Ein Kerl zum Striegeln

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Prinz Charming hat viele Gesichter. Für manche ist er beispielsweise blond, glattrasiert und leicht gebräunt. Sarah hat da eine ganz andere Vorstellung. Ihr Traumprinz muss vor allem eins sein: haarig!

Sie: am Strand. Er: auf einem weißen Pferd. Sand spritzt nur so unter den Hufen. Und dann: ein Heiratsantrag. Man denkt, vor solchen Zwischenfällen wäre man sicher, hier in der schnöden Realität, aber nein: So was passiert nicht nur im Märchen, so was kann in den besten Familien vorkommen. Am Ende der Erzählung sind wir ein wenig verstört. Unsere Eltern haben uns nicht genug Disney-Märchen-Adaptionen vorgesetzt, um uns auf die Welt da draußen vorzubereiten.

Sarah schaut besonders angewidert. Dabei ist sie gerade diejenige unter uns, die sich einen Mann auf einem Pferd wünscht. In ihrer Vorstellung sollte das Pferd allerdings schwarzes Fell haben. Und viel wichtiger: Der Mann auf dem Pferd auch. Seitdem Sarah bei ihrem Auslandssemester in Istanbul Vertreter der einheimischen Bevölkerung, nun ja, sagen wir mal hautnah kennengelernt hat, wirken mitteleuropäische Männer auf sie wie gerupfte Hühnchen: kahl und bleich. Da haben auch all die Fernsehspots für Bodycruiser keinen Einfluss auf ihre Libido genommen. Romantisch vorgeprägt nicht durch Disney sondern die Illustrationen in ihrer Ausgabe von „1001 Nacht“ und gefestigt nach gut 303 Nächten am Bosporus, weicht Sarahs Bild von Prinz Charming von der handelsüblichen Ausführung ab: Sarah will einen haarigen Mann. Im Idealfall ist dann wohl – wenn er nur mit Pumphosen bekleidet bei Sonnenuntergang herangeritten kommt – das schwarze Fell des Araberhengstes nicht zu unterscheiden vom nackten Oberkörper des Reiters. Ein Kerl zum Striegeln sozusagen.

Sarahs haarige Phantasien sorgen am Tisch für noch mehr Befangenheit als die Geschichte mit dem Heiratsantrag. Ein klarer Fall von frühkindlicher romantischer Fehlprägung? Das erklärt jedoch nicht Sarahs angewiderten Gesichtsausdruck über den Heiratsantrag am Strand. Denn, wenn man mal genauer hinsieht, unterscheidet sich der Antragsteller auf dem weißen Ross gar nicht so sehr von Sarahs Pelzprinz. Ja, vielleicht fände sich sogar eine ganz ähnliche Szene in Disneys „Aladdin“, wenn es nicht so viel Mühe gemacht hätte, all diese Brusthaare in Handarbeit zu zeichnen – wer weiß? Es scheint also, als wäre wenigstens Sarah gar nicht so schlecht vorbereitet auf die Realität der Liebe. Der Rest von uns sollte wohl dringend einen Disney-Abend veranstalten. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.

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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen- sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.