Gesucht wird: Unsere Band des Jahres 2014

Die Band der Woche gibt Orientierung – welche Bands in München auffallen, von welchen Bands man in Zukunft garantiert hören wird. Wir gehen jetzt noch einen Schritt weiter. Wir haben 10 Bands der Woche ausgewählt und ins Rennen geschickt zur Wahl der Band des Jahres. Die Abstimmung läuft bis zum 15. Januar.

Wenn man kein Schlagwort finden kann, dann wird halt auf die Vielfalt gesetzt. Münchens Musikszene ist ein Kaleidoskop, ein Potpourri, das nicht festgelegt werden kann und will. Woche für Woche suchen wir aus dieser musikalischen Wundertüte Bands aus, die in der Rubrik „Band der Woche“ auf der Junge-Leute-Seite der Süddeutschen Zeitung vorgestellt werden. Dass sich das alles keiner einheitlichen Bewegung zuordnen lässt, nimmt der Szene wohl auf den ersten Blick die Zugkraft; das hat aber auch etwas Gutes. Immerhin hat der Melting Pot der Münchner Popszene 2014 einige Künstler hervorgebracht, die aus den verschiedenen Einflüssen, die dort herumgeistern, zum Teil ganz eigene und ganz neue Musik zusammengekleistert haben.

Etwa Martin Brugger alias Occupanther: der Jazz-Bassist und früherer Musiker bei This is the Arrival hat aus Elektro, Indie und Post-Dubstep eine Variante elektronischer Musik geschaffen, die weit entfernt ist vom stumpfen Minimal manch Technoclubs und die die Beats vielfältig und ideenreich klingen lässt. Neben Occupanther stehen nun 13 weitere Künstler zur Wahl der Band des Jahres: Etwa die beiden Trip-Hop, Hip-Hop und Dub-Step-Verquirler Akere und Luko. Oder die grundverschiedenen Annäherungen an Sprechgesang von Taiga Trece (klassischer Hip-Hop-Flow mit deutsch-spanischen Texten) und Katrin Sofie F. und der Däne (eine Spoken-Word Variante zwischen Poesie und minimalem Groove). Und während das Duo Baal Techno mit dem Pathos der Klassik versetzt, rumpeln diverse Gitarrenbands durch die Stadt: Jugendlicher Garage-Punk im Sinne der Black Lips gibt es von den Night ShirtsMarathonmann hingegen verabreichen mit verzerrten Gitarren dem Hardcore Popappeal, was ihnen 2014 einen Einstieg in die deutschen Charts verschaffte; etwas das der Band Cosby mit ihrem kommenden Album vermutlich auch gelingen könnte. Immerhin schrauben die in fröhlicher DIY-Manier astreinen Mainstream-Pop zusammen. Imapala Ray hingegen vermischt klassischen Indie-Sound mit Einflüssen der Weltmusik aus der bayerischen Heimat.

Dass also nicht auf die eine Szene gehört wird, der alle angehören wollen, sorgt für diese Vermischungen. In diesem Jahr ist das besonders gut geglückt, weil sich eben nicht nur Bands verschiedener Stilistik in München finden, sondern viele Künstler aus den verschiedenen, um sie herum kreisenden Stilen und Genres eben tatsächlich fast Ungehörtes schaffen. Im gewissen Sinne hat sich in München also eine Gegenbewegung zum Retro-Trend gebildet. Rita Argauer

Hier geht es zu unserer Wahl zur Band des Jahres – bitte dem Link folgen:

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Marathonmann (Post-Hardcore / Emo)

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Jahr: 2014, Woche: 51

Sie machen ihrem Namen alle Ehre: Marathonmann haben einen wahren Tournee-Marathon hinter sich! Am 20.12. steht ausnahmsweise ein Heimspiel an – dann spielen sie im Münchner Club Strom.

Marathonmann positionieren sich im Zwischenraum (Foto: Philipp Wulk). Den richtigen Hardcore-Anhängern ist die Musik wohl etwas zu kitschig. Und für die normalen Pop-Hörer ist die Münchner Band ziemlich hart. Doch die Musiker haben ganz bewusst einen Weg gewählt, der sie eben nicht durch die autonomen Zentren Europas tingeln lässt, um dort vor dem kleinen Publikum der Popverweigerer zu spielen. Marathonmann haben sich von Beginn an auf die großen Bühnen konzentriert.

Sie flirten mit dem Pop, und das trotz Hardcore-Sound ziemlich konsequent: Kurz nach der Bandgründung 2012 spielten sie als Support für den rappenden Hardcore-Kenner Casper, kurz darauf folgte eine Tour im Vorprogramm von Jennifer Rostock. Zwei Künstler, die ähnlich gekonnt die Attitüde und Musik einer Subkultur sound-ästhetisch glattbügeln und textlich auch nicht vor zum Teil abgedroschenen Metaphern zurückschrecken.

Doch für Marathonmann funktioniert das. Ihr zweites Album „… und wir vergessen was vor uns liegt“ steigt im Sommer 2014 in die Top 50 der deutschen Charts ein, außerhalb ihrer Heimatstadt sind sie mittlerweile fast bekannter als in München. Was wohl auch daran liegen mag, dass sie sich eben nicht in der heimischen Subkultur aufgehalten haben, sondern von Beginn an nach dem Pop-Markt schielten. So haben sie sich eine Zielgruppe gesucht, die von den Mainstream-Hörern diejenigen bedient, die sich ein wenig anders fühlen als die große Masse, aber dennoch nicht zu tief in den Underground eintauchen wollen. „Wir sind vielleicht nicht so den klassischen Weg gegangen, zuerst nur in der Heimatstadt und Umgebung zu spielen und dann in die große weite Welt hinauszugehen“, sagt Sänger Michael Lettner. Außerdem: „Wir sind eben von Anfang an auf Tour gewesen und nun in vielen Städten zu Hause.“

Für die Band macht der Grat zwischen Zugänglichkeit und der Underground-Revolution durchaus Sinn: Die Texte von Sänger und Bassist Michael Lettner sind poetisch, aber leicht zu entziffern, die Musik ist fett, verzerrt und drückend, aber eben nicht punkig und kratzig, sondern so gut produziert, dass sie auch für weniger Punk-affines Publikum hörbar bleibt. Doch ein bisschen Subkultur bleibt: Jährlich veranstalten sie in ihrer Heimatstadt ein Mini-Festival und holen Bands, die sie auf ihren Tourneen kennengelernt haben, in den Münchner Club Strom. In diesem Jahr findet das Heimspiel am Samstag, 20. Dezember, mit Bands aus Wien, Düsseldorf und Essen statt. Rita Argauer

Stil: Post-Hardcore / Emo
Besetzung: Michael Lettner (Gesang, Bass), Christian Wölk (Gitarre), Robin Konhäuser (Gitarre), Marcel Konhäuser (Schlagzeug)
Aus: München
Seit: 2012
Internet: www.marathonmannband.de

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Marathonmann (Post-Hardcore)

Jahr: 2012, Woche: 19

Hardcore findet auf immer größeren Bühnen statt. Das Nischending ist zu Ende – willkommen im Mainstream. Mit dabei: die Post-Hardcore-Band Marathonmann aus München… Gerade haben sie Casper in Bern supportet, nun drehen sie in München auf: „Die Stadt gehört den Besten“ heißt ihre aktuelle Single.

Hardcore war ein Nischending; in München pilgerten die Kids hinaus ins „Kafe Kult“ und hörten Bands mit obskuren Namen und verschobenen Rhythmen. Doch dieses so harte und unzugängliche Genre drängt in den Mainstream; findet – seit dem Shooting Star Casper, der die Hardcore-Attitüde mit Hip-Hop mischt – auf größeren Bühnen statt. Die Münchner Post-Hardcore-Band Marathonmann (Foto: Dunja Sanader) hat Casper gerade in Bern supportet – und auch sonst stehen ihre Fahnen auf Erfolg.

Das Quartett, das sich erst vor knapp einem Jahr zusammengefunden hat, zögert nicht: ein schweißtreibendes Musikvideo, gefolgt von der ersten EP und einer, immer größer werdenden Konzertliste. „Die Stadt gehört den Besten“ heißt die Single, wie die EP. Dieser Song vermischt auf spannende Art die unnahbare Musik mit einer sichtbaren Verletzlichkeit und Emotionalität. Das mag die ursprüngliche Totalverweigerung ihres Genres ein wenig brechen – öffnet aber gleichzeitig viele Türen.

Dies spiegelt sich auch in der ungewöhnlichen Songstruktur, die fern von herkömmlichen Strophe-Refrain-Mechanismen funktioniert und sich geschickt aus Spannungsauf- und -abbau, Verdichtung und Reduktion formt. Man darf gespannt sein, auf ein Album, dessen Aufnahmesessions für den kommenden Sommer geplant sind. Rita Argauer

Stil: Post-Hardcore
Besetzung: Michael Lettner: Gesang, Bass; Tom Fischer: Gitarre, Gesang; Robin Konhäuser: Gitarre; Marcel Konhäuser: Schlagzeug.
Aus: München.
Seit: 2011.
Internet: www.marathonmannband.de, www.facebook.com/marathonmannband

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.