Unser Autor Max hat ein Mittel gegen seine Corona-bedingte Niedergeschlagenheit gefunden. Seine Woche steht ganz unter dem Motto: Kontakte, Freunde, Unternehmungen und ganz viel Musik.
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mich zwei Stunden lang mit einem Afroamerikaner unterhalten, der in Berlin einen Laden für Produkte mit CBD, einen „weed store“, wie er sagte, aufziehen wollte. Wir saßen uns im ICE nach Hamburg gegenüber und haben uns über möglichst Oberflächliches unterhalten – über die Arbeit eben. Er sei gerade von Los Angeles in die deutsche Hauptstadt gezogen, um seinen Traum zu verwirklichen, sagte er – nur das ganze „red tape“, die Bürokratie stehe ihm noch im Weg. Ich denke gerade wieder viel an diese Zugfahrt. Wieso? Wenn ich das nur wüsste. Ich vermute allerdings, dass es an der Lebensfreude liegt, die man dem Amerikaner quasi aus der Stimme heraushören konnte. Es wirkte so dermaßen energiegeladen – und damit war er wohl das genaue Gegenteil davon, wie ich mich momentan fühle: dauer-niedergeschlagen und ein bisschen einsam durch die lange Isolation. Immerhin weiß ich, was dagegen hilft: Kontakte, Freunde, Unternehmungen.
Vergangene Woche fühlte ich mich bereits wie ein Flipperball, der von Freund A zu Freund B, von Restaurant zu Café hin und her flitzte. Diese Woche wird es wohl nicht anders sein: Am Freitag ist – wie in der vergangenen und in den kommenden Wochen auch – eine DJ am Kulturstrand, der dafür mit dem Marry Klein kollaboriert. Ein Live-Set, endlich mal wieder! Ich muss ja zugeben: In den vergangenen Wochen habe ich manchmal spätnachts angefangen, in der Wohnung zu tanzen – mit Kopfhörern und gestreamter Musik, versteht sich. Das nennt sich dann wohl Club-Entzug. Am Samstagnachmittag könnte es musikalisch weitergehen: Auf dem Gelände des Feierwerks findet der „Katzenclub Soundgarden“ statt. Ein Event „ohne Tanz und ohne Tanzfläche, aber dafür mit Musik“, wie es in der Ankündigung heißt. Und nur auf Letzteres kommt es an – zumindest für mich. Ja, ich habe in meiner Wohnung getanzt, das heißt aber nicht, dass ich das auch öffentlich tun würde.
Am Sonntag bin ich verplant: Filme schauen bei und Urlaubsplanung mit Freunden. Aus der USA-Rundreise wurde coronabedingt eine Deutschlandreise, auch schön – und weniger Auto-lastig. Was Sonntag sonst noch so los ist? Dieser Text ist bisher noch gar nicht auf die Pride-Week eingegangen, was ja eigentlich auch unerhört ist. Leider fällt die Parade aus, Stichwort: Pandemie. Deswegen kommt hier ein thematisch passender Filmtipp: „Searching Eva“, präsentiert vom DOK.fest und gezeigt im Bahnwärter Thiel um 21.45 Uhr. Letztens habe ich mit Bekannten aus Wien telefoniert und sie haben mir davon erzählt, dass es in Österreich quasi ein Wort fürs Anti-Vorglühen gibt, für das Glas Wein (oder auch mal zwei) nach dem Konzert, nach der Veranstaltung oder nach dem Essen. Wie das Wort jetzt lautet? Tut mir leid, habe ich leider vergessen. Allerdings werde ich am Montag nach einem langen Arbeitstag und einem Restaurantbesuch mit Freunden vermutlich genau das tun, was mir da beschrieben wurde. Zum Beispiel im Biergarten der Glockenbachwerkstatt – vielleicht fällt mir dann auch der Begriff wieder ein. Am Tag darauf, am Dienstag werde ich eventuell beim Farbenladen vorbeischauen: Den ganzen Juli über gibt es dort Veranstaltungen zum Thema Protest und Widerstand organisiert von den Pastinaken. Vielleicht wird sich die Welt am Mittwoch wieder ein bisschen normaler, also ein bisschen weniger krisenartig, anfühlen – zumindest für mich. Denn das erste Mal seit Ausbruch des Virus in Deutschland wird im Import Export wieder ein Singer-Songwriter-Abend stattfinden – auf einer draußen gebauten, Corona-konformen Bühne.
Noch ein Neustart: Auch Münchens Comediennes und Comedians treten wieder auf, am Donnerstag zum Beispiel auf der Alten Utting. Natürlich draußen und mit weniger Teilnehmern als üblich, aber immerhin. Am Freitag findet dann der erste von drei Abenden statt, an denen die Studierenden der HFF ihre Jahresschau veranstalten. Man ahnt es vielleicht: Auch das wird draußen stattfinden, genauer gesagt: im Innenhof der HFF selbst. Da München sich manchmal wie ein Dorf anfühlen kann, man viele Gesichter kennt, werde ich vermutlich auch Filme von Bekannten sehen, mit denen ich mal Kaffee trinken war oder unbewusst bei ihnen im Wohnheim stand. Eigentlich bleibt mir nur noch eines zu sagen: Hoffentlich wird das Wetter besser als meine Stimmung, denn bis ich wieder vollends guter Dinge bin, braucht es noch eine Weile. Andererseits: Dass ich immer noch so sprichwörtlich am Boden bin, ist vermutlich auch irrational.
Von Max Fluder