Gewagter Schritt

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Als Model zeigt sich Simon Lohmeyer oft im Jackett, Rollkragenpulli oder Karohemd. Auf seinem Blog präsentiert er sich jetzt nackt – und als Aktfotograf

München – Simon Lohmeyer, 24, ist seit sieben Jahren ein durchaus gut gebuchtes Männer-Model bekanntes Gesicht in der internationalen Model-Branche. Jetzt will er auch hinter der Kamera Karriere machen. Dafür hält er auf seinem Fotoblog Dirtydirty.me seinen nackten Hintern vor die Linse: Das Model fotografiert sich und vor allem andere nackt – privat und auch an öffentlichen Plätzen.

SZ: Läuft das Modeln nicht mehr so gut? Oder warum ziehst du dich und andere für die Kamera aus?
Simon Lohmeyer:
Ich habe relativ früh begriffen, dass das Model-Business nicht mein Lebensinhalt ist. Viele meiner Freunde in der Branche sind um einiges älter und modeln immer noch. Das ist nichts für mich. Wenn ich 35 Jahre alt bin, möchte ich nicht nur vor der Kamera posiert haben, sondern auch was anderes können. Deswegen habe ich vielen Fotografen, mit denen ich gearbeitet habe, über die Schulter geschaut. Meine „nackigen Projekte“ hatte ich schon immer im Hinterkopf.

Deine Fotografien sind sehr freizügig. Soll Dein Blog als Pornoheftchen im Zeitalter Web 2.0 gesehen werden? Glaubst du, du könntest nicht anders auf dich aufmerksam machen?
Mit meiner Kunst möchte ich nicht schockieren. Ich will keine Fotos wie Terry Richardson Schwanz-Bilder machen. Meine Bilder sollen noch wohnzimmertauglich sein. Sie sollen die Menschen zum Nachdenken anregen. Die heutige Gesellschaft ist mir zu spießig und unehrlich: Jeder trägt doch nur eine Maske und traut sich nicht, sein wahres Gesicht zu zeigen. Mit den Fotografien versuche ich sie zu demaskieren. Man muss noch über sich selbst schmunzeln können.

Meinst du nicht, dass du es in zehn Jahren bereust, Nacktfotos von dir ins Internet gestellt zu haben?
Nein, ich bin unkonventionell aufgewachsen. Meine Eltern waren Hippies. Als ich ein Kind war, sind wir mit dem VW Bus durch Deutschland getourt und haben an schönen Orten gehalten. Dort konnten wir uns in allen Facetten frei fühlen, Nacktheit war etwas Selbstverständliches. Mir gefällt es, nackte Menschen zu fotografieren es ist nicht meine Absicht Klamotten zu verkaufen. Ich habe mit Nacktheit kein Problem, ich könnte mich auch jetzt ausziehen und auf den Tisch setzen und ein Foto von mir machen.

Nicht jeder ist da so offen. Wie bekommst du die Mädels dazu, sich für dich auszuziehen? Bezahlst du sie?
Angefangen hat es damit, dass ich mich und meine damalige Freundin nackt fotografiert habe. Nachdem ein paar Freundinnen von ihr das Ergebnis gesehen haben, wollten sie sich auch von mir fotografieren lassen. Mittlerweile bekomme ich täglich Anfragen von Frauen und Männern, die sich gerne von mir nackt ablichten lassen wollen. Auf Shootings frage ich auch mal die Models, wenn sich die Situation ergibt, und ich glaube, dass etwas Schönes dabei rauskommen könnte. Eine Gage zahle ich nicht – die Bezahlung ist das Foto.

Hatte deine Ex-Freundin keine Bedenken, wenn sich vor deinen Augen nackte Frauen rekelten? War Eifersucht da ein Problem?
Am Anfang schon. Aber dann hat sie gesehen, dass alles professionell abläuft. Es ist nur ein nackter Körper vor der Kamera. Während der Aufnahmen bin ich weniger Mann, sondern ganz Fotograf. Ich will einfach ein schönes Bild.
Wie kann man sich ein Foto-Shooting bei dir vorstellen. Die Motive entstehen oft aus einer spontanen Situation. Bei einer Motorradtour durch einen Tierpark in Kambodscha habe ich das Model nackt in das Maul einer Löwenstatue gehoben. Das musste super schnell gehen! Die Zähne waren total spitz und haben sich in den Hintern von ihr gebohrt. Sie hat ganz schön gelitten. Zum anderen war dieser Platz gerade in diesem Moment nicht stark besucht und wir wollten nicht erwischt werden.

Gab es schon mal Ärger wegen deiner FKK-Fotografie?
Ärger zum Glück nicht. Bei einer Wasserbombenschlacht in Österreich haben die Nachbarn mal die Polizei gerufen. Die kamen vorbei, haben gelacht und uns gebeten, dass wir uns wieder anziehen. Ein anderes Mal habe ich in den Tempeln von Angkor Wat in Kambodscha mit einer Maske auf einem Podest ein Selbstporträt geschossen, ein paar Touristen sahen es, aber mehr, als dass sie mir kurz auf den Hintern geschaut haben, ist nicht passiert.

Foto: Simon Lohmeyer

Stefanie Witterauf