Neuland: El Rancho

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Die Münchner Band El Rancho nimmt ihr nächstes Album in Texas auf. Das passt natürlich musikalisch, hat aber auch mit einem Musiker zu tun, den wir aus so manchem Film-Soundtrack kennen.

Vorwärts zu den Wurzeln, heißt es bei der Münchner Folk-Rock-Band El Rancho, denn die nimmt ihr nächstes Album in Texas in den USA auf. Aber nicht irgendwo in Texas: Das Tonstudio von Rick Del Castillo soll es werden, und das nicht ohne Hintergrund: „Wir kennen Rick von einer Deutschlandtour im Jahr 2012, bei der wir seine Band Del Castillo supportet haben. Er meinte damals zu uns, wir müssen unser nächstes Album unbedingt bei ihm aufnehmen. Und jetzt steht eben das nächste Album an“, sagt Luca Wollenberg, 26, Gitarrist von El Rancho. Also haben sie kurzerhand das Telefon in die Hand genommen und in Texas angerufen.
Insgesamt drei Wochen wollen die drei Münchner in den USA verbringen. Das kostet natürlich Geld. Neben persönlichen Einlagen suchen sie deshalb aktuell nach Sponsoren. Außerdem soll von Herbst an eine Crowdfunding-Kampagne bei der Finanzierung helfen. Neben dem prominenten Aufnahmeleiter wird das neue Album wohl vor allem von den dort ansässigen Session-Musikern profitieren können. El Rancho vertieft damit seine musikalischen Wurzeln konsequent im Folk- und Country-Boden. 

Weitere Informationen unter: www.elranchomusic.com 

Von: Richard Strobl

Foto: Maximilian Lamm

Band der Woche: Zoo Escape

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Die Münchner Band Zoo Escape hat alles zu bieten, was das Popherz begehrt: Mitreißende Melodik und Energie, die richtig verteilt wird, so dass der Hörer an den gewollten Stellen, nämlich wenn es zum Refrain hingeht, mitgrölt und im besten Fall zu hüpfen anfängt. Dazu beherrschen sie das Spiel mit Symbolen und verwandeln dadurch ihren Pop-Cocktail zum Punkrock.

Symbole sind out. Sie haben ihre Bedeutungskraft im Pop verloren. Schlicht, weil es zu viele wurden. In den Sechziger- und Siebzigerjahren war das noch anders. Während die Hippies die Peace-Flaggen schwenkten, präferierten die Punks knapp zehn Jahre später sämtliche Polit-Insignien: Die Dead Kennedys bauten aus den Initialen des Bandnamens ein Logo zusammen, das irgendwo zwischen kommunistischer Aufbruchspartei und dem Alpha-Omega-Look der Osterkerzen lag, die Sex Pistols traten selten ohne irgendeine Form des Union Jack auf und Rage Against the Machine schmückten sich seit jeher mit dem Sozialisten-Stern. Doch klar, dass all das nicht mehr viel bedeutet, allerspätestens seit Pop-Sternchen wie Madonna in den Neunzigern die Symbole der Punks als Zeichen des Widerstands übernahmen, um ihre glattgebügelte Version von Popmusik mit ein wenig Subversion zu schmücken. Seitdem ist kaum mehr ein Symbol ernsthaft zu gebrauchen in der Popwelt.

Außer in einer Bewegung, die von Kunstwissenschaftlern gerne als Hypersymbolisierung beschrieben wird. Also wenn zu viele Symbole benutzt werden, die sich gar gegenseitig widersprechen, aber trotzdem nicht ironisch wirken, sondern eigentlich zu ernst genommen werden. Die slowenische Band Laibach ist dafür das vielleicht konsequenteste Beispiel. Auch dafür, dass Symbole nicht immer nur in Zeichen- oder Logoform vorliegen müssen: So war der größte Akt des Hypersymbolismus in der Popmusik in letzter Zeit wohl der Auftritt Laibachs in Nordkorea. Doch auch die Münchner Band Zoo Escape (Foto: John Steam) spielt ein gekonntes Verwirrspiel mit Symbolen. Auch wenn das bei dieser Punk-Rock-Band noch ein wenig leichter wirkt als bei Laibach. Das mag aber vielleicht auch an der Musik liegen. Denn die ist bei Zoo Escape, die gerade ihr erstes Album auf einem größeren Label mit Vertrieb herausgebracht haben, eigentlich all das, was das Popherz begehrt. Mitreißende Melodik und Energie, die richtig verteilt wird, so dass der Hörer an den gewollten Stellen, nämlich wenn es zum Refrain hingeht, mitgrölt und im besten Fall zu hüpfen anfängt. Oder zu Pogen. Denn: Durch das geschickte Spiel mit Symbolen wird dieser Pop-Cocktail zum Punkrock. Und das liegt nicht nur an den verzerrten Gitarren, die spätestens seit den Libertines und den Strokes im Pop salonfähig sind. Doch Zoo Escape beziehen sich auf Seventies-Punk und wissen den ziemlich perfekt in Szene zu setzen, ohne sich selbst dabei zu ernst zu nehmen. Das beginnt doch wieder beim Logo der Band: Hammer und Sichel, was will der Agit-Prop-Popper mehr, doch der Hammer weicht bei Zoo Escape einem Martini-Glas. Das Cover-Artwork des Albums „Apart from Love“ zeigt dann auch ein im Polit-Pop nicht unbekanntes Symbol: In körnigem Raster-Druck wird darauf auf den sozialistischen Bruderkuss zwischen Breschnew und Honecker verwiesen – allerdings knutschen bei Zoo Escape Brecht und Adorno. Und das Auftreten der Musiker könnte von Vivienne Westwood nicht schöner designt sein, inklusive der Künstlernamen, die in bester Relation zu Johnny Rotten und Sid Vicious stehen.

Und in der Musik, deren Pop-Songwriting eben auch schön als treibender Punk verkleidet ist, wird hinter „Hey“- und „Oi“-Rufen über Montage geklagt (schon fast ein wiederkehrender Aphorismus der Pop-Musik). Doch was den Reiz von Zoo Escape so stark macht, dass die gealterte britische Punk-Legende TV Smith vergangene Woche eigens aus London zum Release-Konzert von Zoo Escape anreiste, um deren Support zu spielen, sind genau diese intelligent verschachtelten Hinweise auf die Pop-Vergangenheit und das Geschick, daraus eine zeitgenössische Rebellionsmusik zu schmieden. 

Stil: Punkrock / Pop

Besetzung: Marc Villon (Gesang),
David Bizarre (Gitarre, Backgroundgesang), Truc Trouve (Bass), Luc
Batteur (Schlagzeug), Gregor Clochard (Gitarre, Backgroundgesang)

Aus: München

Seit: 2009

Internet: www.zooescape.bandcamp.com

Rita Argauer

Foto: 

John Steam