EP-Kritik: Chuck Winter – Morning Calling

image

Im Frühsommer sind wir doch immer auf der Suche nach dem perfekten Sommersoundtrack. Chuck Winters “Morning Calling” kommt schon ziemlich nah dran: mit Surfersongs und Lagerfeuerstimmung, Tamburin und Akustik-Gitarre. Am Freitag präsentiert er seine EP im neuen Rumours-Club.

Wie oft hat man schon nach dem perfekten Album für den
Sommer-Urlaub gesucht? Eines, das man sowohl auf einem Roadtrip als auch am
Lagerfeuer hören kann, das zu einem entspannten Festivalvormittag genau so gut
passt wie zu einem Flug in den Süden. Chuck Winter hat mit seiner EP „Morning
Calling“ genau dieses Gefühl eingefangen. Mit Folk, der aus der Feder (und der
Gitarre) des Singer-Songwriters stammt, lässt sich wunderbar so ein Sommer verbringen.

Erster Song: Autofenster runterkurbeln und bei „Festive
Days“ den Kopf in den Wind strecken. Dabei entspannt ein Eis essen und die gute
Laune aus dem Refrain mitnehmen „Don’t you worry!“.

Mit dem zweiten Song, „The River“ legt Chuck Winter einen
Song vor, dessen Begleitung ein bisschen
an echten irischen Folk erinnert und dann doch mit E-Gitarren-Solo einen
kurzen, spannenden Stilbruch vollzieht – da bleibt das Lagerfeuer-Gefühl nicht
aus.

„Hipbones“ dagegen ist ein Stück klassischer
Surfer-Singer-Songwriter-Musik, den auch deren Quasi-Begründer Jack Johnson
vielleicht nicht besser hätte schreiben können. Er ist eine ironische Liebeserklärung
eines Musikers, den die Trennung von der Freundin und der Verlust seines
(Achtung: Klischee) „Mercedes Benz“ nicht so sehr schmerzen können, im
Gegensatz zu einem Leben ohne seine Gitarre.

Wieder ruhiger wird es mit „Bird“, einer kleinen
nachdenklichen Hymne an die Freiheit und die Liebe. Mit Tambourin im
Hintergrund macht dieser Song Lust auf Reisen und Abenteuer, und gehört
eindeutig mit auf jede Urlaubs-Playlist.

Wenn man die EP durchhört, dann bleibt vor allem der
Charakter der Stimme hängen, die nicht immer ganz sauber ist, aber dadurch
ihren Charme bekommt. Besonders im vorletzten Song des Albums, „Never
Again“, wird man verzaubert von der durchgehend tiefen Stimmlage und wünscht
sich unwillkürlich mehr davon. Diese Stimme ist beruhigend und klingt irgendwie
vertraut, als würde man tatsächlich mit Chuck Winter am Lagerfeuer sitzen und
ihm live beim Gitarrespielen und Singen lauschen. „Never Again“ ist auch
deswegen einer der gelungensten Songs der EP, weil zum ersten Mal die gute
Laune auf der Strecke bleibt und man eine gewisse Melancholie in der Stimme von
Chuck Winter spüren kann, die den Song herausstechen lässt.

Den Abschluss macht der titelgebende Song „Morning Calling“,
aber der Morgen ruft gar nicht wirklich, er flüstert eher. Ein ruhiger Song,
teilweise fast nur von der Akustik-Gitarre begleitet, mit einer Steigerung zum
lauten und überschwänglichen Finale, das ihn zum perfekten Song macht, um auch
im Winter noch vom Sommer zu träumen.

Eine rundum gelungene EP, auch wenn da sicher noch Luft nach
oben ist, die Chuck Winter in den nächsten Jahren hoffentlich ordentlich
ausnutzen wird. Bis dahin brauchen wir auch
wieder eine neue Playlist für den Sommer.

Text: Marina Sprenger

Foto: Chuck Winter Music

Albumkritik: Ni Sala

image

Die Münchner Rockband Ni Sala bringt ihr erstes Album raus. Wer einfachen Bluesrock erwartet, täuscht sich – die fünf Musiker können weit mehr!

Über die Vorgängerband von Ni Sala, die Rock-Kombo Famous Naked Gypsy Circuit, sagte einer
aus der Münchner Musikszene, der es wissen muss: „Das sind doch Verrückte“- es
war positiv gemeint.  Das war im Jahr
2015, die Gypsies hatten gerade ihr erstes – und einziges – Album raus
gebracht, nach fünfjähriger Bandgeschichte. Dann lösten sie sich auf.

Nun bringen drei dieser „Verrückten“ zusammen mit zwei
weiteren Musikern ihr selbstbetiteltes Album Ni Sala raus. Und man darf nicht den Fehler machen, Ni Sala mit den Gypsies zu
verwechseln. Denn nicht nur Name, Bandmitglieder und Image haben sich verändert
– auch der Sound ist neu. Formal machen Ni
Sala
Bluesrock mit 80ies-Einschlag, aber sie darauf zu reduzieren, wäre
unfair.

Der Opener des Albums, das mitreißende Philosophy Hollywood gibt gleich mal die Richtung vor, harte Riffs
zum Einstieg, hohes Tempo, der Gesang akzentuiert – ein echtes Brett eben. Beast In Me ist dann wieder mehr Blues,
stampfend-intensiv. Hörer von anderen Münchner Blues-Größen wie The Black Submarines dürften sich hier
gut aufgehoben fühlen. Cheeky Tongue und
Exit Is Inside sagen dann endgültig:
Das ist viel mehr als nur Blues, Ni Sala zitieren und schaffen großen
Rock – der Vergleich mit den großen Black
Rebel Motorcycle Club
kommt da nicht von ungefähr.  

Zur Mitte der Platte nehmen die fünf Musiker den Fuß etwas
vom Gaspedal und präsentieren mit Driftin‘
und Clear Your Mind zwei
ruhigere, fast besinnliche Nummern. An manchen Stellen erinnert das Album an
das famose Debütalbum der Labelkollegen von The
Charles
, etwa im explosiven Golden oder
in Love Street, in dem Sänger Robert
Salagean sein ganzes stimmliches Talent zeigt.

In C.O.E.T.S. geben
Ni Sala dann schließlich selbst die Anweisung, was mit diesem Album zu
tun ist – „Come on over enjoy“, um die Platte dann ruhig und viel Pathos mit Susie Allen zu schließen. Als Dreingabe
gibt es dann noch eine Live-Version ihres Songs Better Walk zu hören und live ist auch das Stichwort: Ni Sala feiern ihr Release am 26.05. im
Strom.

Philipp Kreiter

Band der Woche: Blackout Problems

image

“Drei Jungs, die wütend sind” – Das Münchner Trio Blackout Problems stellt am 31. Januar ihr neues Album im Club Strom vor. Langweilig wird es bestimmt nicht – die Bühne wird zum Abenteuer-Spielplatz.

Es gibt Musikarten, bei denen die Bühne zum Abenteuer-Spielplatz wird. Da wird von Verstärkern gesprungen oder ins Publikum gesegelt. Dieser halsbrecherische Duktus hat aber auch einiges an Symbolkraft. In den politisch vergleichsweise ausgeglichenen Neunzigerjahren war es durch das an Verletzungen und Knochenbrüchen nicht arme Surfen, Skaten oder Snowboarden möglich, den Aussagen, die im Leben getroffen werden, etwas Existenzielles zu geben, ohne das die Existenz dabei primär bedroht gewesen wäre. Dieser Gegensatz von Spaß, Euphorie und Nachdruck hat seinen Abdruck auch in einem ganzen Musikstil hinterlassen: Skate-Punk, Alternative Rock und Post-Hardcore atmen diesen Geist: Die Gitarren sind hart, die Schlagzeuger prügeln heftig, während die Sänger ihre Stimme irgendwo zwischen Brüllen und Schreien dann doch dazu benutzen, melodische Läufe erklingen zu lassen, die mitreißen. Nirgends liegt Party und Empörung näher beieinander.

Blackout Problems hat mit dieser Musik einigen Erfolg. Und auch die drei Münchner Musiker toben über die Bühne, als würden sie mutig all den Warnungen, die Erwachsene an übermütige Kinder aussprechen, trotzen. Mehr als 200 Konzerte haben sie bisher in Deutschland wie im europäischen Ausland gespielt, dazu kommt eine ausgesprochen hohe Resonanz im Internet, insbesondere in den sozialen Netzwerken. Doch eine Plattenfirma für das Debüt-Album fand sich nicht. Deutschlands Musikgeschäft hängt hinterher, wenn es immer nur nach dem, was gerade funktioniert, schielt: „Wir haben ganz oft den Spruch gehört: ,Probiert das doch mal auf Deutsch und meldet euch noch einmal‘“, sagt Sänger und Gitarrist Mario Radetzky. Doch die drei Jungs haben lieber Englisch gesungen – und geredet. Zum Beispiel mit Nathan Grey. Den Sänger der Post-Hardcore-Band Boysetsfire haben sie in Pforzheim kennengelernt. Er war auf seiner Solo-Tournee, und die Blackout Problems spielten weiterhin in jeder noch so abgelegenen Ecke Deutschlands. Auf einem Weinfest kamen sie ins Trinken und ins Reden – nun findet sich im Song „Boys without a home“ eine Kollaboration auf „Holy“, dem im Februar erscheinenden Debüt-Album der Münchner Band. Das ist ungefähr so, als würde Pete Doherty auf der Platte einer Münchner Indie-Band singen. Nur ist die Szene, in der man Boysetsfire kennt, weniger ruhmsüchtig. Aber es ist auch schön, dass es diese versteckten Helden von Subkulturen noch gibt.

So ist aber auch das Trio mit diesem Album auf einem ganz guten Weg, eine solche Underground-Helden-Band zu werden. Sie klingen härter darauf und kompromissloser, was aber nicht heißt, dass sie ihren Hang zur Melodie und zum ausschweifenden Chorus verloren hätten. Doch der folkige Einfluss auf der 2013 erschienen EP „Twentyfourseven“ ist einer rauen Produktion gewichen: „Das Album zeigt drei Jungs, die sauer sind“, sagt Mario dazu. Das könnten sie sich von den Bands abgeschaut haben, mit denen sie bereits auf Tour waren. Etwa die Emilbulls oder Heisskalt. Philipp Koch, der Gitarrist der Letzteren, hat das Album auch produziert und aufgenommen: „Wir haben keinen Schnick-Schnack gemacht, keine Stimmen getuned, keine Instrumente editiert und alles so gelassen, wie es aus uns rausgekommen ist.“ Und
eigentlich können sie froh sein, dass die Industrie sich nicht dafür erwärmen konnte. Denn so landet auch der Gewinn, den das Album durch die Solidarität, die in solchen Szenen herrscht, wohl auch einspielen wird, wenigstens komplett bei den Künstlern. Am Samstag, 31. Januar, stellen sie das Album im Münchner Club Strom vor. 

Stil:

Alternative-Rock


Besetzung: Marcus Schwarzbach (Bass, Gesang), Mario Radetzky (Gitarre, Gesang), Michael Dreilich (Schlagzeug)

Aus: München

Seit: 2008

Internet: www.blackout-problems.com

Von Rita Argauer
Foto: Ilkay Karakurt

Neuland

Musikerin Taiga Trece geht bei ihren Beats jetzt neue Wege. Vergangenen Freitag fand der Video-Release des Songs “Das Boot” statt, ein kleiner musikalischer Vorgeschmack auf ihr neues Album.

Musikerin Taiga Trece (Foto: Nils Schwarz) hat sich ein großes Ziel gesetzt: Sie möchte zu den führenden Rapperinnen Deutschlands zählen. Dafür geht sie jetzt neue Wege. Bei den Beats. Musiker Dominik Scherer, der selbst Schlagzeuger und Blasinstrumentalist ist, spielt die Instrumente ein, danach werden sie am Computer gesampelt und bearbeitet. Dadurch entsteht ein neuer Sound, eine Mischung aus Hip-Hop und Soul. Die Idee entstand spontan, beide waren gleich überzeugt und haben weiter daran gearbeitet. „Obwohl ich straight aus dem Hip-Hop komme, bin ich, was Musik angeht, breit gefächert“, sagt Taiga. „Von R ’n’ B, Reggaeton, Baile Funk, Soul … Ich liebe Musik zu sehr, um mich nur auf einen Style festzulegen.“ Gerade arbeitet sie an einem neuen Album, eine erste musikalische Botschaft, wohin die Reise gehen könnte, gab es am Freitag mit dem Video-Release von „Das Boot“.  

Stephanie Albinger

Foto: Nils Schwarz