Band der Woche: Swan Valley Heights

image

Stoner-Rock ist das Genre des Trios Swan Valley Heights. Ihr Sound ist eine psychedelisch-einlullende Art der Rockmusik.  Auch wenn in München keine Hitze herrscht wie dort, wo der Musikstil herkommt, bringt die Band das Gefühl rüber, als wäre man in der Wüste.

Es ist schon interessant, wie eindeutig manche Musikstile geografisch verortet sind. In der alpinen Musik klingen etwa die Hörner, weil sich eben so Töne gut über das Echo der Gipfel hinweg tragen. In Osteuropa wird eher in Moll gespielt, wenn man tanzt, gerne auch mal in Taktarten, die für Mittel- und Westeuropäer scheußlich zu zählen sind, weil die alles, was über Dreiviertel- und Viervierteltakte hinaus geht, nicht im Rhythmusgefühl haben. In den USA ist die geografische Verortung der Musik im Country wiederum textlich ausgesprochen präsent. Wie gerne wird da doch ein bestimmte Stück Land als Sehnsuchts- und Heimatort besungen. Der etwas biedere und patriotische Aspekt, der da mitschwingt, ist eigentlich viel zu altbacken, um so etwas wie Pop-Appeal zu entwickeln. Doch irgendwo zwischen Country-Rock und der Verweigerungshaltung des Punks konnte sich in den USA der Stoner-Rock als Musikstil entwickeln. Der geografische Sehnsuchtsort ist hier dementsprechend etwas unwirtlich: Denn im Stoner-Rock dient die Wüste und all die darum gesponnenen Assoziationen – von lethargischer Hitze bis Goldgräber-Romantik – als Verortung.

Dass München eine sehr vitale Stoner-Rock-Szene hat, parallel zu der Kaliforniens, verwundert erst einmal. Doch Colour Haze, die sich 1994 gründeten, legten wohl den Grundstein dafür, dass heute Bands wie die Swan Valley Heights in München einen Sound produzieren, der all die trockene Hitze in sich trägt, die in München nur herrscht, wenn alle paar Jahre durch ein seltenes Wetterphänomen ein bisschen Sahara-Sand durch die Stadt weht.

Bei den Swan Valley Heights, die seit 2014 zusammen spielen, treffen verlangsamte Hardrock-Gitarrenriffs auf ein schleppendes Schlagzeug und einen rollenden Bass. Der Klang ist warm, die Verzerrungen gehen nie ins Kreischende. Wer Stoner Rock richtig spielt, erschafft eine psychedelisch-einlullende Variante der Rockmusik, die den Druck, aber nicht die Aufregung herkömmlicher Rockmusik vermittelt. Den Swan Valley Heights gelingt das so, dass man das Gefühl hat, die drei Musiker verbringen einen großen Teil ihrer Zeit damit, in staubigem Sand herum zu liegen und Whiskey zu trinken.

„Stoner-Rock ist als Genre viel umspannender, als man vielleicht denkt“, erklärt Gitarrist und Sänger David Kreisl. Ihm sei es dabei wichtig, ein wenig mit den Klischees dieses Genres zu spielen und zu versuchen, andere Einflüsse zuzulassen, denn „Stoner kann auch schnell eintönig werden“, sagt er. Ein bisschen von diesem Witz und vor allem der Selbstreflexion dringt dann auch auf dem ersten selbstbetitelten Album des Trios durch. Nicht nur wenn das zweite Stück – völlig unpassend für den Wüsten-Kosmos – den Titel „Alaska“ trägt. Musikalisch ist dieses Stück auch prompt ein bisschen schneller und ein bisschen drängender. Und spätestens wenn David dann mit einer verhallten und ein bisschen unterkühlten Stimme zu singen beginnt, zerschellen die Macho-Klischees des Stoner-Rocks deutlich an der Zerbrechlichkeit, mit der er die Stimme in die Musik setzt.

Ähnlich positioniert sich David auch in seiner Textarbeit: Er schreibe über Themen, die ihm wirklich wichtig seien: „Wir alle investieren zu viel in das Ganze und mir ist die Musik viel zu wichtig, um am Ende von Brüsten und Autos zu singen.“ Die Szene für Stoner-Rock ist dabei für eine Nische doch recht groß – die Swan Valley Heights waren schon zwei Mal auf Deutschland-Tour. Nun wollen sie sich ihrem zweiten Album widmen.

Stil: Stoner-Rock
Besetzung: David Kreisl (Gitarre, Gesang), Andy Heib (Schlagzeug, Keyboards), Chris Schmidt (Bass)
Aus: München
Seit: 2014
Internet: www.swanvalleyheights.bandcamp.com

Text: Rita Argauer


Foto: Agathe Riener, Hunger und Simmeth GmbH

Albumkritik „P H I“ – Phi

image

Stoner Rock, Noise, Psychedelic und Hard Rock – kurz “Amboss Noise“. Besser hätte die Münchner Band PHI ihr Debütalbum wohl kaum umschreiben können. Die surrealistischen, zwischen fieberhaftem Spezi-Rausch und
enttäuschter Liebe wandelnden Lyrics unterstreichen noch einmal auf
textlicher Ebene den gleichermaßen schroffen als auch sphärischen Klang

Normalerweise ist bei Bands Skepsis angesagt, die für ihre eigene Musik möglichst ausgefallene Genrebezeichnungen finden, für den im Kontrast dazu meist eher gewöhnlichen Sound. Doch bei der vierköpfigen Münchner Truppe PHI, die die Musik auf ihrem gleichnamigen Debütalbum  (P H I) als „Amboss Noise“ — eine Mischung aus Stoner Rock, Noise, Psychedelic und Hard Rock — bezeichnen, ist das glücklicherweise nicht der Fall. Das liegt zunächst einmal daran, dass sie sich, und das sorgt für enorme Sympathiepunkte, selbst nicht allzu ernst nehmen. Dabei rutschen sie jedoch nicht ins Lächerliche ab. Das kann man daran erkennen, dass sie sich selbst als „Spezi-Addicts“ beschreiben (nicht unbedingt die Sorte von Rausch, die man bei dieser Musikrichtung erwartet) und ihre Songs über teils fragwürdige Titel verfügen, sie dafür umso ernster und überzeugender an die musikalische Ausführung herangehen. Die wird der mutigen Genrebezeichnung so letztendlich auch gerecht.

Die meistens in Mid-Tempo angesiedelten Songs bieten nämlich groovende Gitarrenwände à la Melvins, die in brachialem Einklang mit dem ausgefransten Bass über den Zuhörer hereinbrechen. Angereichert wird dies mit verspielten, jazzigen Leads, die gerne mal wie in „Wormbirds“ in psychedelische Solos übergehen, und dem Gesang von Frontmann Edgie. Der erlebt seine besten Momente, wenn er sich wie bei „Rough Smoke & Gasoline“ hinter eine dichte Dunstwolke zurückzuziehen scheint oder in „Raawwwrr“ — dem Titel entsprechend  — in krächzende Screams ausbricht. Zusammen mit den sägenden Noise-Fragmenten erinnert das dann oftmals an The Jesus Lizard oder Fugazi. Die surrealistischen, zwischen fieberhaftem Spezi-Rausch und enttäuschter Liebe wandelnden Lyrics unterstreichen noch einmal auf textlicher Ebene den gleichermaßen schroffen als auch sphärischen Klang der Musik. Die klingt somit tatsächlich wie das wuchtige Bearbeiten eines aus krachenden, metallenen Riffs geformten Amboss, mit sprühenden Noisefunken.

Foto: Käthe deKoe