Neuland: BAAL

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Für Matthias Dräxler und Matthias Schüll von BAAL heißt es bald Abschied nehmen: Das Deep-House Duo zieht nach Berlin. München bleibt aber natürlich trotzdem Heimat.

Matthias Dräxler, 26, und Matthias Schüll, 31, von BAAL ziehen nach Berlin. Die elektronische Musikszene in München ist zwar seit einiger Zeit aufstrebend, mit Berlin aber immer noch nicht vergleichbar, sagen die Musiker des Deep-House-Duos aus Fürstenfeldbruck. Deshalb spielen zwar viele Berliner DJs in München, ihren Lebensmittelpunkt haben aber die meisten in der Hauptstadt. Es geht BAAL aber nicht in erster Linie darum, schneller erfolgreich zu werden, sondern sie wollen neue Eindrücke sammeln. Wären sie neu im Geschäft, wäre es blauäugig, direkt nach Berlin zu gehen, sagt Dräxler, aber da sie schon seit längerer Zeit öfter in Berlin spielten als in München, sei ihr Schritt gut durchdacht. Zudem wissen sie, dass es vor allem im Club Ritter Butzke viele Leute gibt, die sich auf die Zusammenarbeit freuen. Der Abschied von München fällt BAAL aber natürlich trotzdem nicht leicht. „Wir gehen mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Schüll. Deshalb findet am Dienstag, 26. April, ein Abschiedskonzert im Buck Rogers in Fürstenfeldbruck statt – vor allem von ihren Freunden dort wollen sich die beiden gebührend verabschieden.   

https://soundcloud.com/baalsound

Von: Jacqueline Lang

Foto: Daniel Krölls

Ein letztes Mal Sex. Und Sonntagsbraten

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Beste Freundin. Mitbewohner. Auf jeden Fall Komplize. So fühlten wir uns seit fünf Jahren. 256 Kolumnen haben Lisi Wasmer und Susanne Krause seit Juni 2010 auf der Junge-Leute-Seite geschrieben. Über junge Menschen bei der Paarungssuche. Und über das Zuhause, was immer das auch sein mag. Nun ist es vorbei. Mit Sex. Und mit Sonntagsbraten.  

Heimat.
Sex. Im Wechsel. Kürzer lassen sich die beiden Kolumnen der Jungen Leute Seite,
„Beziehungsweise“ und „Bei Krause zu Hause“, wohl nicht beschreiben. Nun erschien der letzte Text: Nach fünf Jahren voller komischer, absurder und
nachdenklicher Geschichten aus dem Leben und Liebesleben ihrer Freunde und
Bekannten, legen Lisi Wasmer und Susanne Krause den Stift nieder. Ein Abschied.

Kolumnen
binden Leser. Sie sind Aushängeschilder. Konstanten, auf die man sich verlassen
kann. Ein Grund, die Seite aufzuschlagen, auch wenn einen die restliche
Themenauswahl nicht sofort anspricht. Das Spannende: Selbst wenn das Erzählte
oft absurd klingt, im Kern sind die Kolumnen wahr. So oder so ähnlich hat es sich
tatsächlich zugetragen. Marcels Name zum Beispiel, den mag Susanne in ihrem
„Bei Krause zu Hause“ Text verändert haben, sein Balkon allerdings war
tatsächlich eines Tages die Hauswand hinabgestürzt.

Angefangen
hat die Kolumnen Reihe im Juni 2010 – mit einem „Beziehungsweise“-Text von Lisi
und einem Tampon, das auf der Wasseroberfläche eines Toilettenbeckens trieb.
Als ekelhaft kann man das bezeichnen. Oder als Stilmittel. Lisi bedient sich
gerne der Effekthascherei, wählt Ausdrücke und Worte meist so geschickt, dass
sie sich gerade noch in der Zeitung drucken lassen. Und es funktioniert: Was im
ersten Moment obszön oder abstoßend klingt, macht letztendlich doch neugierig –
Sex sells eben. Ganz nebenbei erzählt die Autorin von kleinen und großen
Wahrheiten über Männer, über Frauen, über das Lieben und Geliebt-werden. Spätestens
am Ende, wenn aus dem Tampon zum Beispiel ein Sinnbild für das Verlangen nach
einer festen und ehrlichen Beziehung geworden ist, ganz ohne Make-up und ohne
sich zu verstellen, nach der letzten Zeile also, weicht Abscheu dem Gefühl
von guter Unterhaltung. Lisis Texte sind zum herzhaft Lachen.

„Bei
Krause zu Hause“ im Gegensatz ist anders: Kein Sex, zumindest eher selten und
weniger explizit. Und anstelle eines prustenden Auflachens bleibt am Ende
dieses Lächeln, das sich einstellt, wenn man sich in einer Situation selbst
wiedererkennt. Susanne Krause schreibt Wohlfühl-Texte, die auf genüssliche und
humorvolle Art die Tücken und Überraschungen des Alltags beschreiben, wenn man
einmal das Hotel Mama hinter sich gelassen hat. Es geht um das Leben bei Krause zu Hause. In der Tat gewährt Susanne ihren Lesern Einblicke in ihre
persönlichen vier Wände: In die Burschenschaft, in der sie gelebt hat. In ihre
Küche, in der  sie nur die Stellen und Oberflächen putzt, die ins Auge
eines mittelgroßen Betrachters fallen. In ihr Wohnzimmer, von wo aus sie über
ihre Sehnsucht nach einem eigenen Balkon schreibt – ein Balkon in einem guten baulichen
Zustand, versteht sich, nicht wie Marcels Balkon. Susanne erzählt von Dingen,
mit denen sich jeder immer irgendwie identifizieren kann.

Ebenso
wie ihre Texte für die Leser auf die Seite gehören – nicht umsonst kommen jedes
Jahr viele Zuschauer zu ihren Sex und Sonntagsbraten Lesungen im Farbenladen -,
wird es auch schwer, sich die beiden aus der Redaktion der Junge-Leute-Seite wegzudenken.
Angesichts ihrer eigenen Themenwahl verwundert es nicht, dass sie auch im
echten Leben oft unterschiedlich sind: Man kann Susanne durchaus als verkannte
Rebellin bezeichnen, die mit ihren blonden Locken und manchmal zurückhaltenden
Art zwar unschuldig wirkt, sich aber mit quietschbunten Strumpfhosen
aufbegehrt, wenn die Geschäftswelt einen Stiftrock von ihr verlangt. Lisis Potenzial
zur Rebellion dagegen ist offensichtlicher. Nicht nur ist sie braunhaarig, was
sie vor der Engels-Assoziation bewahrt, auch ihr Blick hat immer etwas freches
und herausforderndes. Wenn ihr die Idee für eine Geschichte gefällt, setzt sie
sich ein, und schreckt auch nicht vor Diskussionen zurück. Sie ist
selbstbewusst, kämpferisch und doch immer mit einem guten Rat zur Seite.

Dass
die beiden eines Tagen nicht mehr als Kolumnistinnen für die Junge-Leute-Seite
schreiben würden, das war eigentlich auch 2010 schon klar. Über die Jahre sind
Autorinnen und Texte gleichermaßen erwachsener geworden. Statt um den
chaotischen Studentenalltag ging es bei „Bei Krause zu Hause“ immer mehr um
Identität und die Frage, wo man hingehört. Und seit einiger Zeit gibt es auch
immer wieder „Beziehungsweise“-Kolumnen, in denen Worte wie Sex, Rammler und
Artverwandtes keinen Platz mehr finden. Stattdessen waren Liebe, Partnerschaft
und selbst Kinderkriegen Thema. Lisi Wasmer und Susanne Krause sind älter
geworden, keine Studentinnen mehr. Es ist also durchaus gerechtfertigt, wenn
auch schade, dass sie aufhören. Im neuen, im echten Leben jetzt werden sie sich
wohl vielen neuen Dingen widmen, Sex und Sonntagsbraten allerdings werden
vermutlich auch weiter eine Rolle spielen.

Dorothée Merkl

Foto: Lorraine Hellwig

Ein Lied vom Abschiedsschmerz

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Jahrelangwaren sie am Puls der Subkultur: Das Online-Magazin LAXMag hat Münchens
Musikszene lange aufmerksam verfolgt. Jetzt hat die Redaktion die Arbeit
eingestellt. Ein Interview mit einer Chefredaktion, die trauert (Foto: dasfotostudio).

SZ: Sieben Jahre gab es LAXMag.
Warum habt ihr das Magazin jetzt eingestellt?

Nina-Carissima Schönrock: Das Magazin haben wir zu einer Zeit gegründet, in
der die meisten von uns noch studiert haben. Mittlerweile sind wir alle
berufstätig und sehr eingespannt. Mit dem LAXMag haben wir vor allem deshalb
aufgehört, weil sich die Musikszene zu sehr verändert hat. Früher ist
musikalisch unglaublich viel passiert. Die Strokes
sind hochgekocht, Franz Ferdinand
waren plötzlich da. Darauf mussten wir reagieren. Aber dann hat sich die
Musikindustrie gewandelt.

Inwiefern?
Die Bedingungen in der Musikwelt sind andere geworden: Bands werden zu oft verheizt,
Konzertbedingungen haben sich verändert. Alles ist härter geworden. Aber es ist
auch die Qualität der Bands. Im Moment passiert in Sachen Musik einfach nichts
mehr, das uns richtig reizt, das uns anfixt. Wenn wir Tapes kriegen, sagen wir
nicht mehr: Wow, so was haben wir noch nie gehört. Es macht keinen Sinn mehr, über
einzelne Bands zu schreiben, wenn alles gleich klingt.

Dann findest du die
Musikszene in München jetzt nicht mehr so spannend wie früher?

Nein, und ich glaube nicht, dass es nur uns so geht. Wir haben erfolgreiche Blogs
sterben sehen, die keine Lust mehr auf Musik hatten. Sogar das Online-Magazin Rote
Raupe hat kapituliert. Die waren immer da und auf einmal gab es sie nicht mehr.
Das kommt ja nicht von ungefähr.

Was hat LAXMag denn richtig
gemacht?

Wir sind immer ehrlich gewesen. Wenn wir jemanden kritisieren wollten, haben
wir das gemacht. Wenn wir jemanden gut fanden, haben wir den gepusht. Der Leser
wusste, woran er war. Das war wie das Amazon-Empfehlungsprinzip. Es gab
Redakteure, die etwa mehr Indie-Pop hörten, und wenn die etwas über Musik
geschrieben haben, wusstest du: Wenn du dich in seinem Geschmack einmal wiedergefunden
hat, gefallen dir ähnliche Bands wohl auch.

Ihr habt ja auch kleinere
Bands vorgestellt.

Genau, das war unser ursprüngliches Anliegen: Bands mit viel Potenzial zu
helfen. Etwa Sickcity. Wir haben uns
alle gefragt, warum die nur in München bekannt sind – und gesagt, die müssten
groß werden. Wir haben sie deshalb bewusst neben den Strokes platziert, weil sie das verdient hatten. Sie hätten damit
weitermachen sollen, sie wären irgendwann groß rausgekommen.

Gab es bei euren vielen
Interviews auch skurrile Begegnungen?  
Einmal hatten wir ein Interview mit Thees Uhlmann von Tomte. Highlight des Gesprächs: als ich
ihn gefragt habe, was Jan Delay eigentlich für ein Problem mit ihm hat. Denn eben
dieser hatte in einem Radio-Interview auf die Frage, was ihm zu bestimmten
Bands für Attribute einfallen, bei Tomte gemeint: „Hure Hure, Fotze Fotze,
Tomte Tomte“. Das warf Thees völlig aus der Bahn. Der Tomte-Frontmann konnte
sich den Bash gar nicht erklären und meinte schließlich: „Delay ist schon sehr
niedlich.“ Am nächsten Tag klingelte im H&M mein Handy: „Hallo, hier ist
Thees Uhlmann. Ich wollte nur noch mal nachfragen, wie schlimm das alles war,
was ich über Jan Delay gesagt habe…“ Ich habe selten so sehr gelacht!

Wenn du das LAXMag Revue
passieren lässt: Was waren eure größten Erfolge?
Ganz groß war unser Ravioli-Test zur Festivalsaison, bei dem die
ganze Redaktion dabei war und der bis heute wahnsinnig gut klickt. Gut gingen
auch die Soundtracks, die wir etwa zu politischen Anlässen gemacht haben. Zum Arabischen
Frühling haben wir zum Beispiel einen Revolten-Soundtrack gemacht. Zum Guttenberg-Rücktritt
hatten wir einen Soundtrack, auf den sogar die Süddeutsche Zeitung verlinkt hat.
Die Songs zusammenzustellen war höchst amüsant!

Wie seid ihr eigentlich auf
euren Namen gekommen?

Der Name war recht schnell gefunden. Er stammt aus einem Franz-Ferdinand-Song
namens „Darts of Pleasure“. Da gibt es eine Zeile, die lautet: „Ich trinke
Schampus mit Lachsfisch“. Dadurch, dass diese spannende Umbruchphase in der
Musik Anfang der 2000er-Jahre mit Franz Ferdinand angefangen ist, hat sich dann
diese Wortschöpfung ergeben.

Das war vor sieben Jahren. Wie
haben eure Fans jetzt auf euren Abschied reagiert?

Überraschend betroffen. Als unser Abschiedstext rauskam, haben wir sehr schönes
Feedback bekommen. Bands, die man mal interviewt hatte. Die Tourmanager, mit denen man mal gesprochen hatte. Clubs krochen aus allen Löchern,
um sich von uns zu verabschieden. Auch viele Leser haben sich zu Wort gemeldet.
Man merkt: Es geht Leuten nahe.

Ist LAXMag für immer
Geschichte oder kann man mit euch noch einmal rechnen?

Die Leidenschaft ist jedenfalls noch da. Das LAXMag ist unser Baby. Ich werde
das nie nicht vermissen. Und ich werde auch nicht aufhören, zu trauern.
Vielleicht kommen wir irgendwann wieder. Wir überlegen uns eine
Lifestyle-Erweiterung. Heute bewegen uns in unserem Leben eben andere Dinge. Wenn
wir wiederkommen, dann mit einem komplett anderen Portfolio.

Interview:
Elsbeth Föger