Weich dahinlaufender Gitarren-Jazz mit einem präsenten Kontrabass und einem swingend-zischenden Schlagzeug – so klingt das Nils Kugelmann Trio. Am Sonntag, 8. April tritt das Trio im Jazzclub Unterfahrt auf.
Jazz war einmal Rebellion. In den Vierziger- und Fünfzigerjahren swingte der Jazz gegen die Strenge der klassischen Interpretation. Mit Miles Davis und John Coltrane kam später dann eine Prise verdrogter Anarchismus und musikalisch umwerfender Irrsinn hinzu und Jazz gehörte wohl mit zum Freiesten, was die Musiklandschaft zu bieten hatte. Und wie das so ist, wurde es nach diesem Zenit akademischer. Klar, es gab sie auch später noch, diejenigen, die experimentierten. Aber generell wurden Jazz-Platten etwa in München eher im Edelkaufhaus Ludwig Beck verkauft als in irgendwelchen abseitigen Plattenläden. Und das sagt schon viel über die Klientel, die diese Musik nun als gediegen intellektuelle Untermalung ihres Lebens nutzten. Doch seit einigen Jahren reißt sich eine neue Jazz-Generation davon los. Und zwar, in dem sie die Nähe zum eigentlich verpönten, weil im Vergleich zum Jazz so ungemein viel einfacheren Pop sucht. Sei es die Münchner Gitarristin Monika Roscher und ihre Bigband vor ein paar Jahren. Oder aktuell Siea, ebenfalls eine groß aufgestellte Truppe aus dem Umfeld der Münchner Musikhochschule, die Jazz, Trip-Hop und elektronische Musik verquicken. Jazz wird in der Nähe zu Elektro und Techno hip, das zeigt auch das LBT, kurz für Leo Betzl Trio.
Diese klassische Jazz-Band-Nomenklatur nutzt auch das Nils Kugelmann Trio. Die Musiker um den 21-jährigen Bassisten und Komponisten Nils Kugelmann, der Schlagzeuger Marius Wankel und der Gitarrist Philipp Schiepek, sind so etwas wie die Küken dieser Szene. Und gleichzeitig die Ältesten. Zumindest musikalisch. Denn Kugelmann, der aktuell bei Henning Sieverts an der Münchner Musikhochschule Kontrabass studiert, komponiert für seine Musiker richtiggehend old-school. Weich dahinlaufender Gitarren-Jazz mit einem präsenten Kontrabass und einem swingend-zischenden Schlagzeug, der perfekt in den Jazzclub Unterfahrt passt, wo sie auch zuletzt aufgetreten sind. Doch Nils hat die ganze Pop-Sozialisation schon hinter sich. In München kennt man ihn vielleicht noch mehr unter seinem Künstlernamen Deebex. Darunter veröffentlichte er elektronische Experimente, die eindeutig im Pop-Club verortet waren. Da spielte er live Klarinette, vermischte Computermusik mit akustischen Klängen und zwang seinen Eklektizismus dennoch in ein hymnisches Popgewand. Mit seinem Jazz-Trio ist das nun alles eindeutiger. Hier spielt er Jazz, er wirkt erwachsener und gereifter, springt nicht mehr innerhalb der Songs mehrfach zwischen den Stilen hin und her, sondern sucht in der festgeschrieben Form einen eigenen originären Ausdruck.
Musikalisch sei sein Ziel, „eine grenzenlose, ästhetische und freie Musikauffassung“, zu finden, die die „Trennung der Musik in verschiedene Genres“ vergessen lässt und in ihrem „Innersten als Musik selbst“ wahrzunehmen ist. Natürlich wirkt Nils mit diesem Wunsch, anzukommen, enorm frühreif. Doch rein musikalisch ist es spannend, was er da versucht. Denn egal ob Pop oder Jazz, Musik hat sich in der vergangenen Dekade immer über die Vermischung verschiedener, bereits bekannter Stile neu erfunden. Viel seltener wurde versucht, einen bereits bekannten Stil an sich weiter zu entwickeln. Über die Bandarbeit, – die Nils dabei ausgesprochen wichtig ist, denn er komponiere zwar die Musik, seine Mitmusiker sollen die sich in der Ausarbeitung aber zu eigen machen, sagt er –, versucht er genau das. Das gemeinsame Suchen nach etwas Eigenem in einem bekannten Stil ist zwar oft viel mühsamer als der schnell wirksame Clash verschiedener Genres. Aber diese Arbeit kann sich längerfristig auszahlen. Am Sonntag, 8. April, tritt das Trio im Münchner Club Unterfahrt auf.
Foto: Enkhjargal Erkhembayar
Text: Rita Argauer