Neuland: Michael Färber

Der Münchner Fotograf Michael Färber wurde für die Kategorie
„The Great Outdoors“ des EyeEm Photography Awards 2017 nominiert.

Es ist das zarte, von unzähligen Sommersprossen versehene Gesicht einer jungen Frau, da s auf der Oberfläche eines tiefblauen Gewässers ruht. Ihr rötliches Haar ist nass. Mund und Augen sind halb verschlossen, halb offen. Ihr Blick wirkt traurig schön. Es handelt sich um das Model Vivienne, das der junge Münchner Fotograf Michael Färber porträtierte. Mit seinem Werk „Oceans“ wurde er für die Kategorie „The Great Outdoors“ des EyeEm Photography Awards 2017 nominiert. Ausgewählt wurde Michaels Fotografie von einer Fachjury aus mehr als 590 000 Einsendungen von über 88 000 teilnehmenden Fotografen aus der ganzen Welt. Damit sichert sich Michael Färber einen Platz auf der Ausstellung des EyeEm Festivals 2017, das vom 15. bis 17. September in Berlin stattfindet.

Text: Laura Schurer

Foto: Sebastian Hübner

Mal zerbrechlich, mal elfenartig

Michael Färber, 27, fotografiert junge Frauen mit traurig-schönem Blick. „Jeder Mensch hat eine Art, verletzlich zu sein. Diese Mischung von Gefühlen will ich mit meinen Fotos ausdrücken“, sagt er.

Verträumt schaut sie nach draußen. Auf der Scheibe läuft das Wasser in dicken Tropfen herunter. An manchen Stellen ist das Fenster leicht beschlagen. Graue Wolken, graue Tage – seit Wochen. Gerade waren sie mit dem Auto stehen geblieben. Der Regen hörte nicht auf, genau wie der Gedankenfluss in ihrem Kopf. Keiner der Passanten konnte ahnen, dass diese blonde Frau mit dem melancholischem Blick … Nein, das ist nicht der Anfang einer Kurzgeschichte. Es ist nur eine von tausend möglichen Geschichten, die die Fotos von Michael Färber erzählen könnten. Oder die man sich beim Betrachten seiner Bilder ausdenken könnte.

Der junge Fotograf, der seine Haare meist auf eine Seite gegelt trägt, hat schon oft gehört, dass seine Fotos einen filmischen Charakter hätten. Deshalb auch der Zusatz nach seinem Namen auf seiner Facebook-Seite, der an einen Filmtitel erinnern soll: Watching The World Photography. Häufig wirken die Aufnahmen des 27-Jährigen Münchners wie ein eingefrorener Augenblick aus einem Märchen(-film).

„Die Locations für meine Shootings finde ich meistens, während ich mit meinem Hund rausgehe“, sagt er. Wer seine Fotos kennt, weiß: Die Natur ist ein wichtiges Element. Fast alle Fotos nimmt er im Freien auf: Blumen, Wiesen, Sträucher, Wälder, Wasser oder auch mal eine U-Bahn-Haltestelle. Alles Orte, die immer wieder auf Michaels Fotos zu sehen sind.

Am Anfang seiner Karriere hat er viele Landschaftsfotos gemacht. Tiere
habe er fotografiert, aber auch Makroaufnahmen seien hin und wieder
dabei gewesen. Doch es gibt noch eine Besonderheit im jetzigen Stil des
Fotografen: Meistens porträtiert er junge Frauen mit traurig-schönem
Blick. Die jungen Frauen wirken auf den Fotos mal zerbrechlich, mal
schon fast elfenartig. Die Stimmung der Fotos ist sehr emotional, das
Licht eher dunkel und bläulich gehalten. „Tageslicht verbinde ich mit
Glücklichsein und Sonnenschein. Abend- und Nachtstimmung hingegen eher
mit Trauer und Melancholie. Jeder Mensch hat eine Art, traurig und
verletzlich zu sein. Diese Mischung von Gefühlen will ich mit meinen
Fotos ausdrücken“, sagt Michael. Er selbst sei auch ein nachdenklicher
Mensch, was nicht bedeute, dass er ständig in seinem Zimmer hocke und
grüble. Solche Emotionen zeigt man eher, wenn man alleine ist. Und genau
diese Art von Gefühlen hat er eben als Reiz für seine Fotos gefunden.
Das ist schon fast so etwas wie sein Wiedererkennungsmerkmal geworden.

Dass seine Bilder beim Publikum ankommen, beweist nicht nur seine Facebook-Seite mit mehr als 31 000 Likes. Er bekommt auch Magazinanfragen aus aller Welt. Auf der Plattform „Photovogue“ der italienischen Vogue beispielsweise wurden seine Fotos aufgenommen. Die Plattform der Vogue soll es talentierten Fotografen ermöglichen, einem internationaleren Publikum bekannt zu werden. Die Fotos kann jeder einschicken. Bildredakteure der Vogue treffen dann die strenge Auswahl an Fotos, von denen sie meinen, sie sollten auf ihrer Seite gezeigt werden.

Aber das ist noch nicht alles: Im vergangenen Jahr hat Michael an einem Handbuch über Fotografie mitgeschrieben. „Das authentische Porträt“ ist der Titel, das Buch erschien im Rheinwerk-Verlag. Neun Fotografen erklären darin, wie gefühlsstarke Porträts entstehen können. Geordnet ist das Buch nach den diversen Stimmungen, die man auf Fotos vermitteln kann. Die jeweiligen Fotografen geben in ihren Texten Einblicke in die verwendete Technik, erzählen von Shootings und ihren persönlichen Erfahrungen. Der Leser kann sich so für seine eigene Arbeit inspirieren lassen.

Wie kommt man aber als junger Mensch zu einem so schnellen Erfolg, zu
so einer Reichweite? Vor allem dann, wenn man wie Michael erst vor
ungefähr sieben Jahren, als Quereinsteiger zur Fotografie gekommen ist.
Soziale Medien spielen hier keine nebensächliche Rolle. „Ich bin bei
500px angemeldet“, das sei ähnlich wie Facebook, nur ohne Status und
Schnickschnack, vielmehr ist die Seite nur für die Interaktion zwischen
Fotografen und Kreativen gedacht. „Irgendwann ist ein Mitarbeiter von
500px auf meine Fotos aufmerksam geworden und hat mich dann als „User to
follow“ für alle Neuregistrierungen aufgelistet, weil den Leuten von
500px meine Bilder so gut gefallen haben“, fährt er fort. All
diejenigen, die sich neu angemeldet haben, wurde also Michael Färbers
Profil vorgeschlagen. Und so kam eines zum anderen. Es folgten
Magazinanfragen und auch jenes Angebot für die Mitarbeit an dem Buch
erreichte ihn über diesen Weg.

Nicht jeder hat das Glück,
mehr oder weniger zufällig im Internet entdeckt zu werden. Seitdem man
bei Facebook Likes kaufen kann, geht die Reichweite einzelner Seiten
zurück. Um dem entgegenzuwirken, hat Färber vor drei Jahren zusammen mit
seinen Freunden Sebastian Hübner und Marco Bekk den virtuellen
Non-Profit- Showroom „Photographica“ gegründet. „Dadurch, dass wir die
Arbeiten vieler verschiedener Fotografen featuren, spricht man
automatisch ein größeres Publikum an“, sagt Michael. „Photographica“
gibt auch denjenigen eine Möglichkeit, die eine kleine Reichweite auf
sozialen Netzwerken haben. „Ich finde, jemand der wahnsinnig tolle Fotos
macht, aber wenige Likes hat, hat es trotzdem verdient, ein größeres
Publikum zu bekommen.“ Es sei quasi eine Sammlung aus verschiedenen
Foto-Stilen und gleichzeitig auch kostenlose Werbung für Fotografen aus
aller Welt. Das Feedback sei bisher sehr positiv gewesen. „Man hat
dadurch auch die Chance neue Leute kennenzulernen und Kontakte zu
knüpfen“, sagt der junge Fotograf.

Die Leidenschaft für die Arbeit mit der Kamera hat er über einen Freund entdeckt, der an der Deutschen Pop studiert hat. Michael hat diesem in seiner Freizeit bei Shootings geholfen – bis er es dann einfach selbst ausprobieren wollte und seinem Kumpel die alte Kamera abkaufte. „Da hat es dann angefangen“, sagt Michael.

Nach der Schule wollte er studieren, aber nicht Fotografie. Die erste
Studiumswahl – Lehramt mit der Kombination Deutsch und Englisch –
erwies sich jedoch als unpassend. Er brach ab. Zwischendurch arbeitete
er in einem Start-up im Sales und Marketing. Heute absolviert er ein
duales BWL-Studium. „Ich möchte einen Abschluss in der Hand haben.
Später will ich nicht vom Fotografieren abhängig sein. Als Fotograf hat
man schließlich auch mal Aufträge, die einem vielleicht nicht so gut
gefallen. Man ist dann eben Dienstleister.“ Aufträge sollte man
zumindest regelmäßig haben, denn ohne Aufträge, kein Geld. Dies sei ihm
dann doch etwas zu riskant. „Ich bin jemand, der auch Sicherheit
braucht. Neben der Festanstellung habe ich als freiberuflicher Fotograf
viel mehr Freiheiten. Wenn ich dann Geld für einen Auftrag bekomme, ist
das natürlich ein großes Plus. Aber so kann ich machen, was mir Spaß
macht“, betont er.

Für die Ausstellung „10 im Quadrat“ der
Junge-Leute-Seite hat er auch Männer porträtiert und es geschafft,
trotzdem seinen Stil zu bewahren. Jeder Fotograf habe schließlich so
etwas wie eine eigene Handschrift, sagt Michael. Er ist trotzdem offen
für neue Projekte und die Ausstellung im Farbenladen wird er nicht
vergessen. „Es ist die erste Ausstellung, in der ich Arbeiten von mir
zeigen kann. Das ist schon etwas Besonderes.“

Text: Ornella Cosenza

Fotos: Michael Färber

Der Märchenkönig

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Täglich porträtieren wir an dieser Stelle eine(n) der 20 mitwirkenden KünstlerInnen unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen – mal Fotograf, mal Modell. Heute: Fotograf Michael Färber.

Michael Färber, geboren 1989, porträtiert überwiegend junge Frauen in märchenhaftem
Licht – wie in einem Traum. Die Models vermitteln dabei eine
traurig-schöne Melancholie. Auf diese Weise entstehen Porträts mit einer
sehr emotionalen Stimmung. Die Aufnahmen macht Michael mit den Models
in der Natur oder im Stadtdschungel seiner Heimatstadt München,
beispielsweise an einer U-Bahn-Haltestelle. Seine Arbeiten kommen an:
Auf seiner Facebook-Seite sind es momentan mehr als 31000 Likes.

„Meine
Bilder schieße ich immer eher spontan“, sagt Michael. Für die
jeweiligen Shootings für die Farbenladen-Ausstellung habe er sich von
den Locations inspirieren lassen und sie ansonsten sehr frei gehalten.
Neu war für Micheal Färber, dass er für die Ausstellung „10 im Quadrat“
auch Männer vor der Kamera hatte. Eine besondere Herausforderung für den
jungen Fotografen also. „Das war schwierig, aber sehr interessant.
Normalerweise fotografiere ich fast nie Männer. Es war aber eine tolle
Erfahrung zu sehen, dass ich auch Männer porträtieren kann, ohne meinen
Stil aufzugeben.“ Schon öfters wurde ihm gesagt, dass seine Fotografien
sehr „feminin“ seien.

Vor drei Jahren gründete Färber zusammen mit Marco
Bekk „Photographica": Ein virtueller non-profit Showroom auf der
Plattform flickr mit eigenem Facebook-Auftritt für Fotografen aus aller Welt.

Die Ausstellung “10 im Quadrat” ist an allen Wochenenden im Mai, samstags von 16 – 22 Uhr, sonntags von 16 – 20 Uhr, im Feierwerk Farbenladen geöffnet. Neben den Fotografien werden Konzerte, Lesungen und Diskussionen veranstaltet. Für weitere Infos klickt unsere Junge-Leute-Facebookseite.
Der Eintritt ist frei.


Text: Ornella Cosenza

Foto: Sebastian Hübner

Fragen über Fragen – Michael Färber

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“Wir Fotografen sind ziemlich isoliert von anderen Künstlern“ – sagt Fotograf Michael Färber, einer der 20
Mitwirkenden unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen. Wir
haben ihm ein paar Fragen gestellt.

Worum geht
es bei deinem Konzept? / Wie bist du darauf gekommen?

Ich arbeite
immer schon mit wenigen bis keinen Konzepten, sondern schieße meine Bilder
immer eher spontan. Da ein Großteil des Projektes in der Organisation der
Shootingtermine bestand, habe ich mich entschlossen, die jeweiligen Shootings
sehr frei zu halten und mich von den jeweiligen Locations inspirieren zu
lassen.

Wie war es,
so viele unterschiedliche Leute für eine Bild-Serie zu fotografieren?

Für mich
schwierig, aber sehr interessant. Ein großer Aspekt ist, dass ich normalerweise
nie Männer fotografiere. Zusätzlich suche ich mir mittlerweile auch schon
gezielt bestimmte Models bei Agenturen aus, die in mein bisheriges Portfolio
passen. Dennoch war es eine tolle Erfahrung zu sehen, dass ich selbst
Männerportraits beherrsche, ohne meinen emotionalen bzw. teils
“femininen” Stil (wurde mir mehrfach gesagt) aufzugeben.

Welche
Begegnung hat dich am meisten beschäftigt?

Leider war
es mir aufgrund der Hektik und der fehlenden Zeit vieler Modelle nicht möglich,
von allen gleich viele Eindrücke zu gewinnen. Am meisten in Erinnerung
geblieben ist mir wohl das Shooting mit Mona, da dieses mein Erstes war und da
alles am reibungslosesten geklappt hat. Auch war es interessant, was sie über
sich und die Schauspielerei, mit der ich zuvor keinerlei Berührungspunkte hatte,
erzählt hat. Auch das Shooting mit Kjell lief super, wir haben glaube ich 10
Minuten in meinem Hausflur fotografiert und das Bild war im Kasten. Danach gabs
noch ein paar interessante Einblicke in sein Leben als Schauspieler.

War es
schwieriger, z.B. einen Schauspieler/Musiker zu fotografieren (also selbst
“Künstler”), als professionelle Models und wenn ja, inwiefern?

Definitiv.
Ich suche meine Models auch nach bestimmten Gesichtspunkten aus, gar nicht mal
nach reinen Äußerlichkeiten, sondern viel mehr, ob sie diesen
“traurigen” Blick drauf haben den ich so gerne auf meinen eher
dunklen und emotionalen Bildern sehe. Dennoch haben das alle wirklich
hervorragend gemacht, wahrscheinlich da auch viele bereits durch ihren Job ein
bisschen Erfahrungen mit Kameras sammeln konnten bzw. auch in diesem Projekt
sich ein bisschen mehr dem “fotografiert werden” genähert haben.

Bist du
auch mal an deine Grenzen gestoßen? / Musstest du deine Vorstellung/ dein
Konzept über den Haufen werfen, weil es schlichtweg nicht ausführbar war?

An meine
Grenzen gestoßen bin ich leider mehrfach was Terminabsprachen seitens der
Künstler betrifft. Teilweise wurde nicht oder sehr spät geantwortet, Shootings
wurden abgesagt oder mussten in wenigen Minuten durchgezogen werden. Leider fehlte dadurch ein großer Teil des
“Kennenlernens” an sich.

Nimmst du
die Szene dieser Stadt nach dem Projekt anders war? Braucht es mehr Vernetzung?

Ich denke
schon, dass es mehr Vernetzung bedarf. Wir Fotografen sind (sollte nicht
zufällig ein Künstler aus einer anderen Szene sich in unserem Freundeskreis
befinden) ziemlich isoliert von anderen Künstlern. Ich kannte einige der Sänger
vom Sehen bzw. weil eine gute Freundin Musik macht und mit diesen gemeinsame
Konzerte und Projekte gemacht hatte. Schauspieler kannte ich persönlich zuvor
nicht, würde mich hier aber sehr freuen, ein bisschen mehr mitzubekommen und
auch öfter, trotz meiner Abneigung gegenüber deutschen Filmen, diese zu
unterstützen.

Foto: Sebastian Hübner

Mein München

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Seine Heimatstadt München richtig verlassen hat der junge Fotograf Michael Färber, 25, noch nie. „Maximal für Urlaub und Ausflüge“, sagt er. „Ich liebe München. Diese Ordentlichkeit, die bayerisch-italienische Kultur und den Dorfcharakter.“ Mit der Kamera streift er gerne durch die Straßen und Grünanlagen. Während er anfangs vor allem Aufnahmen vom Botanischen Garten und dem Tierpark Hellabrunn machte, widmet er sich nun lieber der Fotografie von Menschen im Streetbereich oder der Porträtfotografie.

Vergangenes Jahr ging er mehrmals zum Eisbach. Dort fotografierte er fasziniert die vielen Surfer, die dort auf den Wellen ritten. Besonders gefällt ihm die Anonymität der silhouettenhaften Surfer, wenn das strahlende Sonnenlicht auf sie fällt. Generell zieht sich das Element Wasser wie ein Leitmotiv durch Michaels Bilder. „Durch die stillstehenden Surfer und das brechende Wasser im Hintergrund entsteht ein toller Kontrast“, sagt er. Michael, der tagsüber als Angestellter im Marketing-Bereich eines Münchner Start-ups arbeitet, sieht die Fotografie als Ausgleich zur Arbeit. 

Stefanie Witterauf