßen beobachten. Wer beim Kostümverkauf eine Lockenperücke und ein Pompadour-Kleid ersteigert hat, wird sich hier wohl fühlen. Günstig ist der Eintritt zwar nicht: Die ermäßigte Flanierkarte kostet 21 Euro. Aber wann sonst kann man seine Euros mal in Louis d’Or umtauschen?

Elsbeth Föger

Die Geschichtensammlerin

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Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs konnten 10 000 jüdische Kinder fluchtartig NS-Deutschland verlassen. Lilly Maier, 22, hat Zeitzeugen über ihr Leben nach den Kindertransporten befragt – und reiste dafür durch die USA

Lilly Maier, 22, hat diesen Moment noch gut vor Augen. Sie studiert heute an der LMU in München (Foto: Catherina Hess). Damals war sie zehn Jahre alt und lebte in Wien, als ein weißhaariger Mann an ihre Haustür klopfte: Arthur Kern. Der 70-Jährige mit Hornbrille und Poloshirt hatte eine sonderbare Bitte – er wollte ihre Altbauwohnung sehen. Dort hatte er gelebt, bis die Nationalsozialisten kamen, bis Wien für Juden brandgefährlich wurde, bis die Familie den damals Zehnjährigen wegschickte, ins rettende Frankreich, dann in die USA. Seine Eltern und der große Bruder kamen ins Ghetto, er hat sie nie wieder gesehen. Mehr als ein halbes Jahrhundert war das her. Doch die Wohnung, die stand immer noch. Nur um sie zu sehen, war Kern aus Kalifornien angereist.

Die Maiers ließen den betagten Juden hinein. Von diesem Moment an war die Geschichte Kerns auch ein Teil von Lillys Leben. „Ich bin damals mit zehn Jahren ins Archiv gegangen“, erzählt die Studentin. Sie half Kern beim Suchen von Meldezetteln. Um mehr über den Nationalsozialismus herauszufinden, nahm Lilly an einem Geschichtsprojekt teil: Bei einer Gedenkfeier ließen Schüler 80 000 weiße Luftballons in den Himmel steigen – einen für jedes österreichische Opfer der Nationalsozialisten.

Lilly hat mittlerweile einen Bachelor-Abschluss in Geschichte in der Tasche. Für ihre Abschlussarbeit bekam die junge Frau den LMU-Forscherpreis für exzellente Studierende. Die Studentin redet schnell und gestikuliert viel, während sie spricht. Sie erzählt, wie sie den Preis auch Arthur zu verdanken hat. Ihn und zwölf andere Juden hat sie über die Zeit nach der Flucht aus Deutschland und Österreich interviewt. Dafür ist Lilly zwei Monate quer durch die USA gereist – von Washington bis an die Westküste, durch fünf Städte.

Interviews waren für Lilly eigentlich nichts Neues: In ihrem Auslandssemester in Washington studierte sie Journalismus, telefonierte gelegentlich mit Pressesprechern im Weißen Haus. Doch die Suche nach Zeitzeugen fing mühsam an. Von der „Kinder Transport Association“, einer Zeitzeugen-Organisation, bekam sie eine Namensliste von Menschen, die damals auf einem Kindertransport gewesen waren – und telefonierte sich durch. Bei den ersten sieben Anrufen hatte sie keinen Erfolg. Viele der Überlebenden waren schon sehr alt, eine Anwältin hatte Bedenken: Was, wenn in der deutschen Arbeit etwas Antisemitisches stand? An diesem Punkt kam wieder Arthur Kern ins Spiel, der damals an ihre Tür geklopft hatte. Um Lilly zu helfen, riefen er und andere Überlebende die Zweifler an. „Die kennen mich, seit ich zehn bin, und haben den anderen gesagt: Lilly schreibt sicher nichts Böses.“

Den achten Namen auf ihrer Liste musste Lilly nicht durchstreichen, hier wurde ihre Anfrage akzeptiert. Eine gebrechliche Jüdin namens Esther lud sie zu sich nach Hause ein. Auf dem Wohnzimmersofa ließ sich Lilly vergilbte Fotos zeigen und stellte vor laufendem Aufnahmegerät Fragen – oft bis zu vier Stunden lang. Die Gesprächspartner erzählten ihre Geschichte, die häufig nicht einmal die eigenen Kinder kannten. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es für Betroffene einfacher ist, so etwas jemandem Fremden zu erzählen“, erklärt Lilly. „Ich selbst weiß mehr über die Lebensgeschichte dieser Menschen als über die Kriegserlebnisse meiner Großeltern.“

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Die Überlebenden, die auf Kindertransporten nach Großbritannien gelangten (Foto: Bundesarchiv), erzählen ihre Geschichten erst seit den Neunzigerjahren. „Das hat auch damit zu tun, dass es früher Hierarchievorstellungen unter den Opfern gab“, erklärt Lilly. „Nur wer im KZ gewesen war, galt als echter Holocaust-Überlebender. Den anderen wurde vorgeworfen, sie hätten ja nichts Schlimmes erlebt.“ Dabei haben auch viele, die Vernichtungsofen und Appellplatz nie gesehen haben, Traumatisches mitgemacht. Als Großbritannien, teilweise auch Frankreich 1938/39 die Grenzen für jüdische Kinder öffnete, konnten 10 000 Kinder NS-Deutschland rechtzeitig verlassen – mit wenig mehr als einem Koffer und einem Schild um den Hals. Ihre Eltern mussten sie zurücklassen. Besonders kleine Kinder glaubten, sie würden zur Strafe weggeschickt. Entwurzelt, manchmal von den Geschwistern getrennt, brachte man sie in oft christlichen Pflegefamilien unter. Die waren häufig liebevoll, manchen ging es aber nur ums Geld. Viele Kinder emigrierten daraufhin in die USA, litten lange unter Schuldgefühlen, überlebt zu haben.

So berührend die Geschichten auch waren: Kritisch geblieben ist Lilly trotzdem. „Wenn jemand beim Transport drei Jahre alt war und mir dann genau den Bahnhof beschreibt, glaube ich ihm das nicht“, sagt sie und rückt ihre randlose Brille zurecht. Obwohl die meisten Zeitzeugen Deutsch konnten, sprachen sie mit Lilly Englisch. Aber immer wieder schlichen sich deutsche Begriffe ein. Die bis zu 90-Jährigen, die früher auf einem Kindertransport waren, bezeichnen sich auch heute noch als „Kinder“. „Es ist wirklich eine Identität geworden“, sagt Lilly.

Die Zeitzeugen sind eng miteinander vernetzt, oft befreundet, treffen sich regelmäßig für Gedenkfeiern. Kaum hatte Lilly das erste Interview geführt, bekam sie neue Kontakte. Dabei half auch ihr Alter: „Viele der Überlebenden reden nicht mit gleichaltrigen Menschen aus Österreich oder Deutschland, weil sie immer Angst haben, das seien Nazis.“ In Überlebenden-Kreisen fand man es bald bemerkenswert, dass sich jemand, der selbst nicht jüdisch war, für das Thema interessierte: „Bist du Arthurs Lilly? Du musst unbedingt meine Bekannte treffen!“ Am Ende hatte sie mehr Interviews geführt, als sie eigentlich wollte. „Ich konnte da einfach nicht Nein sagen.“

Wohl auch deshalb, weil Freundschaften mit den Überlebenden entstanden. Nach den Interviews gingen sie häufig gemeinsam essen. „Dann wurde ich ausgefragt!“ Damit Lilly Weihnachten in New York nicht allein verbringen musste, stellten neun 80- und 90-jährige Juden ihr die Christmas-Party auf die Beine, die sie selbst gar nicht feierten – mit Plätzchen und Stiefeln voller Schokolade.

Wieder zurück in München, schrieb Lilly ihre Ergebnisse nieder. Herausgekommen ist eine „spannend zu lesende, gut geschriebene und innovative Arbeit“, befand die Betreuerin Mirjam Zadoff. Dass Lilly den mit 1000 Euro dotierten LMU-Forscherpreis gewonnen hat, darüber freuen sich manche Überlebende mehr als sie selbst. „Einer hat geschrieben, es bedeute ihm viel, dass München, die ,Hauptstadt der Bewegung‘, eine Arbeit über die Kindertransporte so würdigt.“

Deprimiert haben Lilly die Gespräche mit Zeitzeugen nicht, erzählen sie doch trotz Traumata eine der wenigen positiven Geschichten über den Holocaust. Viele dieser Kinder wurden später überdurchschnittlich erfolgreich. „Es gibt dieses psychologische Phänomen, dass man zum Workaholic wird, wenn man ein großes Trauma erlebt“, sagt Lilly. Eine Studie aus Harvard belegt: Die Kindertransport-Kinder verdienten als Erwachsene besser, wurden häufiger Ärzte oder Anwälte, hatten eine höhere Wahrscheinlichkeit, einen Nobelpreis zu gewinnen. Aus dem damals zehnjährigen Arthur, der von seinen Eltern getrennt wurde, ist ein erfolgreicher Raketentechniker mit drei Söhnen geworden. „Er ist ein total glücklicher Mensch, der Frieden mit dem Ganzen geschlossen hat“, sagt Lilly, zögert kurz und sagt dann: „Es hat etwas von einem Happy End.“ Und wenn Lilly nächstes Semester für ihr Masterstudium wieder in die USA fliegt, wird diesmal sie es sein, die an Arthur Kerns Haustür klopft.

Elsbeth Föger

Von Freitag bis Freitag – unterwegs mit Elsbeth

Der Januar ist das Stiefkind unter den Monaten. Grund genug für eine ausgiebige Ablenkungstherapie.

Eisige Kälte, gescheiterte Neujahrsvorsätze, griesgrämige Gesichter an der Bushaltestelle. Zugegeben: Es gibt schönere Monate als den Januar. Aber dafür kaum bessere Gelegenheiten, um sich in den Freizeitstress zu stürzen! 

Gutes tun und sich dabei gut unterhalten lassen – das mache ich diesen Freitag: Um 20 Uhr geht es im Theater Heppel & Ettlich los mit der Benefizveranstaltung „Münchner Künstler bekennen Farbe“. Der Eintritt ist frei, Spenden gehen vollständig an Organisationen, die Flüchtlinge unterstützen. MonacoBagage präsentiert eine wilde Stilmischung aus Blasmusik, Klassik und Swing. Liedermacher Christoph Weiherer teilt politisch inkorrekt nach allen Seiten aus. Jodelfisch jodelt zu Balkan-Musik und Dagmar Aigner schwankt musikalisch zwischen Broadway und Bayern.

Nachdem ich noch am selben Abend beim Zappen auf den Bayerischen Filmpreis gestoßen bin, frage ich mich: Wie steigt man überhaupt ein ins Geschäft? Deshalb schaue ich am Samstag um 9.30 gleich mal bei denen vorbei, die das wissen müssen: bei den Studenten der Hochschule für Film und Fernsehen. Am Tag der offenen Tür schiele ich neugierig hinter die Kulissen, löchere Studenten über ihren Alltag, werkle in Gedanken an einer potenziellen Oscar-Rede. Und werfe mich vielleicht im TV-Studio vor der Profi-Kamera in Pose. Wenn niemand zuschaut.

Einen Tag in der Woche verzichte ich darauf, erwachsen zu sein: am Sonntag. Ich gebe es ja zu: Ein wenig albern komme ich mir als 22-Jährige schon vor, wenn ich inmitten aufgeregter Kleinkinder mit staunend großen Augen im Sea Life stehe. Aber wann sonst hat man mal die Chance, den Biologen bei der Inventur zu helfen und Seepferdchen zu zählen? Wer vor dem 25. Januar richtig rät, wie viele Fische sich in den Becken tummeln, gewinnt eine Jahreskarte.

Am Montag habe ich nach dem kindischen Exkurs wieder mal Lust auf anspruchsvollere Unterhaltung. Ein schöner Zufall, dass gerade die jüdischen Filmtage laufen. Im Monopol-Kino sehe ich mir abends „Get – Der Prozess der Viviane Amsalem“ an. Das Scheidungsdrama spielt in Israel und lässt einen sehr dankbar zurück, dort in keinen Rosenkrieg verwickelt zu sein. In Israel gibt es nämlich keine zivilrechtliche Ehe. Hat der Ehemann, wie in Vivianes Fall, auf eine Scheidung keine Lust, kann sich der Prozess jahrelang hinziehen.

Streit gibt es auch bei der hitzigen Podiumsdiskussion, die ich am Dienstag um 19.00 Uhr in meinem Terminkalender stehen habe. Im Mittelpunkt steht ein Thema, das Studenten wahrscheinlich besonders zur Weißglut bringt: die Wohnungsnot.

Der Mittwochabend ist reserviert für fremde Kulturen – in dieser Woche für trommelnde Samurais im Prinzregententheater. Um Punkt 20.00 Uhr eröffnen die Japaner mit den schwarzen Lederröcken das Spektakel „TAO“ und dreschen mit wuchtigen Schlägen auf ihre Trommeln ein. Mein Applaus kann damit nicht so richtig mithalten… 

Dem Fernweh gebe ich auch am Donnerstag nach, und zwar in der Ausstellung von Julia Thalhofer. Die junge Fotografin aus München, die schon zweimal im Farbenladen bei einer Ausstellung der Junge-Leute-Seite ihre Werke präsentierte, ist mit einer analogen Sofortbildkamera im Gepäck quer durch Asien gereist. Herausgekommen sind keine Touristenbilder in kitschiger Postkartenoptik. Stattdessen zeigen die 100 Polaroid-Fotos das alte, traditionelle Asien, das langsam im Verschwinden begriffen ist. Kennenlernen kann man die Künstlerin in der Galerie Ingo Seufert, wenn um 19 Uhr eröffnet wird.

Freitag, schon ist die Woche wieder rum. Fazit: Ich bin musikalisch, künstlerisch und cineastisch ein bisschen schlauer. Und ich glaube zu wissen, wie viele Fische sich in einem Aquarium tummeln (2.512?). Aber die Lange Nacht der Architektur lasse ich heute mal lieber sausen. Plötzlich habe ich Lust auf einen Spaziergang in der Januarkälte.

Elsbeth Föger