Viel Motivation, wenig Morgenmuffel: So erobert Hannah Klose, 25, gerade die Bühnen der Gründer- und Digitalszene. Allein im September moderiert sie bei drei Events.
Von Susanne Krause
Hannah Klose liebt Montage. Da schickt sie ihren regelmäßigen „Monday, I love you“-Newsletter los. Und das schon mal um halb sechs Uhr morgens auf dem Weg ins Fitnessstudio. Wenn man sie mittwochabends anruft, fährt Hannah nach einem Elf-Stunden-Tag im Büro gerade zum Krafttraining – „zum Ausgleich“, kommentiert sie fröhlich.
Und was ist mit Freitag? „Freitag ist auch toll“, sagt Hannah, während sie mit einem Stück Karottenkuchen das Wochenende einläutet. Erschöpft wirkt sie immer noch nicht.
Für Erschöpfung ist kein Platz in Hannahs Terminkalender. Im September moderiert die 25-Jährige bei gleich drei Veranstaltungen: bei der Virtual- und Augmented-Reality-Messe „Digility“ in Köln sowie bei dem Start-up-Event „Venture Wiesn“ und dem dreitägigen Gründerfestival „Bits & Pretzels“ in München. Mit Letzterem hat sie ihr persönliches Jahresziel erreicht. „Ich habe meinen engen Freunden und Familienmitgliedern gesagt: 2016 will ich bei Bits & Pretzels auf der Bühne stehen“, erzählt sie. „Dann habe ich einen der allergrößten Namen der Münchner Gründer- und Digitalszene in meinem Portfolio.“ Ganz schön viel Karrierebewusstsein für eine 25-Jährige.
Es gibt viele junge Menschen, die davon träumen, auf der Bühne zu stehen. Die Moderation von Start-up- und Digitalkonferenzen haben dabei jedoch die wenigsten im Kopf. Wie kommt man zu so einem Traum? Der erste Schritt klingt bei Hannah noch ähnlich wie bei vielen, die es ins Scheinwerferlicht zieht: Rampensau von Kindesbeinen an; Theater, Chor, Musical. Deswegen schreckt es Hannah auch nicht ab, als sie bei ihrem ersten Vollzeit-Job nach dem Studium gleich eine Eventreihe moderieren soll: 12min.me.
Für das Vortrags- und Networking-Format, entstanden in Hamburg, steht sie nun seit fast zwei Jahren auf der Bühne. Hannahs Arbeitgeber – die Digitalschmiede Mantro – ist Initiator und Sponsor für die Münchner Variante der Veranstaltungsreihe, die junge Frau engagiert sich jedoch gleichzeitig privat für den überregionalen Verein hinter dem Event. Für sie ist das 12min.me deshalb eine Mischung aus Arbeit und Freizeit. Und eine Herzensangelegenheit.
Wer die Zeitbegrenzung
von zwölf Minuten überschreitet,
fliegt von der Bühne
Einmal im Monat steigt die 25-Jährige in ihre knallroten Pumps – passend zur Farbe des Logos –, moderiert drei Vorträge aus den Bereichen Business und Digitales an und kehrt charmant jeden von der Bühne, der die strenge Zeitbegrenzung von zwölf Minuten überschreitet. Im anschließenden Netzwerk-Geplänkel wandert sie fleißig von Besucher zu Besucher. Das waren zuletzt immerhin bis zu 160.
12min.me war für Hannah ein Sprungbrett. Nicht nur um Kontakte zu knüpfen, sondern auch, um zu erkennen: Moderation macht ihr Spaß. Und so beginnt sie, auch über 12.min.me hinaus ihre Fühler nach anderen Moderationstätigkeiten auszustrecken. Fündig wird sie vergangenes Jahr bei einem Gespräch mit Daniel Fürg. Der ist gerade dabei, in München die Innovations- und Zukunftskonferenz 48forward auf die Beine zu stellen – und sucht noch eine Moderatorin. „Hannah hat einfach gut gepasst“, sagt der Organisator, der die 25-Jährige bereits bei 12min.me auf der Bühne gesehen hatte. „Wir versuchen bei der 48forward eine lockere Atmosphäre zu schaffen, in der man sich wohlfühlt. Dafür war ihre herzliche Art ideal.“ Hinzu komme, dass sie sich durch ihren beruflichen Hintergrund gut mit Innovations- und Zukunftsthemen auskennt. „Im Nachhinein wüsste ich nicht, was nicht perfekt war“, sagt Fürg über Hannah, die in einem Zwölf-Stunden-Marathon 30 Speaker angekündigt hatte. Im November wird sie erneut für die Konferenz auf der Bühne stehen.
Vorher jedoch ihr persönliches Jahresziel: Bits & Pretzels. Bei dem dreitägigen Festival moderiert sie auf der sogenannten Pitch-Stage Gründer an, die mit ihren Ideen um Investorengelder buhlen. „Ich habe solchen Spaß daran, diese Leute und ihre Ideen zu präsentieren“, sagt Hannah. „Gründer sind unheimlich spannende Persönlichkeiten – mutige Menschen, die sich gegen sämtliche Hürden stellen und immer weitermachen.“
Auch Hannah selbst ist jemand, der nicht so leicht locker lässt. Um ihr Jahresziel zu erreichen, hat sie immer wieder bei den Organisatoren der Bits & Pretzels nach dem neuesten Stand gefragt, ihre Eventreihe 12min.me als Netzwerkpartner mit eingebracht und schließlich eine Initiativbewerbung für eine der Moderatorenstellen losgeschickt. „In solchen Fällen schmeiße ich mich einfach mutig ran“, sagt sie.
Ehrgeiz eben? Hannah zögert. Sie sei unsicher, ob sie so viel ehrgeiziger sei als andere. Und es stimmt: Wo man der jungen Frau einen Plan zugetraut hätte, den sie seit Studienbeginn straff durchzieht, offenbaren ein paar Nachfragen diverse Zufälle und Bauchentscheidungen, die dazu geführt haben, dass Hannah Klose heute nicht Tourismus-Marketing für Nord-Rhein-Westfalen macht, sondern die Münchner Start-up-Szene aufmischt.
Ihre Stärke sieht Hannah weniger in ihrem Ehrgeiz, als vielmehr in ihrer positiven Grundeinstellung und der Fähigkeit, sich zu motivieren. Eben jenen Charakterzügen, die sie zu nachtschlafender Zeit „Monday, I love you“-Botschaften verschicken und nach langen Arbeitstagen auf einem Trainingsgerät statt dem Sofa liegen lässt. Dass sie damit klingt wie ein Musterbeispiel aus dem Coaching-Lehrbuch, kommt nicht von ungefähr: Hannah war drei Jahre lang als Trainerin und Vorstandsmitglied bei „Rock Your Life“ aktiv. Die gemeinnützige Organisation unterstützt Schüler durch Coaching dabei, ihren beruflichen Weg zu finden.
Auch wenn sie sich inzwischen etwas aus dem Verein zurückgezogen hat: In dieser Zeit hat die 25-Jährige nicht nur gelernt, Potenziale und Motivation in Jugendlichen zu wecken, sondern die Coachingtechniken auch auf sich selbst anzuwenden. So gut, dass sie auf den handelsüblichen Durchschnittspessimisten schon mal einschüchternd wirken kann. Insbesondere, wenn Hannah die Bühne verlässt und man merkt: Die macht nicht nur da oben einen auf herzlich und positiv. Die ist wirklich so.
Foto: Kristina Assenova