Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Serafina

image

Kultur, Musik und Journalismus – das ist ein guter Mix an Veranstaltungen. Unsere Autorin besucht nicht nur den Feinen Münchner Poetry Slam und
die Diskussion
„Hass im Netz – und was dagegen hilft“, sondern feiert auch im Milla den EP-Release von King Pigeon.

Es
ist Mitte Januar, das neue Jahr hat gerade erst begonnen und die Deadlines
scheinen noch weit weg. Zeit also, fleißig zu prokrastinieren und meine
kommende Woche zu planen.

Am Freitag
pilgere ich wieder ins Lost Weekend zum Feinen Münchner Poetry Slam,
die erste Veranstaltung vom Presserat Kultur, den die Unimagazine und Zeitungen
der LMU vor einem Jahr gegründet haben. Gewinner der Abend ist derjenige, der
den größten Applaus hat. Neben einigen Studierenden werden dort die bekannten
Poetry Slammer Dominik Erhard, Dave Appleson und Antonia Lunemann auftreten.
Und das alles mit freiem Eintritt. Da gönnt man sich doch
guten Gewissens einen Hipster-veganen Matcha-Latte, während man den Slammern
lauscht.

Der Samstag
steht ganz im Zeichen der Musik. Zunächst gehe ich zum Orgelkonzert der LMU mit dem Motto „End of Time“. Die Musikerinnen Angela
Metzger an der Orgel und die Violinistin Martina Trumpp ermöglichen eine
musikalische Zeitreise vom zeitlosen Bach bis zum gegenwärtigen Komponisten
Lehmann-Horn. Abgerundet wird dies mit einer spektakulären Lichtshow. Nach so
viel Klassik dürstet mein Herz nach Indie und ich treffe mich mit Freunden im
geliebten Strom: Das erste Mal Momentum im neuen Jahr – ich freue mich auf die Klänge von The Foals,
Justice, Bilderbuch und vielen weiteren Alternative- und Indie-Perlen.

Der Sonntagnachmittag
verschlägt mich in den Farbenladen des Feierwerks. Es wird wieder Zeit für eine
interessante Ausstellung namens „Plastic Vanity“ des
Künstlers Tobias Meier. Er zeigt mit
seiner Ausstellung unterschiedliche Puppen in den verschiedensten
Erscheinungsformen: „Aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen, fern der Ideale
der Zeit, nehmen sie ungewohnte Züge an. Keine Mode mehr, die sie anpreisen, in
ihrer neuen Funktion haben sie ein Eigenleben entwickelt“. Was nach einem
perfekten Stoff für einen Horrorfilm klingt, ist vor allem in Zeiten von perfekten
Möchtegern-Models und Möchtegern-Bloggern auf Instagram und Co. ein
interessantes Projekt.

Am
Montagabend
gehe ich in die Münchner Kammerspiele zur Episode
18
. Eine Expertengruppe um die Filmzeitschrift „Cargo“ sucht sich
eine Folge aus einer TV-Serie aus und diskutiert sie. In der heutigen Episode
geht es um den „Unbreakable Kimmy Schmidt“, bei der es um eine Frau geht, die
nach 15 Jahren aus einer Sekte flüchten kann und in New York einen Neuanfang
wagen möchte. Nach der heutigen Episode geht es daheim auch gleich los mit dem
Bingewatchen der Serie.

Der Dienstag wird wieder musikalisch: SiEA, eine elfköpfige Band spielen mit Tiger
Tiger
als Support in der Milla.

Auf
den Mittwochabend freue ich mich
schon lange: In der Großen Aula der LMU findet eine Diskussion mit Dunja Hayali zum
Thema „Hass im Netz – und was dagegen hilft“ statt. Da geht es nämlich um die
Fragen, was gegen Online-Hetze hilft und wie man diesen Menschen im Netz am
besten begegnen kann – ein Thema, das aktueller denn je erscheint. Da mir
dieses Thema sehr wichtig ist und uns alle betrifft, treffe ich mich am Donnerstag mit einer Freundin und
erzähle ihr davon.

Am Freitag ist wieder eine Woche vorbei, nach der Arbeit bin ich k.o, aber ich freue mich auf das Wochenende: Am Samstag geht’s in die Milla: King
Pigeon
feiern ihren EP-Release, die Aggressive Swans
supporten sie. Der perfekte Freitagabend.

Text: Serafina Ferizaj

Foto: privat

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Serafina

image

Diese Woche steht bei unserer Autorin ganz im Zeichen der Kunst. Eingestimmt durch die Ausstellung “Faces of India” geht es weiter zur Stroke Art Fair und am Dienstag zu “souls x faces” im Provisorium. Aber auch Filmliebhaber und Indiefans werden fündig.

Die Semesterferien neigen sich dem Ende zu. Bevor es in
einer Woche wieder mit den Seminaren losgeht, möchte ich noch meine Freiheit
ausnutzen. Mein Indie-Herz freut sich am Freitagabend
auf eine neue Runde Up
The Bracket
im Strom Vorher geht es
aber in die Galerie Benjamin Eck zur Ausstellung Faces of India.
Der Fotograf, Snowboarder und Surfer Tobias Strauss hat auf seiner Reise durch
ganz Indien Menschen aus den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen porträtiert.
Diese Bilder möchte er nun in der Galerie vorstellen und ich freue mich, in
diese Kultur eintauchen zu können. Musikalisch untermalt wird die Ausstellung
mit dem Münchner DJ Duo Tokio x Shrink.

Meine Asienreise geht am Samstag im Backstage weiter: Jugendliche und Erwachsene haben
ehrenamtlich die Benefizveranstaltung Taste of Asia
organisiert, bei der sie unter dem Motto „Experience Today. Change Tomorrow“
mit einem kleinen Unkostenbeitrag Kultur und Charity verbinden möchten. Charity
ist immer eine gute Sache. Bin gespannt, was ich dort alles sehen und welche
Spezialitäten ich probieren werde. Meine zweite Portion Indie an diesem
Wochenende hole ich mir anschließend im Milla bei Fancy Footwork – Indiedisco mit Zucker und Amore.

Den Morgen danach verbringe ich im Lovelace beim Table Brunch,
der nun jeden Sonntag organisiert
wird – I’m in love! Nach dem herzhaften Katerfrühstück geht es anschließend ins
Werksviertel zur Stroke
Art Fair
, bei der zeitgenössische
Kunst präsentiert wird, um dem Zuschauer eine „frische Vision von Kunst, Design
und urbanem Lebensgefühl im 21. Jahrhundert näherzubringen.“ Zugegeben habe ich
das Konzept noch nicht verstanden. Facebook und die Homepage helfen mir da
leider nicht weiter. Und auch Veranstalter sind sich anscheinend selbst noch
nicht im Klarem, was sie da genau ausstellen: Laut eigener Aussage könne man Stroke nicht erklären, sondern man müsse es
live erleben. Meine Neugier ist jedenfalls geweckt. Den Sonntagabend lasse ich anschließend
zu den Klängen von Fvzz Popvli, Corona
Diver
und Heroine
Twin
in der Garage Deluxe laut
ausklingen.

Am Montagabend
verschlägt es mich wieder ins Lovelace zur zweiten Videonight
zum Thema „Rettung der Popkultur“, bei der experimentelle und außergewöhnliche
Musikvideos der letzten vier Jahrzehnte präsentiert und die „Vielfalt eines im
Internet hochaktuellen Formats“ festgehalten werden. Auch hier bin ich mir
nicht ganz klar, was mich erwartet, aber bin gespannt, was auf mich zukommen
wird.

Am Dienstagabend
habe ich viel vor. Im Lost Weekend
liest der Autor Pascal Richmann aus seinem Werk „Über Deutschland, über alles“
vor. In diesem Buch spricht der Schriftsteller mit Menschen aus der rechten
Szene und befragt sie nach ihren Deutschlandbildern. Dabei berichtet er unter
anderem von Wahnvorstellungen und absurden Beobachtungen. Anschließend gibt es
die Möglichkeit, ein Gespräch mit dem Autor und Lektor des Buches zu führen und
Fragen zu stellen. Ich bin sehr gespannt, vor allem da das Thema aktueller denn
je erscheint. Später treffe ich mich mit einer Freundin zur Vernissage der
Ausstellung souls x faces
im Provisorium. Das Portfolio aus den Bereichen Portrait- und
Fashion-Fotografie der Fotografin Jacky Vifer,
der es nun nach München verschlagen hat (Servus!), werden in großformatigen
Fine Art Prints ausgestellt.

Der Mittwoch
wird sehr musikalisch: Tiger
Tiger
und die Gaddafi
Gals
spielen im CHARLIE. Der
Abend ist auch die perfekte Einstimmung für das bald anstehende Sound of Munich Now,
bei der Tiger Tiger auch auftreten wird…

Nach so viel Musik, Fotografie und Literatur in den
letzten Tagen ist am Donnerstag nun
Film an der Reihe. Bei der HFF findet die Festivaleröffnung zum 2. Queer Film Festival
statt. An diesem Abend werden ein Vorfilm, HFF-Kurzfilm und ein Eröffnungsfilm
von drei jungen Filmemachern aus Deutschland, Polen und Israel präsentiert.
Anschließend wird in der Minna Thiel gefeiert, bevor in den nächsten vier Tagen
viele internationale Filme vorgeführt und die Zuschauer zu Diskussionen zu den
Themen sexuelle Orientierung und Identitätsfindung angeregt werden.

Nun ist wieder eine Woche rum. Der Start ins neue Semester
und die Seminare sind eine Woche näher gerückt. Bedeutet jedoch nicht, dass ich
weniger Veranstaltungen besuchen werde, dafür gibt es zu viele coole Konzerte,
Lesungen und Ausstellungen. Am Freitagabend
beispielsweise spielen Inside Golden in
der Milla. Ich kann da als Bluesrock-Fan nicht nein sagen und lasse mir das
Konzert nicht entgehen.

Text: Serafina Ferizaj

Foto: Privat

Band der Woche: Tiger Tiger

image

Musik für

Nachtmenschen und erwachsene Großstadt-Hipster: Die Sängerin von

Soki Green, Cornelia Breinbauer, startet mit Tiger Tiger ihr neues Soloprojekt.

Der größte Vorwurf, der der Urban-Outfitters-Generation gemacht wird, ist das unstringente Zelebrieren der Oberfläche. Die Facebook-Hipster erwerben ihre Vinyl-Platten in besagtem Bekleidungsshop, in dem es auch die original nachgeschneiderten Looks der frühen Neunzigerjahre zu kaufen gibt. Dass das bezeichnenderweise die Zeit ist, in der Vinyl-Platten sukzessive durch CDs ersetzt wurden, ist geschenkt, oder besser: egal. Denn dafür gibt es ja die Neupressungen bei Urban Outfitters, samt den Spaghettiträger-Kleidchen und den Doc-Martens, die man jahrelang nur in gut sortierten Punk-Schuh-Läden (ja, so etwas gibt es auch in Münchens Innenstadt) erstehen konnte. Aber solche Spitzfindigkeiten, die unter die Oberfläche stechen und vielleicht sogar einen ideellen Wert neben dem Style bereithalten, sind dieser Generation egal. Hier ist man alternativ und anti-mainstream, weil es hip ist. Das ist ein Gegensatz? Hier schließt sich der Kreis. Außer bei Cornelia Breinbauer. Denn die Münchner Musikerin durchbricht den Kreis mit ihrem neuen Projekt Tiger Tiger. Gerade hat sie mit „Reality“ ihre erste Single samt Video veröffentlicht. Und die klingt nach Musik für die Hipster-Generation, die aber die kleinen selbstinszenierten Albernheiten längst begriffen und durchschaut hat. Tiger Tiger macht gereifte Musik für die nun erwachsenen ersten Großstadt-Hipster.

Vor einigen Jahren tauchte Cornelia schon mal in der deutschen Musikszene auf. Ihre zunächst folkige, später dann träumerische, elektronische Band Soki Green, in der sie Klavier spielte und sang, wurde über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Doch die Aktivitäten mit Soki Green seien vor zwei Jahren weniger geworden, erzählt sie. Die Zeit, kurz nach der Geburt ihrer zweiten Tochter, nutze Cornelia aber, um am Laptop zu Hause mit Midi-Keyboard neue Musik zu schreiben. „Ich wollte manipulierten Gesang, Vocoder, stotternde Beats, verzerrte Gitarren und Bässe, Echos“, erklärt sie schlicht. Sie habe herausfinden wollen, wie sie alleine Musik machen kann. Ziemlich gut kann sie das. 

„Reality“ ist ein Song, in dem Hippie-Psychedelika mit Hipster-Stechpalmen zu einem wunderbar schmeichelnden und gleichzeitig komplexen Songwriting vermengt werden. Die verschiedenen Tonspuren überlagern sich zu einem homogenen Klang, der Gesang liegt mehr darin als darüber, ist aber dennoch weder schüchtern verhuscht noch reine Klangmasse, sondern immer noch Cornelias stärkstes Instrument. Selbst mit den Vocoder-Verfremdungen, die sie hier auf ihre Stimme legt, bleibt ihr dunkles, etwas trübes, aber warm-breites Timbre hörbar und stilprägend. Gegensätze sind hier eben gerade nicht egal, sondern werden quasi realitätskonstituierend in die Musik mit aufgenommen: „Imagination und Wirklichkeit sind wichtige Themen“, erklärt sie, die sich viel mit Oppositionen wie „Endlichkeit und Unendlichkeit oder Bewusstsein und Unbewusstsein“, beschäftigt habe. Als finaler Kommentar dazu funktioniert die lässigere, leichtere und bisweilen groteske Musik. Tiger Tiger ist trotz aller Reife noch Musik für Nachtmenschen. Die Welten, die Cornelia vertont, sind nichts für nüchternes Tageslicht. Doch die Stunde dieser Nacht ist schon so weit fortgeschritten, dass erste Ernüchterungserscheinungen bereits eingetreten sind. Zusammen mit Münchner Musikern arbeitet sie gerade an ihrer ersten EP und der Live-Umsetzung von Tiger Tiger.  

Stil: Psychedelisch / Pop / Weirdo
Besetzung: Cornelia Breinbauer (Produktion, Songwriting, Gesang)
Aus: München
Seit: 2015
Internet: facebook.com/tigertigermuzik

Text: Rita Argauer

Foto: Susanne Steinmassl