Mega musikalisch

Wir porträtieren an dieser Stelle bis zur Vernissage alle 20
mitwirkenden KünstlerInnen unserer Ausstellung
“10 im Quadrat Reloaded”
 im Farbenladen – mal Fotograf, mal
Modell. Heute: DJ Natanael Megersa.

„Ich mag es, die Leute dazu zu bringen, dass sie nicht
anders können als zu tanzen“, sagt Natanael Megersa, geboren 1990, der als DJ
Techno und House auflegt. Dabei ist er selbst erstaunt, was Musik mit ihm
macht: „Es ist für mich wie ein Rausch und ich kann mir nicht vorstellen, dass
es anderen nicht gefällt.“ Immer wenn sich Natanael als Kind die Bravo Hits
seines Bruders angehört hat, haben ihm die Instrumentallieder am besten
gefallen. Als sich sein bester Freund einen DJ-Controller zum Auflegen und
einen Plattenspieler gekauft hat, war es auch um Natanael geschehen: Nach der
Übungsphase wurde das Auflegen schnell zum Beruf – wofür Natanael „mega
dankbar“ ist. Er hat jedoch auch schon am eigenen Leib erfahren, wie
anstrengend es sein kann, nachts in einem Club aufzulegen, um dann in der Früh
einem „normalen“ Beruf nachzugehen. Deshalb ist ihm bewusst, dass das DJing
auch anstrengend sein kann. Ob er das für immer wird machen wollen, weiß er
nicht. Was er aber weiß, ist, dass er immer mit Musik zu tun haben will und da
er sowieso schon Musik produziert, kann er sich vorstellen, junge Künstler in
sein Studio zu holen.

Text: Lena Schnelle

Foto: Lorraine Hellwig

Band der Woche: LCAW

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Seine Mutter und seine Schwestern sind in der Klassik unterwegs, aber Leon Weber alias LCAW zieht es in eine andere Richtung. Früher war der Musiker als House-DJ bekannt, nun wagt er sich mit Eigenkompositionen in die Popwelt vor.

Das Wort frühreif wird oft negativ verwendet. Man stellt sich einen Streber vor, der trotz geringer Erfahrung alles besser weiß und altklug kommentiert. Der Münchner Musiker, Produzent und DJ Leon Weber, alias LCAW, zeigt jedoch eine Art der frühen Reife, die ziemlich beeindruckend ist. Der 23-Jährige, der als House-Remixer von Indie-Tracks schon vor vier Jahren international bekannt wurde, veröffentlicht nun Ende März mit „Meet me in the Middle“ seine erste EP mit eigenen Tracks. Für die erste Single „Hummingbird“ konnte er die britische Sängerin Sophie Ellis-Bextor als Gast gewinnen. Die ist 38 Jahre alt und hatte 2001 mit „Murder on the Dancefloor“ ihren ersten Nummer-1-Hit. Dennoch hat man hier nicht das Gefühl, dass eine gesetzte Sängerin sich mit jugendlichem Produzenten verjüngen möchte oder dass ein junger Musiker versucht, den Stil eines erwachsenen Stars zu kopieren. In „Hummingbird“, einer leichfüßigen Disco-House-Nummer, treffen zwei Musiker auf gleicher Höhe aufeinander, auch wenn sie 15 Jahre Erfahrung trennen.

„Manchmal schreibe ich ein Lied und habe direkt eine Stimme im Kopf, die perfekt dazu passen würde“, sagt Leon. Als er an seiner EP arbeitete, war das mit der Stimme von Sophie Ellis-Bextor der Fall. Doch weil Leons Remixes eben da schon international erfolgreich liefen, befand sich der junge Musiker in der glücklichen Lage, die Person hinter der Stimme, die er im Kopf hatte, auch ganz reell anfragen zu können. Aufgenommen wurde der Song dann in einem Londoner Studio, in dem auch schon James Blunt oder Adele gearbeitet hatten. Herausgekommen ist eine ziemlich zugängige Pop-Nummer, deren Produktion reif und gesetzt wirkt. Da komponiert jemand, der sich handwerklich und stilistisch sehr sicher ist – obwohl das, neben ein paar Singles, das erste Mal ist, dass Leon mehrere selbstgeschriebene Songs gebündelt veröffentlichen wird. Für Leon ist dieser Song dabei auch der Beginn einer neuen künstlerischen Richtung. Man hört zwar seine Anfänge als House-Remixer durch, doch „Hummingbird“ ist ein richtiger Popsong, den er als „eine moderne Art von Disco und Funk“ beschreibt. Es hat in Leons Karriere allerdings ein bisschen Zeit gebraucht, bis es zu so einer Zusammenarbeit und dieser stilistischen Positionierung kommen konnte. Während er in seinen Remixes immer das musikalische Material anderer Künstler weiterverarbeitete, hat er hier selbst komponiert. Um damit in die Öffentlichkeit zu gehen, wollte und musste er sich sicher sein.

Schon 2014, als seine Laufbahn als DJ und Remix-Produzent bereits internationale Kreise zog, arbeitete er an Original-Tracks, also an Eigenkompositionen. Doch bis er diese für gut genug befand, um sie zu veröffentlichen, dauerte es. Da schwingt ein ziemlich hoher Anspruch an die eigene Musik durch, der vielleicht auch daher kommt, dass Leon von frühester Kindheit an mit klassischer Musik konfrontiert war. Seine Mutter und seine beiden Schwestern sind Berufsmusikerinnen in der Klassik. Leon selbst spielt Klavier und Cello, gewann den Wettbewerb „Jugend musiziert“ und spielte im Bundesjugendorchester. Für eine Karriere in der Klassik habe ihm das permanente Üben jedoch zu wenig gelegen, erklärt er. Sich aber in der Musik fest zu beißen, lange an etwas zu arbeiten und zu feilen, das ist – neben dem musikalischen Grundverständnis – wohl etwas, was er aus der klassischen Ausbildung mitgenommen hat. Gleichzeitig befähigt ihn nun genau das, Songs zu produzieren, die trotz seines Alters auf dem internationalen Pop-Markt bestehen können. 

Stil: Pop/House
Besetzung:
Leon Weber (Komposition, Produktion)
Seit:
2013
Aus:
München
Internet:
www.lcawmusic.com

Text: Rita Argauer


Foto: Yunus Hutterer

Baal (House / Elektro)

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Jahr: 2014, Woche: 38

Die beiden Musiker Matthias Dräxler und Matthias Schüll geistern schon länger in der Münchner Club-Szene herum. „Bei all der Partymusik bleibt der Inhalt oft auf der Strecke“, sagt Matthias Schüll, sie hätten da irgendwann eine Leere in sich gespürt. Und dieses Loch stopfen sie nun mit allem, was der Mystizismus und die Spiritualität der Menschheitsgeschichte so zu bieten hat.

Große Worte spucken die beiden Musiker einfach so aus. Als hätten sie sich völlig befreit von all der coolen Zurückhaltung und der Uneindeutigkeit ihrer Generation. Das Münchner Duo Baal nimmt den Mund voll (Foto: Ann-Sophie Wanninger): Sie benennen sich nach einer mystischen Gottheit, bringen eine Single heraus, die von DJ Hell gefeiert wird und betiteln einen Track mit nichts Geringerem als dem religiösen Anfang allen Lebens: der biblischen Genesis. Doch mit Phil Collins leichter Zugänglichkeit hat das alles wenig zu tun. Baal ist finster, übellaunig und Metaphern-schwanger.

Die beiden Musiker Matthias Dräxler und Matthias Schüll geistern schon länger in der Münchner Club-Szene herum. So veranstalten die beiden Fürstenfeldbrucker unter dem Namen Konta regelmäßig Tanzpartys und machten auch immer wieder selbst Musik. Doch als Baal soll das nun alles anders werden, obwohl die Musik immer noch elektronisch ist. „Bei all der Partymusik bleibt der Inhalt oft auf der Strecke“, sagt Matthias Schüll, sie hätten da irgendwann eine Leere in sich gespürt. Und dieses Loch stopfen sie nun mit allem, was der Mystizismus und die Spiritualität der Menschheitsgeschichte so zu bieten hat: Jericho, Genesis, Gottheiten, Neubeginn und Rache. „Wir mögen die Ambivalenz von Baal“, erklärt Matthias Schüll, diese spirituelle Figur eines Gottes oder einer Götze, die ihr Gesicht verändert, je nachdem, aus welcher religiösen Tradition heraus man sie betrachtet: „Gut und Böse, echt und falsch, Licht und Dunkel“, nennt das sein Kollege Matthias Dräxler.

Ob sich all diese Geschichten nun tatsächlich erzählen, wenn man der Musik von Baal lauscht, ist letztlich aber völlig irrelevant. Die Grundlage ist immer noch House: schiebende Bassdrums und pumpende Bässe. Doch darüber erklingen etwa im Track „Jericho“ synkopierte Staccato-Streicher, die irgendwann von wohl gesetzten Funk-Bläsern abgelöst werden. Die Kraft, die so viele verschiedene Klangfarben der synthetischen Musik geben, ist spannend. Nach bejubelten DJ-Sets arbeiten sie gerade an der Live-Umsetzung ihrer Musik, die am Donnerstag, 25. September, zum ersten Mal im Münchner Harry Klein stattfinden soll.

Ein bisschen wünscht man sich, dass sie irgendwann nicht mehr nur die Synthesizer live bedienen werden, sondern sich zu ihren Computer auch tatsächlich ein paar Trompeter auf das DJ-Pult setzen, die den mystischen Marsch live durch den Club blasen.  Rita Argauer

Stil: House / Elektro
Besetzung: Matthias Dräxler, Matthias Schüll (beide Produktion)
Aus: Fürstenfeldbruck
Seit: 2014
Internet: www.baalmusic.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.