Max Scherer und Philipp Link, Filmstudenten der HFF, sammeln altes Filmmaterial aus ganz Europa und lassen junge Autoren neue Geschichten dazu schreiben Weiterlesen „Old Love, neue Liebe“
Schlagwort: analog
Fragen über Fragen – Eva-Marlene Etzel
“Ich liebe analoge Fotografie und Polaroids, aber im Job fotografiere ich vorwiegend digital. Das führt auch dazu, dass meist verhältnismäßig viele Bilder gemacht werden und dies ermüdet mich ziemlich,“ sagt Fotografin Eva-Marlene Etzel, die bei unserer Ausstellung “10 im Quadrat – Reloaded” mitgewirkt hat. Wir haben ihr ein paar Fragen gestellt.
Worum geht es bei
deinem Konzept? / Wie bist du darauf gekommen?
Ich liebe analoge Fotografie und Polaroids, aber im Job fotografiere ich
vorwiegend digital. Das führt auch dazu, dass meist verhältnismäßig viele
Bilder gemacht werden und dies ermüdet mich ziemlich. Deshalb war für mich
klar, ich will für dieses freie Projekt analog fotografieren. Spannend fand ich
beim Polaroid, dass tatsächlich nur zwei Bilder pro Model gemacht werden
konnten, da die Anschaffung der Filme sonst zu teuer würde. So haben wir uns
die Konzepte sorgfältig überlegt und hatten dann genau zwei Versuche diese
umzusetzen. Dies hat erstaunlich gut funktioniert und hat durch die Spannung
viel Spaß gemacht.
Wie war es, so viele unterschiedliche
Leute für eine Bild-Serie zu fotografieren?
Toll, aber auch ein organisatorischer Aufwand. Ich habe je fünf Models an zwei
Tagen zu mir nach Hause eingeladen, wo wir dann erst einmal ein bisschen
quatschen konnten. Ich habe, wenn Zeit und Interesse war, meine Meisterarbeit
gezeigt, so dass sich die Models etwas unter meiner Fotografie vorstellen
konnten. Schön war es bei den Musikern, während des Shooting deren eigene Musik
zu hören, so bekam ich einen direkten Eindruck von der anwesenden
Persönlichkeit.
Welche Begegnung hat dich am meisten
beschäftigt?
Am meisten Spaß hatte ich wohl mit Anouk, sie wollte mit Kakteen posieren und
hat dann direkt mit einem riesigen Kaktus, den wir in meinen Hausflur
aufspürten, innig gekuschelt. Im Gespräch kam heraus, dass sie hobbymäßig
selbst gerne fotografiert und so fragte ich sie kurzer Hand, ob sie das
Selbstportrait im Stil der Serie von mir machen will. Weiterhin hatte ich eine
sehr schöne Zeit und gute Gespräche mit Verena und Natanael, ich würde mich
wirklich freuen, wenn diese neuen Kontakte bestehen bleiben.
War es schwieriger, z.B. einen
Schauspieler/Musiker zu fotografieren (also selbst “Künstler”), als
professionelle Models und wenn ja, inwiefern?
Ehrlich gesagt fand ich es schöner. Wir haben ja alle Konzepte vor und während
des Shootings gemeinsam erarbeitet und es war toll, Künstler vor der Linse zu
haben, die ein gutes Selbstverständnis und kreative Energie mitbringen. Ich
würde in Zukunft gerne mehr mit Musikern und Schauspielern arbeiten.
Bist du auch mal an deine Grenzen
gestoßen? / Musstest du deine Vorstellung/ dein Konzept über den Haufen werfen,
weil es schlichtweg nicht ausführbar war?
Gott sei Dank hat alles geklappt, die Serie war aber auch auf Zufall und
Unvorhersehbarkeiten ausgelegt. Mit Natanael habe ich tatsächlich als einzigem
ein drittes Bild gemacht, da er relativ am Ende fotografiert wurde. Es war
abzusehen, dass die zwei Extra-Bilder, die ich als Sicherheit aufgehoben hatte,
nicht mehr benötigt werden und nun habe ich sogar noch ein Bild übrig.
Nimmst du die Szene dieser Stadt nach
dem Projekt anders war? Braucht es mehr Vernetzung?
Auf jeden Fall! Ich bin zwar gebürtige Münchnerin, habe aber während meines
Studiums von 2009 bis 2016 nicht hier gewohnt. Das heißt, ich bin erst relativ
kurze Zeit zurück in der Stadt und bin total begeistert, was es für eine
interessante junge Musik- und Theaterszene gibt. Vor allem, wenn man einige
Namen mit tollen Persönlichkeiten verknüpfen kann, ich freue mich schon darauf,
zu Konzerten und Vorstellungen unserer talentierten Modelle zu gehen!
Foto: Anouk Elias
Techno und Trompete
Digital trifft auf analog: Das DJ-Duo „Naftali Sound“ überrascht in Clubs mit seiner Musik.
München – Eine Häusersiedlung am Rande von München. In der Straße gleicht eine Fassade der anderen, und dennoch fällt Hausnummer fünf aus dem Raster. Durch die verschlossenen Fenster lässt sich selbst auf der Straße der tiefe Klang einer Trompete wahrnehmen. Auch aus dem Keller ist Musik zu hören – elektronische Klänge mit bebendem Bass. Was für manch einen Vorbeigehenden als musikalischer Zufall wahrgenommen wird, ist für das DJ-Duo Naftali Sound pure Absicht.
„Kritiker unserer Musik behaupten manchmal, unser Sound wäre zu verspielt – wir sehen das aber als Kompliment“, erklärt Marinus Burger, 24, und muss schmunzeln. Die Musikrichtung lässt sich als Dub mit technoidem Einfluss betiteln. Ton, Klang und Bass sind entscheidend und charakteristisch für Naftali Sound. Zusammen mit Michael Salvermoser, 25, produzierte Marinus in Hausnummer fünf „Austenite“, die neueste EP des Duos. Der Klang ist meditativ, rhythmisch, atmosphärisch und trotzdem kommen Bass und Dub- Beats nicht zu kurz.
Marinus und Michael verbindet ihre Wohngemeinschaft, Freundschaft sowie analoge als auch digitale Musik. Dennoch sind beide zeitlich sehr eingespannt, haben ihren eigenen Alltag. Während Michael von einer Bigband-Probe zur nächsten hetzt, arbeitet Marinus gerade an seinem Master in Informatik. Seit einer Weile schon wohnen sie mit vier weiteren Studenten in einer WG zusammen. In dem Haus haben sie auch im Keller ihr Studio eingerichtet.
Im Garten wird sich zwischen lädierten Gartenmöbeln, einer kaputten Waschmaschinentrommel und eigener Feuerstelle über beider große Leidenschaft, den Dub, unterhalten. Angefangen hat alles bereits im Musik-Leistungskurs. Schon damals wurde an gemeinsamen Beats getüftelt. Die Musik an sich war jedoch für die heutigen DJs bereits von Kindheit an von großer Bedeutung. Mit fünf Jahren lernte Marinus – auf Wunsch seiner Eltern – Geige spielen. Im Laufe der Zeit kamen noch E-Gitarre und Schlagzeug dazu. Michael trat im Alter von sechs Jahren dem örtlichen Musikverein bei. Nach dem Blockflötenunterricht kam die Trompete, und bei der blieb er. Heute studiert er Jazz.
Die beiden sind ein gut eingespieltes Team. Im Studio sind die Aufgabenbereiche gleichmäßig verteilt und auf der Bühne hat jeder seinen eigenen Part zu leisten. Marinus bedient versiert die Maschinen, Michael wendet sich, mit einem Musikinstrument an den Lippen, dem Publikum zu. Ein Konstrukt bestehend aus digitalen Dub-Beats vom Computer, die vom analogen Klang einer Trompete gebrochen werden.
Die Kombination von analogem Instrument und digitalen Beats wurde zu ihrem Markenzeichen und brachte ihnen eine Veröffentlichung bei „Stepwise Records“ ein.
Die Dub-Szene Münchens ist gut vernetzt und bleibt meist unter sich. Was
also tun, um in der eingeschworenen Gemeinschaft auf sich aufmerksam zu machen? Michael antwortet ganz selbstverständlich: „Du schaust dir die unterschiedlichsten Gigs an und versuchst danach, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Und man muss einfach mehr und mehr Musik produzieren und sie auch mit den Leuten teilen.“
Genau das versuchen sie mit „Austenite“ zu erreichen: ihre Musik mit Menschen zu teilen. Denn durch Musik kann Leidenschaft zum Beruf werden und Musik kann Menschen zu besten Freunden machen. Hier am Rande von München. In der Dub-WG.
Text: Lisa Katharina Spanner
Foto: Anna Dietze
Mein München: Bavaria
Mit einer alten Kamera hat Camilla Lopez, 23, die alte Bavaria festgehalten. Die analoge Fotografie wirkt dabei so gar nicht old school.
In dem kurzen, gerade mal sekundenlangen Moment, in dem Camilla Lopez den Auslöser drückt, wirkt es so, als würde sie zu ihr herunter sehen – die Patronin Bayerns. Die bronzene Bavaria streckt sich imposant in den Himmel und zeichnet sich stark gegen die luftigen Wolken am Sommerhimmel ab.
Camilla, 23, befindet sich auf einem ihrer zahlreichen Spaziergänge durchs Westend und über die Theresienwiese. Dieses Mal hat sie eine Leica R4 aus den frühen Achtzigerjahren dabei. Fünf Fotos sind noch auf dem Film. Am Abend hat sie einen Termin in der Dunkelkammer. Sie steht ein paar Stufen entfernt zu den Füßen der Bavaria. Eigentlich ist es ein typisches Touristen-Motiv, trotzdem ist das Bild etwas ganz besonderes. Im schummrigen Rotlicht der Dunkelkammer konnte Camilla beobachten, wie sich nach und nach die sanften Wolken hinter der Bavaria auf den Foto abgezeichnet haben. „Das macht den Reiz aus“, sagt sie, „eine gute Komposition zu finden.“
Das Slawistik-Studium ist ihr oft zu theoretisch. Sie wollte etwas mit ihren Händen machen, etwas, bei dem sie den Produktionsprozess aktiv begleiten kann. Die Dunkelkammer ist da genau der richtige Ort. „Man kann so viel Zeit in ein einziges Bild stecken“, sagt Camilla. Und genau das macht ein Bild am Ende so besonders, so wertvoll.
Von: Jennifer Lichnau
Foto: Camilla Lopez
Mein München: Alte Pinakothek
Momentan porträtiert Lion Mayer meistens Menschen. Aber manchmal, so wie an dem Tag an der Pinakothek, sieht er ein Motiv und muss es einfach festhalten – auch dann, wenn er nur sein Handy und nicht seine analoge Kamera griffbereit hat.
Für Lion Mayer ist es wichtig, sich beim Fotografieren mehr auf das Motiv zu konzentrieren. Genau jene Gedankenfreiheit war an einem Sommertag im Juli von großer Bedeutung. Lion war gerade mit einem Freund an der Alten Pinakothek unterwegs, um sich ein Basketballspiel anzuschauen, als der junge Fotograf sein Handy zückte, sich nicht von diversen Kameraeinstellungen, wie zum Beispiel der Belichtungszeit, ablenken lies und ein Foto machte.
Lion ist in der Maxvorstadt aufgewachsen und dort oft auf Motivsuche. „München ist ein bisschen langweilig, aber wenn man ein wenig sucht, findet man schon interessante Motive“, sagt Lion. Wenn er nicht gerade nur mit seinem Handy ausgerüstet ist, fotografiert der 18 Jährige viel mit seiner analogen Kamera. „Die Farben. Das Korn. Die Qualität“, sagt er.
Im Moment arbeitet er an privaten Projekten und porträtiert dafür oft Menschen. Authentizität ist ihm dabei sehr wichtig. Die Personen sollen sich nicht verstellen und sich wohlfühlen.
Ob er einmal in die Fußstapfen seines Vaters tritt, der ein erfolgreicher Porträtfotograf ist, weiß er noch nicht. Schule ist erst mal wichtiger. Er geht im Moment in die 11. Klasse des Gymnasiums. „Für mich ist es mehr ein Hobby, das viel Zeit in Anspruch nimmt und aus dem auch was herauskommt. Einfach immer weiter arbeiten und daran wachsen“, sagt Lion.
https://www.instagram.com/dunkelburry/
Von: Yunus Hutterer
Mein München – Tegernsee
Spontan an den See. Josephine Robinson, 22, nimmt ihre Analogkamera mit und versucht mit einem Redscale-Film die Stimmung einzufangen.
Es gibt diese spontanen „Lass-uns-doch-an-den-See-fahren“-Tage, die wohl jeder Münchner kennt. Genau diese Stimmung versucht Josephine Robinson, 22, an einem Spätsommertag einzufangen. Mit ihrer Analogkamera, einem Redscale Film und ihren WG-Mädels fährt sie an den Tegernsee. „Ich bin mit der Fotografie aufgewachsen. Mein Vater, begeisterter Fotograf, hatte immer die Kamera dabei. Jedes Mal, wenn wir vor die Haustür traten, wurde nach möglichen Motiven gesucht. Das war zeitaufwendig und langweilig. Oft wurde ich ins Motiv eingebaut und musste ewig still sitzen“, sagt sie. Mittlerweile ist sie jedoch froh über Tipps und Anregungen, die sie von ihrem Vater bekommt. Weitere Inspirationen findet Josephine im Stil der 50er-Jahre.
Stefanie Witterauf
Mein München – Olympiadorf
Etwas zu fotografieren mit einem Film, der aus der gleichen Zeit stammt wie das Motiv – der Gedanke ließ den Fotografiestudenten Georg Raab nicht los, als er einen in den 70ern abgelaufenen Analogfilm in seine Kamera einlegte.
Als Stadt in der Stadt wurde für die Olympischen Sommerspiele 1972 das Olympische Dorf zur Unterbringung der Sportler gebaut. Heute wohnen rund 6 000 Menschen in den Wohnungen. Durch den alten Film sind die Farben nicht mehr realitätsgetreu und entsättigt – wie die Wahrnehmung des Olympiadorfs heute, findet Georg Raab.
Georg Raab drückt in seinen Fotografien seine kognitive Dissonanz aus: Ein Kampf zwischen Urbanität und Natur. Als Münchner liebt er es, in der Stadt zu leben, doch genauso geborgen fühlt er sich auf dem Land. Er vermisst die Natur. Oder die Stadt. Das was er gerade nicht hat, fehlt ihm. Nur in seiner Kunst kann er seiner Zerrissenheit frönen, im echten Leben muss man sich entscheiden. An der Akademie für bildende Künste studiert Georg Raab Fotografie mit Passion Bildhauerei, da kann er etwas mit seinen Händen erschaffen und total erschöpft über seinen Arbeiten zusammenbrechen. Das braucht der Student, denn so kann er in seine Traumwelten eintauchen und versuchen, sie der äußeren Welt zu offenbaren.
Stefanie Witterauf