Band der Woche: Ciao Bon Jovi Jon Bon Jon Jovi Jon

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Ciao Bon Jovi Jon Bon Jon Jovi Jon, so heißt das Soloprojekt von Manuel Süß. Und der hat auf den ganzen Vermaktungs- und Anbiederungszirkus der Musikmarktes überhaupt keine Lust mehr. Deshalb auch der unmöglich korrekt memorierbare Bandname.

Die Post-9/11-Jugend ist ausgesprochen strebsam. Das ist seltsam, wenn man sich die Jugendbeschreibungen der vergangenen 90 Jahre ansieht. Etwa in Erich Kästners Jugend- und Schulgeschichten wie „Das Fliegende Klassenzimmer“. Denn da sind die Streber und die Angepassten eher Antifiguren, die Sympathie liegt bei denen, die nicht der Autorität (in dem Fall die der Lehrer) hinterher rennen, sondern sich trauen, eigenverantwortlich zu denken. Ja, das ist eigentlich ein aufklärerischer Gedanke, der Mensch, der zu eigenständigem moralischem Handeln erzogen wird, muss sich bisweilen gegen die herrschenden Strukturen stellen. Denn diese blind zu übernehmen oder ihnen gar nachzustreben, führt zum Gegenteil. Doch, um zur Musik zu kommen: Diese latente Streberhaftigkeit, die sich bei vielen Jugendlichen seit dem Jahrtausendwechsel durchsetzt, spiegelt sich seit dem auch in der Popmusik. Ausgesprochen viel Musik zeichnet sich seit dem genau dadurch aus, dass die Musiker ziemlich perfektionistisch das nachspielen können, was gerade oder früher einmal angesagt war. Musikalisch und ästhetisch geht das dann ebenso auf Nummer sicher, wie viele das auch bezüglich der Schule und dem Studium handhaben.

Manuel Süß wirkt da mit seinem Soloprojekt Ciao Bon Jovi Jon Bon Jon Jovi Jon wie einer der Letzten mit einer ordentlich zelebrierten Anti-Haltung. Dem Sänger und Gitarristen, der vor ein paar Jahren mit seiner Surf-Punk-Band Night Shirts und deren über München hinaus wahrgenommenem Debüt-Album erste Erfolge hatte, ist nämlich alles ziemlich egal: Wo es hingehen soll mit seiner Musik, sei ihm „scheißegal, ehrlich“. Und am wichtigsten bei diesem Projekt sei ihm, dass ihm eben all das egal bleibe. Hier spricht ein Slacker aus tiefster Seele, der auf den ganzen Vermarktungs- und Anbiederungszirkus des Musikmarktes überhaupt keine Lust mehr hat. Seinem Soloprojekt gibt er deshalb diesen unmöglichen und unmöglich korrekt memorierbaren Namen. Und damit hat er nun eine erste Kassette mit dem Nihilisten-Titel „Is everybody having a bad time?“ veröffentlicht. Die erste Single heißt „XXX“. Und auch die schmeißt die Hörer, die Musik eben mal schnell konsumieren möchten, einfach raus. Denn die Aufnahme ist so Lo-Fi, dass das selbst jedem erklärten Lo-Fi-Folker zu dumpf und zu sehr nach Badewannen-Akustik klingen würde. Noch dazu spielt Manuel keinen lieblichen Folk, sondern irgendwie immer noch vom Punk angetriebene Musik.

Doch Manuel hat einen großen Pluspunkt, weshalb er diesen ästhetischen Nihilismus so ausgeprägt fahren kann und dennoch etwas mit seiner Musik erreicht: Er ist hochtalentiert. Zumindest wenn es darum geht, euphorisierende, einprägsame und dennoch besondere Melodien zu Surf-Gitarren zu schreiben. Das hob die Musik der Night Shirts aus der Masse und das ermöglicht den Zugang zu seinem eigentlich völlig sperrigen Soloprojekt. Er hat zudem auch das Talent, jedes Instrument selbst einspielen zu können. „Die Songs sind teilweise uralt, andere entstehen gerade jetzt“, erklärt er. Zudem versuche er gerade eine Liveband aufzustellen, um auch auftreten zu können. Denn die
Arbeit mit den Night Shirts sei – trotz eines neuen Albums, das fertig aufgenommen sei – eigentlich eingeschlafen. Mit der Musik aufhören wollte er aber auch nicht. Und ein großer Unterschied sei das sowieso nicht, denn auch bei den Night Shirts sei er schon für das Songwriting verantwortlich gewesen. Auf Butzen Records, dem Label von Thomas Westner, Gitarrist bei Friends of Gas, der auch in seiner Live-Band spielen wird, ist die Debüt-Kassette samt Download-Code vor zwei Wochen erschienen.

Text: Rita Argauer

Foto: privat