Von Freitag bis Freitag München – Unterwegs mit Maxime

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Maxime startet diese Woche das Anti-Wiesn-Programm. Für alle, die wie er nicht unbedingt oder zumindest nicht ausschließlich auf Bier und Konga-Mega-Schaukel stehen, hat München auch noch so manch anderes Spaßiges zu bieten: Zombi-Session im Sunny Red, 20. Münchner Hardcore Festival oder auch “Die kalte Libido” im Haus der Kunst lassen die letzten Septembertage ganz schnell in den Oktober übergehen.

Und wieder einmal bricht jene Zeit des Jahres an, in der München vom Oktoberfest in seinem bierbeseelten Atem gehalten wird und die Stadt um unzählige neue, torkelnde Sehenswürdigkeiten, die die Strapazierfähigkeit des menschlichen Körpers in Sachen Alkoholkonsum demonstrieren, bereichert wird.

In Sachen Veranstaltungen scheint es auf den ersten Blick keinen Weg an der Wiesn vorbei zu gehen — was sich als umso problematischer erweist für mich, da ich weder Alkohol trinke, noch mich allzu gerne freiwillig auf Fahrgeschäften von unbarmherzigen G-Kräften herum schleudern lassen will, es sei denn, es handelt sich dabei um Autoscooter. Von einem einzelnen Ausflug auf Letztere abgesehen, muss also für den Rest der Woche noch ein Alternativprogramm her — und das lässt sich, man mag es kaum glauben, selbst zur Wiesnzeit in München problemlos aufstellen.

Zunächst einmal steht am Freitag Abend die Zombie Session Vol. 15 im Sunny Red an. Im Rahmen dieses Konzertabends treten vor allem (New) Wave-, (Post) Punk- und Synthpopbands auf — endlich mal ein gegebener Anlass, um meinen Joy Division-Pullover überzustreifen und in diesem in einen Ozean aus düsteren elektronischen Klängen zu versinken.

Auch der Samstag steht ganz im Zeichen von Musik — im Gegensatz zum vorherigen Abend fällt diese aber (wie man anhand des großzügig verwendeten Caps Lock im Veranstaltungsnamen sehen kann) deutlich brachialer aus, denn beim 20. MUNICH HARDCORE FESTIVAL im Feierwerk dreht sich alles um den jüngeren, harscheren Bruder des Punk Rocks und seine lokalen Münchner Vertreter. Da für die Veranstaltung mittlerweile schon die zweite Dekade anbricht, gibt es zum Jubiläum auch eine kleine Ausstellung über das Festival.

Am Sonntag werde ich morgens zunächst einmal meine diversen Knochenbrüche vom Moshpit am vorherigen Tage auskurieren; am Nachmittag gehe ich dann weiter zur Ausstellung über Edi Ramas “Daily Drawings”, die momentan in der Galerie Kempl stattfindet. Edi Rama ist insofern besonders interessant, dass er nicht nur Künstler, sondern gleichzeitig auch aktueller Ministerpräsident Albaniens ist, der seine tagtäglichen Erfahrungen und Erlebnisse in abstrakten, farbenprächtigen Zeichnungen auf Kalenderblättern, die nun in der Galerie ausgestellt werden, festhält. Damit erhält sein Werk auch eine faszinierende politische Komponente, die reichlich Diskussions- und Reflexionsstoff bietet.

Montags wage ich mich dann doch noch auf die Wiesn. Dort erleide ich weitere Knochenbrüche durch exzessives Autoscootergerase, ehe ich nach Hause flüchte und dort als Ausgleich noch Marcel Prousts zweiten Band seines siebenteiligen Romanzyklus Auf der Suche nach der verlorenen Zeit beginne, das ich vor Semesterbeginn unbedingt noch lesen wollte. Bei solch schönen und verschnörkelten Schachtelsätzen, nach denen man lange Zeit nichts anderes mehr lesen will, verblassen dann auch rasch die traumatischen Erinnerungen an meine Erlebnisse auf der Wiesn.

Dienstags besuche ich im Haus der Kunst die Ausstellung „Die kalte Libido“ aus der Sammlung Goetz, in der vorallem Videokunst im Zentrum steht; unter anderem werden hierbei Werke von bekannten Videokünstlern wie Keren Cytter, Aïda Ruilova, Jeanne Faust, Annika Larsson und Shahryar Nashat ausgestellt, die sich tiefgreifenden Themen menschlicher Erfahrung widmen und für diesen Zweck die Grenzen des Mediums Film ausloten.

Der Mittwoch steht ganz im Zeichen der Vorbereitungen für meine an diesem Abend anstehende Geburtstagsfeier, die bei mir zuhause stattfindet und in deren Rahmen ich meine Gäste wieder mit Trashfilmen, absurden Musikvideos und Money Boy als musikalische Untermalung zu bespaßen versuche, ehe wir ins Münchner Nachtleben eintauchen und in meinen Geburtstag hinein feiern.
Früher am Abend besuche ich aber noch das Konzert von einer meiner Lieblingsbands, und zwar Between The Buried And Me. Besagte Band hat erst kürzlich ihr neuestes Opus „Coma Ecliptic“, eine abwechslungsreiche Progressive Metal-Oper, die gleichermaßen über von peitschenden Blastbeats getriebene Parts als auch sphärische, hymnenhafte Refrains aufweist, veröffentlicht, und macht im Rahmen der begleitenden Tour auch in München Halt.

Am Donnerstag werde ich dann schließlich wie bereits angekündigt ein Jahr älter, und gönne mir im Kino erstmal den an diesem Tag erscheinenden neuen Streifen meiner Lieblingsanimationsschmiede Pixar: Inside Out, in dem personifizierte Emotionen für Gleichgewicht im psychischen Innenleben eines jungen Mädchens namens Riley, das gerade nach San Francisco umgezogen ist, sorgen wollen. Auch wenn ich jetzt 22 bin und meine Teenagerjahre immer mehr in die Ferne rücken, so spüre auch ich noch manchmal die Nachbeben der Pubertät in Form von emotionalen Irrungen und Wirrungen — noch ein Grund mehr also, sich den Film anzuschauen.

Freitag lasse ich dann das vom Wiesnwahnsinn heimgesuchte München zurück und fahre wieder für ein paar Tage nach Luxemburg, um auch dort wieder den wichtigsten der arbiträr gewählten Zeitintervalle im Leben eines Menschen zu zelebrieren.

Maxime Weber

Foto: Meret Siemen