Foto: Julian Mittelstädt

Neuland: Ausgezeichnet & Aufgezeichnet

Ausgezeichnet

Der Münchner Fotograf Julian Mittelstädt, 29, wurde zusammen mit dem Autor Marvin Xin Ku für ihre Reportage „BDSM mit Behinderung“ mit dem Hansel-Mieth-Preis 2020 ausgezeichnet. Für die Geschichte fotografierte Julian Mittelstädt Christian Kiermeier, einen jungen Blogger aus München, der sich mit dem Thema Behinderung und BDSM-Sexualität beschäftigt. Die Reportage von Marvin und Julian soll darauf aufmerksam machen, dass Menschen mit Behinderung sexuelle Bedürfnisse haben – und auch die anderer erfüllen können. Entstanden sind starke und intime Aufnahmen. „Ich bin dankbar für das Vertrauen von Christian und seinen Begleitern. In öffentlichen Medien sollten mehr Menschen mit Behinderung gezeigt werden“, sagt er. Die Reportage erschien im vergangenen Sommer bei Vice.  Ornella Cosenza

Aufgezeichnet

Aktuelle Probe für das Stück

Online und allein statt miteinander vor Publikum: für ihr Abschlussstück „Wir sind noch einmal davon gekommen“ stehen die Studierenden des 4. Jahrgangs der Theaterakademie August Everding nicht auf der Bühne, sondern streamen von zuhause aus. Jeder vor seiner eigenen Webcam. Ein Probenprozess mit vielen Herausforderungen, wie Schauspielstudentin Sandra Julia Reils, 25, erzählt, „Was können wir aus unseren Wohnungen machen? Wie kann das vor der Kamera aussehen? Wir probieren uns noch aus und wissen nicht genau wo da unsere Grenzen liegen, aber wir wollen uns das Abschlussstück auf keinen Fall kaputt machen lassen.“ Das Stück stammt aus dem Jahre 1942, handelt von einer katastrophengeplagten Welt und passt gespenstisch gut in die gegenwärtige Situation. Die ist für Peter Sampel, den 22-Jährigen Dramaturg des Stücks eine echte Chance, Theater neu zu denken: „Wir müssen total reduzieren. Neun Bilder auf einem Bildschirm, neun Mal Ton, da kann man nichts gleichzeitig zeigen. Das entschleunigt, lässt Zeit für den Zufall.“ Auf ihrem Instagram Account @wirsindnocheinmaldavongekommen zeigen die Künstlerinnen und Künstler diesen Weg, dort wird auch der Aufführungstermin bekannt gegeben werden. Laura Wiedemann

Mein München: Starnberger See

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Ein verlassener See, ein Segelboot und der Sonnenuntergang – das
Stillleben von Julian Mittelstaedt zeigt uns diesmal, wie nah wir den
Alpen sind.
 

Am liebsten fotografiert Julian Mittelstaedt, 25, Menschen. Für seine Fotostrecke „sunday still“ postet er jedoch jeden Sonntag auch ein Stillleben. Für jedes Foto fügt Julian ein weiteres L zu dem Wort still hinzu und führt damit eine Art Strichliste – mittlerweile ist er bei Nummer 43 angelangt. Häufig sind seine Fotos geprägt von einen Spiel aus Schatten und Licht, den Motiven sind dabei keine Grenzen gesetzt: eine verlassene Tischtennisplatte, eine leere Zigarettenschachtel am Ende einer Rolltreppe oder ein scheinbar achtlos über den Bettrahmen geworfenes T-Shirt.

Sein aktuelles Foto zeigt den Starnberger See: Im Vordergrund leicht unscharf ein kleines Segelboot, in der Mitte der spiegelglatte See und im Hintergrund als starker Kontrast die Berge in der Abendsonne. Für den gebürtigen Niedersachsen und begeisterten Mountainbiker ist die Nähe zu dem bayerischen Voralpenland immer noch verblüffend: „München hat wirklich einiges zu bieten, entspannt und schnell kommt man mit der S-Bahn an die ganzen wundervollen Seen im Umland.“ Entstanden ist das Foto im Nordbad Tutzing. Nach dem Geburtstag eines Freundes haben Julian und seine Freundin sich den Sonnenuntergang nicht entgehen lassen – dank der klaren Sicht sogar inklusive Alpenpanorama.

Von: Jacqueline Lang

Foto: Julian Mittelstaedt

Ein Abend mit: Julian Mittelstaedt

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Der Münchner Fotograf Julian Mittelstaedt fotografiert viel für Fahrrad-Magazine und geht gerne feiern. Als ehemaliger Barkeeper im Kong oder der Fox Bar kennt er die Münchner Szene und besucht gerne die alten Kumpels.

Hier beginnt mein Abend:

Fox Bar in der Türkenstr. 52

Danach geht’s ins/zu:

Crux oder ins Awi in der Müllerstr. 26

Meine Freunde haben andere Pläne. So überzeuge ich sie vom Gegenteil:

„Ich kenn da wen an der Bar!“ – Es gibt liquid cocain..

Mit dabei ist immer:

Meine Camera und Daniel – ma best!

An der Bar bestelle ich am liebsten:

Continental sour, Coke mit Zitrone und Eis, Pisco sour;

Der Song darf auf keinen Fall fehlen:

September – Earth Wind and Fire

Mein Tanzstil in drei Worten:

shaky smooth – unstoppable

Der Spruch zieht immer:

Klappt am besten ohne krumme sprüche..

Nachts noch einen Snack. Mein Geheimtipp ist:

Alter Simpl, Türkenstr.

Meine dümmste Tat im Suff war:

Silvester, sitzend auf einem Dachgiebel von einem Schwulen-Hotel

Das beste Frühstück nach einer durchfeierten Nacht gibt`s im/bei:

Cafe Puck! Es heißt: das Pucks (Salat, Bacon, riesen Portion Bratkartoffeln on top: Spiegelei, geil)

Diesem Club/dieser Bar trauere ich nach:

Ruby Bar an der Reichenbachbrücke. RIP. Props an Robinson!

Mein München: Marienplatz

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Menschen zu fotografieren ist manchmal gar nicht so leicht. Es ist schwierig, den perfekten Moment zu erwischen. Vor allem dann, wenn man die Menschen in dem Moment und nicht nachträglich zensieren will, wie Julian Mittelstaedt. Sein Projekt ist unter dem Namen  “oeffentlichzensiert” auf Instagram zu finden.

Julian Mittelstaedt, 25, fotografiert am liebsten Menschen auf der Straße. Für seine Reihe „Öffentlich Zensiert“ (noch bis zum 27.03. in der SZ Junge Leute Ausstellung „München – Am Rand“ im Farbenladen zu sehen) hat er Passanten abgelichtet, deren Gesicht zufällig verdeckt ist. Der Gedanke dahinter: „Wenn du auf der Straße Menschen fotografierst, müsstest du eigentlich nach einer Erlaubnis fragen“, erklärt Julian. „Zensur ist in der heutigen Fotografie ein brisantes Thema.“ Und das Einholen einer Erlaubnis nicht immer möglich. Deshalb hat der 25-Jährige nach einem Weg gesucht, Gesichter zu zensieren, „aber nicht in der Post-Production, sondern direkt vor Ort.“ Heißt: Julian Mittelstaedt sucht nach einer zufälligen Verschleierung. Das kann mal eine Zeitung sein, aber auch ein Baugerüst oder ein Schatten, der sich über das Gesicht legt – wie hier im Bild, das am Marienplatz entstanden ist. Wer glaubt, die Aufnahme der spontanen entstehenden Momentaufnahmen sei ein Kinderspiel, liegt falsch: Julian fotografiert ohne Autofokus, deshalb muss das Timing stimmen. Da die Bilder nicht gestellt sind, ist es ein kleines Kunststück, den richtigen Moment abzupassen. „Das kann auch schon mal vier bis fünf Stunden dauern.“ Das Projekt möchte er auch in Zukunft weiterführen und hat dafür den Instagram-Account „oeffentlichzensiert“ ins Leben gerufen. 

Von: Valerie Präkelt