EP-Kritik: “About The Stock Life” von King Pigeon

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Zwei Jahre nach ihrer ersten EP “Sonic Fields” zeigt die Indie-Band King Pigeon, warum sich die Songs nicht nur gut zum Tanzen eignen, sondern auch dass sie zum Nachdenken über das Älterwerden anregen.

Indie ist in München stark vertreten, schon durch Größen wie die Kytes, und King Pigeon steht ihnen in
nichts nach. Mit ihrer EP „About The Stock Life“ bringen King Pigeon eine auf
vier Songs komprimierte Coming of Age Platte raus, die feinsten
Sommer-Sonne-Festival-Indie präsentiert. Die Songs eignen sich einfach extrem
gut zum Tanzen, ob im Sommer vor der Open-Air Bühne, im Cord oder Milla bei
einer wilden Indie-Party.

Mittlerweile sind die vier Jungs von King Pigeon alle Mitte
20, und genau diesen Lebensabschnitt thematisiert ihre EP. Bei genauerem
Hinsehen steckt hinter den schnellen Beats und dem gut gelaunten Sound auch ein
ganzes Stück Nachdenklichkeit und Ernüchterung: Alles läuft in seinen Bahnen
und ganz aus Versehen wird man plötzlich so, wie man nie sein wollte.

Vor allem der erste Song „The Stock Life“ beschreibt diesen
Wunsch, noch etwas zu erleben, da heißt es „Let us chase the lights again“, so
wie damals, als die romantischen Vorstellungen der Jugend sich noch klar von
dem sich langsam einschleichenden Ernst des Lebens abgrenzen ließen. Auch in
dem zweiten Song „Mindscapes“ geht es um Träume und die Flucht vor der
Realität, in den eigenen Kopf, eine Traumwelt, in der man nicht alleine sein
möchte. Der Trip in die Vergangenheit zieht sich auch durch „Ghost Engine“, die
Geister der Vergangenheit holen einen immer ein, aber die erwachsene Version
des eigenen Ich muss sich jetzt endlich stellen und nicht weiter davonlaufen –
eine weise Erkenntnis, die mit dem Alter und etwas Abstand logisch ist und so
der Linie der EP treu bleibt.

Auch im letzten Song, der akustischen Ballade „One Ruined
Love“, bleibt es düster und ohne Zukunftsaussicht, dafür aber mit dem
melancholischen Blick in die Vergangenheit und einer verflossenen Liebe.

Die EP erzählt eine Geschichte vom Erwachsenwerden und auch
vom Scheitern, aber gerade wegen so viel Ehrlichkeit sollte man sie unbedingt
gehört haben. Denn letztendlich haben die Jungs ihren Traum immer noch nicht
aufgegeben – sonst hätte diese wunderbare EP ja nicht entstehen können.
Vielleicht ist also die wichtigste Lektion, die die EP lehrt, ganz simpel: Nicht aufgeben. Weitermachen.

Die EP erscheint am 26.01.2018.

Text: Marina Sprenger

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Stephan Hofmann

EP-Kritik: „Moony Monday“ von Dirty Old Spice

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Nach dem ersten Album „Sex With Elephants“ ist „Moony
Monday“ nun das zweite Werk der Münchner Band Dirty Old Spice. Eine EP, die den
Stil der Band weiterentwickelt und ihm neue Facetten hinzufügt.

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Grunge trifft auf Blues trifft auf 70ies und bleibt trotzdem
modern – so in etwa könnte man die Musik von Dirty Old Spice beschreiben. Nach
dem ersten Album „Sex With Elephants“ aus dem Jahr 2013 veröffentlich die Band
nun eine EP, die den Stil der Band weiterentwickelt und ihm neue Facetten
hinzufügt: „Moony Monday“ bringt in der Kürze von fünf Songs das, was die Band
ausmacht, mit unverwechselbarem Gitarrensound und dreckigem Gesang auf den
Punkt.

Eine dieser neuen Facetten offenbart sich gleich zu Beginn.
Der Song „Pool Party“ macht seinem Namen alle Ehre. Im ersten Gitarren-Chord
sind Wasser und Wellen zu spüren, der ganze Sound klingt nach Nacht und
Verheißung. Der Beat ist schnell und erinnert an diese Party-Songs in den
Clubs, in die man nie geht, weil die Musik eigentlich echt schlecht ist. Aber
nicht hier. Denn der tanzbare Rhythmus verschmilzt mit den charakteristischen
Gitarrenklängen der Band zu einem dieser Songs, zu denen man sich zwar bewegen
kann, die aber gleichzeitig nicht in einer Masse von Charts verschwinden,
sondern auch höheren musikalischen Ansprüchen gerecht werden. Auch der zweite
Song, „Flying Cowboy“, gehört in die Riege der Songs, die einen Indie-Club zum
Kochen bringen. Der dritte Song „Money For The Bank“ schlägt dann einen Spagat
zum zweiten Teil der EP: Die Beats sind immer noch schnell und tanzbar, aber
die Gitarre wird dreckiger und aggressiver. Mit „Dripstone Falls“ folgt eine
Ballade mit viel Luft und schwebender Stimme und die Gitarre schlägt soundtechnisch
– obwohl viel ruhiger – doch wieder einen Bogen zum ersten Song, „Pool Party“.

„Moony Monday“ ist eine EP mit Hand, Fuß und rotem Faden,
die dem geneigten Hörer in ganzer Länge eine Geschichte erzählt, während die
einzelnen Songs aber ganz unterschiedliche Stimmungen vertreten. So für sich
allein stehend erzeugt jeder für sich ein ganzes Universum. 

Die EP erscheint am 25.11.2017

 

Text: Marina Sprenger

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Marina

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Auch wenn die Wetteraussichten nicht die besten sind, trotzt unsere Autorin jedem Regenschauer und lässt sich ihren Sommer nicht verderben. Auf ihrem Wochenplan steht das Theatron, eine Vernissage und die
Surf Film Nacht München.

Bei den eher kühlen als sommerlichen Temperaturen, die mir
die kommende Woche bevorstehen, kommt bei Betrachtung des Wetterberichts noch
keine wirkliche Sommerstimmung auf. Also mache ich mir die eben selber:

Freitag
beginnt gleich mit einem vollen Programm. Zuerst in der Bar Altgiesing, mit der
Vernissage der Ausstellung Books and Birds
mit den Illustrationen von Simon
Marchner. Man kennt ihn in München, von verschiedenen Ausstellungen und weil er
hinter dem ein oder anderen Bandplakat und Albumcover lokaler Bands steckt.
Naturmotive, gebildet aus geometrischen Formen und klaren Farbflächen – klingt
wie ein Gegensatz, funktioniert aber super. Weil mir das noch nicht genug Kunst
war, ziehe ich weiter zur Preview der Stroke. Die Münchner Kunstmesse findet sonst
immer im Frühling statt, seit letztem Jahr gibt es auch eine Ausgabe im Herbst
und jetzt eine Preview, die Veränderungen ankündigt und mich schon seit Wochen
neugierig macht.Nach so viel Kunst brauche ich dann aber erstmal Entspannung
für die Augen. Also ab ins Kooks, Augen zu und Musik an, zu dem punkigen Mix
von DJ Robert Pointner. Ideal für einen Freitag Abend und perfekt für mein
entspanntes Sommerfeeling.

Samstagmorgen fällt es mir plötzlich wieder ein: Da warten
noch drei Hausarbeiten auf ihre Bearbeitung. Das hatte ich irgendwie geschickt
verdrängt – aber es hilft nichts, den Tag verbringe ich fleißig vor dem Laptop.
Abends geht es dann aber zum Theatron, das Festival ist im August nicht
wegzudenken, wenn man in München unterwegs ist. Außerdem spielen heute mit AMI
und Xavier Darcy
zwei meiner absoluten Lieblingsmusiker aus München, die ich in
dieser Kombination nicht verpassen will.

Sonntag bin ich tagsüber wieder mit den Hausarbeiten
beschäftigt – jedenfalls ein bisschen. Um doch noch vom Uni-Stress
abzuschalten, habe ich mir mit dem Film „Gaza Surf Club“ bei den
Filmkunstwochen ein entspanntes Abendprogramm gesucht. Es geht um junge
Palästinenser, die ausbrechen wollen aus den begrenzten, von den Hamas
regierten Gebieten, und das zumindest in einem Moment schaffen: auf dem Meer,
beim Surfen. Beeindruckt von diesem Film falle ich nach dem Wochenende erstmal
müde ins Bett.

Wie jeder andere auch mag ich Montage nicht besonders. In
die Arbeit fahren um eine Uhrzeit, die ich eigentlich gerne eher schlafend
erleben würde – naja, kann man nicht ändern. Dafür lege ich nach der Arbeit
noch einen Abstecher zur Praterinsel ein, wo gerade der Open Air Bar Market
stattfindet. Besonders die Madam Bar mag ich sehr gerne und freue mich über die
Möglichkeit, meinen Montag entspannt ausklingen zu lassen.

Am Dienstag zieht es mich wieder zum Theatron, wo heute
Adulescens auftreten. Mit mitreißendem Electro-Pop inspiriert von Post-Rock und
Elektro mischen sie das Publikum ordentlich auf. Da macht zuhören Spaß und ich
kann mitwippen und den Abend genießen.

Der nächste musikalische Höhepunkt sind zwei bekannte
Singer-Songwriter aus der Münchner Musik-Szene im Minna Thiel. Jacobey und
Nikolaus Wolf spielen beim Schienen-Bus-Konzert und verzaubern die Zuhörer
einerseits mit eingängigen, leicht melancholischen Melodien und
charakteristischer Stimme bis hin zu großartigen Songs, die mit ihren Texten
direkt unter die Haut gehen. So sollte ein Mittwoch doch aussehen!

Wer hätte es gedacht: Donnerstag bin ich schon wieder auf
einem Konzert. Diesmal im Maxe Belle Spitz, bei We Speak in Colors, dem
Indie-Projekt des Amerikaners Andrew Armstrong, ein Künstler, der mit seinen
eindrucksvollen Songs und einer sanften Stimme Bilder von Sonne und Fernweh
zaubert. Kein Wunder, denn der Musiker ist in den letzten Jahren selten an
einem Ort geblieben und treibt sich durch die USA und die ganze Welt. Support
gibt es von Ben Deen, Singer-Songwriter ursprünglich aus München, mit bluesigen
Songs über das Leben.

Am Freitag gehe ich es ruhig an und greife ein anderes Thema
dieser Woche wieder auf: Surfen. Bei der Surf Film Nacht München erfahre ich,
wie die spanische Surfkultur entstand, die heute Menschen aus der ganzen Welt
anzieht. Nach dieser Woche voller Konzerte und Filmerlebnisse falle ich müde
ins Bett – meine Hausarbeiten habe ich natürlich schon wieder vergessen.

Text: Marina Sprenger

Foto: Privat

EP-Kritik: Chuck Winter – Morning Calling

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Im Frühsommer sind wir doch immer auf der Suche nach dem perfekten Sommersoundtrack. Chuck Winters “Morning Calling” kommt schon ziemlich nah dran: mit Surfersongs und Lagerfeuerstimmung, Tamburin und Akustik-Gitarre. Am Freitag präsentiert er seine EP im neuen Rumours-Club.

Wie oft hat man schon nach dem perfekten Album für den
Sommer-Urlaub gesucht? Eines, das man sowohl auf einem Roadtrip als auch am
Lagerfeuer hören kann, das zu einem entspannten Festivalvormittag genau so gut
passt wie zu einem Flug in den Süden. Chuck Winter hat mit seiner EP „Morning
Calling“ genau dieses Gefühl eingefangen. Mit Folk, der aus der Feder (und der
Gitarre) des Singer-Songwriters stammt, lässt sich wunderbar so ein Sommer verbringen.

Erster Song: Autofenster runterkurbeln und bei „Festive
Days“ den Kopf in den Wind strecken. Dabei entspannt ein Eis essen und die gute
Laune aus dem Refrain mitnehmen „Don’t you worry!“.

Mit dem zweiten Song, „The River“ legt Chuck Winter einen
Song vor, dessen Begleitung ein bisschen
an echten irischen Folk erinnert und dann doch mit E-Gitarren-Solo einen
kurzen, spannenden Stilbruch vollzieht – da bleibt das Lagerfeuer-Gefühl nicht
aus.

„Hipbones“ dagegen ist ein Stück klassischer
Surfer-Singer-Songwriter-Musik, den auch deren Quasi-Begründer Jack Johnson
vielleicht nicht besser hätte schreiben können. Er ist eine ironische Liebeserklärung
eines Musikers, den die Trennung von der Freundin und der Verlust seines
(Achtung: Klischee) „Mercedes Benz“ nicht so sehr schmerzen können, im
Gegensatz zu einem Leben ohne seine Gitarre.

Wieder ruhiger wird es mit „Bird“, einer kleinen
nachdenklichen Hymne an die Freiheit und die Liebe. Mit Tambourin im
Hintergrund macht dieser Song Lust auf Reisen und Abenteuer, und gehört
eindeutig mit auf jede Urlaubs-Playlist.

Wenn man die EP durchhört, dann bleibt vor allem der
Charakter der Stimme hängen, die nicht immer ganz sauber ist, aber dadurch
ihren Charme bekommt. Besonders im vorletzten Song des Albums, „Never
Again“, wird man verzaubert von der durchgehend tiefen Stimmlage und wünscht
sich unwillkürlich mehr davon. Diese Stimme ist beruhigend und klingt irgendwie
vertraut, als würde man tatsächlich mit Chuck Winter am Lagerfeuer sitzen und
ihm live beim Gitarrespielen und Singen lauschen. „Never Again“ ist auch
deswegen einer der gelungensten Songs der EP, weil zum ersten Mal die gute
Laune auf der Strecke bleibt und man eine gewisse Melancholie in der Stimme von
Chuck Winter spüren kann, die den Song herausstechen lässt.

Den Abschluss macht der titelgebende Song „Morning Calling“,
aber der Morgen ruft gar nicht wirklich, er flüstert eher. Ein ruhiger Song,
teilweise fast nur von der Akustik-Gitarre begleitet, mit einer Steigerung zum
lauten und überschwänglichen Finale, das ihn zum perfekten Song macht, um auch
im Winter noch vom Sommer zu träumen.

Eine rundum gelungene EP, auch wenn da sicher noch Luft nach
oben ist, die Chuck Winter in den nächsten Jahren hoffentlich ordentlich
ausnutzen wird. Bis dahin brauchen wir auch
wieder eine neue Playlist für den Sommer.

Text: Marina Sprenger

Foto: Chuck Winter Music

Von Kabarett bis Dino-Streicheln

Der dritte Sonntag im Farbenladen brachte so manchen Gast zum herzhaft Lachen. Das lag an den wunderbaren Kabarett- und Musikdarbietungen sowie an einer neuartigen gesellschaftlichen Vergnügungsform: der Powerpoint-Karaoke.

“Fotografieren
ist ein Moment zwischen zwei Personen”, sagt Jean-Marc Turmes im Gespräch
über die Ausstellung “10 im Quadrat”. Ob Model, Schauspieler oder
Musiker, für ihn macht es wenig Unterschied, wen er fotografiert. Stattdessen
gibt er zu, regelmäßig Angst zu haben vor Shootings, weil er nie weiß, wer oder
was ihn erwartet. “Aber wir haben uns gleich gut verstanden”, wirft
Kilian Unger, Musiker und Model der Ausstellung, ein und Fotograf Michael
Färber kann ihm nur zustimmen. Auch bei den beiden lief das Shooting sehr gut.
Färber fotografiert auch professionelle Models, an die Shootings mit den Models
der Ausstellung ging er aber nach eigener Aussage ganz genauso heran, wie an
ein professionelles Projekt.

Der
Abend beginnt mit Kabarett. Julian Wittmann, ein Bayer mit strubbeligem Haar
und Out-of-Bed-Outfit bringt das Publikum mit seiner sehr angenehmen rauen
Stimme und bayrischem Blues mit ironischen und saukomischen Texten zum Lachen.
Themen sind der betrunkene Heimweg nach Hause und Protest gegen die Eltern.
Danach ist Alex Döring dran, der seine teils gesellschaftskritischen und teils
einfach nur lustigen Themen in beißend sarkastischen Songs mit viel schwarzem
Humor verpackt. Die Schwiegermutter muss informiert werden, dass er ihre
Tochter in die Gefriertruhe gepackt hat? Alex Döring weiß, wie man dieses
Problem löst: Man packt die Schwiegermutter einfach dazu.

Als
dritter Kabarettist tritt Michael Mauder auf, mit einem Programm über
vergebliches Werben um die Mitbewohnerin, vergebliches Tindern auf dem Lande
(“irgendwann wird der Bildschirm schwarz und da steht ‘sie haben tinder
durchgespielt’”) und den Alltag als Rezeptionist in einem Hotel. Lustige
Anekdoten mischen sich mit amüsiertem Mitleid für den hoffnungslosen Single.

Auch
nach dem Kabarett geht es lustig weiter: mit Power-Point-Karaoke. Für alle, die
dieses Spiel nicht kennen: Ein Freiwilliger hält einen Vortrag zu einer
Power-Point-Präsentation, die er zufällig auswählt und vorher noch nie gesehen
hat. Wir erfahren einiges über Spannbeton und Teilchenbeschleuniger, auch die
vegane Ernährung von Hipster-Tauben ist ein Thema und das Streicheln von
Dinosauriern, die mit 16 ihre typische blaue Farbe annehmen (!). Das Publikum
geht begeistert auf die improvisierten Vorträge ein und fängt bald an, ebenso
absurde Fragen zu stellen.

Den
Abschluss des Abends bildet Kilian Unger mit seinem Musikprojekt Liann. Die
Deutsch-Folk Songs mit Begleitung aus Akustikgitarre, Cajon und Kontrabass
machen die familiäre Atmosphäre des restlichen Programms noch intimer. Wenn die
Musiker sich während dem Spielen angrinsen und ohne Worte absprechen, über
kleine Fehler schmunzeln oder einfach nur Spaß haben, dann färbt diese
Begeisterung auch auf das Publikum über. Besonders, als Kilian beim Blick aus
dem Fenster grinsen muss, und kurz danach ein weiterer Musiker zur Tür
hereinkommt: Roland alias Buck Roger schlendert mit Geige und Lederhose an
seinen Platz und kommt damit grade rechtzeitig zu seinem Geigensolo. Eine
Überraschung sowohl fürs Publikum als auch für Kilian. Und man merkt: Nicht nur
Fotografieren, sondern auch jede andere Art von Kunst ist immer ein Moment
zwischen Menschen.

Text: Marina
Sprenger

Fotos: Amelie Völker

Auch Punkrocker können melancholisch werden

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Beim zweiten „Freundschaftsbänd“-Abend der Junge-Leute-Seite covern sich neun Münchner Bands gegenseitig – mit tollen Einfällen und einem Stepptänzer, der den Beat vorgibt.

„Ich bin verliebt“, sagt Andy Keymer, Sänger und Gitarrist der Band Lester, und er sieht aus, als meint er es ernst. Gerade hat Alisha Prettyfield aus seinem Deutsch-Punk-Song „Manöverkritik“ einen melancholischen Song nur mit Akustikgitarre als Begleitung gemacht. Es ist nicht das einzige Mal an diesem Abend, dass sich Gegensätze gegenüberstehen.

Zum zweiten Mal findet der „Freundschaftsbänd“-Abend im Cord statt, veranstaltet von der Münchner Plattenfirma „Flowerstreet Records“ und der Junge-Leute-Seite der Süddeutschen Zeitung, bei dem sich neun Münchner Bands gegenseitig covern. Die Unterschiede zwischen Interpretationen und Originalversionen, die teils bis zur Unkenntlichkeit voneinander abweichen, sind vor allem für die teilnehmenden Bands spannend. „Bei dem Bekanntheitsgrad wird man ja sonst eher nicht gecovert, das ist schon cool“, sagt Karin Lischka, eine der Sängerinnen der Lischkapelle. Ihren Song „Just Like That“, den sie im Februar samt Video veröffentlicht haben, hat gerade Julia Kautz in eine sanfte Ballade verwandelt. Eigentlich wäre dafür Sarah Sophie zuständig gewesen, doch die musste kurzfristig wegen Krankheit absagen. Einen Tag vorher wurde fieberhaft nach einem Ersatz gesucht, und mit Julia eine Musikerin gefunden, die über Nacht dem Song von Lischkapelle ihre eigene Note verliehen hat.

Die Kontraste sind stark, bei vielen Coverversionen sind nur noch grundlegende Harmonien und Strukturen erhalten, während der Rest kaum wiederzuerkennen ist. Genau dieses Spiel mit Gegensätzen macht aber auch für die Bands den Reiz des Konzeptes aus. Das sagt eigentlich jeder der Musiker, die zwischen den Auftritten interviewt werden. Dazu passt die Atmosphäre im Cord perfekt, die sich laut Elisa Teschner, Sängerin der Band Eliza, nach Wohnzimmer anfühlt. „So ist man viel weniger aufgeregt“, sagt sie. Mit ihrer Band hat sie gerade „Snow Covered Fields“ von Singer-Songwriter Nikolaus Wolf gecovert und in eine mit vielen Effekten verdichtete Alternative-Pop-Version verwandelt. Aus dem Ein-Mann-Song wird ein ganzes Bandarrangement.

Der stärkste Gegensatz und auch die größte Überraschung für diejenigen im Publikum, die Swango noch nicht kannten, ist deren Cover von Alisha Prettyfields „Lights Out“. Swango besteht aus einem Gitarristen, einem Rapper und – kein Scherz – einem Stepptänzer. Auf einem extra verstärkten Brett tanzt er den Beat zu dem Text, den Dan aka Manekin Peace mit seinem Flow in etwas komplett Neues verwandelt.

Ein Novum für den Abend ist die Band Die Sauna, die Indie-Rock spielen und direkt mit Swangos „I Don’t Wanna Work Today“ weitermachen. Sänger Matthias Berg singt einfach lieber auf Deutsch, also hat er den Text von Swango „durch den Google-Übersetzer gejagt“ und daraus einen Song gemacht, der ohne Zweifel ins Programm der Band passen könnte.

Bei manchen Coverversionen aber wird weniger mit Gegensätzen, als vielmehr mit gemeinsamem Nuancen gearbeitet. Zum Beispiel, wenn Lost Name den Song „Castle In The Air“ von Eliza spielt. Eliza erzeugen viel Atmosphäre in ihrer Musik, und auf die gleiche Art und Weise nimmt Andreas Langhammer, Sänger und Gitarrist, den Song auf und verleiht ihm seine eigene Note. Die atmosphärische Dichte entsteht bei ihm durch den Einsatz von Loopern, die seiner Akustik-Gitarre jeden Anklang von Singer-Songwriter nehmen und gemeinsam mit Drums und Drum-Pad Elizas Song nicht in eine andere Sprache, sondern nur einen anderen Dialekt übersetzen. Auf die Frage, wie er den Song von Lost Name interpretieren würde, sagt Wolfgang Stefani von Eliza nur: „Eigentlich genauso. Nur halt mit E-Gitarre.“

Zum diesjährigen Freundschaftsbänd-Fotoalbum geht’s hier.

Und einen Mitschnitt zum Song Snow covered fields

von Nikolaus Wolf, gecovert von ELIZA, gibt’s hier zu sehen.

Text: Marina Sprenger

Foto: Robert Haas

EP-Kritik: Matthew Matilda – EP I

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Diesen Freitag veröffentlichen

Matthew Matilda ihre „EP I“

und wir haben für euch schon mal reingehört: Die beiden erschaffen dort eine eigene, außergewöhnliche Atmosphäre, die nach dreckigem Blues und verruchten Nächten klingt. 

Matthew Matilda – Diese beiden Namen stehen für rauen Blues und der ist auf der gesamten „EP I“ zu hören.
Diese Songs sind sicher keine Partyhits, dafür aber vereinen sie großartiges
Songwriting mit treibenden Rhythmen, aus denen sich ein Sog entwickelt, der den
Charme des Duos ausmacht. Vielleicht bringt einen die EP nicht zum Tanzen, aber
sicher zum Bewegen und bewegt Sein, denn die bluesigen Harmonien und
persönlichen Lyrics gehen direkt ins Gefühl.

Im ersten Song, Breaking
Home
, schwebt Matthews Stimme auf den gleichmäßigen Basslines von Matilda,
welche dem Song eine Schwere verleihen, die gleichzeitig seine Stärke ist. Bis
zum Ende steigert sich der Song und klingt immer mehr nach dreckigem Blues und
verruchten Nächten, nach Aufbruch – ein gelungener Einstieg in die EP ist er
auf jeden Fall, denn beide Musiker können gleich ihre Stärken, sowohl an
Instrumenten als auch stimmlich zeigen.

Ruhiger geht es weiter mit
London, eingeleitet von einer fließenden Cello Melodie, die den melancholischen
Charakter des Songs vorgibt. Im Chorus steht der atmosphärische, zweistimmige
Gesang der Musiker im Vordergrund, und selten haben zwei Stimmen und ein Cello
gemeinsam so viel Tiefe erzeugt.

Fast, der nächste Track
des Albums, ist vielleicht der eingängigste Song des Albums. Die Flucht in eine
eigene Welt ist mit diesem Song möglich, und wird mit dem nächsten Song, Season
of Love
, fortgesetzt. Das leise, sanfte Zusammenspiel von akustischer Gitarre
und Cello lässt an einen Film-Soundtrack denken und Im zweiten Teil des Songs
setzen die Stimmen der Musiker ganz aus und sie lassen ihren Instrumenten Raum
für ein Cello-Solo, untermalt von unsauberen, tragenden Gitarren-Akkorden.

Die EP wechselt zwischen
Blues-Rhythmen und ruhigen Songs, die ihre Dynamik allein durch die geschickte
Kombination der Instrumente erhalten. So stark wie die EP beginnt, endet sie
auch, mit viel Melancholie dazwischen und dem Song Sea Lion als krönenden Abschluss. Mit der EP beweist das Duo, dass es nicht nur live die Fähigkeit
hat, den Zuhörer in ihre eigene Welt zu entführen. Die beiden legen eine starke Platte
voller Blues, Rock und tiefgründigen persönlichen Lyrics vor, die unter die
Haut gehen.

Text: Marina Sprenger 

Foto: Stef Zinsbacher

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Marina

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Trotz Semesterbeginn und Aprilwetter ist unsere Autorin noch erstaunlich motiviert. Nicht nur was die Uni angeht, sondern auch bei ihrem wöchentlichen Kulturprogramm und beim Feiern: Im Ampere wird ausgiebig getanzt und im Milla gebührend auf die neue EP von Matthew und Matilda angestoßen. 

Freitag beginnt für
mich mit Musik. Es geht direkt los zu einer alt-bekannten Münchner Band, die
nach einer Pause ihr neues Album veröffentlicht. Die Rede ist von Password Monkey natürlich! Der nicht zu verkennende Classic Rock Einschlag
macht mir richtig Laune und bereitet mich auf den weiteren Abend vor. Als
nächstes fällt die Wahl schwer: Lieber tanzen gehen oder selber Musik machen?
Letzteres kann man heute Abend in der Kongress Bar bei der regelmäßig
stattfindenden Jam Session. Da war ich noch nie, also muss jetzt das erste Mal
sein. Und wie ich es von anderen

schon

gehört habe, entsteht hier ein echter
kreativer Austausch. Aber auch das Tanzen darf nicht zu kurz kommen, deswegen folge
ich der Aufforderung „Geh Tanzen!“ ins Ampere. Diese „Revolution freier Musik“
mischt alle tanzbaren Genres zu einem groovigen Abend und ist damit schon eine
echte Institution in München.

Samstag erhole ich mich
erstmal von Freitagabend. Nach ausgiebigem Brunchen und
vor-dem-schlechten-Wetter-im-Bett-Verstecken bin ich Abends fit genug, um 20:30
im Cord zu sein. Nach dem wilden Genre-Mix von Freitag beschränkt sich der
heutige Abend auf Jazz – ein Paradoxon an sich, wenn man bedenkt, wie abgefahren Jazz
sein kann. Beschränkungen gibt es da nicht, dafür bekannte Gesichter aus
München, die schon in ihrem jungen Alter Profis neidisch machen können. Was
danach noch geht? Im Cord ist immer noch was los, und wenn nicht, tut mir ein
bisschen Schlaf nach Freitag bestimmt auch mal wieder ganz gut.

Am Sonntag verpasse ich
mir eine Ladung Kultur im Farbenladen. Die Ausstellung „Nichts Desto Trotz“ von
Metromadrid läuft seit dem 8. April und es wird Zeit für mich da auch endlich
hinzugehen. Galgenhumor und gegenseitige Sichtweisen werden versprochen,
eingefangen in 70 Fotografien, die meinen Hunger nach Denkanstößen mehr als
zufriedenstellen. So intellektuell abgefüttert gehe ich Sonntag früh ins Bett –
denn ab Montag geht die Uni wieder los.

Das klingt vielleicht so,
als ob sofort viel Stress ansteht, aber zum Glück kann ich auch am Montag
entspannt ausschlafen und muss erst um zehn in der ersten Vorlesung sein.
Motiviert, wie meistens zum Semesterbeginn, will ich mich auch Montagabend
weiterbilden und gehe dazu ins Lost Weekend. Philosophie und Text stehen im
Mittelpunkt der Diskussion mit dem Autor
Arven Avanessian
, auch in Bezug auf Hausarbeiten im Uni-Alltag und Diskurse in
Seminaren. Zum Glück habe ich hier gut aufgepasst und mir ein paar spannende
Gedanken für die nächste Hausarbeit mitgenommen.

Am Dienstag wird ebenfalls
tagsüber studiert und abends erlebt. In der Galerie der Künste bekommen mit dem
Ausstellungskonzept „Die ersten Jahre der Professionalität“ aktuell sieben
junge Künstler und Künstlerinnen aus München die Gelegenheit, ihre Werke zu
präsentieren und auf sich aufmerksam zu machen. Die ein oder andere spannende
Entdeckung beschäftigt mich bis nach Hause. Zur Mitte der Woche gibt es dann
eine Portion Spaß und Entertainment. Natürlich muss ich als junge Münchnerin
auch das Wannda Festival besuchen! Besonders lustig ist das beim Stand-up
Comedy-Abend
, der mit drei Performern und freiem Eintritt extremen
Lach-Schluckauf verspricht. Da gibt’s gerne eine kleine Spende in die
Künstlerkasse.

Donnerstag werden zwei
sehr ähnlich konzeptionierte und glücklicherweise nicht weit voneinander
entfernte Veranstaltungen geboten: Im Milla präsentiert Mais Sundermann seine
Kunst, und die Elektro-Pop Band Aggressive Swans, in München keine Unbekannte
mehr, gibt ein Konzert. Ziemlich cool wie ich finde, und deswegen lausche ich
hier bei Betrachtung der Ausstellung um mich herum ausgiebig dem Konzert, bevor
ich ins awi weiterziehe. Da werden Graphic Designs von Simon Marchner und
Fotografien von Julian Mittelstädt gezeigt, im Anschluss daran gibt es feinste
Sounds die ganze Nacht lang. Wie gut, dass Freitags keine Vorlesung ist.

Auf den Freitag freue ich
mich schon ganz besonders: Matthew Matilda veröffentlichen endlich ihre erste
EP
! Wer Blues und Soul liebt, ist hier genau richtig, denn die beiden haben es
raus, ihre Stimmen harmonisch zu verbinden und diesen Sound mit Cello und
Akustik-Gitarre atmosphärisch zu hinterlegen. Das klingt fast wie der
Soundtrack zu einer großartigen Nacht, die auch nach dem Konzert im Milla
weitergeht, bei

Spring Again! – der perfekte Abschluss. Denn mit diesem
tanzbaren Mix endet meine Woche genau so, wie sie begonnen hat. Schlechtes
Wetter im April? Mir doch egal!

Text: Marina Sprenger

Foto: Privat

Studentenbude statt Fernsehbühne

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Musik, Chili und Weißbier-Bowle: Xavier Darcy spielt auf Einladung der Junge-Leute-Seite ein WG-Konzert in Milbertshofen. Am Schluss steht er in einem Kreis aus tanzenden Leuten

Auf dem Boden steht ein kleines Pedal, es ist an einem einzelnen Kabel angeschlossen. Es ist ein Stimmgerät und alles, was Xavier Darcy an Equipment dabei hat an diesem Abend in einer WG in Milbertshofen im Münchner Norden. Mehr braucht er auch nicht, denn mit seiner rauchigen Stimme und den Gitarrenklängen spielt er sich schnell ins Herz aller Anwesenden. Schlussakkord, in einem hohen Bund gegriffen und aus dem Publikum kommt Anerkennung. „Der letzte war geil“, lobt einer der Zuhörer.

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Um 19 Uhr geht es los, alle Gäste haben sich vorbildlich pünktlich in der WG von Anna Achhammer, 20, und Katharina Edlbauer, 20, eingefunden. Schon im Hausflur hängt eine Karikatur, mit der die Nachbarn auf das WG-Konzert, das die Junge-Leute-Seite der SZ vermittelt hat, aufmerksam gemacht werden. Die WG selbst: voller Postkarten mit Sprüchen, im Durchschnitt schlauere, als man sie in anderen Wohnungen oft findet. An den Wänden Zeichnungen, im Zimmer eine Fotoserie von Erwin Wurm. Nudelskulpturen. Daneben eine Gitarre und ein Klavier. Im Flur hängt eine Dartscheibe und es wird fleißig gespielt, allerdings ist die Automatik kaputt und niemand zählt mit. Aber hier nimmt man so etwas nicht so genau, wie beim veganen Chili, das mit einem Klecks Joghurt verfeinert wird.

Auch Xavier Darcy nimmt es mit der Uhrzeit nicht so genau, um 19 Uhr ist von ihm noch nichts zu sehen. Letztendlich taucht er eine halbe Stunde zu spät auf. Macht ja nichts, Hauptsache er ist jetzt da. Gitarrenkoffer auf dem Rücken, kein Equipment – aber es gibt ja nicht mal eine Bühne. Das Konzert findet im Zimmer von Anna statt. Das Bett wurde extra ins Wohnzimmer gestellt und ein Stuhl in der Ecke ist für den Musiker vorgesehen. Ein Stuhl? Für Darcy? Man wird sehen. Darcy legt los mit seinem bekanntesten Song, „Cape Of No Hope“, am Anfang A cappella. Das Publikum sitzt größtenteils auf dem Boden, aber Darcy hat gar nicht daran gedacht, seinen Stuhl für mehr als seine Jacke zu benutzen. Schnell wird klar, warum: Wer die exzentrischen Moves des Sängers kennt, erwartet eine Performance im Stehen. Fast ein bisschen eng ist es für Darcy, der in jüngster Zeit an immer größere Bühnen gewöhnt ist und im Februar sein Debüt-Album veröffentlicht. Bei der TV-Show „Inas Nacht“ war er zu sehen, auch bei „Mein Song – deine Chance“ mit Rea Garvey. Und zu Anfang wissen wohl weder er, noch das Publikum, wie sie in dieser ungewohnten Atmosphäre miteinander umgehen sollen.

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Das Eis bricht irgendwo zwischen dem ersten Glas Wein und dem Moment, in dem alle tanzend durch den Raum hüpfen. Auch eine Nachbarin aus dem Haus ist da, sie hat die Ankündigung im Flur gesehen und einfach mal vorbei geschaut. Der syrische „Bruder“ von Anna, der bei ihren Eltern wohnt, der jüngste unter den Anwesenden, hat sich herausgeputzt mit Hemd. Mitten im Erzählen wechselt Darcy von Deutsch zu Englisch, seiner Muttersprache. „Nach dem ersten Glas Wein schrumpft mein deutscher Wortschatz“, gibt er zu. Und Carmen, die Spanierin, ruft: „Das kenne ich!“ Man versteht sich eben. Nach ein bisschen Alkohol noch viel besser, und Sprachen sind völlig nebensächlich.

Nachdem man ein bisschen warm geworden ist, stehen endlich alle auf zum Tanzen. Da spielt Darcy eigentlich schon den letzten geplanten Song. Aber das kann jetzt keiner akzeptieren, eine kurze Raucherpause wird genehmigt und danach geht es weiter, bitte schön! Das muss man Xavier nicht zweimal sagen, und am Schluss steht er in einem Kreis aus tanzenden Leuten, nur mit einer Gitarre und seiner Stimme. Irgendwann ist das Konzert vorbei, aber der Abend noch lange nicht. Mit Wein und Bier und etwas, das sich Weißbier-Bowle nennt, lässt es sich gut bis spät über die Münchner Musikszene diskutieren. Dart-Pfeile fliegen weiter, Carmen und Anna verabreden sich zum Spieleabend und zum Schluss geht es für viele weiter in die Glockenbachwerkstatt – Darcy ist da natürlich auch dabei.  

Text: Marina Sprenger

Fotos: Anna Achhammer

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Marina

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Nach der Prüfung ist vor der Party. Die anstrengende Klausuren-Woche ist rum – wir haben die Tipps für Euch, egal ob ihr nächste Woche noch einmal ran müsst: Das Sommerfest der HFF, das Stadt-Land-Rock-Festival und das Junge Leute Konzert der SZ auf dem Tollwood, Jahresausstellung in der Akademie der bildenden Künste und Party im Downtown Flash. 

Es ist ja so, dass für Studenten die Prüfungsphase wohl das anstrengendste am Semester ist. Das ist bei mir auch jedesmal so. Wenn die Prüfungen dann allerdings vorbei sind, entlädt sich das meistens in einer Welle von guter Laune, die Studenten kriechen aus ihren Bibliotheken und werden von rotäugigen schlaflosen Zombies wieder zu: Rotäugigen schlaflosen Zombies, denn so eine Prüfungsphase muss entweder gefeiert oder schnell vergessen werden. Also versuche auch ich mich von der Ungewissheit über bestandene oder nicht bestandene Prüfungen abzulenken und starte am Freitag auf zum Sommerfest der HFF.

Nachdem der Bahnwärter Thiel vor ein paar Monaten seinen Platz am Viehhofkino aufgeben musste, steht der rote U-Bahn-Waggon jetzt auf der Wiese vor der Hochschule für Film und Fernsehen. Und die nutzt ihn auch regelmäßig für ihre Veranstaltungen, zeigt Filme oder feiert, wie am Freitag, ihr Sommerfest. Mit Elektro kenne ich mich eher weniger aus, Namen sind mir da kein Begriff, aber der DJ 959er gibt dem Abend die nötige musikalische Untermalung, um bis in die frühen Morgenstunden durch zu feiern, mitten in der Maxvorstadt, open Air – Besser kann ein Start ins Wochenende nicht sein.

Samstag Morgen quäle ich mich aus dem Bett, denn heute ist eine Führung durch die Jahresausstellung der Akademie der bildenden Künste – Das will ich nicht verpassen. Komplett übermüdet versuche ich, mich mit gefühlten zwei Liter Kaffee fit zu machen und starte dann zur Akademie. Die Führung lohnt sich sehr, wie jedes Jahr sind viele sehr gute Kunstwerke in der Ausstellung zu sehen und vor allem eine Videoinstallation begeistert mich. Nach der Führung bleibe ich noch ein bisschen im Hof der Akademie, da gibt es Getränke und eine Kleinigkeit zu Essen. Für den Abend habe ich einen Besuch auf dem Tollwood geplant, da ist ja gerade das Stadt Land Rock Festival und Line Walking Elephant, The Red Aerostat, Ludwig Two und Klimt will ich mir unbedingt anhören. Also packe ich meine Freunde ein und düse los, um mir noch schnell einen Langosch zu holen bevor das Konzert beginnt.

Sonntag ist dann erstmal Ausschlafen angesagt. Ich bleibe bis Mittag im Bett, bevor ich Abends mein Wochenende wieder auf dem Tollwood beende. Ich habe nämlich Karten für das Konzert für Junge Leser der Sz gewonnen und will mir unbedingt Ella Josaline, Blackout Problems und Dicht  Ergreifend anhören. Ella verzaubert den Abend mit ihrem Singer-Songwriter Programm und ihrer außergewöhnlichen Stimme, dagegen sind die Blackout Problems eine ganze Stufe härter und machen richtig Stimmung. Dicht & Ergreifend runden den Abend mit ihrem Rap auf Bayrisch ab, der oft genug zum Schmunzeln aber auf jeden Fall auch zum Tanzen einlädt.

Ein Arbeitstag nach so einem Wochenende ist natürlich nicht gerade das was man sich wünscht, aber es ist halt Montag, das muss sein. Immerhin kann ich mich auf den Abend freuen. In der Glockenbachwerkstatt lasse ich mich bei der Veranstaltung Kino Auge auf eine Weltreise mit zwei jungen Dokumentarfilmern entführen. Dabei geht es ausnahmsweise mal nicht darum, anderen die perfekte Reise vorzuführen um sie neidisch zu machen, sondern es werden auch die Ängste des einen Filmemachers vor der großen Reise thematisiert. Ein Blickwinkel, den ich sehr spannend finde und der vielen jungen Leuten vor der ersten großen Reise bestimmt nicht fremd ist.

Einen Tag Ruhe gönne ich mir am Dienstag. Den Nachmittag kann ich bei gutem Wetter super mit einem Buch am See verbringen und schnell bin ich ganz entspannt und fit für den Rest der Woche.

Am Mittwoch wartet wieder ein musikalischer Abend auf mich – Ich stehe vor der Wahl: Gehe ich wieder in den Bahnwärter Thiel zu den Schienenbuskonzerten mit Griswold? Oder doch lieber zu Fish’n’Blues mit Triska? Ich kann mich bis zuletzt nicht entscheiden, aber letztendlich ist der Bahnwärter bei mir um die Ecke und ich entscheide mich dafür. Eine gute Wahl, denn Griswold macht in seiner außergewöhnlichen Besetzung mit Gitarre, Cajon, Trompete und Gesang eine Mischung aus Indie-Pop und Jazz-Rock, die mich für den Abend in eine ganze andere Welt entführt und mich zum Tanzen bringt.

In München ist eigentlich fast wöchentlich ein Nachtflohmarkt, Klamotten und die verschiedensten Kuriositäten in einer der Konzerthallen der Stadt. Diesmal bin ich beim Modeflohmarkt im MMA, ein Konzept des Midnightbazar, bei dem es nur um Kleidung geht. Ich bin auf der einen Seite schon begeistert von den Unmengen an Klamotten, andererseits vermisse ich den kleinen Krims Krams, der sonst so auf Flohmärkten zu finden ist. Macht nichts, ich schlage ordentlich zu, zur Not kann ich ja alles auf einem anderen Flohmarkt weiterverkaufen. Nachdem ich meine Errungenschaften zuhause abgeladen habe, geht es gleich wieder los ins Unter Deck. Heute Abend spielen da Inside Golden und Matthew Austin. Inside Golden kenne ich noch nicht, die vier Jungs präsentieren aber ein tolles Programm und machen eine super Atmosphäre mit ihrem zauberhaften Blues. Matthew Austin, den Support, habe ich dagegen schon ein paarmal gehört, freue mich aber immer wieder über die folkigen, von einem Cello begleiteten Gitarrenklänge.

Und meine Woche endet auch wieder mit Musik, nämlich mit Hip Hop! Ganz gegensätzlich zu den Eindrücken der letzten Woche aber verdammt gut zum tanzen. Mein Weg führt mich ins Downtown Flash, zu den Hip Hop Diaries mit verschiedenen Djs, die Musik aus den letzten Jahrzehnten spielen. Dabei kann ich so richtig Spaß haben und falle anschließend todmüde ins Bett – Aber es hat sich gelohnt.