Striptease für 90 Euro

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Mietminderung, Striptease, kein Internet, Mieterhöhung. Es ist schon so eine Sache mit den Renovierungen.

Zuerst war da das Geld: Neunzig Euro weniger Miete im Monat müsse ich ihm in den nächsten drei Monaten zahlen, erklärt mir mein Mitbewohner – Mietminderung wegen der Renovierungen am Haus. Mein erster Gedanke: Yeah, mit neunzig Euro mehr im Monat kann man ziemlich viel Schokolade, Cocktails und Kinobesuche finanzieren. Und ich bin eh den ganzen Tag unterwegs, was stört da das bisschen Baustelle. Als ich am nächsten Morgen nur in Unterwäsche meinen Vorhang aufziehe, um auf das Thermometer an meinem Balkon zu schauen, zucke ich zusammen: Ich bin nicht allein. Das Gerüst ist bereits so weit hochgezogen, dass die Bauarbeiter auf Höhe meiner Fenster stehen. Ich ziehe den Vorhang schnell wieder zu. Aber okay: Neunzig Euro für zwei Sekunden strippen ist ja ein faires Preis-Leistungsverhältnis.

Sören kann über all das noch gut lachen – sein Fenster ist nach hinten raus, da passiert noch nicht viel. All das ändert sich an dem Abend, als ich im Treppenhaus den Zettel mit der Aufschrift „Wir stellen morgen mal kurz das Licht im Hausflur ab“ nur mithilfe meiner Handybeleuchtung lesen kann. Als ich schließlich im Dunkeln den Schlüssel in die Wohnungstür gefriemelt habe, empfängt mich mein Mitbewohner mit der Nachricht, dass die Bauarbeiter nicht nur das Licht im Treppenhaus, sondern auch das Internet lahmgelegt haben. Sören nennt sie übrigens nicht „Bauarbeiter“, er benutzt Namen, die man an dieser Stelle nicht drucken kann. Ohne Internet ist Sören nur noch ein Drittel Mensch und verliert außerdem stündlich Geld, weil er nicht an seinen Internetfirmen basteln kann. Das Gegenteil von meinem 90-Euro-Strip also.

Sören fährt zum Internetanschluss seiner Eltern, während ich mit einem Kochlöffel meinen Rosmarin in Sörens Sektkühler umtopfe – mein Balkonkasten muss laut Baugesellschaft plötzlich ganz dringend verschwinden. Neunzig Euro wirken plötzlich gar nicht mehr wie viel Schokolade, Cocktails und Kinobesuche. Vor allem weil wir ahnen: Sobald die Bauarbeiter unser Haus fertig demoliert, äh, renoviert haben, wird das als Anlass für eine Mieterhöhung genommen. Susanne Krause

Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es dann nicht lange, bis man sich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht – oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. „Bei Krause zu Hause“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Beziehungsweise“.

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Geboren in der östlichsten Stadt Deutschlands, aufgewachsen in der oberbayrischen Provinz: Susanne Krause musste sich schon früh damit auseinandersetzen, wo eigentlich ihre Heimat ist – etwa wenn die bayrischen Kinder wissen wollten, was sie für eine Sprache spreche und wo „dieses Hochdeutschland“ sei.