Man ist als Münchner ein Exot

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Standortfaktor Pop: Ist München jetzt wirklich so uncool, dass man
als Band keine Chance hat? Läuft alles prima? Oder muss die Stadt weit
mehr fördern als bisher? Wir haben bei Julia Kautz nachgefragt.

Was haltet ihr von der Münchner
Musikszene?

Ich finde, dass die Münchner Musikszene
weitestgehend unterschätzt wird. Es gibt hier viele tolle und einzigartige
Künstler. München ist als Musikszene vielleicht nicht ganz so hip und angesagt
wie zum Beispiel Berlin. Und natürlich wesentlich kleiner. Das heißt aber
natürlich nicht, dass es hier nicht auch großes Talent gibt.

Gibt es Schwierigkeiten oder auch
Vorteile?

Ich bin Sängerin und Songwriterin und
schreibe auch viele Songs für andere deutsche und internationale Künstler.
Gerade für Letzteres muss ich schon sehr oft nach Berlin reisen, weil da
natürlich die meisten Songwriting Sessions stattfinden. Das ist natürlich ein
wenig anstrengend und verursacht Kosten. Andererseits ist es auch ein Vorteil
als Songwriterin in München zu leben. Denn wenn eine Plattenfirma (z.B.
SonyMusic, die ja auch in München ansässig ist) dann doch mal Künstler in der
bayrischen Hauptstadt hat, ist die Auswahl an Songwritern natürlich nicht so
groß. Ich freue mich, dass ich dann sehr oft angerufen werde.  

Würdet ihr euch von der Stadt mehr
Unterstützung für die Szene wünschen?

Klar, mehr Unterstützung und
Förderungen von Künstlern sind immer schön. Man kann da ja nie genug machen. Es
gibt allerdings auch jetzt schon schöne Events, viele Festivals wie zum
Beispiel die Lange Nacht der Musik oder das Sound Of Munich Now Festival. Auch
diverse Open Stage Veranstaltungen, bei denen sich Newcomer gut ausprobieren
können.

Haben es Bands aus München schwieriger
national Fuß zu fassen?

Das glaube ich nicht. Wenn die Songs
und der Sound stimmen, und der Wille, es zu schaffen, groß ist, dann ist der
Wohnort doch wirklich egal. Das gilt übrigens auch für internationale Erfolge:
Ich habe als Münchner Künstlerin diesen Sommer sogar eine Single mit einem DJ
aus Los Angeles auf einem Label in L.A. veröffentlicht („Unreal“ – DJ Birdee
feat. Julia Kautz) und hatte Auftritte in L.A. und Las Vegas. Außerdem gelang
mir kürzlich eine Nummer Eins in Japan! Wenn man es mit seiner Musik in die
große weite Welt schaffen will, dann spielt es überhaupt keine Rolle, woher man
kommt…

Habt ihr persönlich schon Erfahrung mit
Vorurteilen gegenüber Münchner Künstlern gemacht?

Ich werde oft darauf angesprochen,
warum ich denn nicht einfach nach Berlin ziehe, ganz einfach, weil es da mehr
Studios und eine größere Szene gibt. Aber ich hatte nie das Gefühl, dass meine
Herkunft einen negativen Einfluss darauf hat, wie ich als Künstlerin
wahrgenommen werde. Man ist als Münchner sogar fast schon so etwas wie ein
kleiner Exot. Ich mag das!

Was zeigt, dass auch München eine
tolle, alternative Musikszene zu bieten hat?

Festivals wie zum Beispiel das „Sound
Of Munich Now“ am 5.11. im Feierwerk, bei dem ich diesmal auch auftrete. Wenn man sich das Line-Up anschaut, sieht
man, wie viele ganz unterschiedliche Künstler die Stadt dann doch zu bieten hat.

Habt ihr schon mal geleugnet, aus
München zu sein?

Nein, warum auch? Ich liebe München und
bin stolz, in so einer wunderschönen Stadt leben zu
dürfen.

Foto: Sascha Wernicke