Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Matthias

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Grau ist auch dann keine Farbe, wenn man sie mit Astra-Bier und dem guten 3-Euro-Wein von Tengelmann vermischt – findet zumindest Matthias. Weil an Urlaub wegen diverser Unifristen gerade gar nicht zu denken ist, schaut er sich stattdessen im Café Kosmos Urlaubsfotos von Russen auf der Krim an oder wartet darauf, dass ein selbsternannter Magier beim Munich Magic Slam einen weißen Hasen oder seine Brieftasche verschwinden lässt. Ob der auch den Unistress verschwinden lassen kann?

Ende Februar. Das Münchner Wetter macht seinem Namen mal wieder überhaupt keine Ehre. Gab es da nicht vor ein paar Wochen erst eine Statistik, nach der München die sonnigste Stadt Deutschlands ist? I call it Bullshit. Ich mein, das graue Wolkengedöns am Himmel sieht ja schon sehr flauschig aus, nur wirkt das von unten nicht so wirklich einladend. Und: Grau ist keine Farbe. Wer das behauptet, hat keine Ahnung. Zumindest will ich heute etwas über Farbe lernen – deshalb ich geh zur Semesterausstellung von der IFOG Akademie. Titel ist passenderweise: Farbe. Heute ist  die Vernissage, und als Zuckerl gehen die Erlöse an einen guten Zweck. Ich kann mir zwar eh nichts leisten – aber dafür ist der Eintritt umsonst.

Urlaub soll ja bekanntlich helfen gegen die Alltagsbetrübtheit. Urlaub in besetzten Gebieten, zum Beispiel. Wobei, besetzt stimmt ja nicht – ging ja alles mit rechten Dingen zu auf der Krim! Das erinnert mich daran – ich muss noch meine Arbeit als Putintroll in Rechnung stellen…anyway. Die Russen wussten nämlich lange vor der Ukrainekrise, dass man an der Krim superb entspannen kann. Blöd, dass der Begriff Ballermann mittlerweile einen anderen Unterton bekommen hat. Fotograf Jonas Nefzger war auf jeden Fall in Yalta und hat Urlaubsfotos gemacht – die Austellung beginnt heute im Café Kosmos. Da geh ich auf jeden Fall hin. Astra-Bier an den Stränden von Yalta – wie damals Winny Churchill und Kollegen. Pervers.

Heute lass ich das Wetter Wetter und die Hausarbeit Hausarbeit sein und mache nichts. Rein gar nichts.

Farben, Fotos und Flaschenwein haben mich immer noch nicht aus dem grauen Blau meines Ende-Winter-Blues reißen können. Vor allem schaltet sich die Uni mal wieder dazwischen – so einige Hausarbeiten stehen halt schon noch an. Aber die bringen mich nicht wirklich zum Lachen, und darauf hab ich heute Bock. Also auf zur Freiheit, wo Peter Fischer mit einer neuen Mixed Show an der Start geht. Kabarett ist zwar alte Schule, aber großer Spaß – die SZ beschreibt Fischers Texte als komödiantisch-sarkastisch und gesellschaftskritisch. Solange er über HIV und einvernehmlichen Sex singt, kann ich damit leben – soll ja keiner sagen, die Kombination gäbe es nicht! Ich lache auf jeden Fall gut – schöne monatliche Sache.

Gewissensbisse. Die Deadlines an der Uni kommen näher. Ich brauche einen Plan. Am besten einen perfiden Plan, wie ich die Deadlines umgehen kann. Wieder ein fehlerhaftes Word-Dokument abschicken? Nein, der Trick zieht nicht mehr. Ehrlich sein? Ha! Ich raff mich auf und geh mal in die Bibliothek. Warum kann nicht heute die Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten sein? Es macht einfach viel mehr Spaß, mit anderen Verzweifelten gemeinsam nichts zu tun – und sich dabei einzureden, man wäre ja ach so elitär. Ich mein, wer besucht denn freiwillige Uni-Veranstaltungen spätabends? Zurück zur Hausarbeit – kann ich meine graue Umgebung irgendwie in die Fragestellung einbauen? Mal schauen: Black Consciousness, White Consciousness = Gray Consciousness? Macht Sinn. Check mate.

Eigentlich wäre der Plan noch bösartiger, wenn ich die Hausarbeitsthemen einfach verschwinden ließe? Oder den Professor? Hm. Das könnte auffallen, dann doch lieber gleich den ganzen Lehrstuhl. Aber wie macht man das? Mir fällt spontan David Copperfield ein, aber ich glaube der war kein wirklicher Magier – der hatte nur sehr wenige Freunde früher und musste Kartentricks lernen! Quatsch, eigentlich sind „Magier“ sehr cool – und das bringt mich auch auf eine Idee. Heute ist nämlich Munich Magic Slam, definitiv eine Veranstaltung, von der ich nicht dachte, dass sie existiert. Fünf Magier buhlen um die Kunst des Publikums – wie gesagt, wer etwas verschwindet lässt, hat meine Stimme. Meine Mutter hat immer gesagt, Magier sind Hochstapler – das Einzige, was da verschwindet, sei meine Brieftasche – ach, sind doch alles Klischees!

Siegfried und Roy und Kollegen haben mich beeindruckt – ich hab mir grad bei Amazon das Kleine Buch für kleine Zauberer bestellt, Alterempfehlung 5 bis 9. Ich hab trotzdem Schwierigkeiten, das sieht halt schon einfacher aus als es ist. Ich krieg Hunger. Gut, dass in der WG noch Überreste vom Superbowl rumliegen – wir haben uns halt mal wieder total verschätzt. Während die Hotdogs vor sich hinkochen, sehe ich mich einem meiner größten Angstgegner gegenüber – dem Wurstwasser. Definitiv in meiner Top Drei der abartigsten Dinge überhaupt. Ich will überhaupt nicht auf die Top Zwei eingehen – jetzt brauch ich Ablenkung. Heute Abend steigt die Zweite Auflage von 4×4 Singer/Songwriter unplugged in den BavariaMusikstudios. Essen gibt’s, Trinken gibt’s – und weder das eine noch das andere ist Wurstwasser. Puh – Erleichterung.

Nach schwerer Nacht bringe ich mein Trauma kurzfristig hinter mich – so schnell wird es wohl keine Hotdogs mehr geben. Ich mach heute erstmal nichts – aber Stefi hat heute Abend Geburtstag und da geh ich hin. Zurück ins Café Kosmos, zurück an alte Strände mit bekanntem Bier. Bei zweiter Betrachtung kriegt mein kleiner Kosmos wieder etwas mehr Farbe. Liegt vielleicht an der Sonne auf den Bildern. Oder an der Roten Sonne, zu der wir nach dem Geburtstag weiterziehen? Eigentlich ein neuer Horizont, weil ich den Laden nicht mag. Aber, wenn ein Club den Künstler – Mala – nicht beschreiben kann, „weil Worte aufgrund der Unbeschreiblichkeit wie Speaker in den Clubs unter der Wucht ihrer Bass-Granaten zerbröckeln“, dann muss das gut sein. Oder triple-gut, wie die Kollegen von jetzt.de sagen würden. Na, dazu sag ich jetzt mal nichts. Obwohl, doch: Wer Sprache so misshandelt, kotzt mich an. Nein, halt, neuer Begriff. Das kirscht mich an. Over and out.