250 Zeichen Wut – Semesterferien

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Unsere Autorin hat die Schnauze voll. Von Leuten, die immer gezwungenermaßen eine Nummer cooler sein müssen als der Rest der Welt, und bei denen Urlaub plötzlich nur noch

„Reisen“ genannt wird.

Vorlesungsfreie Zeit ist Urlaubszeit. Da machen sich dann alle auf den Weg. Und egal wohin es geht und ob man stinkreich oder super hip und möchtegern alternativ ist, egal in welchen Kreisen man verkehrt: es gibt immer diese eine Sorte Mensch, die einfach immer cooler ist als du. Und dieser Mensch drückt’s dir dann so richtig rein! „Ich bin nicht im Urlaub, ich bin auf Reisen!“ oder „Wirklich? Nur der Kurztrip nach Spanien? Ich bin zwei Monate in Argentinien. Ohne Handy, ohne alles. Ich muss weg von all dem Mainstream.“ Und noch was von der Sorte: „Mensch, die Klausuren waren so anstrengend, ich fahr mit meinem Freund über’s Wochenende ins Spa. Mein Rücken ist meeeegaa verspannt.“ Schön für euch alle! Toll! Ist ja auch meeeeega entspannt, wenn ihr jedem erst mal beweisen müsst, dass euer Urlaub, pardon, eure Reise so viel toller ist. Wir haben’s verstanden.

Fremdgänger: Kunstsammelnde Piraten

„Posh“ könnte eine mögliche englische Bezeichnung für die Münchner Schickeria sein. Oder passt das doch nicht? Wie sich das vornehme Bürgertum in England von dem der Münchner Maximiliansstraße unterscheidet, darüber berichtet unsere Autorin in ihrer Kolumne.

„Posh“
ist in England so ein Wort, das auf Vieles und Nichts zugleich passt, das
deskriptiv sowie normativ, abstrakt sowie materiell verwendet werden kann. Ein
Dialekt ist „posh“, ein Auto ist „posh“, „super“ vor Adjektive zu kleben ist
„posh“ und der Norden von Oxford, wo ich wohne, ist „posh“. Meine
Übersetzungs-App behauptet, „vornehm“ sei der adequate deutsche Begriff.
Sicherlich könnte man die Münchner Schickeria als Pendant zu britischer
„poshness“ heranziehen. Allerdings würde ich behaupten, dass sich die Sachlage
in Großbritannien ein weniger anders, wenn nicht sogar komplexer gestaltet als
die Münchner Maximiliansstraße.

Zeuge
dieser Vielschichtigkeit werde ich, als ich der Einladung meines Mitbewohner
folge, einige Tage im Ferienhaus des Vaters seiner Verlobten in Cornwall zu
verbringen. Nach einer fünfstündigen Zugfahrt gen Süden, betrete ich ein wenig
nervös das weitläufige, in den 70ern erbaute Haus, das mir als der Inbegriff
von „poshness“ beschrieben wurde. Auf einen Schlag wird damit jedoch mein
persönliches Verständnis eben dieses Begriffs auf den Kopf gestellt.
Sicherlich, die Tatsache, dass das Haus mit Blick auf einen atemberaubenden von
Felsen umrahmten Sandstrand gebaut ist, riecht nach Geld. Allerdings spricht
die simple Ausstattung sowie der Zustand des Hauses eine andere Sprache: Neben
dem überquellenden Mülleimer und zwischen Sand und Muschelschalen türmt sich
eine Armada aus leeren Wein- und Bierflaschen auf. Ein Stapel schmutziger
Teller wartet im ebenfalls sandigen Spülbecken darauf, dass die sauberen Teller
aus der Spülmaschine in die Schränke geräumt werden und der Aschenbecher auf
dem Wohnzimmertisch quillt über. 

Mit
einer festen Umarmung, einem Kuss auf beide Wangen und der Frage, ob ich einen
Drink wolle, werde ich vom 68-jährigen Hausherren begrüßt, der barfuß, mit
langen grauen Locken, einem Sammelsurium an Armbändern und zerrissenen Jeans
aussieht wie eine Mischung aus Pirat, Rockstar und Bill Nighy. 

Die
darauffolgenden Tage versinken in einem bunten Rausch aus Strandspaziergängen,
Schwimmen, Muschel-Sammeln, kuriosen Spielen, Sandburgen bauen, Unmengen an
Essen und noch mehr Alkohol. Normale Tageszeiten (Abendessen irgendwann gegen
22 Uhr) und normale Gepflogenheiten (Duschen, saubere Kleidung) verlieren an
Bedeutung. 

In
München assoziiere ich „posh“ mit den Mitgliedern des Golfclubs, in dem ich
einen Sommer lang bediente – Besitzer teurer Hemden, noch teurerer Uhren und
einem offensichtlichen Desinteresse an allem, was sich außerhalb der Welt der
Reichen und Schönen abspielt. In Cornwall hingegen, scheint niemand Wert auf
Äußerlichkeiten oder eine Performance von Reichtum zu legen. Vermutlich ist
jedoch gerade dieses Verhalten ein wichtiger Aspekt britischer „poshness“, denn
nach einiger Recherche finde ich heraus, dass mein Piraten-Gastgeber im echten
Leben Anzug trägt und erfolgreicher Kunst-Händler ist. Somit würde das Fehlen
jeglicher „poshness“ ebenso eine Performance darstellen wie das Tragen teurer
Uhren und Hemden in München. Ohne jegliches Werturteil über die beiden Seiten
des Vergleichs fällen oder gar versuchen zu wollen, in die viel tiefergreifende
Problematik der fortbestehenden englischen Klassengesellschaft eintauchen zu
wollen, komme ich zu dem Schluss, dass – egal wie reich, angesehen oder „posh“
meine Gastgeber sind – ich mich selten umsorgter gefühlt habe als in diesem
schmuddeligen Haus in Cornwall. Allein deswegen erscheint britische „poshness“
irgendwie sympathischer als die abschätzigen Blicke angesichts meiner nicht
vorhandenen teuren Uhr und die Unwilligkeit auch nur 5 Prozent Trinkgeld zu
geben, die ich während meiner Golfclub-Zeit in München täglich erlebte.

Text: Theresa Parstorfer

Foto: Privat

Zeichen der Freundschaft: Mitternachtssnacks

Im Leben gibt es Schicksalsschläge, die man nur schwer verarbeitet. Genau in solchen Zeiten ist es schön Menschen an seiner Seite zu haben, die mit einem gemeinsam trauern. Das schweißt zusammen.

Es ist Donnerstag Nacht und ich habe am nächsten Morgen Colloquiumsbesprechung. Ich weiß, eigentlich sollte ich im Bett liegen. Dennoch sitze ich, eingeklemmt als dritte Person auf einem 2-Mann-Sofa in der randvollen Sendlinger Jungs-WG-Küche, ein Glas Rotwein und einen Heimweg von zwei Stunden vor mir, und bekomme einen Teller Nationalgericht von irgendwo, etwas mit Kichererbsen und Fladenbrot in die Hand gedrückt.

Wir sind ungleiche Freunde, die meisten hier über fünfundzwanzig, gerade dabei, ihr Leben in den Griff zu bekommen und ich seit ein paar Wochen achtzehn, beschäftigt mit dem Abi und völlig planlos für die Zeit danach.
Ich erinnere mich gut an unsere erste richtige Begegnung. Ich bin elf, zwölf, irgendwas um den Dreh und ich habe in dieser Zeit ziemliche Probleme mit dem Schlafen, bin stundenlang wach und kann die Augen nicht schließen.
Und man kennt das ja, nachts, im Dunkeln, sind Geräusche lauter und Gerüche intensiver. Ich liege also da, alle Sinne scharfgestellt, und versuche zu schätzen, wie viele Paar Füße da in unserer Küche herumlaufen. Und wundere mich über den Geruch. Knoblauch. Ich werde sowieso nicht einschlafen, also schleiche ich mich runter, nur um mal zu lauschen und vielleicht durchs Schlüsselloch zu schauen. Natürlich werde ich entdeckt. Und stolz wie Oskar sitze ich ein paar Minuten später am Tisch, mit meinem Bruder und seinen Freunden und einem Teller Nudeln vor mir.

Es sollte mein erster von vielen Mitternachtssnacks mit ihnen sein und die Hoffnung, Schritte in der Küche zu hören und etwas zu riechen, machte das Nicht Schlafen können um so viel weniger schlimm.

Im Nachhinein würde ich es keinem übel nehmen, hätte man mich einfach wieder rausgeworfen, die kleine nervige Schwester, sieben Jahre jünger und verknallt in jeden der coolen Freunde. Ich weiß noch so genau, wie ich meinen Bruder um sie beneidet habe. Große Jungs, die Sonntag früh in unserem Wohnzimmer aufwachten, die Augen ganz verquollen und den Kater so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass meine Mutter den Abgabetermin in der Bücherei sausen ließ, um allen Kaffee zu kochen. Große Mädchen, die auf dem Festnetz anriefen und ihn unbedingt sprechen wollten, die mit uns am Abendessen saßen und nur ganz wenig Reis aßen, und dafür viel Salat. Freunde, mit denen er klettern ging, in die Berge, feiern, spontan wegfuhr, nach Barcelona, Sardinien, Chamonix. So erwachsen, so locker. Er und seine Freunde kamen mir vor wie das Non Plus Ultra an Coolness und Reife. Ich weiß noch, wie ich meiner Mutter sagte, ich wolle auch mal solche Freunde. Freundschaft und Vertrauen sind eine seltsame Sache. Oft brauchen sie ewig in ihrer Entstehung.

Und dann kommt es manchmal von einen Tag auf den anderen. Als mein Bruder starb, da waren sie einfach da. Und mit ihnen diese Nähe. Und irgendwo auf
beiden Seiten Dankbarkeit dafür, jemanden zu haben, dem es genau so geht wie einem selbst. Sie standen weinend vor der Tür, saßen verloren in unseren Küchenstühlen, hielten Reden bei der Beerdigung und erstellten Playlists mit Musik, die uns an ihn erinnerte. Ließen sich von mir in den Arm nehmen, als ich noch nicht weinen konnte und taten später das selbe für mich. In einer Zeit,
als ich nicht wusste, wohin mit mir waren sie da. Und nahmen mich mit in ihre Welt aus ausgelatschten Kletterschuhen, Festivals und Drei Fragezeichen Hörspielen. Vor ein paar Monaten noch nannte ich sie „die Freunde von meinem Bruder“. Inzwischen sage ich einfach „Freunde“. Sie leihen mir die Ersatzschlüssel für ihre Wohnungen, für den Fall der Fälle, schmuggeln mich in Clubs und fragen mich, wo ich bleibe, wenn ich beim obligatorischen Donnerstag-Abend-Essen nicht da bin. Wir planen gemeinsam Urlaube und zicken uns an, wenn wir uns gegenseitig auf die Nerven gehen. Und irgendwie ist es normal geworden, mit Menschen abzuhängen, die gerade in einem völlig anderen Lebensabschnitt stecken als ich. Weil uns etwas zusammengeschweißt hat, was den Altersunterschied überwiegt.

Ich bin kein Ersatz. Und das sind sie auch nicht. Aber ich finde meinen Bruder in ihnen und sie finden ihn in mir. Und wenn sie mich heute abends noch heimfahren, dann kommen sie manchmal noch mit rein. Auf einen Mitternachtssnack.

Text: Magdalena Siebers

Foto:

Yunus Hutterer

Fremdgänger: Mein Tisch, mein Teller

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Essen und Küche ist Bestandteil einer jeden Kultur. Nur kann man sich in dieser Hinsicht manchmal mit der einen besser und mit der anderen schlechter identifizieren. Unsere Autorin beschreibt ihren geplatzeten Croissant-Traum.

Etwas irritiert und enttäuscht starre ich auf die fast leere Schachtel Madeleines, die vor mir steht, und den Fruchtjoghurt. „Und das frühstückt ihr?“, frage ich meine Gastgeber und bemühe mich, meine Abneigung nicht zu zeigen. Es fällt mir sehr schwer. Die
nicken und bedeuten mir freundlich, mich zu bedienen. Unglücklich löffle ich trotz Laktoseintoleranz den Joghurt, die drei übrigen Madeleines waren schon unter den restlichen Händen verschwunden. So ganz entspricht das nicht dem Frühstück, das ich mir an einem traumhaften Sonntagmorgen im Frankreichurlaub erhofft hatte. Selbst mein alltägliches Haferflockenmüsli erscheint mir geradezu verlockend dagegen. Sehnsüchtig denke ich an die Boulangerie 100 Meter weiter. Als ich mich dezent erkundige, warum man denn dort nichts zum Frühstück geholt habe, ernte ich sehr erstaunte Blicke, die verraten, dass man diese Option von selbst nie erwogen hätte.
 Am nächsten Morgen nehme ich die Angelegenheit selbst in die Hand. Aber als ich mit zwei großen Tüten Croissant und Pain au Chocolat zurückkomme, bin ich die Einzige, die davon isst. Die Franzosen können vieles, aber nicht ordentlich frühstücken. Viele Franzosen trinken einfach einen Tee oder Kaffee, ohne etwas zu essen. Dann gibt es noch die Fraktion, die „bisquits“ mit Honig oder Marmelade bestreicht, in Deutschland gemeinhin bekannt als Zwieback. Kann man sich selbst noch schrecklicher quälen morgens? Warum die Franzosen von all den Köstlichkeiten, die es nur in ihrem Land gibt, zum Frühstück nicht Gebrauch machen, werde ich wohl nie verstehen.

Ich habe als Gastgeschenk – neben Brezn und Bier – Frühstücksbrettchen mit hübschen Münchner Stadtmotiven mitgebracht, deren Sinn sich trotz freundlichen Erklärens niemandem so richtig erschlossen zu haben schien. Sie wurden weggeräumt. Zum Frühstück benutzt man hier keinen Teller, die Brote werden auf dem Tisch bestrichen. Vom Tisch essen? Kein Problem! Dafür macht man ihn ja sauber! Die Krümel und Flecken? Kann man wegwischen. Ach, wenn das so plausibel ist, warum benutzen wir überhaupt noch Teller? Ich bin begeistert. Nix mehr mit abspülen. Ab jetzt ist mein Tisch mein Teller. Das widerspricht meiner gesamten Erziehung. Diese gesamte Frühstückssituation ist an Absurdität kaum zu übertreffen für meinen müden Geist. Fast müsste ich lachen über diesen Anblick.

Doch das ist noch nicht der größte Schrecken. Die größte Umstellung kam mit den Essenszeiten. Dîner, also Abendbrot gibt es hier nicht vor halb neun. Während ich also mit meinem brav an deutsche Essenszeiten gewöhnten Magen von halb sieben an Hunger hatte, musste man um diese Uhrzeit noch ein bisschen herumsitzen, bevor man Abendbrot machen konnte. Dabei ist Abendbrot schon der falsche Begriff. Nix mit Brotscheibe und Aufschnitt, fertig und gut so.
Das Abendessen gestaltet sich als Gänge-Menü. Eine warme Hauptspeise und Salat werden jeden Abend serviert. Darauf folgt die rhetorische Frage „Un peu de fromage?“, wer möchte noch Käse? Danach obligatorisch ein Dessert, um zehn Uhr rolle ich mich schließlich müde und mit vollem Magen in mein Zimmer. Jede weitere Bewegung ist ausgeschlossen. Dafür isst man mittags um 12.30 Uhr. Wer hat denn bitte da schon Hunger? Einen deutschen Tagesrhythmus gewohnt, musste ich den französischen wortwörtlich erst einmal verdauen. Am nächsten Morgen hatte ich dann auch keinen Hunger mehr. Aber ein frisches französisches Buttercroissant würde ich mir in Hinblick auf baldige Abstinenz sogar noch nach einem Fünf-Gänge-Menü genehmigen.

Text: Anne Gerstenberg
Foto: Privat

Neuland: My Ski Ticket

Lange Wartezeiten, die einem oft den Skispaß vermiesen können, gehören bald der Vergangenheit an. Dank der Idee von Dominik Cadmus und Richard Seitz kann man seinen Skipass bald im Internet aufladen lasssen. Auch die Ausrüstung oder die Unterkunft kann man auf myskiticket.com buchen.

Dominik Cadmus und Richard Seitz bekommen wohl schnell kalte Zehen. Die beiden Münchner haben eine Website gegründet, mit der sich die meist recht langen Warteschlangen an den Kassen der Skigebiete vermeiden lassen können. Schließlich steht man selten allein am Fuß des Berges. Dank myskiticket, einer Website, auf der man schon vor der Anreise seinen Skipass aktivieren kann, sollen die langen Wartezeiten für die begehrten Plastikkarten vermieden werden. Für mehr als 200 Ressorts in den Alpen kann man entweder den alten Skipass neu aufladen oder einen neuen bestellen, der noch vor der Abfahrt im Briefkasten landet. Für Münchner könnte die Plattform einen hohen Nutzen haben, schließlich gehört dort der wochenendliche Skiausflug zum Winter dazu. 

„Neben dem Skipass kostet auch das Ausleihen von Material eine Menge Zeit“, sagt Dominik. „Egal ob Ski oder Helm, über myskiticket kann man die nötige Ausrüstung schon im Voraus reservieren lassen.“ Wer will, kann sogar seinen ganzen Skiurlaub bei myskiticket planen. „Neben Skipass und Ausrüstung kann man aber auch die Skischule über myskiticket buchen“, sagt Dominik. „Mich hat immer gestört, wenn ich für diese Dinge Zeit im Urlaub verschwendet habe. Deswegen tun wir alles dafür, dass unsere Kunden so schnell wie möglich auf die Piste kommen.“  

Text: Matthias Kirsch