Nie wieder überlegen

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Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche.

Mia sitzt neben ihrem Exfreund in der U-Bahn und betrachtet ihr Spiegelbild im Fenster. Er hat recht, sie sieht wirklich großartig aus: Der Stress in der Uni hat ihr ein paar Pfund abverlangt, das neue Sommerkleid steht ihr ausgezeichnet. Das sagt ihr Exfreund auch. Und dass es ein Fehler war, sie gehen zu lassen. Damals. Mia zuckt zusammen. Damals, daran möchte sie eigentlich nicht mehr denken. Sie ist nach München gezogen, um zu studieren, er blieb in Hamburg und wollte keine Fernbeziehung. Seither hatten beide kaum Kontakt.

Gestern aber hat er angerufen: Er sei die nächsten Wochen in München auf Fortbildung und würde sich gern mal wieder treffen. Um der alten Zeiten willen. Als sie am Marienplatz aussteigt, überlegt Mia, wieso sie eigentlich zugesagt hat. Ihr Exfreund bleibt sitzen. „Ich vermisse Dich!“, sagt er noch. Sie lächelt und geht, ohne sich noch einmal umzudrehen. Fühlt sich gut an.

Drei Wochen lang fühlt sich das gut an. Sie genießt seine Annäherungsversuche, bleibt ihm gegenüber aber entschieden unbestimmt. Die Rolle der Überlegenen, in die sie da geraten ist, gefällt ihr gut. Und dann fängt Mia an, nicht nur Zeit beim Kaffee oder in der U-Bahn mit ihm zu verbringen, sondern auch gewisse andere Stunden. Ein Fehler. Nach dem Sex schmiegt sie sich immer an ihn und wartet darauf, dass er ihr sagt, welch ein Fehler es war, sie gehen zu lassen. Jedes Mal steht ihr Ex dann auf, zieht sich an und spricht von einem wichtigen Termin, bevor er ihre Wohnung verlässt. Kurz später meldet er sich wieder: „Ich vermisse Dich!“

Mia versteht nicht. Sie merkt, dass sie ihn auch vermisst. Sie merkt, dass es ein Fehler war, zu gehen. Sie merkt aber auch, dass ihr Exfreund diese Meinung eigentlich nur zu Beginn ihrer Treffen teilt. Wenn er geht, scheint er recht zufrieden mit sich und der Welt. Sie löscht die Nummer ihres Exfreunds, seine Anrufe beantwortet sie nicht mehr. Überlegen fühlt sie sich schon lange nicht mehr. Nur noch flachgelegt.

Von Lisi Wasmer