Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Louis

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Neues Jahr, neue Pläne. Unser Autor startet raketenmäßig ins neue Jahr und nimmt sich viel vor: über die Fotografie-Ausstellung “But a mermaid has no tears” über eine Lesung bis hin zur Albumrelease-Party von The Whiskey Foundation ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Für das neue Jahr habe ich mir keinen einzigen Vorsatz
gemacht. Und das ist nicht nur gut, sondern auch richtig so. Meiner Meinung
nach legitimiert man so nur das eigene schlechte Gewissen. Brechen tun wir die
Vorsätze sowieso alle sehr schnell. Dieses Jahr mache ich mir nichts vor. Würde ich mich
mit derartig lästigen Dingen wie joggen gehen oder dem Verzicht aufs Feiern
gehen beschäftigen, dann wäre mein volles Programm im neuen Jahr ja wohl kaum zu
schaffen. Und das wäre nun einmal wirklich schade.

Ich beginne den Freitag
in einer kleinen Fotogalerie in der Maxvorstadt. Dort findet heute die Finissage der beiden
tollen Fotografen Laura Zalenga und Korbinian Vogt statt. Beide haben sich in
der Münchner Szene einen Namen gemacht und werden heute noch ein letztes Mal
ihre kleine Werkschau in der Galerie Ingo Seufert präsentieren. Später möchte
ich raus, tanzen, springen, die Welt vergessen. Der Crux Winter Jam im
heimeligen Muffatwerk verspricht wild zu werden. Oder gemütlich mit feinstem Soul ins Import Export.
Dort ist das Passauer DJ-Kollektiv Funk & Liebe zu Gast, mit denen sich der Weihnachtsspeck mit Sicherheit auf die beste und spaßigste Art und Weise
wegshaken lässt.

Am Samstag
schlafe ich erst einmal gemütlich aus. Nach ausgiebigem Kaffee-Frühstück und
einem gemütlichen Sofa-Tag schlendere ich in das Café Kosmos. Hier wird heute
Abend die Fotographie-Ausstellung „But a mermaid has no
tears“
eröffnet. Die analogen Portraits der jungen Münchnerin Nadja
Ellinger haben etwas von Alptraum und Märchengeschichte zugleich – die
Fotografin selbst schreibt: „Ich wollte nicht die äußere Handlung des Märchens
fotografieren, sondern mehr die innere.“ Nach der Vernissage und den ersten
Biergläsern schaue ich im STROM an der Poccistraße vorbei. Der Lieblings-DJ des
Glockenbachviertels – Fancy
Footworks
– steht dort heute an den Plattentellern und versorgt mich wie
gewohnt mit einem fetzigen Auftritt. Später treffe ich noch eine Freundin auf
ein letztes Bier im Sunny Red. Hier sorgen D-Light und MC Jah Screechy aus
Großbritannien für besten Dub zu später Stunde
genau das Richtige, um den letzten Samstag vor dem gefürchteten Unistart
abzurunden.

Dieser löst bei mir am Sonntag
starkes Fernweh aus. Gut, dass heute im Muffatwerk eine Vortragsreihe verschiedenster
Dokumentarfilmemacher stattfindet. Von Kuba, durch die Schnee- und Eiswüsten
dieser Erde, bis nach Asien und in die Anden ist mit Sicherheit so einiges
dabei, um bei mir neue Reiseträume wach werden zu lassen.

Montag. 10 Uhr,
Hörsaal. Finde ich gerade auch nicht so schlimm. Nach einem langen Tag wie
diesem schmerzt mir allerdings der Kopf und ich statte dem wunderbaren
Trachtenvogl einen abendlichen Besuch ab. Der ist heute gefüllt mit bestem Folk von den
beiden Münchnern Carmina Reyes und Sleepwalker’s Station. Gut gegen Uni-Blues,
schlecht für meine Ungeduld, bald wieder reisen zu gehen.

Dabei sind solche Träume vom Fliegen eigentlich der reinste
Luxus. Das wird mir am heutigen Dienstag
wieder bewusst, an dem ich die Sonderausstellung
„Nie wieder. Schon wieder. Immer noch.“ im NS-Dokumentationszentrum über den
erneuten Aufstieg rechtsextremen Gedankenguts in Europa besuche. Unangenehme Gedanken
über diesen unerträglichen Nationalismus plagen mich nun. Weshalb ich mich
spontan entschließe, dem Gemeinschaftsprojekt „Bellevue di Monaco“ noch schnell
einen Besuch abzustatten. Hier wird jeden Dienstag in einem offenen Tanzworkshop
eine Choreographie erarbeitet, die Tanzstile aus aller Welt miteinander
verbindet. Das verleiht mir wieder gute Laune. Tanz, Kultur ist eben nichts Statisches, was schon immer so da war und immer gleichen bleiben könnte.

Den Mittwoch
lasse ich ruhig angehen. Ich gehe spazieren an der Isar. Und abends noch ins
Lovelace, auf eine
Lesung
. Sara Hauser und Elisa Weinkötz lesen eigene Kurzgeschichten, die
sich in der Natur abspielen. Ich hoffe nur, es regnet nicht.

Am Donnerstag
gehe ich wieder meinem Drang nach, in die Welt zu reisen. Sulayman Jode, der
als Schneider erste Kollektionen im Second-Hand-Laden Vinty’s präsentierte,
veranstaltet mit Freunden inzwischen richtige interkulturelle Fashion-Events mit
Modeschauen, Hip-Hop-Konzerten und einer ganzen Reihe an DJs. Seine gewagten
Kleider, die Stoffe aus seiner gambischen Heimat mit westlichen Schnitten
verschmelzen lässt, fallen auf im eher trüben Münchner Kleidungshorizont. Der
Abend im Backstage verspricht lang zu werden – und reich geschmückt mit den
heißen Beats nigerianischer, gambischer oder tansanischer Musikstile.

Was für eine volle Woche. Dabei beginnt das Wochenende doch
erst. Und am Freitag das mit der –
ungelogen – wohl fetzigsten Party, die München im ganzen Jahr 2018 erleben wird.
The Whiskey Foundation spielen, leben, atmen Blues wie alte Großmeister. Heute
Abend veröffentlichen
sie ihr drittes Album
, Blues & Bliss. Allein die Vorbands können sich
sehen lassen: Matthew
Matilda
und Organ
Explosion
. Danach wird eine der einzigartigsten Live-Bands Deutschlands die
Muffathalle zum Beben bringen, bevor dann im Café weitergefeiert wird. Wenn die
Vögel zu zwitschern beginnen, bekomme ich die treibenden Gitarrenlicks noch
immer nicht aus dem Kopf. Ist zumindest mein Vorsatz.

Text: Louis Seibert

Foto: Lukas Marti

Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Laura

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Weihnachtsferien. Da bleibt unserer Autorin viel Zeit für Musik, Kunst und Feiern. Also ab zu
“They Know Our Story” im Lovelace –

Modenschau, Lesung, Konzert und Party in einem -, zum musikalischen Muffat Winterfest und zur
Finissage „ A World of My Own“.

#chinchin #hurray #goodbye2017 #happynewyear2018
#newyearnewme #fireworkgoals …

… oder wie man im echten Leben sagen würde „Frohes Neues!
Prosit Neujahr! Guad umegrutscht! Passt scho! Prost!“.

Es wird getrunken, getanzt, gefeiert. So schnell der Jahreswechsel
auch da ist, so schnell ist er auch wieder vorüber. Das Einzige, was bleibt, ist
oftmals die Erinnerung an ein schönes oder eher weniger schönes Fest mit
Freunden oder der Familie. Same procedure as every year! Doch auch wenn der
Ablauf von Silvester oft der Gleiche ist, so sind es die Momente, die dieses
Fest zu etwas ganz Besonderem machen. Momente schaffen, die man weniger schnell
vergisst und die einem durch das neue Jahr begleiten. Hier sind meine Ideen für
die Tage um Silvester herum: von Freitag bis Freitag unterwegs mit mir in
München!

„They Know Our Story“- so lautet das Motto des Freitagabends im Lovelace. Wie bei
einer Wundertüte finden dort heute viele besondere und sehr unterschiedliche
Veranstaltungsformen statt: Begonnen wird mit einer kurzen Lesung aus der
Mixmuc Edition. Danach geht es weiter mit dem Special des Abends: Der Modenschau der Designer Zillian Jode, Out
of Motherland und Rubs Stly. Sulayman Jode ist 21 Jahre jung und stellt seine
detailverliebten Modekreationen, die stark von seinem Heimatland Gambia
inspiriert sind, vor. In München möchte er ein Projekt auf die Beine stellen,
das den Weg für junge Modedesigner mit Migrationshintergrund ebnen soll. Nach
der Fashionshow geht es mit guter Musik weiter: Es spielen Zulu Zulu, Jarkboy,
One Corner und bis tief in die Nacht kann man zu Afrohouse, Reggae und HipHop
von den beiden DJ´s Paali und Gubimann tanzen.

Wer am Samstag
mehr Subkultur will, der ist bei „Break it Down pres. All Crews Are Beautiful“
im Feierwerk genau richtig. Dort legen jede Menge gute DJs auf. Zu den Gästen
zählt unter anderem der rastlose Franzose La Loakaii aus München, der durch
zahlreiche Münchner Veranstaltungsreihen wie „breakbeat-action“, „fungleJunk“,
„Wanted“ oder „droppin’“, sowie durch seine 2001 gegründete 2-wöchentliche
Radioshow „breakbeat-action“ beim Sender M94,5 bekannt wurde. Außerdem zu
hören: der russische DJ Tigra, der uns mit wummernden Bassboxen versorgen wird!

Am Sonntag
heißt es dann auch schon „Happy New Year´s Eve“ oder eben einfach nur
Silvester. Wer noch keine Pläne hat, der sollte sich beeilen, denn
bei den meisten Happy Endings diesen Jahres sind Tickets notwendig. Für alle
Spätentschiedenen ist der Vorverkauf aber meist noch bis 31.12. möglich. Auf
dem Tollwood beginnt der Silvester-Countdown bereits viele Stunden vor
Mitternacht mit einer großen Silvesterparty: Auf fünf verschiedenen Areas wird
getanzt, das alte Jahr verabschiedet und das neue ausgelassen gefeiert. Als
traditionelles Highlight findet um 0 Uhr der Mitternachtswalzer auf dem
prächtig geschmückten Außengelände zu Füßen der Bavaria und unter einem buntem
Lichtermeer statt. In den Optimolwerken könnt ihr auf der letzten
Silvesterparty in der Ära des Optimolgeländes raven. Aber auch alle anderen
Clubs wie das Ruby, Bahnwärter Thiel, Crux, Pacha, Filmcasino, P1 und viele
mehr haben geöffnet, um euch eine legendäre Silvesternacht zu bereiten. Egal ob
Schickimicki oder Subkultur – hier ist für jeden was dabei!

Und wer vom Feiern nicht genug bekommt, der ist in der legendären
Storchenburg und der Alten Raffinerie genau richtig. Dort findet eine mehr oder
weniger geheime Silvesterparty ab 7 Uhr morgens des Neuen Jahres statt. Das Line-Up des Tages: Chris Back, Crytical
Mind, Mind Destructor und Opium Ride! Guten Rave!

Mittwochs geht’s
ins Milla! Dort findet nämlich auch im Neuen Jahr grandioser Musicjam statt.
Von Pop über Jazz bis hin zu Hip-Hop und Electro – hier wird auf jeden Fall
gegroovt!

Am Donnerstag
geht das Muffat Winterfest in die vierte Runde! Man darf sich auf eine
explosive Mischung der aktuellen Indierock- und Popszene freuen. Headliner in
der Muffathalle sind dieses Mal Ni Sala aus München und ihr
verraucht-verruchter Sechziger-Siebziger-Jahre Bluesrock. Auf dem zweiten
Floor im Ampere präsentiert die hervorragende Augsburger Pop-Formation
Adulescens ihren lebensbejahenden und ekstatischen Sound. Viele weitere echte
Live-Erlebnisse warten auf euch. Nach den Konzerten wird natürlich wieder die
ganze Nacht weitergefeiert: mit Indierock, Diskopunk und ZickZackPop von Up The
Bracket, der aus dem Strom bekannten Indie-Party, sowie dem
TwoIsAParty.-DJ-Team, das mit ihrem gekonnten Genremix wieder einmal für beste
Tanzlaune sorgen wird.

Am Freitag findet
die Finissage „ A World of My Own“ von
Laura Zalenga und Korbinian Vogt statt. Bereits im September war ich bei den
beiden auf der Vernissage und kann die Ausstellung in der Galerie von Ingo
Seufert nur empfehlen. Ich freue mich erneut auf deren wunderbare Werke!

Abends geht dann der Crux Winter Jam im Muffatwerk über
die Bühne! 3 Floors mit dem Besten, was das Crux-Universum zu bieten hat! In
der Muffathalle findet ihr den Turn Up Floor, im Ampere den New School Floor
und im Muffatcafé den RnB Floor! Das
Line-Up des Abends: Drunken Masters, Crux Pistols, CUPSWITDAICE und
viele mehr! Wer eher Lust auf einen anständigen Funk-Abend im Herzen München
hat, der ist im Kreativquartier Import Export genau richtig! Mit „Funk und
Liebe“ könnt ihr euch die ganze Nacht den seelischen und körperlichen Ballast,
soweit vorhanden, der vergangenen Feiertage ganz einfach wegtanzen.

Und dann ist der Übergang vom alten ins neue Jahr auch
schon geglückt. Viel getrunken, getanzt und gefeiert.  

Auf Momente, die uns keiner nimmt! Erlebnisse, von denen
wir noch lange zehren können! Und einen wunderbaren Start ins neue Jahr, der garantiert
nicht unter das Motto „Same procedure as every year!“ fällt! Chin chin und
Prost! #seeyounextyear

Text: Laura-Marie Schurer

Foto: privat

Neuland: Laura Zalenga

 

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Bei knapp einer halben Million Likes auf Facebook könnte man sich durchaus zurücklehnen. Laura Zalenga sucht dagegen aktiv das Feedback ihrer Follower. Ihr neues Projekt “17 Weeks Of Creativity” ruft dazu auf, gemeinsam kreativ zu werden.

Laura Zalenga, 27, geht neue Wege. Die Fotografin, die mittlerweile Hunderttausende Follower bei ihren Online-Auftritten zählt, hat gerade ihre Community aufgerufen, sich an ihrem Kunstprojekt „17 Weeks of Creativity“ zu beteiligen. Es gilt, sich „aufzuraffen“ und gegenseitig zu kreativem Schaffen zu inspirieren. Dafür gibt sie jede Woche einen neuen thematischen Oberbegriff vor, zu dem gearbeitet werden soll. In welcher Form, ist dabei egal: Ob Malen, Zeichnen, Videos oder Text – Hauptsache, man werde aktiv, sagt Laura. Die Vorgabe von 17 Wochen entstand dabei ganz zufällig, rein intuitiv kreativ eben. Das Erstellen der Themenliste hingegen war mit mehr Arbeit verbunden. Aus rund 200 Vorschlägen musste Laura sinnvoll filtern; die Begriffe sind abstrakt gehalten und damit für Interpretation geeignet. Sucht man auf Instagram nach dem entsprechenden Hashtag, finden sich nur eine Woche nach Projektstart mehr als 100 Beiträge. „Genau so etwas brauche ich jetzt in meinem kreativen Tief“, schreiben die Fans. Bereits vor Bekanntgabe des ersten Themas „Dream“ war die Resonanz positiv. Laura wünscht sich so viel Feedback wie möglich, jeder soll mitmachen.

 

Text: Yvonne Gross

Foto: Laura Zalenga

München Models: Hanhoan Truong

In München leben viele schöne Menschen. Unter ihnen gibt es auch
einige Models. Ob hauptberuflich, als Nebenjob oder Hobby: Wir
porträtieren jede Woche ein Münchner Model und erzählen von dem Menschen
hinter dem hübschen Gesicht.

„Das Modeln ist für mich eine praktisch umgesetzte Facette der Philosophie über den Körper“, sagt Hannu, „wo wahres Selbstbewusstsein, Körpersprache und Ausdruck eine zentrale Rolle spielen.“ Hannu heißt eigentlich Hanhoan Truong und hat vietnamesische Wurzeln. Er ist mit seinen langen schwarzen Haaren, den grau-weiß gefärbten Spitzen und den asiatischen Gesichtszügen ein junger Mann mit starkem Wiedererkennungswert. Das erste Mal modelte Hannu für die Absolventenshow einer Münchner Mode-Schule. Seine Model-Karriere ist seither in Gang gekommen. Erst vor kurzem durfte Hannu mit der bekannten Münchner Fotografin Laura Zalenga im Olympiapark shooten. Die Leidenschaft für vietnamesische Kampfkunst und die Ausbildung zum Yoga-Lehrer spiegeln sich auf vielen seiner Bilder wider. „Ich sehe ich mich als eine lebensgroße Leinwand, die viel Platz für unzählige Gestaltungsweisen bietet. Ich scheue mich auch nicht davor, meine Interpretation des Schönen und Guten durch mich und meinen Körper auszudrücken und mir dabei treu zu bleiben“, sagt Hannu. Noch in diesem Jahr wird er nach Berlin ziehen, um dort seinen Master in Philosophie zu machen. Außerdem möchte er sich dann auch bei einigen internationalen Model-Agenturen bewerben. 

Text: Laura-Marie Schurer

Foto: Stephan Rumpf

Ganz reale Märchen

Täglich porträtieren wir an dieser Stelle eine(n) der 20 mitwirkenden KünstlerInnen unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen – mal Fotograf, mal Modell. Heute: Fotografin Laura Zalenga.

Spieglein, Spieglein an der Wand. Laura Zalenga,
geboren 1990, begibt sich mit ihrem Konzept für die „10 im
Quadrat“-Ausstellung auf die Suche nach surrealen Dingen im echten
Leben. Mithilfe eines Spiegels dreht sich in ihrer Fotoserie mit den
zehn Künstlern alles um Reflexion und Blickwinkel, um Spiel und
Perspektiven. Die Idee zu dieser Herangehensweise kam Laura spontan. Sie
sagt: „Ideen sind wie die Geschenke der Zahnfee – einfach plötzlich
da.“

Ein Ausspruch, der auch zu ihren sonstigen Fotografien passt,
die reich an märchenhaften Elementen sind. Laura verfolgt ihren
Leitspruch „creating real-life-fairytales“ mit einem Augenzwinkern. Auf
einem ihrer Bilder ist eine Frau zum Beispiel schwebend zu sehen,
während eine Katze durchs Bild läuft. Oder ein männliches Model ist ab
der Hüfte verbunden mit einem Baum. Viele ihre Fotos transportieren eine
märchenhafte, ästhetisch-surreale Welt, aber auch ehrliche Gefühle.
Denn Laura ist überzeugt davon, dass Fotografie oft als eine Art
Therapie fungieren kann. Die Stimmungen auf ihren (Selbst-) Porträts
sind dabei mal harmonisch und lichtdurchflutet, mal düster und mythisch.
In ihrem Projekt „grimm compact“ nimmt sie das Thema Märchen sogar
wörtlich und setzt die Grimm-Märchen als präzise inszenierte Ausschnitte
der bekanntesten Kernszenen um.

Die ehemalige
Architekturstudentin begann mit dem Fotografieren, als sie eine alte
Kiste mit analogen Porträtfotografien ihres Vaters auf dem Dachboden
entdeckte. Seit ihrem Abschluss 2015 arbeitet Laura als selbständige
Fotografin und hat sich auf konzeptuelle Porträts spezialisiert.

Neben
ihrer Arbeit als Fotografin gibt die Münchnerin Workshops und bereist
die Welt. Hierbei verfolgt sie momentan ein anderes spannendes Projekt.
In „1001 Strangers“ fotografiert sie Porträts von fremden Menschen, die
ihr zufällig auf der Straße oder auf Reisen begegnen. Laura sagt dazu:
„Andere sammeln Briefmarken oder Schuhe. Ich sammle Fotos von Fremden,
ich sammle damit eine Minute aus dem Leben einer Person, deren Namen ich
niemals kennen werde.“

Text: Amelie Völker

Foto: Anthony Castro  

Tagebuch mit Bildern

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Laura Zalenga, 27, hat Architektur studiert und sich doch für ein Leben als Fotografin entschieden. Heute hat sie fast 500 000 Fans bei Facebook – Annäherung an eine Künstlerin, die meist sich selbst porträtiert.

Da gibt es diese zierliche junge Frau. Sie hat eine Kamera, mit der sie fotografiert. Sich selbst, immer wieder. Ihre Bilder gefallen, im Netz werden sie tausendfach gelikt. Doch diese junge Frau studiert nicht Fotografie, sondern Architektur. Ein schönes Studium. Für sie aber auch: fünf Jahre Kampf. Als sie das Studium abgeschlossen hat, beschließt sie: „Dann schaffe ich es halt allein.“ Und wird doch Fotografin. So oder so ähnlich könnte man die Geschichte von Laura Zalenga, 27, erzählen.

Man könnte aber auch schreiben: Laura Zalenga hat mehr als 450000 Facebook-Fans, eines ihrer Bilder zierte das Cover der Zeit, für Fluggesellschaften wie Lufthansa reist sie herum und fotografiert. Ihre Werke hängen auf Kunstmessen und in Galerien, als Kunden listet sie auf ihrer Internetseite unter anderem Sony, Mercedes oder Adobe. Zudem war sie 2016 in der aufwendig produzierten Castingshow „Masters of Photography“ des Bezahlsenders Sky zu sehen. Und dann hat man eine Biografie, die sich liest wie ein einziger großer Superlativ.

Es existieren unzählige Selbstbildnisse der jungen Frau: Laura als Tänzerin im zartrosa Tutu, Laura zusammengerollt auf dem Boden eines verfallenen Hauses, Laura im weißen Abendkleid zwischen tiefschwarzen Felsen. „Es gibt vielleicht zehn Fotos, auf denen ich wirklich Laura bin“, sagt sie. Sie kennt das schon. Dass die Leute öfter mal fragen, warum sie so häufig ihr eigenes Modell ist. „Es wird einem beigebracht, dass das egoistisch ist.“ Früher hätten sie solche Aussagen mehr getroffen. Doch Selbstporträts, sagt die Fotografin, geben ihr die Möglichkeit, in eine Rolle zu schlüpfen, sich selbst kennen und akzeptieren zu lernen, indem man für einen kurzen Augenblick eine andere ist. Manchmal, da funktioniere eine Fotografie für sie wie „die Seite in einem Tagebuch“, wo man ein Gefühl festhält, eine kleine Geschichte. Nur schreibe sie eben krakelig. Oder in Geheimsprache. Laura mag solche Metaphern. Sie sagen viel über ihr Verhältnis zur Fotografie aus. Da ist die Lust am Spielerischen. Mal eine Märchenfigur sein, mal ein mythologisches Wesen – und andere damit dann berühren. Wenn sie so erzählt, redet sie unheimlich schnell, holt kaum Luft, wirkt geradezu elektrisiert.

Doch die Souveränität, mit der sie all das sagt, kam erst mit den Jahren. Mit 18 bekommt Laura ihre erste richtige Kamera. Sie merkt schnell: „Wir könnten beste Freunde werden.“ Sie möchte unbedingt Fotografie studieren, bewirbt sich nach dem Abitur mit ihren Bildern an verschiedenen Hochschulen. Genommen wird sie von keiner. Da beginnt man am eigenen Können zu zweifeln, sich zu fragen: Was mache ich nun? Sie reicht dann auf Anraten ihrer Familie Mappen für ein Architekturstudium ein. Von drei Universitäten bekommt sie drei Zusagen. Beim ersten Versuch. Sie erinnert sich: „Ich habe mich zu diesem Studium vielleicht ein bisschen überreden lassen“, sagt sie.

2010 beginnt sie also ihren Bachelor in Architektur. Was dann folgt, ist
nicht immer leicht. Architektur ist ebenso interessant, ebenso kreativ,
aber Lauras Herz hängt nicht daran. Das will diese andere Sache. Die
junge Frau macht in jener Zeit weiter Bilder, hat mehrere Ausstellungen,
bringt sich selbst Photoshop bei. „Ich bereue es nicht“, sagt sie heute
über ihr Studium, die Architektur sei auch ein „Sicherheitsnetz“, falls
es beruflich nicht so klappe, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Dennoch macht sie sich nach ihrem Abschluss als Fotografin selbständig.

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Das ist bald zwei Jahre her. Neben ihren Selbstporträts fotografiert Laura nun auch vermehrt andere Menschen. Hinzu kommt eine ganze Reihe von Arbeiten mit verschiedenen, teils namhaften Kunden. Da gibt es etwa diesen Clip von Laura mit Annemarie Carpendale. Er ist Teil der Videokampagne „Fiat Urban Stories“ für den gleichnamigen italienischen Autohersteller. Moderatorin Carpendale fährt im hellblauen Pkw vor. Sonnenschein, Zeitlupenaufnahme des fahrenden Wagens. Die Moderatorin erklärt beim Aussteigen: „Heute treffe ich eine Besessene. Zumindest sagt sie das über sich selbst. Fotografie ist eine wunderbare Krankheit. Laura Zalenga will inspirieren und zum Grübeln bringen zugleich.“ In einem Waldstück treffen sich die beiden dann, Laura gibt im weiteren Verlauf des Videos einen Einblick in ihre Arbeit, fotografiert am Schluss Carpendale und das Auto.

Wie geht man mit so etwas um, als junger Mensch? Man hat Talent, man hat eigene ästhetische Vorstellungen, man will reisen. Aber man muss sich auch präsentieren, Geld verdienen. Laura hat sich viele Gedanken über dieses Thema gemacht, das merkt man. „Wovon lebt der Mensch?“ fragt sie schließlich und lächelt. Sie überlege sich genau, welche Aufträge sie annehme, womit sie sich wohl fühle. „Natürlich hat man manchmal das Gefühl, sich einkaufen zu lassen, aber ich versuche mich nicht zu verbiegen. Letztlich mache ich nur Sachen, hinter denen ich auch stehe.“

Neben diesen Arbeiten setzt Laura aber auch eine Vielzahl an eigenen Projekten um. Auf einem Gnadenhof möchte sie zum Beispiel fotografieren. Seit Jahren engagiert sie sich für den Tierschutz, beschäftigt sich mit Veganismus. 2015 rasierte Laura sich für eine Crowdfunding-Kampagne sogar das lange braune Haar ab. Da war sie gerade in den USA unterwegs, wollte 1000 Dollar für die Organisation „Animal Equality“ sammeln und die Leute durch ihre Aktion zum Spenden motivieren. Ob das nicht etwas gewagt sei für jemanden, der vorwiegend Selbstporträts macht. „Nein.“ Punkt. Da muss sie nicht überlegen. „Es nervt, dass man immer auf das Schönsein reduziert wird“, sagt sie, „gerade als Frau.“ Man sehe in den Medien oft nur schöne, junge Menschen, das mache es schwerer, sich auch mal hässlich und verletzlich zu zeigen. „Da ist die erste Falte ein kleiner Weltuntergang.“ Gerade deshalb träumt Laura davon, in Zukunft einmal eine Bildstrecke mit älteren Menschen zu machen, abseits der Norm der ewigen Jugend.

Für die Ausstellung „10 im Quadrat“ der Junge-Leute-Seite der Süddeutschen Zeitung hat die Fotografin nun zehn Münchner vor die Kamera gebeten – und ihnen den Spiegel vorgehalten, real wie metaphorisch, etwa dem Lyriker Rahamatullah Hayat oder der Schauspielabsolventin Mona Vojacek Koper. Oft sieht man den Spiegel im ersten Moment gar nicht, wundert sich als Betrachter nur, warum das Gesicht sich plötzlich doppelt. „Es ging mir darum, ein bisschen das Surreale im echten Leben zu suchen und vielleicht auch zu finden“, sagt Laura über die Serie. Da ist er wieder: Der Kniff, die kleine Geschichte, die sie in ihre Bilder so gern einbaut, die junge Frau mit der Kamera.

Text: Carolina Heberling

Fotos: Laura Zalenga

Mein München: Upside down

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Die Welt steht kopf! Am Alten Nordfriedhof zeigt Laura Zalenga, wie sehr die Sicht auf die Umgebung abhängig ist vom jeweiligen Menschen. Wer oder was hier falsch herum ist, bleibt jedoch dem Betrachter überlassen.

Unter dem Motto „Upside down“ fotografierte sich Laura Zalenga selbst. Die 26-Jährige startete mit ein paar Freunden ein 52-Wochen-Projekt, bei dem sie jede Woche andere Themen umsetzten. Dieses Bild nahm sie am Alten Nordfriedhof auf und musste sich dazu an einen Baum klammern: „Das Festhalten war schon schwer genug, kopfüber ging das natürlich nicht“.

In der Nachbearbeitung drehte sie das Bild zunächst im Ganzen, bemerkte dann aber, dass ihr das nicht reichte. Sie konzentrierte sich auf die mobilen Dinge und drehte nur noch den Menschen am Baumstamm und den Vogel. Die anderen Elemente sind dagegen fest verankert in der Welt, sie stehen für den Stillstand. Auch wenn sich Laura auf dem Bild selbst festhielt, will sie nicht nur ihre eigene Welt als kopfüber beschreiben. Jeder Mensch könne seine eigene, verschrobene Sicht haben, glaubt sie. 

Andere Sichtweisen eröffneten sich Laura, nachdem sie Berufsfotografin wurde. Ihr ganzes Sehen war so auf die Fotografie ausgerichtet, dass sie nun auch alte Dinge anders sah. So zum Beispiel ein Kaleidoskop, das seit Jahren in ihrem Zimmer steht. Als neues Projekt fotografiert sie nun ihre alten Bilder durch das verdrehende Kaleidoskop hindurch – das Thema „Upside down“ scheint sie dauerhaft zu inspirieren.

Von: Sandra Will

Foto: Laura Zalenga

Neuland

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Fotografin Laura Zalenga sammelt Spenden für die Tierschutzorganisation Animal Equality. Wenn bei ihrer Crowdfunding-Kampagne 1000 Dollar gespendet werden sollten, lässt sie sich eine Glatze rasieren.

Haare ab für einen guten Zweck. Fotografin und Internetphänomen Laura Zalenga, 25, nutzt ihre Bekanntheit, um möglichst viele Spenden für die Tierschutzorganisation Animal Equality zu sammeln (Foto: Laura Zalenga). Mehr als 300 000 Follower gefallen die Selbstporträts der Fotografin. Sollte die Summe von 1000 Dollar erreicht werden, verspricht Laura, ihre schulterlangen Haare abzurasieren. „Ich liebe Tiere. Ich fühle mich dazu verpflichtet, etwas zu tun“, sagt sie. Bis zum 9. Juni kann man auf der Seite www.gofundme.com spenden (Stichwort „Going bald against fur“). „Lieber eine Glatze haben als Fell zu tragen“, sagt Laura.

Stefanie Witterauf

Foto: Laura Zalenga

Fragen über Fragen – Laura Zalenga

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“Ideen sind wie die Geschenke der
Zahnfee”

– sagt Fotografin Laura Zalenga, eine der 20 Mitwirkenden unserer “10 im Quadrat”-Ausstellung im Farbenladen. Wir haben ihr ein paar Fragen gestellt.

Worum geht es bei
deinem Konzept? / Wie bist du darauf gekommen?

Darum ein bisschen Surrealität im echten Leben zu suchen und vielleicht zu
finden. Um Reflektion und Blickwinkel, um Spiel und um Perspektiven.
Das Konzept war auf einmal da. Ideen sind wie die Geschenke der
Zahnfee.

Wie war es, so
viele unterschiedliche Leute für eine Bild-Serie zu fotografieren?

Bis auf das teilweise unglaublich schwierige Unterfangen, einen Termin zu
finden, toll.

Welche Begegnung hat
dich am meisten beschäftigt?
 
Das
Model kam 20 Minuten zu spät und ich war schon fast ein bisschen angefressen,
aber manchen Menschen kann man eben nichts übel nehmen. Und dann war es einfach
witzig und produktiv – wir hatten total schnell tolle Bilder im Kasten und
haben dann noch in der Sonne gesessen, ein Eis gegessen und eine spannende
Unterhaltung geführt.  

War es
schwieriger, z.B. einen Schauspieler/Musiker zu fotografieren (also selbst
“Künstler”), als professionelle Models? Wenn ja, warum?

Schwieriger eigentlich gar nicht, ich fotografiere oft mit Menschen, die wenig
Erfahrung als Modell haben. Ich mag, wenn Menschen noch keine einstudierten
Posen haben.
Natürlich ist es etwas anderes, als wenn man sich die Modelle selbst aussuchen
kann und sie nachher zum eigenen Bildstil passen, aber manchmal ist es auch
spannend seine Comfort-Zone zu verlassen.

Bist du auch mal an deine Grenzen
gestoßen? Musstest du deine Vorstellung/ dein Konzept über den Haufen werfen,
weil es schlichtweg nicht ausführbar war?

Ach, wir haben fast immer viel ausprobiert und somit auch einiges verworfen.
Aber das war für mich gerade der Reiz des Projekts. Sich und andere
ausprobieren und scheitern dürfen.

Nimmst du die
Szene dieser Stadt nach dem Projekt anders war? Braucht es mehr Vernetzung?
Hauptsächlich habe ich einmal mehr bemerkt, dass hier fast alle
irgendwie schon Freunde von Freunden sind.
Aber irgendwie ist das ja auch schön.

Foto: Laura Zalenga

Aufgeschlossen

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14 junge Fotografen blicken auf Einladung der Junge-Leute-Seite der SZ hinter die Fassaden der Stadt – vor allem jedoch hinter die Fassaden der Menschen, die hier leben. Die Bilder sind im Mai im Farbenladen des Feierwerks zu sehen.

München lebt: in stuckbesetzten Altbauwohnungen, überteuerten Apartments, heruntergekommenen WGs. Doch wie genau? In der Ausstellung „Aufgeschlossen“ im Farbenladen des Feierwerks, organisiert von der Junge-Leute-Seite der SZ, wagen junge Fotografen einen Blick durchs Schlüsselloch: hinter die Fassaden der Stadt – vor allem jedoch hinter die Fassaden der Menschen, die hier leben (Foto: Laura Zalenga). Ein Überblick:

Durch den Extremsport kam Said Burg, 25, zur Fotografie. Vor allem vom Snowboarden war der Autodidakt begeistert. Über die Jahre baute er seinen Stil um Reportage- und Porträtfotografie aus. Damit setzt er sich noch heute hauptsächlich auseinander. Die Bilderserie für „Aufgeschlossen“ entstand in der Wohnung von zwei Freunden. Said möchte einerseits die jeweiligen Rückzugsorte der beiden Bewohner zeigen, andererseits die Küche als gemeinsamen Schnittpunkt.

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Lorraine Hellwig, 21, ist mit ihrer Fotoreihe den Leidenschaften junger Münchner auf die Spur gegangen: Wie sehen die Träume und Erinnerungen aus, die sie in ihren Wohnungen aufbewahren? Wie drücken sie sich dort kreativ aus? Mit wem wohnen sie zusammen und was macht ihr gemeinsames Wohnen einzigartig? Lorraine studiert im zweiten Semester Fotodesign an der Hochschule München. Mit ihren Bildern möchte sie Geschichten erzählen, sagt sie, die Menschen so darstellen, wie sie sind.

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Die Demonstrationen am Taksim-Platz in der Türkei oder die Debatte zur dritten Startbahn am Münchner Flughafen: Der Stil von Stefan Loeber, 25, wird beeinflusst von
gesellschaftlichen Themen und persönlichen Erfahrungen wie Gesprächen und
Begegnungen. Stefan studiert Fotodesign an der Hochschule München. Seine
Schwerpunkte sind die Porträtfotografie sowie bildjournalistische Arbeiten.
„Dank der Fotografie gehe ich mit wachen Augen durch die Welt“, sagt er. „Dabei
versuche ich, neue Blickwinkel aufzuzeigen und Dinge zum Vorschein zu bringen,
die sonst vielleicht im Verborgenen bleiben.“ Für das Projekt „Aufgeschlossen“
fotografiert er ein alternatives Wohnprojekt und zeigt einen Menschen, der sich
bewusst für eine andere Form des Zusammenlebens entschieden hat. Der
Porträtierte lebt in einem umgebauten Bus.

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Eine Katze als Symbol der Einsamkeit: Michael
Strahl
, 24, möchte bei der Ausstellung eine kalte und einsame
Seite hinter der Fassade zeigen. „Ich habe schon immer einen Drang zur Dramatik
gehabt“, sagt er. „Ich bringe die Leute lieber zum Weinen als zum Lachen.“
Gleich nach dem Abitur machte sich der Künstler im Bereich Film und Fotografie
selbständig. Seinen Stil kann man als minimalistisch beschreiben. Seine Bilder
kommen ohne große Inszenierung aus.

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Ann-Sophie Wanninger,
26, wollte schon seit Langem eine Porträtreihe ihrer Münchner Freunde in ihren
Wohnungen machen. Sie interessiert es, wie die Bewohner ihren Wohnraum
gestalten, um sich wohlzufühlen. „Es war mir sehr wichtig, den Menschen ins
besondere Licht zu rücken und ihn trotzdem als selbstverständlichen Teil des
Interieurs darzustellen“, sagt sie. Ann-Sophie liebt die Inszenierung. Für die
Abschlussarbeit ihres Fotodesign-Studiums, einem Buch mit dem Titel „When I
grow up“, fotografierte sie fünf unterschiedliche Modestrecken. Von einer
Essensschlacht mit Spaghetti bis zu einem Shooting auf dem Parkhausdach war
alles dabei.

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Eigentlich studiert Christopher Klaus, 23, Medieninformatik im vierten Semester. Er lebt seit drei Jahren in München und konnte vor Kurzem bei seiner ersten Fotoausstellung seine Eindrücke von der Stadt und seinen Bewohnern zeigen. Christophers Lieblingsmotive sind Handwerker, „also Menschen, die Dinge mit ihren Händen bearbeiten, fassen und formen und damit ihrer Welt Ausdruck verleihen“, erklärt er. Seine Ausstellungsbilder stellen drei Leben hinter Münchner Mauern vor: zwei Gefangene in der JVA Stadelheim und einen in der Forensik der Psychiatrie in Haar.

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Im Mittelpunkt der Werke von Simon Mayr, 21, steht der Mensch: Schon als Kind fotografierte er mit einer Analogkamera vorwiegend Familienmitglieder. Simon studiert Fotodesign an der Hochschule München und träumt von einem eigenen Fotostudio. Für „Aufgeschlossen“ fotografiert er Freunde in ihrer Wohnung: zunächst den gesamten Raum und dann aus der Perspektive jeder einzelnen Person. Die Situation soll dabei aber nicht verändert werden.

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David Beger, 28, möchte in seiner Fotoserie austesten, wie viel Raum ein Mensch braucht. Dafür hat er sich mit einer Tänzerin in einer Wohnung getroffen und ausprobiert, Körper, Raum und Perspektive ins Gleichgewicht zu bringen. Seine erste Kamera hat David mit fünf Jahren von seiner Oma bekommen. Es entstanden erste Porträts, meist fehlten aber die Köpfe. Noch heute fotografiert er am liebsten Menschen, inzwischen mit Köpfen. Nach dem Fotodesign-Studium an der Hochschule München machte er sich selbständig.

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Daumen hoch, fast 150 000 Mal. Alleine auf Facebook sind so viele Fans von Laura Zalenga, 24, und ihren Bildern begeistert. Die Architekturstudentin begann mit dem Fotografieren, als sie eine alte Kiste mit analogen Porträtfotografien ihres Vaters auf dem Dachboden entdeckte. Heute arbeitet sie zum großen Teil digital und hat sich auf konzeptuelle Porträts spezialisiert. Obwohl Laura ständig Lob und Anfragen von fremden Begeisterten erhält, möchte sie noch sehr viel in Sachen Fotografie lernen. Im Farbenladen präsentiert die Fotografin ehrliche Selbstporträts in Momenten der Ruhe. Für sie ist der Wohnraum immer auch Rückzugsort.

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Kreative Chaoten, Künstler und Normalos: Darauf hat sich Julia Thalhofer, 26, für ihre Ausstellungsbilder konzentriert. „Jeder junge Mensch hat so einiges an komischen Stillleben in seiner Wohnung herumstehen“, sagt sie. An diese besonderen stillen Orte hat sich die Fotodesign-Studentin herangewagt. Meist hält Julia besondere Menschen und Momente, die sich ihr ins Auge brennen, mit der Analogkamera fest. Die digitale Fotografie nutzt sie hauptsächlich, um zu experimentieren. Ihre fotografische Sicht ist von Malern wie Franz Marc, Wassily Kandinsky und Henri Matisse geprägt. 

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Seit zwei Monaten wohnt Georg Raab, 26, in einer WG mit sechs weiteren Mitbewohnern. Anfangs kannte er niemanden von ihnen. Mit der Kamera als stillen Beobachter hat er das alltägliche Leben in der Wohnung begleitet. „Die Fotos zeigen meinen Blick auf eigentlich fremde Menschen, die gerade beginnen Freunde zu werden“, sagt Georg. Er studiert Fotografie an der Akademie der Bildenden Künste in München.

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Käthe deKoe, 29, wohnt in einem Hochhaus mit 15 Stockwerken, die meisten Wohnungen sind Einzelapartments. Ihre Nachbarn sieht sie höchstens im Aufzug. „Da wird man natürlich neugierig und möchte erfahren, wie diese Menschen leben“, sagt sie. Die Bewohner zeigt sie als Geist in ihren Wohnungen: Denn auch, wenn sie nicht zu Hause sind, sei immer ein Teil von ihnen anwesend. Käthe ist vor allem als Konzertfotografin in München unterwegs.

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Ein Leben voller Musik und Geist und immer weniger Licht: So beschreibt Franziska Schrödinger, 23, ihr Konzept. Für die Ausstellung hat sie einen Menschen herausgegriffen, eine Wohnung unter vielen Tausenden, wie sie sagt. Die Fotodesign-Studentin ist freiberuflich als Fotografin und Fotoassistentin tätig. Mit der Kamera taucht sie gerne in andere Lebenswelten ein und hat sich auf Porträts spezialisiert: „Mich begeistert die Darstellung von Menschen“, sagt sie.

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Vergänglichkeit ist das Thema von Max Hofstetter, 22. Das Einzige, was bleibt, sind die Geschichten hinter den Dingen – und hinter den Protagonisten. Am liebsten fotografiert er Menschen, sowohl im Reportagestil als auch im Porträt. „Mich faszinieren ehrliche Momente zwischen Menschen“, sagt er. Nach mehreren Praktika machte er eine Ausbildung zum Mediengestalter beim Bayerischen Rundfunk. Heute arbeitet er als freier Fotograf und Videojournalist.

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(Fotos: privat)

PROGRAMM:

Die Ausstellung „Aufgeschlossen“ ist im Mai an den Wochenenden im Farbenladen des Feierwerks, Hansastraße 31, zu sehen. Vernissage ist am Samstag, 3. Mai, von 19 Uhr an. Samstags ist die Galerie von 16 bis 22 Uhr geöffnet, sonntags von 16 bis 20 Uhr, der Eintritt ist frei. Hier das weitere Programm:

Samstag, 3. Mai
Vernissage und Speed Painting mit Zarah Abraham
Musik: Oda & Sebastian

Sonntag, 4. Mai
Ein Blick in den WG-Wahnsinn
Das Münchner Kabarett-Duo Beier & Hang präsentiert Musik und Unfug über Liebeskummer, dreckiges Geschirr, einen leergefressenen Kühlschrank und ungeladene Gäste.
Musik: Amélie Haidt

Samstag, 10. Mai
Saiten und Streifen
Münchner Filmemacher zeigen ihre Werke: von Doku über Musikvideos bis zum Kurzspielfilm – mit Filmen von Eva Merz, Ferdinand Feldmann, Annelie Boros und anderen.
Musik: The King of Cons

Sonntag, 11. Mai
Dichtungsring
Kurz und dicht: Lyrik von und mit Roman Schmid, Jan Struckmeier, Matthias Dietrich.
Musik: Jules

Samstag, 17. Mai
Türk-Pop und Tiefsinn
Ein Abend von Kafkas Orient Bazaar – mit Songs aus dem neuen Album „Tief dort unten“ und Lesung aus dem dazugehörigen Kurzgeschichtenband.

Sonntag, 18. Mai
Von Zauberzungen und Wortmagiern
Es slammen die Poetry-Künstler Dominik Erhard, Kaleb Erdmann und andere – unterstützt werden sie von Beatboxer Rammon.
Musik: Nick And The Roundabouts

Samstag, 24. Mai
Weiß-blaue Geschichten
Prosalesung mit Sophia Lindsey, Ronya Othmann, Natalie Wübbolt, Johannes Weishaupt und anderen.
Musik: Lucie Mackert

Sonntag, 25. Mai
Sex und Sonntagsbraten
Die SZ-Autorinnen Lisi Wasmer und Susanne Krause lesen aus ihren Kolumnen „Beziehungsweise“ und „Bei Krause zu Hause“.
Musik: Gabriel Miller Philipps

Jenny Stern