Tabitha und ihre Katze Kassiopeia

München hat Hausarrest: Zuhause mit Tabitha

Unsere Autorin übersteht den Hausarrest mit einem einfachen Trick: Sie wird zur Katze. 

Einmal das Leben der eigenen Katze führen, den ganzen Tag einfach nur schlafen und essen können ohne weitere Pflichten, das habe ich mir schon öfters mal gewünscht. Das mir dieser Wunsch in einer weltweiten Krisensituation erfüllt wird, hätte ich aber nicht gedacht.

Ja, ich habe die ersten Tage der Ausgangssperre sinnvoll genutzt. Ich habe nichts gemacht. Etwas, das in meinem Leben zwischen Studium, Arbeit und Ehrenamt sonst unmöglich scheint. Drei Tage bin ich auf der Couch gesessen und habe Filme geschaut, Videospiele gespielt – und natürlich meine zwei Katzen gestreichelt. Die Haustiere sind vermutlich diejenigen, die die aktuelle Situation als Himmel auf Erden empfinden. All diese Aufmerksamkeit und die Zeit, die ihre Herrchen und Frauchen nun Zuhause verbringen.

Diese Pause war auch dringend notwendig und eigentlich auch geplant, denn in diese Zeit der Ausgangssperre fällt ein für mich doch nicht ganz unwichtiger Tag: Mein Geburtstag. Normalerweise nehme ich mir jedes Jahr zu dieser Zeit eine Auszeit. Ich mache für mindestens eine Woche Urlaub. Das war auch dieses Jahr geplant, es sollte nach London gehen. Stattdessen also Couch, Katze und Balkonien. Und wie jedes Jahr ein Erdbeerkuchen. Nette Nachbarn haben meiner Schwester für den Biskuit Mehl gegeben. Im Supermarkt war es weggehamstert.

Doch dann ist die Pause vorbei, denn auch in Zeiten von Corona geht das Leben weiter. Arbeits- und Sozialleben finden online statt. Neben Homeoffice und Videochats mit Freunden auf einer der drei neuen Apps die sich hierzu nun auf meinem Smartphone befinden, hat nun auch meine Hochschule, die Akademie der Bildenden Künste, erste Lösungsansätze für die aktuelle Situation gefunden. Am Dienstag findet die erste online Sprechstunde statt, mithilfe einer weiteren App versteht sich. Dennoch habe ich mich für ein paar gratis Online-Kurse an anderen Hochschulen angemeldet. Wie zum Beispiel einer Einführung in die Psychologie der Yale University. Es gibt natürlich Zusatzmaterialien und ein Zertifikat gegen Bezahlung, aber zunächst reicht mir die kostenfreie Variante.

So nett die eigene Familie ist, will ich doch meine restlichen sozialen Kontakte nicht vernachlässigen. Mit manchen Freunden wird parallel gekocht und ich entdeckte die unendlich scheinenden Möglichkeiten einer Mikrowelle, denn zwei der Freunde besitzen keinen Ofen. Ich hätte davor nie gedacht, dass Mikrowellen-Schokoladenkuchen gut schmeckt, wurde aber eines besseren belehrt. Mit ein paar anderen habe ich eine Wette abgeschlossen. Wir lernen alle eine Choreographie zu „Bitch Better Have My Money“ von Rihanna und schicken uns die Zwischenstände. Wer nicht liefert muss 20 Liegestütze als Strafe machen. Wer am Ende der Ausgangssperre am besten ist, hat einen Wunsch frei.

Manchmal vermisse ich dann doch das Leben vor Corona, vor allem die kulturellen Veranstaltungen. Im neuen Podcast „Sadness Of Missing Out“ von der Künstlerin Lena Ditte Nissen auf Spotify höre ich mir an, was an Kunst alles zu sehen gewesen wäre, in München und auch in anderen Städten. Oder ich schaue mir die Stories der Empfangshalle auf Instagram an. Hier ist jeden Tag zu sehen, was Kunstschaffende mit dieser Zeit in der Ausgangssperre anfangen. Und wenn ich das Team der Jungen-Leute-Seite vermisse, höre ich mir unsere aktuelle Spotify-Playlist an.

Ich treffe auch Vorbereitungen für die Zeit nach der Ausgangssperre. Lege Druckdaten an für eine kleine Publikation mit „Automatic Poetry“. Es sind Gedichte, die in ‘Kooperation‘ mit der Wortvorhersage meines Smartphones entstanden sind und Illustrationen die ich mit Stempeltinte und meinen Fingerabdrücken erstellt habe. Außerdem schicke ich eine Bewerbung für einen Platz in einem Kurs einer Sommerakademie ab. Vielleicht findet er ja statt. Auch wenn Corona im Sommer wohl noch nicht verschwunden sein wird.

Und ich hole auf, was ich schon seit langem hätte machen sollen. Die lästige Büroarbeit. Allem voran: Meine Steuererklärung. Während ich über meinen Kontoauszügen an der Excel Tabelle arbeite um einen Überblick zu bekommen, schnurrt die Katze, die auf meinem Schoß sitzt. Ach, einmal Katze sein, das wäre ein Traum.

Es wird sie geben, eine Zeit nach Corona. Wenn es so weit ist, freue ich mich am meisten darauf, Leute wieder in echt sehen und umarmen zu können.


Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag” heißt deswegen ab sofort “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein