Die Mitesszentrale

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Alleine kochen macht wenig Spaß, und immer bleibt etwas übrig. Auf der Webseite Join my Meal bieten Hobbyköche ihre Mahlzeiten an. Das dient auch der Müllvermeidung.

Ungefähr elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen laut einer
Studie der Uni Stuttgart in Deutschland jährlich auf dem Müll. „Der größte
Anteil davon wird zu Hause weggeschmissen“, sagt der Student Manuel Ufheil, 24.
Gemeinsam mit seiner Freundin Susanne Höschel hat er die Internetseite Join my
Meal online gestellt: Hobbyköche können Essen mit anderen teilen, das sonst
übrig bleiben würde. (Foto: immowelt/www.veraendere-deine-stadt.de)

Die Idee für die Webseite entstand aus der Not: „Ich wohne
in einem Einzelapartment“, erzählt Manuel. „Alleine kochen hat sich nie
gelohnt.“ Vor knapp zwei Jahren kam der gebürtige Freiburger nach München, um
Maschinenbau zu studieren. „Leute kennenzulernen ist hier alles andere als
einfach“, stellte er schnell fest. „Da war das Essensportal eine perfekte
Gelegenheit, um Kontakte mit anderen Studenten im Wohnheim zu knüpfen.“ Die
Studentin Jasmin Zeidan erinnert sich, dass Join my Meal im Wohnheim zuerst mit
Muffins geworben hat. „Das ist sehr gut angekommen“, sagt sie. Manuel und
Susanne haben dann über die Facebook-Gruppe des Unterföhringer Wohnheims
Gerichte angeboten und auf ihre Internetseite verwiesen. So ist auch Jasmin auf
die Plattform aufmerksam geworden – und hat gleich an einem Dinner
teilgenommen. Bei ihr gab es Tomatenbulgur mit Kichererbsen.

Das Prinzip von Join my Meal ist einfach wie genial: Man
preist sein Gericht auf der Plattform an und legt einen Preis und die Uhrzeit
für die Mahlzeit fest. Hungrige Nutzer, die selbst nicht kochen wollen, können
über die Funktion „Essen finden“ Gerichte in ihrer Umgebung suchen und
bestellen. Der Koch hat dann die Möglichkeit, den Essensanwärter zu bestätigen
oder abzuweisen. Nimmt er die Anfrage an, geht es los: Der Gastgeber greift zu
Topf und Pfanne und bereitet seine Mahlzeit zu. Hat man keine Lust auf
Gemeinschaft, der Magen knurrt aber trotzdem, kann man sich sein Essen sogar
liefern lassen oder abholen. „Diesen Service bietet aber kaum jemand an“, sagt
Manuel. Im Idealfall treffen sich Koch und Bekochter zum gemeinsamen Dinner.
„Wir saßen in der Gruppe schon an die vier Stunden zusammen“, erzählt Sönke
Erfkamp, 21. Am Ende können Gäste wie er den Koch und seine kulinarischen
Fähigkeiten auf der Internetseite mit Sternen bewerten.

Jasmin hat das Essen ihrer Gastgeber immer sehr gut
geschmeckt. An Join my Meal gefällt ihr besonders gut, dass man nicht alleine
in seinem Zimmer vor dem Laptop isst, sondern mit anderen an einem gedeckten
Tisch. „Dabei knüpft man auch noch neue Bekanntschaften“, sagt sie. „Da ich
nicht jeden Tag kochen will, checke ich dann einfach auf der Homepage, wer
sonst kocht.“ Wie für viele andere Nutzer spielt auch bei Jasmin der finanzielle
Aspekt eine entscheidende Rolle. Gerade weil man den Großteil der
Nahrungsmittel tatsächlich verwertet, stellt die Mitessgelegenheit eine billige
Alternative dar und kann zur zusätzlichen Einnahmequelle für Hobbyköche werden.
Den Preis kann man dabei selbst festlegen, in den meisten Fällen sind es
zwischen ein und vier Euro für eine Portion. Susanne zum Beispiel verlangt nie
mehr, als sie ausgegeben hat. „Man isst aber nicht nur billiger, sondern auch
gesünder“, sagt die 25-Jährige. „Wir kämpfen mit unserem Konzept ja auch gegen
Fertiggerichte.“ Den Studenten Sönke haben weder finanzielle Gründe noch eine
ausgewogene Ernährung zum Mitmachen bewogen. „Ich und meine Freundin wollten
einfach neue Leute kennenlernen und einen spaßigen Abend verbringen.“ Außerdem
sei der Aufwand, für vier statt für zwei Leute zu kochen, kaum größer.

Mittlerweile hat sich die Internetseite auch außerhalb des
Wohnheims herumgesprochen. Im Dezember vergangenen Jahres ging die Plattform
online, heute hat sie 700 angemeldete Nutzer. Wie viele davon tatsächlich an
der Essensvermittlung teilnehmen, können die Initiatoren nicht sagen. Bisher
nutzen vor allem junge Menschen in und um München das Portal. In der Mehrheit
sind es Studenten wie Jasmin und Sönke, im Schnitt um die 20 Jahre alt. „Wir
haben uns aber weder auf ein Alter noch auf die Stadt festgelegt“, sagt
Susanne. „Und wir wollen uns noch deutlich ausweiten.“ Dafür machen die beiden
Werbung für ihr Projekt, sie verteilen Flyer und Aufkleber und haben auch schon
eine Wohnheimparty organisiert. Vergangene Woche haben sie sogar einen
Förderpreis für junge Start-Up-Unternehmen gewonnen. Für eine eigene App hat
das Geld trotzdem noch nicht gereicht. „Viele User haben schon danach gefragt
und es wäre so viel praktischer“, sagt Manuel.

Manuel und Susanne wollen ihr Konzept auch auf Restaurants
übertragen. „Es soll dann spezielle Join my Meal-Tische geben, an denen sich
fremde Menschen zum Essen treffen“, sagt Susanne. Ob die Idee auf große
Nachfrage stößt, wissen die beiden noch nicht. Momentan steckt ihr Projekt noch
in seinen Anfängen, doch Manuel und Susanne möchten bald davon leben, ihr
eigenes Geld verdienen. Manuels Vision: „In Zukunft guckt man einfach auf sein
Handy, wenn man Hunger hat. Auf unserer Seite sieht man dann, wo das
nächstgelegene Essen angeboten wird.“ Unnötig viel weggeschmissen würde dann
zumindest seltener. 

Jenny Stern