Matthias Lang sammelte Erfahrung bei „Harry Potter“, „Two and a half men“ und „Criminal Minds“. Eine Vita, die nach Hollywood-Glamour klingt. Jetzt dreht der Filmstudent seinen Abschlussfilm
Ja, da gibt es Ähnlichkeiten. Mit Michael „Bully“ Herbig. Wie er redet, wie er aussieht. Es kommt einem irgendwie so bekannt vor. Und tatsächlich: Matthias Lang war mal Licht-Double. Licht-Double für Bully. Passt. Damals war Matthias Assistent beim Dreh der Sitcom „Bully macht Buddy“. Da hatte der Student der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) schon einiges hinter sich: „Harry Potter“, „Brides Maids“, „Two and a half men“, „Criminal Minds“. Eine Vita, die nach Hollywood-Glamour und großen Filmstars klingt. „Klar, als Filmstudent ist Hollywood der große Traum“, sagt Matthias und hört sich dabei nicht wie einer an, der eitel wird, weil er mal dabei war, bei „Harry Potter“ oder „Two and a half men“ – als Praktikant. Jetzt, Jahre später, dreht er seinen Abschlussfilm an der HFF.
Viele Menschen machen Praktika, auch beim Film. Irgendwo zwischen Werbefilmdrehs und den Rosenheim-Cops. Matthias kennt diese Jobs auch: „Ich war so der typische Set-Praktikant, der morgens um vier in irgendwelchen bayerischen Kuhdörfern Straßen absperren muss“, sagt er. Doch beim bayerischen Kuhdorf soll es nicht bleiben. Matthias, Jahrgang 1986, hat Ehrgeiz – das merkt man schon an seinem ersten HFF-Film „In Formatica“, der auf verschiedenen Filmfestivals ausgezeichnet worden ist. Von der Deutschen Film- und Medienbewertung hat er das Prädikat „wertvoll“ erhalten. Nicht selbstverständlich für eine Hochschulproduktion.
Am Ende stand sein Namenicht mal im Abspann –
wegen der Gewerkschaft
Dann also Amerika, 2010 war das. Dort in die Filmbranche reinzukommen, ist nicht einfach, das weiß Matthias inzwischen. „Ich habe recherchiert, welche Filme gerade gedreht werden, und dann direkt Leute angeschrieben, von denen ich wusste, die sind in der Filmcrew.“ Einhundert Mails verschickt er. 20 Leute antworten. Bei vier Produktionen klappt es mit dem Praktikum. In einem Land wie den USA nicht ganz leicht, denn die Filmbranche dort ist viel stärker über Gewerkschaften organisiert als die deutsche. Wer nicht in einer Gewerkschaft ist, hat es schwer in der Branche. Matthias erinnert sich: „Die waren da alle sehr streng, deswegen ist es ein Wunder, dass ich da überhaupt hindurfte“, sagt er. Am Ende steht sein Name nicht mal im Abspann – wegen der Gewerkschaft.
Enttäuschung? Nicht bei Matthias. Viel hat er mitgenommen aus den USA. Wenn er von der Zeit dort redet, geht es oft um den Enthusiasmus, die Professionalität, mit der dort Filme gedreht werden. „Alle kennen sich mit Film wirklich gut aus – sogar der Set-Fahrer hat dramaturgisches Grundwissen“, sagt Matthias.
Nun, fünf Jahre später, arbeitet Matthias an seinem Abschlussfilm „König Laurin“. Ein „Abenteuerfilm“ soll es werden. Im Werbejargon würde man sagen: Kino für die ganze Familie. Erzählt wird die Geschichte von König Laurin, dessen Rosengarten in den Bergen man der Sage nach sieht, wenn einem zur Dämmerung das Alpenglühen entgegenleuchtet. Matthias‘ Vorhaben ist ungewöhnlich. Ein HFF-Student, der einen Kinderfilm dreht? „Das deutsche Publikum sieht gerne seine eigene Realität im Kino“, erklärt Matthias mit Rückblick auf seine USA-Zeit, „das ist ein Phänomen, das es nur hier gibt. Oft akzeptieren die Leute dann auch nicht, wenn Deutsche Filme machen, wo in Berlin ein Ufo mit Aliens landet. Aber wenn das Ufo in New York landet, ist es natürlich absolut glaubwürdig.“ Bei Familienfilmen sei so etwas noch eher erlaubt, sagt Matthias, der für Filme wie „Die fabelhafte Welt der Amélie“ schwärmt, weil man dort eintauchen könne in eine magische Welt.
Eintauchen. Das will auch Matthias. In Südtirol soll „König Laurin“ spielen, denn dort kommt Matthias ursprünglich her. Traumhafte Berglandschaften, weitläufige Weinberge. Klingt eher nach norditalienischer Romantik als nach kalifornischer Coolness. Sein Vorhaben kommt an: Die Schauspieler Volker Zack und Rufus Beck hat Matthias für das Projekt begeistern können, Filmförderungen wie das FFF Bayern und Fernsehsender wie der BR unterstützten das Projekt finanziell. Kürzlich wurde Matthias von einem lokalen Radiosender zum „Südtiroler des Tages“ gewählt. Man ist stolz auf ihn in seiner Heimat.
Ein Film wie „Hui Buh“
oder „Wickie auf großer Fahrt“
soll es werden
Trotzdem reichte das Geld nicht zum Drehen, deswegen startete Matthias, wie so viele junge Filmemacher seiner Generation, eine Crowdfunding-Kampagne. Ein Film wie „Hui Buh“ oder „Wickie auf großer Fahrt“ soll es werden, wirbt Matthias auf der Finanzierungswebseite. Mal wieder Bully. Kein Wunder, denn Matthias und Bully arbeiten nach einem ähnlichen Prinzip, schließlich soll der Film nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene ansprechen. Matthias redet dann von „Double coding“, einer Technik, die viele Familienfilme benutzen. Während Kinder über offensichtliche Witze lachen – wenn jemand stolpert oder etwas Dummes sagt –, wird für Erwachsene mit Hilfe kultureller Anspielungen und versteckter Symboliken eine Meta-Ebene eröffnet. Erwachsene können so noch etwas anderes aus einem Film herauslesen und fühlen sich unterhalten. Funktioniert? Offensichtlich. Die Besucherzahlen für solche Filme sind gut.
Die Werbung fruchtet. Schon am ersten Tag spielt Matthias’ Crowdfunding-Kampagne 17 000 Euro ein. 17 000 Euro, die für „Ritterrüstungen“ und „irre Kamerafahrten“ ausgegeben werden. Klingt nicht nach einem jungen Mann mit Hollywood-Allüren. 60 000 Euro sind so zusammengekommen. Ein Erfolg für Matthias. Ein Erfolg nach dem Bully-Prinzip.
Carolina Heberling
Foto: Ivan Poletti