Ein Haufen Rosen

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Frauen als Überwesen, fern von allem Unreinen und Ekelerregenden. So sieht jedenfalls Jakob das andere Geschlecht. Durch eine Reihung dumme Zufälle muss er schließlich einsehen, wie naiv dieses Frauenbild ist.

Es gibt Männer, die behaupten tatsächlich, Frauen hätten mit Stuhlgang genauso viel zu tun wie der Papst mit einem flotten Dreier. Ich zitiere etwa meinen Bekannten Jakob: „Frauen kacken Rosenblätter.“ Man verzeihe ihm die Ausdrucksweise, es ist ein Thema, bei dem er nur schwerlich die Fassung behält. Vor allem, seit dieses ihm nun doch sehr heilige Weltbild vor Kurzem enormen Schaden genommen hat.
Es begann ganz harmlos: Jakob mag Marie. Marie mag Jakob. Auf die nächste Uni-Party wollen sie gemeinsam gehen. Als diese schließlich ansteht, macht er sich auf, sie zu Hause abzuholen.

Was er nicht weiß: Madame hatte Chili zum Mittagessen, ist eigentlich schon ausgehfein, sitzt aber seit einer halben Stunde auf der Toilette fest: Die Rosenblütenproduktion ist in vollem Gange. Das ist insofern ein Problem, als dass sich das Klo direkt neben der Eingangstür befindet. Während Jakob also klingelt und vor der Tür wartet, bricht bei Marie auf der anderen Seite die blanke Panik los. Bescheid sagen, dass man gerade noch „was Geschäftliches erledigt“? Viel zu peinlich. Schnell alles zu Ende bringen und dann raus? Keine Chance. Wenn nicht das Chili, dann verrät sie doch auf jeden Fall die Spülung. Marie entscheidet sich für eisernes Schweigen und hofft, Jakob möge so schnell wie möglich verschwinden. Später könne sie ihn ja immer noch anrufen und zur Party nachkommen.

Nach einigen Schreckminuten, in denen Jakob immer wieder klingelt und ihren Namen ruft, hört Marie, wie er sich endlich von dannen macht. Sie ist so erleichtert, dass die von ihr produzierten Rosenblüten vermutlich sogar für eine royale Hochzeit ausgereicht hätten. Und dann? Jakob steht vor ihr, gemeinsam mit dem Schlüsseldienst. Erstaunt schaut er sie an. Entsetzt rümpft er die Nase. Dann ist er weg.

Nach drei Wochen Peinlichkeitskoma klärt er die Situation auf: Als Marie die Tür nicht aufgemacht hat, habe er sich erst gewundert, weil im ganzen Haus Licht brannte. Bald habe er angefangen, sich Sorgen zu machen. Etwas Ernsthaftes müsse passiert sein, Marie liege irgendwo ohnmächtig im Haus, könne sich nicht rühren. Klar, dass er da zur Rettung eilen musste. Das wäre schon unangenehm genug gewesen, hätte Marie nicht zudem auch noch vergessen, die Toilettentür zu schließen. So zerbrach an diesem Abend Jakobs Traum vom Überwesen Frau. Und für Marie die Chance, je von ihm auf Rosenblüten gebettet zu werden. Vielleicht ist das ja auch ganz gut so.

Von Lisi Wasmer