Von Freitag bis Freitag München: Unterwegs mit Richy

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Die Sommer- und Straßenfest-Saison ist spätestens ab dieser Woche eröffnet. Ob Streetlife-Festival, Straßenfest der Glockenbachwerkstatt oder dem Garnix-Festival, man muss raus aus dem Haus, denn es ist einfach zu viel geboten in München. Und wenn man dann doch mal Fernsehen will, beginnt ja heute auch noch die Fußball-Europameisterschaft. Richy sagt euch, wie seine nächste Woche aussehen könnte.

Ich stehe auf, es ist Freitag, und überraschender Weise scheint die Sonne in München. Das hilft natürlich dabei das Haus zu verlassen und sich in die veranstaltungsreiche nächste Woche zu stürzen. Tagsüber genieße ich erst einmal die Wärme an der Isar. Ein kühles Radler in der Hand und die Füße im Wasser, so kann das Wochenende starten.
Um 19 Uhr packe ich meine Sachen zusammen und fahre zum Lost Weekend in die Schellingstraße. Dort hat heute die Zeitung NeuLand ihr Paper Release. Ein cooles Projekt, bei dem Flüchtlingen eine Plattform geboten wird, selbst über ihre Probleme und Hintergründe zu schreiben. Bisher nur als Blog. Doch heute wird die erste Print-Ausgabe gefeiert. Es gibt Lesungen, das Redaktionsteam stellt sich vor und ich treffe viele neue, freundliche Menschen. (Hier der Hintergrundbericht zum Projekt: NeuLand)

Am Samstag regnet es wieder. Das kann doch langsam nicht mehr wahr sein, denke ich. Wie gut, dass es auch schöne Indoor-Angebote gibt: Ich fahre mit der S-Bahn zum Backstage. Dort findet der 16. Rock’n’Roll-Flohmarkt statt. Ich mag Flohmärkte allgemein, aber dieser ist irgendwie etwas Besonderes: Ich treffe auf mit viel Liebe und Pomade gestylte Haare, gepunktete Petticoats und alte Musik. Irgendwie fasziniert mich diese Rockabilly-Szene und ich freue mich, dass München eine so lebendige Subkultur hat. Ich schlendere durch die Gänge, sehe mir ein paar 50′s-Hemden und -Accessoires an, hole mir ein kühles Bier und höre mir das Konzert von Al & The Black Cats an.
Musik ist das Stichwort und der Grund für mich das Backstage zu verlassen. Obwohl der Bahnwärter Thiel ja jetzt vor der HFF steht, gibt es heute ab 18 Uhr Programm im Schlachthof: Beim Open Air im Viehhof lebt diese, für München so ausgefallene, Location auf. Bei coolen Musik-Acts und ein paar kühlen Bieren lasse ich den Abend ausklingen und mich auch nicht von den wiederkehrenden Regentropfen stören.

Am Sonntag geht es weiter mit Musik und Bier. Ich schlendere den Kolumbusberg hinauf zum Giesinger Sommerfest. Schon irgendwie kurios, dass ein Sachse und sein japanischer Braumeister es geschafft haben sich als echt münchnerische Biermarke zu etablieren. Aber eigentlich ja auch egal, das Bier ist gut und man trifft viele nette Gesichter. Der Haupt-Tag des Festes, an dem ganze zehn Bands gespielt haben, war eigentlich Samstag, aber ich bin ganz froh, dass es sonntags etwas entspannter ist.
Lange bleiben kann ich aber nicht. Mich zieht es zur Glockenbachwerkstatt. Dort findet seit 12 Uhr das Große Straßenfest statt. Bellevue di Monaco hat endlich den Zuschlag für die Renovierung der Häuser bekommen, das wird ausgiebig gefeiert.
Doch ich bin nur auf der Durchreise: Auf der Leopoldstraße findet das Streetlife-Festival statt. Auch hier gibt es Live Musik, kühle Getränke und jede Menge coole Aktionen zum Zusehen und auch zum Mitmachen. Irgendwie ist es auch immer wieder ein Erlebnis über die sonst so viel befahrene Leopoldstraße zu schlendern. Wenn es wieder anfängt zu tröpfeln, rette ich mich in eines der vielen Zelte zusammen mit sehr vielen anderen Streetlife-Gängern. So komme ich in Gesprächssituationen, die ohne Regen wahrscheinlich gar nicht entstanden wären. Gott sei Dank bin ich heute Morgen nicht im Bett geblieben.
Danach geht es natürlich noch zum Fußball schauen und zwar in den Löwenbräukeller, denn hier kann ich im Trockenen das erste EM-Spiel der deutschen Mannschaft gegen die Ukraine (21 Uhr) verfolgen.

Den Montag lasse ich entspannt angehen: Frühstück im Cafè Maria. Auch wenn man die tolle Terrasse bei dem Wetter nicht nutzen kann, gibt es hier einfach die besten Croissants der Stadt.
Am Abend geht es für mich in den Bahnwärter Thiel vor der HFF zum Unerhörten Montag. Wie jede Woche lesen hier Drehbuchstudenten aus ihren Werken. Bisher habe ich es noch nie geschafft zu kommen und vor Ort frage ich mich warum. Denn während der Regen gegen die Scheiben des alten Zugwaggons prasselt, ist es drinnen gemütlich, alle hören gespannt zu und nippen entspannt an ihrem Kaltgetränk. Endlich ein wöchentliches Event am Montag, für das es sich lohnt das Haus zu verlassen.

Den Dienstag verbringe ich mit Arbeit. Irgendwie muss das Event-Leben ja auch finanziert werden. Aber wenigstens verpasst man bei dem Wetter nicht die Chance am Flaucher zu liegen. An solchen Tagen bin ich fast froh über das schlechte Wetter.
Das Schöne an der Europameisterschafts-Zeit ist ja: Auch wenn ich gerade nichts geplant habe, kann ich immer Fußball schauen gehen. Und so schaffe ich es gerade noch zum quasi historischen Gruppenspiel zwischen Österreich-Ungarn und…ok, dummer Witz. Trotzdem ein schöner entspannter Fußballabend.

Mittwochs verlasse ich die Stadt – zumindest ein Bisschen. Auf dem Campus in Garching findet seit Montag das Garnix-Festival statt. Kurz vor den Klausuren ist das genau das Richtige, um noch einmal die Uni mit echtem Leben zu füllen. Heute um 15 Uhr gibt es ein Schafkopfturnier. Da muss ich natürlich dabei sein. Ein farbloser Wenz wirft mich dann aus dem Spiel. Aber was soll’s! Live Musik von Vertigo und Buck Roger and the Sidetrackers helfen mir schnell über die Niederlage hinweg.
Abends lande ich dann wieder im Bahnwärter. Dieses Mal zum Schienenbuskonzert mit Oh Girl und Martin Lidl. Wieder genieße ich die Subkultur-Atmosphäre im Waggon und das Gemeinschaftsgefühl, das durch die engen Sitzmöglichkeiten zwangsläufig entsteht. Der Eintritt ist frei, aber ich werfe gerne ein paar Euro in den Musiker-Hut, als dieser durch die Reihen geht.

Am Donnerstag steht wieder Fußball auf dem Programm. Dieses Mal habe ich keine Lust auf Menschenmassen. Ein Freund veranstaltet zum Deutschlandspiel gegen Polen (21 Uhr) ein kleines BBQ auf der Terrasse. Unter der Markise sind wir auf jedes Wetter vorbereitet und ich kann mehr oder weniger entspannt verfolgen, wie Robert Lewandowski auf seine Bayern-Team-Kollegen trifft, hoffe aber, dass er nicht wirklich trifft.

Schon wieder Freitag und eine ereignisreiche Woche liegt hinter mir. Für heute Abend kann ich mich kaum entscheiden, wo ich hin soll. Option eins: Theater. In der Mucca Halle, in der Schwere-Reiter-Straße spielt die Gruppe Theater tut weh das Stück Sinnspagat. Schon ihre dritte Produktion. Vor allem nach dem Lesen des Veranstaltungstextes bin ich gespannt, was mich dort erwartet. Option zwei ist die Musik-Variante: In der Boazn um die Ecke, der Geyerwally, spielen die Black Submarines ein kleines Unplugged-Konzert. Griabig ist es dort, wie immer, und ein bisschen Blues-Rock am Freitagabend kann bei dem Wetter sicher nicht schaden. Schwere Entscheidung, aber ich habe ja noch ein bisschen Bedenkzeit.

Von: Richard Strobl

Band der Woche: Oh Girl!

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Wenn die Fotografin Verena Vötter Musik macht, nennt sie sich Oh Girl!. Ihre Musik ist genauso süß, wie der Name es vermuten lässt und bleibt dabei doch immer authentisch.

Es wirkt fast ein bisschen despektierlich. Oh Girl! nennt sich die Fotografin Verena Vötter als Musikerin. „Oh, Mädchen, was hast Du Dir noch dabei gedacht?“, hallt es ermahnend im Kopf nach, wenn man diesen Künstlernamen liest. „Oh, Girl, da ist Hopfen und Malz verloren“, klingt das erzieherische Besserwissertum und das didaktische Gefälle, das in dieser Phrase liegt. Mädchen, diese schon im Wort angelegte Verniedlichungsform, die unangemessen für eine junge, aber erwachsene Frau zu sein scheint, wie es Verena ist. Doch das Niedliche prägt das Bild, das Frauen heutzutage gerne von sich verkaufen – egal wie alt sie sind, ein Schuss Kleinmädchenhaftigkeit findet sich fast überall. Doch es gibt einen Weg das umzudrehen: Vorgemacht hat das gerade Beyoncé in ihrem aktuellen Video zu „Formation“. Da wird der booty-shakende Gruppen-Formationstanz von Sexyness zum Erreichen einer tatsächlich bedrohlich wirkenden, starken Frauengruppe transferiert – Verena Vötter wählt als Oh Girl! einen gegenteiligen Weg, der aber einen ähnlich beschützendem Effekt hat.

Denn bei Oh Girl! ist alles süß, bei Oh Girl! geht es um die Liebe, da ist die Stimme zart und das Gitarrenspiel schön – und Verena, die sich gern beim Kosenamen Neni nennt, zieht das mit einer derartigen Konsequenz durch, dass das Mädchenhafte nicht anbiedernd, sondern fast authentisch wirkt. Sofern man innerhalb der Popmusik überhaupt von Authentizität sprechen kann. Denn auch Verena, die man in München bisher hauptsächlich aufgrund ihrer fotografischen Tätigkeit kannte, kennt sich natürlich mit Inszenierung aus; vor allem mit der Inszenierung von Liebe. Denn der Liebe, die gesellschaftliche Konventionen überspringt, widmete sie ihre Bachelor-Arbeit in Fotografie: Unter dem Titel „it’s love, actually!“ porträtierte sie gleichgeschlechtliche Paare. Und das Thema Liebe, deren Unbedingtheit, findet sich auch in ihrer Musik. Am vergangenen Freitag hat sie dazu eine EP veröffentlicht. „Share your Love“ heißt die, darauf erzählt sie in fünf schlichten Akustik-Gitarren-Songs eine Liebesgeschichte: Vom ersten Track „Lovely Day“ über dunkle Zeiten („Lost“) zu Verdrängung („Don’t say her name“), endet diese Liebes-Konzept-Platte mit dem Titeltrack „Share your Love“, unterlegt von aufbruchsfreudigem Ukulelen-Geschrabbe. Und damit vermischt sich Autobiografie und Kunstkonzept: Denn die EP funktioniert sowohl als dramaturgisch-gedachte Konzept-Ep zwischen Soap-Opera und Düsterkeit, als auch als psychologische Hintertür für Verena selbst: „Ich kann mit keinem anderen Werkzeug Liebeskummer so gut verarbeiten wie mit meiner Stimme und meiner Gitarre“, erklärt sie: „Das Songwriting hilft mir sehr, meine Erlebnisse zu erzählen und auch oder vor allem traurige Geschichten zu verarbeiten.“

Doch ihre Musik verbreitet sich gerade ähnlich, wie sie es von der Liebe darin fordert. Im August vergangenen Jahres hatte sie ihre erste EP veröffentlicht. Zahlreiche Konzerte folgten. Da sich Verenas Musik in ihrer Schlichtheit keinem Stil besonders zuordnet, passt sie auch gut zu diversen Bands, was ihr einige Support-Auftritte für namhafte Künstler verschaffte – unter anderem als Vorgruppe zur Bierzelt-Tour von La Brass Banda. Und für die Produktion ihrer aktuellen EP konnte sie Oliver Anders Hendriksson von den Young Chinese Dogs gewinnen. Fünf Songs, die mal von subtilem Drama zerrissen werden und dann wieder schmeichelnd von positiveren Zeiten erzählen.  

Stil: Akustik / Folk
Besetzung: Verena Vötter (Gitarre, Gesang)
Seit: 2014
Aus: München
Internet: www.soundcloud.com/ohgirl_music

Foto: Christoph Gaertl

Von: Rita Argauer

Mein München: Verena Vötter

Sind es die kleinen Figuren des Glockenspiels, die uns etwas von München erzählen – oder die sorglosen Gesichter am Flaucher, die sich eine kleine Erfrischung erhoffen? Mit einem Bild lässt es sich nicht einfangen – dieses München mit seinen überfüllten Einkaufsstraßen und seinen versteckten Plätzchen. Deshalb stellen wir jede Woche „Unser München“ vor. Ein Bild der Stadt, eingefangen von jungen Münchner Fotografen, die München ihr Zuhause nennen. Heute: Verena Vötter

„Fernab von Perfektion und Pixeln liebe ich die analoge Fotografie und laufe dann wie hier mit einer – meiner liebsten – alten zweiäugigen Yashica durch die Straßen Münchens.“ So beschreibt Verena Vötter ihre Fotografie (http://verena-voetter.de/wordpress). Die Pinakothek wirke sowieso schon eher kühl, umso mehr dann bei Schnee und Kälte. Zu stören scheint sie die Kälte nicht – oft ist Verena sogar in der Nacht unterwegs, immer auf der Suche nach „ungesehenen Momenten und verborgenen Ausschnitten“: überall in München. Dieses Jahr hat sie ihr Fotodesign-Studium abgeschlossen und arbeitet jetzt als Assistentin bei einem Münchner Modefotografen. Neben der Fotografie widmet sie jede freie Minute der Musik – sie spielt Gitarre und singt in der Newcomerband oh girl . Katharina Hartinger

Neuland

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Eine neue Band erobert die Münchner Bühnen: Oh Girl! Folk’n’Roll aus Gitarre, Ukulele, Bass und Glockenspiel.

In der Stadt der 1000 Bands nimmt gerade eine neue Gruppe Anlauf, die Münchner Bühnen zu erobern: Oh Girl  (Foto: Verena Vötter). Neni spielt Gitarre und Ukulele, Kai übernimmt Bass und Glockenspiel, beide singen. Zu hören gibt es melancholische Melodien, sie selbst nennen es Folk’n’Roll. Nun nehmen die beiden Musiker fünf Songs für ihre erste EP auf, die Releaseparty ist für Dezember geplant. Danach , sagt Sängerin Neni, haben Oh Girl nur ein Ziel: „Spielen, spielen, spielen …“
Lisi Wasmer

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