Foto: Sophia Müller

Band der Woche: Quirinello

Quirin Müller hat seine Debüt-EP „I Like My Balcony“ veröffentlicht und fügt damit eine weitere Komponente zum Bedroom Pop hinzu. Zur luftigen Musik kommen leichte Texte: I Hope My Hair Smells Good

Ein Schlafzimmer ist heutzutage schnell zu einem Tonstudio umfunktioniert. Kein großer Aufwand muss betrieben und relativ wenig Geld investiert werden, um seinen Laptop mit einer passenden Soundkarte und einem Mikrofon in eine einwandfreie Aufnahmestätte zu verwandeln. Das Produzieren neben Bett, Kleiderschrank und Schreibtisch wird einem damit unglaublich einfach gemacht. Durch die räumliche Begebenheit wird der dabei entstehende Sound inzwischen auch als „Bedroom Pop“ bezeichnet. Hauptcharakteristika dieses Subgenres sind, neben der lokalen Komponente, auch das alleinige Songwriting und das alleinige Einspielen der Instrumente. In dieser Disziplin konnten schon Clairo, Yellow Days oder Frankie Cosmos international für Aufsehen sorgen. Und auch, wenn das Aufnehmen alleine neben dem Bett für viele Künstler wahrscheinlich nur ein Mittel zum Zweck ist, um später Erfolg zu haben, finden die Mitglieder dieser Sparte immer mehr Anklang. Und egal, ob dieser Sound notgedrungen oder aus Passion entsteht, der
Do-it-yourself-Charme des Bedroom Pops ist gerade sehr im Trend.

Ein Münchner Künstler, der genau diesem Charme nicht widerstehen konnte, ist Quirin Müller, 21 Jahre alt. Unter dem Namen Quirinello (Foto: Sophia Müller) hat er nun seine Debüt-EP „I Like My Balcony“ veröffentlicht und fügt damit eine weitere Komponente zum Bedroom Pop hinzu: den Balkon. Hier kommen Quirin die meisten Ideen für seine Musik und dort reflektiert der Medieninformatikstudent über die Tracks, die er gerade, wenige Meter entfernt, im Schlafzimmer aufgenommen hat. „Während ich mich in meinem Zimmer eher auf technische Sachen, wie den Sound und das möglichst fehlerfreie Einspielen konzentriere, achte ich draußen auf meinem Balkon mehr auf die Gesamtstimmung, das Feeling, also mehr auf den künstlerischen Teil“, sagt er.

Das Konzept geht auf. Quirinello kreiert zu Hause einen wunderschön verträumten Sound, der dominiert ist von verhallten E-Gitarren, sanften Synthesizern und Lo-fi-Drum-Samples. Die Instrumente für sein Projekt findet Quirin auch gerne mal in einem Gebrauchtwarenladen. So war es, unter anderem, bei seinem Song „I Hope My Hair Smells Good“. Beim Herumklimpern auf einem alten, gerade erstandenen Keyboard entdeckte er eingespeicherte Beats, die ihn an die Musik von Alleinunterhaltern erinnerten. Was für viele wohl abschreckend gewirkt hätte, sah er als Herausforderung. Nach ein bisschen Tüfteln entstand die Melodie des Songs und kurzerhand war das gesamte Lied fertig. Die beste Situation für solche kreativen Aktionen ist für Quirin der „schöne Kater“ – also ein Kater ohne Kopfschmerzen und Übelkeit, bei dem man noch ein bisschen in dem euphorischen Zustand der Vornacht ist.

Nachdem Quirinello mit zehn Jahren angefangen hat, Gitarre zu spielen, hat er während seiner Schulzeit in diversen Bands mitgewirkt. Ohne, dass eine davon den Durchbruch schaffte. Als Solokünstler läuft es besser. Zuerst noch unter seinem bürgerlichen Namen und seit kurzem eben als Quirinello. Und obwohl sein jetziges Projekt erst seit wenigen Wochen existiert, hat er bereits Musiker rekrutiert, die ihn bei den kommenden Auftritten unterstützen werden. Der Student ist überzeugt davon, dass seine Songs auch mit einer Back-Up-Band ihren intimen Charakter nicht verlieren. Neben der personellen Aufstockung für die Konzerte hat sich Quirin erst mal keine langfristigen Ziele gesetzt. Aktuell ist er sich nur sicher, dass das Musizieren und Produzieren alleine im Schlafzimmer auf Dauer eben doch ein etwas zu kleiner Rahmen für ihn ist. Und seine Lieder haben auch definitiv mehr Zuhörer als nur Bett, Kleiderschrank und Schreibtisch verdient.

Viktor Schacherl