Konsequence (Pop / Soul)

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Jahr: 2014, Woche: 49

Pop-Band ohne Bandfotos. Heutzutage unmöglich? Nein, denn bei Konsequence, dem neuen Projekt der Hello-Gravity-Truppe, soll nur die Musik im Vordergrund stehen. Und die funktioniert wie ein Soundtrack.

Die Welt sei nicht genug, sang Shirley Holme von Garbage zum gleichnamigen James-Bond-Film in den Neunzigern. Und Nancy Sinatras „My Baby Shot Me Down“ erweckte Tarantinos blutige Braut-Bilder in „Kill Bill“ zu besonderem Leben. Soundtracks haben seit jeher eine spezielle Atmosphäre, weil sie die Fiktionslust ihrer Hörer befriedigen. Der Interpret rückt dabei in den Hintergrund, die Stimmung aus der Kombination mit den Bildern ist ausschlaggebend. Die gerade gegründete Münchner Musikertruppe Konsequence (Foto: Panther Music) versucht nun von Beginn an, Musik zu machen, die eher wie ein Soundtrack denn als Pop-Album funktioniert. Und so die Hochphase der Popmusik mit Referenzen von Michael Jackson bis Beyoncé auferstehen lässt.

Den Pop-Appeal, der so unweigerlich an die ausführenden Personen gekoppelt ist, haben die drei Musiker hinter sich gelassen. Als Mitglieder der Band Hello Gravity, die sich vergangene Woche aufgelöst hat, hatten sie sich in diesem personenbezogenen Pop-Faktor auch weitestgehend ausprobiert. Das neue Projekt Konsequence ist da gegensätzlich angelegt: Die Brüder Mike und Tom Zitzelsberger sowie Simon Popp treten als Musiker zurück. Es wird keine Bandfotos geben, keine Gesichter und keinen Frontmann, die der Musik das in der Popwelt so nötige Identifikationspotenzial geben würden. Dafür aber arbeitet das Trio mit der Kraft von Atmosphäre und Fiktion. Sie schreiben den Kino-Film schon in die Produktion hinein, indem sie als Musikbeschreibung eine Szene wie aus einem alten James-Bond-Film aufreißen und Songs schreiben, die zwischen Funk, Elektro-Beat und Soul ihre Kraft eher in längeren Sequenzen entwickeln als durch eine typische Pop-Struktur. Und so gibt es statt Band-Fotos oder Tanz-Videos also sogenannte Mood-Fotos, die so tun, als seien sie in den frühen Siebzigerjahren in den Vereinigten Staaten entstanden und die sich mit dem längst vergangenen Glanz der frühen Disco-Ära zu dem gerade immer noch angesagten Retro-Schick verbinden. Dazu tönt die Musik, die eben auch ein wenig rückwärtsgewandt klingt, aber so modern produziert ist, dass die Beats auch für heutige Ohren durchaus grooven.

Am vergangenen Freitag haben sie ihre ersten beiden Tracks veröffentlicht, nun planen sie eine EP, die sie auf ihrem eigens dafür gegründeten Label veröffentlichen wollen. Dafür arbeiten sie mit diversen Musikern zusammen, unter anderem auch mit Tahnee Matthiessen, Sängerin der Münchner Band Luko. Rita Argauer

Stil: Pop / Soul
Besetzung: Mike Zitzelsberger, Tom Zitzelsberger, Simon Popp (Produktion), diverse Gastmusiker
Aus: München
Seit: 2014
Internet: soundcloud.com/konsequencemusic

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Hello Gravity (Rock / Pop)

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Jahr: 2013, Woche: 17

Trotz Erfolg nicht abheben – Dieses Ziel drücken die vier Jungs von Hello Gravity schon in ihrem Namen aus. Jetzt erscheint ihr zweites Album “The Golden Kind” über die Suche nach Sinn und Transzendenz im glitzernd aufgeplusterten Gewand.

Narzissmus, Größenwahn, Selbstdarstellung. Im Pop ist die Überhöhung der eigenen Kunst häufig zu beobachten. So lange man selbst behauptet, man sei größer als man ist, dann werden es die anderen schon irgendwann glauben. Bei Hello Gravity (Foto: Johannes Brugger) steckt im Namen noch die Bodenständigkeit ihrer Schrobenhausener Heimat. Auf ihrem zweiten Album allerdings suchen sie Sinn, Transzendenz und Grundfragen im glitzernd aufgeplusterten Gewand.

Und diese Inszenierung ist ausgesprochen perfide geplant: Lange galten die vier jungen Männer mit ihrem wirklich gut gemachten Indie-Pop als Hoffnungsträger. Schließlich landeten sie beim Münchner Label „Dienje“ und veröffentlichten dort ihr erstes Album „Wunderkind“. Das verspielte, aber trotzdem mit einem enormen Willen und Ehrgeiz an die Perfektion gedrückte Album, machte seinem Namen alle Ehre und die Band einem breiteren Publikum bekannt. Es folgten Konzerte fern der Heimat und die Arbeit am Nachfolger.

Wo bei „Wunderkind“ noch das Schalkhafte mitschwang, ist „The Golden Kind“ ernster. Die Musik ist fülliger geworden. Die Stimme von Mike Zitzelsberger schwankt zwischen Falsett und Brust – die Unterlage ist elektronisch, die Gitarren vereinen sich mit Bass und Keyboards zu einer Soundwand, die die einzelnen Klangfarben nicht mehr differenziert, sondern als Ganzes funktioniert. Ein wenig erinnern Hello Gravity manchmal an die amerikanische Band „Animal Collective“, die allerhand elektronisches Blubbern und Piepen mit afrikanisch angehauchten Rhythmen würzen – ein wenig mehr dieser Freiheit wünscht man sich auch bei Hello Gravity, deren interessante Ideen manchmal zu sehr von Synthesizern überklebt werden. Dennoch dürfte das Album, das am Freitag, 10. Mai, im Ampere vorgestellt wird, in einigen Plattensammlungen landen. Rita Argauer

Stil: Rock/Pop
Besetzung: Mike Zitzelsberger, Felix Koch, Simon Popp und Thomas Zitzelsberger
Aus: Schrobenhausen, München
Seit: 2009
Internet: https://www.facebook.com/wearehellogravity

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.