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München hat Hausarrest: Zuhause mit Moritz

Wir wollen euch die Zeit zu Hause ein bisschen schöner machen. Unsere Rubrik “Von Freitag bis Freitag München” heißt deswegen wieder “München hat Hausarrest”. Denn, zusammen ist man weniger allein ❤ Unser Autor Moritz hat Semesterferien und schiebt seine To-Do-Liste erstmal zur Seite, stattdessen vertreibt er sich die Zeit mit bunt gemischten Online-Veranstaltungen. Von Politik, Kunst und intelligenten Robotern.  

Der März ist für mich bisher irgendwie ein großes Loch. Bis Februar war ich noch im Praktikum und die Uni beginnt erst wieder im April. Verreisen kann man immer noch nicht wirklich, Freunde treffen auch nicht so richtig und feiern gehen schon gleich gar nicht. Natürlich könnte ich ein paar To-Do‘s erledigen, die sich so im letzten Semester angestaut haben, und natürlich könnte ich auch schon ein paar Dinge, wie beispielsweise das Exposé für meine Bachelorarbeit, für nächstes Semester angehen. Aber weil ich weiß, dass ich dafür noch über einen Monat Zeit habe und sonst nicht wirklich was los ist, klappt das mit der Selbstmotivation bisher nur bedingt bis gar nicht. Die Lösung? Einfach jede Woche mit Veranstaltungen, Diskussionen und Livestreams so anfüllen, sodass die freie Zeit zur Erledigung wirklich wichtiger Dinge auf einmal unglaublich knapp ist und ich unter Zeitdruck gerate. Also, auf geht’s:

Am Freitag beginne ich mit einer Veranstaltung aus der großartigen Reihe „Can’t relax in…“ vom Bellevue di Monaco, in der jedes Mal aktuelle politische oder gesellschaftliche Problemlagen in einem Land genauer unter die Lupe genommen werden. Heute heißt es „Can’t relax in Bosnien“ und der Fokus liegt auf der schwierigen Notlage Geflüchteter an der EU-Außengrenze. Wenn mir nach der Diskussion die sich danach sicherlich einstellende Enttäuschung über EU-Politik noch nicht ausreicht, gönne ich mir wahrscheinlich noch das Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg. Dann bin ich zusätzlich auch noch von der bayrischen Politik enttäuscht, aber hatte wenigstens noch etwas Spaß.

In das Wochenende starte ich am Samstag mit einem Theaterstück vom HochX. Eigentlich hat mich Online-Theater bisher noch nicht wirklich überzeugt, aber „Der Sanifaire Code“ ist kein Livestream einer Aufführung, sondern ein Live-Theaterstück auf Zoom. Das hatte ich bisher noch nicht und auch der Inhalt, der sich, wie der Titel schon andeutet, insbesondere um einen extrem wichtigen Coupon einer Autobahnraststätten-Toilette dreht, klingt echt witzig. Ich bin auf jeden Fall gespannt, sowohl auf das Stück selbst als auch auf die Umsetzung.

Am Sonntag bin ich dann hauptsächlich mit Musikhören beschäftigt. Also, insbesondere so circa ab 20:00 Uhr, denn da ist die Premiere von „Alternative Fakten Vol. 2“ und von da an werde ich mich wahrscheinlich bis Mitternacht in Dauerschleife damit zudröhnen. Für alle, die’s noch nicht kennen: Alternative Fakten ist eine Plattform für Elektro-Künstler*innen und Aktivist*innen aus München, die unter anderem auch Club-Abende, Ausstellungen und Diskussionsrunden organisieren. Im Mai letzten Jahres gab’s das erste Album, dieses Wochenende kommt der Nachfolger mit 21 verschiedenen Künstler*innen aus allen Stadtvierteln Münchens raus. Zur Premiere gibt es zudem auch noch einen Diskussionsabend über die Münchner Clubkultur nach dem ersten Jahr der Pandemie.

Die neue Woche beginnt bei mir am Montag dann wieder mit Politik, heute aber mit einer Veranstaltung von den Münchner Kammerspielen, der Friedrich-Ebert-Stiftung Bayern und dem Verlag edition.fotoTAPETA. Letzterer hat im November 2020 ein Buch mit dem Titel „BELARUS! Das weibliche Gesicht der Revolution?“ herausgebracht, in dem Aktivistinnen, Autorinnen und Dichterinnen aus Belarus die Protestbewegung aus weiblicher Perspektive darstellen. Diesem Buch ist die Veranstaltung heute gewidmet, es gibt eine Lesung und im Anschluss noch eine Diskussion über die belarussische Gesellschaft und die zukünftigen Möglichkeiten der Protestbewegung.

Nachdem ich jetzt also schon Politik, Theater, Musik und Literatur abgehakt habe, muss ich mich am Dienstag doch auch noch den Bildenden Künsten zuwenden. Da kommt es mir sehr gelegen, dass in der Galerie der Künstler heute die Ausstellung „WEAPON ART FAIR“ ihre Eröffnung feiert – allerdings wahrscheinlich auch nur digital per Livestream über Instagram. Die Ausstellung, zu der auch der Kunstverein Positive Propaganda und Amnesty International Beiträge beisteuern, ist gewissermaßen eine Waffen-Kunst-Messe, die explizit gewaltsame Konfliktlösungsversuche mit Hilfe aktueller Waffentechnik thematisiert. Es geht also um die grausame Faszination von Waffen, unseren ambivalenten Umgang mit ihnen und ihre Rolle in der Gesellschaft, im Alltag und auch in der Kunst selbst. Laut Beschreibung fordern die Exponate sowohl emotionale als auch intellektuelle Auseinandersetzung ein, ich hab noch relativ wenig Ahnung, was mich dann wirklich erwartet, werde aber auf jeden Fall vorbeischauen.

Am Mittwoch kehre ich dann wieder zu den Münchner Kammerspielen zurück, dieses Mal aber nicht für eine Lesung, sondern für die Talkreihe „The fittest will survive?“ vom Habibi Kiosk. Die wird jeden zweiten Mittwoch im Monat von Nuschin Rawanmehr geleitet, heute wird die Demokratie-Software „Consul“ vorgestellt. Dieses digitale Beteiligungstool soll angeblich Bürgern mehr Mitsprache ermöglichen und neue Diskussionsräume eröffnen. Ich bin ja immer etwas skeptisch, ob bei diesen digitalen Tools dann nicht auch nur wieder die gleichen mitdiskutieren, die in der Gesellschaft sowieso schon genug gehört werden, und ob die Nutzung auch wirklich zu konkreten Ergebnissen führt, lasse mich aber auch gerne vom Gegenteil überzeugen.

Am Donnerstag fällt mir dann auf, dass ich mich zwar jetzt diese Woche schon mit Politik, Theater, Musik, Literatur und den Bildenden Künsten auseinandergesetzt habe, aber bisher den Film komplett vergessen habe. Weil die Kinos aber immer noch geschlossen haben, schaue ich stattdessen bei der „Munich Creative Business Week“ vorbei. Hier präsentiert sich eine Woche lang die bayrische Designwirtschaft, was mich jetzt ehrlich gesagt eher weniger interessiert. Allerdings wird da heute der Film „Hi, AI – Liebesgeschichten aus der Zukunft“ der Münchner Regisseurin Isa Willinger gezeigt. Der Film stellt die Frage, wie sich das Zusammenleben von Menschen und Robotern künftig gestalten könnte und zeigt dabei auch, wie „intelligent“ Roboter heutzutage schon sein können.

Zum Abschluss der Woche will ich dann am Freitag unbedingt noch bei der Online-Woche „We won’t shut up!“ anlässlich des Internationalen Frauentags vorbeischauen. Die wird organisiert vom Bayrischen Seminar für Politik zusammen mit dem Bellevue di Monaco und der Glockenbachwerkstatt, die ganze Woche über gibt es einen riesigen Haufen an Veranstaltungen, Livestreams, Konzerten und Diskussionsrunden zu dem Thema. Mich interessiert vor allem das Web-Seminar „Feindbild Frau: Rechtspopulismus und Antifeminismus“, danach bleibe ich wahrscheinlich gleich noch für das Konzert von „WHAT ARE PEOPLE FOR?“ und dem anschließenden Auftritt vom „Wut Kollektiv“.

Irgendwann am Wochenende fällt mir dann panisch meine To-Do-Liste wieder ein, auf der ja doch noch so ein paar zu erledigende Dinge standen. Den Rest des Wochenendes verbringe ich dann damit, mich über meine Unproduktivität in der letzten Woche zu ärgern und mir einen tollen und ausgereiften Plan zu erstellen, was ich alles gleich am Montag erledigen will. Bis mir dann auffällt, dass eigentlich am Montag ja auch noch diese eine Online-Veranstaltung war, zu der ich unbedingt wollte, und am Dienstag der eine Livestream und…