Es wird sie geben, eine Zeit nach Corona – bis dahin halten unsere Autoren und Autorinnen hier fest, was sie besonders vermissen und worauf sie sich am meisten freuen.
Von Nicole Salowa
Bass, Bass, Bass. Dicke Luft. Kippen und Schweiß. Süßer Duft der Freiheit. Ich schließe die Augen. Die Musik nimmt mich an die Hand, ich gehe mit. Ich verschmelze mit ihr, mit allen Menschen auf der Tanzfläche. Ich bin im Sturm der Musik und ich will nie mehr woanders sein.
Vor Corona gab es durchgetanzte Nächte. Arm in Arm bin ich mit meinen Freunden lachend in den Morgenstunden vom Bahnwärter Thiel, von der Roten Sonne, von einem Rave in der Muffathalle nach Hause spaziert. Das Dröhnen der Musik immer noch im Ohr. Für mich war das Therapie. Auf der Tanzfläche konnte ich loslassen, die Musik hat mich mitgerissen. All die lauten, schmerzenden Gedanken – weggespült. Jetzt gibt es höchstens mein Zimmer und meine Boxen, die ich so laut aufdrehen könnte, bis mir das Trommelfell platzt – auch ganz nett, aber bei weitem nicht das Selbe. Mir fehlt das Gefühl, das einen überkommt, wenn man den Club betritt, wenn die Welle aus Leidenschaft und Lärm einem entgegenschlägt.
Mir fehlen die Freunde, mit denen man seine Euphorie teilt. Mir fehlen die ganzen fremden Menschen, denen man so nah kommt und die am Ende auch zu Freunden werden. Körper an Körper. Auf der Tanzfläche gibt es kein Ich und Du, es gibt nur ein Wir. Wir, die im Sturm der Musik stehen. Mir fehlen diese Therapiestunden.
Bis ich endlich wieder lauten Bass in meinen Ohren spüren kann, inmitten des bunten Mosaiks aus Menschen, die mich auf der Tanzfläche umgeben, tanze ich in meinem Zimmer. Zu der Musik aus meinen Boxen. Ein kleiner Trost – aber bei weitem nicht das Selbe.