Wo kann man… richtig gut Boule spielen?

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Neben Festivalgaudi und Isaraction muss im Sommer auch mal Zeit zur Entspannung sein – mit einer Partie Boule auf dem Königsplatz, im Hofgarten oder auf der Theresienwiese.

1. Hofgarten
Natürlich im Hofgarten – und sich nebenbei entweder Packungen oder Ratschläge von den wahren Münchner Boule-Profis abgucken.

2. Königsplatz
Auf dem Königsplatz, wenn man bereit ist, auch ein bisschen zu posen.

3. Josephsplatz
Vor der Kirche vorm Josephsplatz, zwischendurch holt man sich einen Café in der Augustenstraße und bei einbrechender Dunkelheit geht’s in den Salon Irkutsk oder ins Bruckmanns (Neureutherstraße).

4. Isar
An der Isar, wenn man drauf steht, dass irgendwer für einen den rettenden Sprungs ins kühle Nass wagt, wenn euch die Boule-Kugeln ins Wasser rollen.

5. Pinakotheken
Vor den Pinakotheken, weil da selbst das Fußballspielen erlaubt ist.

6. Elisabethplatz
Auf dem Elisabethplatz in Schwabing, weil sich vielleicht noch ein paar Alteingesessene anschließen.

7. Hauptbahnhof
Direkt vorm Hauptbahnhof, weil man gleich zum Abriss des potthässlichen Gebäudes beitragen kann.

8. Theresienwiese
Auf der Theresienwiese, weil man hier eh alles super machen kann – nur an Verpflegung sollte gedacht werden.

9. Alter botanischer Garten
Vorm alten botanischen Garten nördlich vom Stachus. Verstärkung gibt’s am Abend beim Cucurucu, der schönen Alternative zum Kosmos mit Außenbereich – allerdings nur bis 23 Uhr.

10. Englischer Garten
Im englischen Garten natürlich, entweder zum Ärger anderer auf den Wegen, in der sandigen Pferdekoppel am Südende oder am besten ganz im Norden, wo man seine Ruhe und Ausblick auf ein paar wilde Tiere hat.



Text: Friederike Krüger

Foto: Raymond Römke

Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Theresa

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Im Supermarkt steht schon der Lebkuchen. Theresa bekämpft die Angst vor dem Winter mit sonniger Musik von Impala Ray bei Munich Rocks, heißen Schockern beim Fantasy Filmfestival und würzigem indischen Tee. Vorsichtshalber deckt sie sich aber am Mädelsflohmarkt im Feierwerk auch schon mit wärmerer Kleidung ein.

Als mir am vergangenen Wochenende am Abendessenstisch von
meiner Mutter und meiner Schwester berichtet wird, dass es im Supermarkt schon
Lebkuchen und Spekulatius zu kaufen gibt, fällt mir spontan die Kinnlade runter
– und die frisch geerntete Tomate aus dem Garten. Das muss ein Scherz sein.
Aber nein, auch meine Wetterapp kündigt für die kommende Woche rund 10 Grad
weniger an als noch die letzten Tage. Und das, wo ich gerade angefangen habe,
mich ans Schwitzen zu gewöhnen und meine blassen Schultern auch endlich so
etwas wie Bikinistreifen aufweisen – zwar noch lange nicht in dem Ausmaß wie die
meiner gerade mit der Schule fertig gewordenen und nur noch im Garten oder an heimischen
Seen anzutreffenden kleinen Schwester, aber doch nicht mehr abzustreiten.
Eigentlich wollte ich an denen noch arbeiten, aber gut …

Ich werde meine Laune ganz bestimmt nicht von denen des
Wetters abhängig machen. Deshalb packe ich am Freitag meinen Regenschirm ein
und mache mich auf den Weg ins Cinemaxx am Isartor. Dort wird derzeit das
Fantasy Filmfestival gefeiert. Heute bin ich mutig und schaue mir „Nina
Forever“
an. Eine britische Komödie über eine tote Exfreundin, die die neue Beziehung
ihres noch lebenden Freundes sabotiert. Mit viel Blut und schwarzem Humor. Bin
mir zwar, um ganz ehrlich zu sein, nicht ganz sicher, ob das der richtige Film
für mich kleines Alptraum-Opfer ist, aber vielleicht findet sich ja noch
jemand, der mich danach in den Schlaf kuschelt.

Letzteres funktioniert leider nicht ganz so wie ich mir das
vorgestellt hatte. Deshalb muss ich mich am Samstag  erst einmal von den ganzen Schockern und
Ex-Freundin-Geistern erholen und mir etwas Gutes tun. Und wie könnte das besser
gehen als beim Shoppen? Heute muss ich mich dafür nicht einmal wirklich
schämen, denn auf dem Mädelsflohmarkt im Feierwerk tue ich nicht nur den Verkäuferinnen einen Gefallen, die ihre alten
Klamotten loswerden wollen, nein, ich trage auch nicht zum
Massenproduktionswahnsinn bei, sondern finde ein paar tolle Teile aus zweiter
Hand. Fühle mich super hipster.
Ich muss niemandem, der schon einmal Shoppen war, noch dazu auf einem Flohmarkt,
erklären, dass es sich dabei um Hochleistungssport handelt, weshalb ich mich
nach diesem Tagesprogramm nur noch auf ein Date mit der Couch einlasse.

Den Sonntag lasse ich langsam angehen. Zuerst spiele ich
Taxi und hole meinen leiblichen Vater und seine Familie vom Flughafen ab. Sechs
Wochen Indien. Regen hatten die da dank Monsun genug, tiefenentspannt sind sie
aber trotzdem. Vor allem meine kleine Schwester, die nach Lust und Laune
fernschauen und Süßigkeiten essen durfte, bei den indischen Großeltern. Gott
sei Dank bin ich alt genug, um darauf nicht neidisch sein zu müssen, und freue
mich stattdessen über meine nun wieder aufgefüllten Cashewnuss-Vorräte.
Am Nachmittag muss ich dann aber erst einmal Platz in meinem Kleiderschrank
schaffen für die neuen Klamotten, die ich gestern gekauft habe.
Schrank-Aufräumen ist sowieso Spitze, fast wie Shoppen, denn dabei finde ich
immer die interessantesten Dinge. Wow, das blaue Trägerkleid hatte ich schon
fast vergessen. Oder den alten oversize-Snoopy-Pulli von meiner Mama aus New
York, voll retro! Der wird heute Abend gleich eingepackt, wenn es zum
vielleicht letzten Mal dieses Jahr zum Open-Air-Kino am Olympiasee geht. Sommer
Ade mit einem Coming-of-Age-Film, aber wenigstens in der englischen
Originalfassung. „Paper Towns“ erzählt von junger Liebe und kleinen Rätseln und
ja, ich habe Taschentücher dabei.

Am Montag muss ich zum Ausgleich aber unbedingt wieder etwas
intellektuell Anspruchsvolles machen und auch wenn sich die Sonne wieder ein
wenig häufiger zeigt, radle ich zum Haus der Kunst zur Ausstellung „Geniale
Dilletanten“.
 Der Titel ist absichtlich falsch geschrieben, lasse ich mir erklären, denn es
geht um jugendliche Rebellion in den 80er Jahren, um Einstürzende Neubauten und
Freiwillige Selbstkontrolle. Ich kontrolliere mich heute Abend auch selbst,
besprühe ausnahmsweise mal keine U-Bahn, sondern informiere mich total spießig und
total freiwillig über Master-Studiengänge und lerne zum krönenden Abschluss sogar
noch für meinen bald anstehenden TOEFL-Test.

Am Dienstag geht es dann weiter mit dem kreativen Input,
dann muss ich nicht über den unmittelbaren Ernst des Lebens nachdenken oder gar
über die in manchen Schaufenstern schon ausgestellten Winterkollektionen. Im
ImportExport in der Dachauerstraße lasse ich mich bei der Rationalversammlung inspirieren,
von Texten mir Herz, Verstand und Witz. Wer weiß, vielleicht schreibe ich
morgen ja endlich meinen Roman fertig. 

Nein, Mist, am Mittwoch muss ich schmachten, denn Jesper
Munk
spielt im Milla beim Abschlusskonzert der aktuellen BR-Startrampe und auch
wenn mein Geldbeutel seit Samstag viel zu leer ist, muss ich da hin. Ich muss. 

Am Donnerstag habe ich viel vor, deshalb sammle ich tagsüber
Kraft bei einer Tasse indischem Chai und starte um 19 Uhr bei der Vernissage von Birgit Wolfram. Es geht um die
Wirkungen und Möglichkeiten einer möglichst exakten Umsetzung der
Darstellungsweise von Fotografie und Malerei.
Dann will ich aber auch noch Musik. Und weil mir gestern aufgefallen ist, wie
gern ich im Milla bin, trotz des schrägen Bodens und des dadurch verursachten Muskelkaters
heute Morgen, fahre ich im Anschluss an die Kunst wieder in die Holzstraße,
denn da spielen Famous Naked Gipsy Circus, The Black Submarines und die
Cassettes. Das Ganze findet über die neue Plattform „Young Bands of Munich“ statt,
die Richard Mahlke, Sänger von den Cassettes zusammen mit Mira Mann vom Milla
organisiert hat. Aufstrebenden Münchner Bands sollen dadurch Auftritte ermöglicht
werden.
Ich bin allerdings ein wenig unruhig,
weil gleichzeitig im Ampere Munich Rocks stattfindet und dort spielt bei freiem
Eintritt Impala Ray. Neuer Sommerhit-Liebling, passt perfekt zu meinem Vorsatz,
den Herbst noch ein bisschen wegzutanzen. Spekulatius werde ich noch früh genug
gemütlich in eine Decke vorm Kamin gewickelt essen können. 

Am Freitag bin ich von all dem Getanze und der Angst vor dem
Winter allerdings auch ein wenig erschöpft und da erinnere ich mich daran, wie
mein Papa am Sonntag vom Nichtstun am Strand unter Palmen erzählt hat. Das
klingt interessanterweise auf einmal sehr, sehr vernünftig. Einfach mal nichts
tun. Ich packe meine Yoga-Matte ein und geselle mich zum Nadism Slow Mob im
alten Botanischen Garten
. Bewusstes Nichts-tun. Das ist echt abgefahren und sollte öfter gemacht werden.
Dann vergeht die Zeit nämlich auf einmal unglaublich langsam und die Lebkuchen
rücken wieder in angenehm weite Ferne.

Theresa Parstorfer

Foto: Tobias M Kraft

Kuchen und Kultur

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Die Studentinnen Elena Koch und Marlene Deichsel wollen die Münchner Kaffeehaus-Tradition wiederbeleben. Dazu schaffen sie mit ihrem Projekt im Alten Botanischen Garten einen öffentlichen Raum für Begegnung und Diskurs.

Stundenlang bei einer Tasse Kaffee aus der silberfarbenen Thermoskanne sitzen, angeregt über Politik, Kunst und Literatur debattieren oder einfach der orientalischen Musik lauschen: Elena Koch, 26, und Marlene Deichsel, 25, (Foto: Robert Haas) wollen mit ihrem Projekt „Freie Aktion Gesellschaft“ die traditionsreiche Kaffeehaus-Kultur für einige Wochen im Alten Botanischen Garten aufleben lassen. Dafür bauten die Kunstpädagogik-Studentinnen drei Wochen lang täglich ihre einklappbaren Sitzbänke um den Neptunbrunnen auf und luden zu Gesprächen bei Kaffee und Kuchen. Die Themen, die bei diesen Begegnungen zur Sprache kamen, dienen nun als Grundlage für eine weitere Veranstaltungsreihe. Bis Ende September werden Lesungen, Filme, DJ-Performances und Theateraufführungen im Alten Botanischen Garten geboten.

Der Name des Projekts, „Freie Aktion Gesellschaft“, erinnert nicht zufällig an den Terminus Aktiengesellschaft: „Einerseits nutzen wir eine ökonomische Strategie, indem wir unserem Projekt einen Namen geben und dafür werben. Andererseits sind wir genau das Gegenteil einer Aktiengesellschaft, weil wir alles kostenlos zur Verfügung stellen und keinen Gewinn anstreben“, sagt Elena. Der Begriff Aktion statt Aktien soll den aktiven Charakter ihrer Arbeit unterstreichen, die von den Gesprächen und dem Austausch mit den Parkbesuchern lebt.

Für die Studentinnen stellt das künstlerische Projekt mit sozialer Komponente gerade deshalb etwas Besonderes dar, weil es sich sehr stark von dem unterscheide, was sie sonst machen würden: „Wir wussten nicht, wie das Programm
am Ende aussehen wird, weil es auf den Leuten und Gesprächen basiert. Gerade
dieses prozesshafte Arbeiten in der Kunst war für uns eine Herausforderung“,
sagt Marlene. Die Initiatorinnen wollen auf Themen aufmerksam machen und
gemeinsam in einem öffentlichen Rahmen darüber diskutieren. Es gehe immer auch
darum, sich und sein Umfeld reflektiert wahrzunehmen und alles zu hinterfragen,
betonen die beiden. „Der öffentliche Raum wird kaum mehr als Diskursraum
genutzt, viele Menschen können oder wollen nicht argumentativ diskutieren. Dem
wollen wir mit unserem Projekt etwas entgegensetzen.“

Auf dem Internetblog freieaktiongesellschaft.blogspot.de veröffentlichen die Initiatorinnen die
genauen Termine und auch Informationen zu den geführten Unterhaltungen: über
die politischen Geschehnisse in Iran oder die Geschichte und Zubereitung des
Kaffees. Es entsteht dabei eine vielfältige Sammlung zu Themen aus Politik,
Wirtschaft, Religion, Wissenschaft und Kunst. Zu den diskutierten Inhalten
finden sich aber nicht nur Texte aus Büchern oder dem Internet, sondern auch
Hyperlinks zu grafischen Animationen und Skizzen, welche die Unterhaltungen
veranschaulichen sollen. So wurden die Kuchenteller aus Pappe zur
Schreibunterlage umfunktioniert und für den Blog abfotografiert. Zu sehen sind
etwa arabische Schriftzeichen. Ein Besucher aus Syrien hatte hier versucht, den
Unterschied zwischen Schiiten und Sunniten verständlich zu machen. Die
Studentinnen konnten ein Interview mit einem Parkbesucher über das Geld- und
Finanzsystem führen und aufnehmen. Das Audiomaterial wird auf dem Blog durch
Skizzen ergänzt. Elena und Marlene waren überrascht von der Fülle an Wissen,
die entsteht, wenn Menschen aus den unterschiedlichsten Lebenswelten
aufeinandertreffen und sich austauschen. „Man muss kein Experte sein, um an der
Gesellschaft teilzuhaben“, sagt Marlene.

Den Studentinnen ist es wichtig, die Themen, die im persönlichen
Rahmen aufgekommen sind, einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das
geschieht einerseits über den Blog, andererseits über die Plattform, die in der
Nähe des Kunstpavillons im Alten Botanischen Garten aufgebaut ist. Da gibt es unter
anderem eine iranische Künstlerin und Journalistin, die über die Politik in
ihrem Heimatland sprechen möchte. Eine Diskussions- und
Informationsveranstaltung zum Thema ist geplant. Auch ein Professor der Physik
lernte die Studentinnen während Kaffee und Kuchen kennen und war von ihrem
Projekt angetan. Kurzerhand stimmte er der Veröffentlichung eines Textes über
Zeit und Geld für den Blog zu und erklärte sich bereit, auf der Plattform
daraus zu lesen. Das Thema der Kaffeehaus-Mentalität wird schließlich direkt
aufgegriffen, wenn der Film „Café Ta’amon“ gezeigt wird, einem Treffpunkt für
politische Aktivisten, Politiker, Literaten und Künstler in Jerusalem. Der
Münchner Regisseur Michael Teutsch zeigt seinen Film lizenzfrei und wird für
ein Gespräch mit dem Publikum zur Verfügung stehen. „Wenn die Freie Aktion
Gesellschaft von meinem Film profitiert und er dazu beiträgt, Menschen für das
Projekt anzusprechen, unterstütze ich das gerne“, begründet er seine
Beteiligung. „Ich finde es gut, wenn junge Menschen etwas abseits des
Alltäglichen initiieren und Kunst und Kultur fördern. Dieses persönliche
Engagement honoriere ich enorm.“

Die Verbindung zwischen der Gesprächs- und Veranstaltungsphase
wird nicht nur durch die Menschen und ihre Themen hergestellt. Auch die eigens
angefertigten Holzbänke, auf denen die Parkbesucher zuvor ihren Kaffee tranken,
wurden zu einer Plattform umgebaut und sind somit fester Bestandteil der
Eventreihe. Das Design des Mobiliars ist dabei an der fernöstlichen Tradition
des Kaffeetrinkens orientiert, wo das Getränk meist sitzend auf dem Boden zu
sich genommen wird. Elena und Marlene haben alle Gäste, die bei der
Organisation der Veranstaltungen mitwirken, während der vorausgehenden
Gespräche kennengelernt.

Ein Beteiligter resümiert: „Das Spannende ist vor allem die
direkte Interaktion mit den Parkbesuchern. Im Laufe des Projekts wurde dieser
erst zum Gesprächspartner und dann zum mitbestimmenden Akteur.“

Jenny Stern