Man schläft nur einmal

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Club Nacht versus WG-Party. Unsere Kolumne zeigt, dass die Vorzüge von WG-Partys als Gastgeber mit zunehmendem Alkoholpegel schwinden. Und warum manchmal die erste Nacht-Tram doch die richtige Entscheidung ist.

Früher war alles früher. Heute dagegen bin ich gerade dabei, in der U-Bahn einzunicken – auf dem Weg zum Club, wohlgemerkt, nicht auf der Heimfahrt. Es ist halb ein Uhr nachts, ich bin nach einem Abend mit Crepes, Weißwein und „Tabu“ satt und selig. Meinen Organismus heute noch den Strapazen von Lärm und schlechter Luft auszusetzen, erscheint mir ähnlich lästig, wie mich abends im Halbschlaf noch mal fürs Zähneputzen aus dem warmen Bett zu quälen. Aber anstatt an meiner Haltestelle auszusteigen, fahre ich tapfer mit den anderen weiter zur Sonnenstraße, wo Betten und Zahnbürsten rar gesät sind – obwohl all die Menschen, die bereits auf den Gehsteigen knien, beides so dringend bräuchten!

WG-Partys hingegen sind eine feine Sache. Sie beginnen vor ein Uhr nachts, man zahlt nichts für die Garderobe und führt manchmal sogar Gespräche, bei denen man sich nicht nur gegenseitig „Was?“ ins Ohr schreit. Zu Hause ist es am schönsten. Nur wenn morgens um drei plötzlich Tränen fließen wie Sturzbäche und nicht nur die ersten Seelen Striptease betreiben, ist es Zeit, nach Hause zu gehen. An diesem Punkt wird die Problematik von WG-Partys deutlich: Irgendjemand ist dann immer schon zu Hause. Und denjenigen halten dann nicht nur Gastgeberpflichten und der Lärm davon ab, dem zum Trauerspiel mutierten Freudenfest in Richtung Bett zu entfliehen, sondern auch mal eine Portion Erbrochenes auf dem Laken. Dass auf WG-Partys, im Gegensatz zur Sonnenstraße, alkoholisierten Menschen Betten und Zahnbürsten zur Verfügung stehen, ist nicht zwingend ein Segen. WG-Partys sind eine feine Sache, nur nicht unbedingt im eigenen Zuhause.

In der Schlange vor dem Club ringe ich mich übrigens endlich durch, in krassester „You live only once“-Manier einfach nur zu tun, worauf ich gerade Lust habe: Ich verabschiede mich und nehme die erste Nacht-Tram nach Hause.

Von Susanne Krause