Von Freitag bis Freitag: Unterwegs mit Sandra

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Christkindlmärkte schießen an jeder Ecke aus dem Boden. Doch so richtig in Weihnachtsstimmung will sich unsere Autorin noch nicht begeben. Bunt ist ihr Programm zwischen Konzerten, Surferfilmen und moderner Kunst auf jeden Fall.

Es ist die Woche, in der sich die Schaufenster mit
Weihnachtsdekoration füllen und die ersten an das Besorgen von Geschenken
denken. Bevor wir aber statt dem Feierabendbier den Feierabendglühwein auf den
Christkindlmärkten in einigen Tagen genießen können, versuche ich noch der
vorweihnachtlichen Stimmung ein wenig aus dem Weg zu gehen.

Das Filmschoolfest neigt sich am Freitag bereits dem Ende entgegen,
doch auch hier gilt: Das Beste kommt zum Schluss! Die „Hofbräu Trophy“ wird an
die beste Bierwerbung vergeben, die von Studenten oder Azubis gedreht wurde.
Mal schauen, ob es dort auch Freibier geben wird.

Bevor es am Samstagabend Elektro-Musik gibt, schaue ich im JustMusic gegenüber vom Olympiaeinkaufszentrum vorbei. Dort findet heute ein Singer/Songwriter-Contest statt und ich freue mich auf Poeten mit Gitarre und Piano. Am Abend feiere ich dann die Freiheit im Harry Klein. Ein
ganz besonderes Event wartet hier auf die Münchner: Der Film Raving Iran wird
gezeigt – und danach legen die Protagonisten des Films selbst auf.

Am Sonntag besuche ich das Ägyptische Museum. Jedoch nicht,
um mir Keramikschalen oder Grabfunde aus der Zeit vor Christus anzuschauen,
sondern Kunstwerke des 21. Jahrhunderts. Der Kunstsalon 2016 zeigt von einer
Jury ausgewählte Werke deutscher und internationaler Künstler unter dem Titel
“Farbe und Raum”. Ich bin gespannt, wie bunt es wird! 

Den Wochenbeginn gehe ich ruhig an und tauche ein
in die Surf-Film-Nacht. Der Streifen „Surfers Blood“ kommt von Patrick Trefz, Indie-Filmemacher
und ehemaliger Photo-Editor des amerikanischen Surfer Magazines. Er zeigt
wichtige Charaktere der Surfwelt abseits der Mainstream-Clips.

Am Dienstag tritt die Band The Lumineers im Zenith auf. Es ist eine von gerade einmal drei Shows, die sie in Deutschland spielen. Ich stimme mich schon mal mit den richtigen Worten ein und sage nur: “Ho Hey”. Das erinnert mich ohne die musikalische Begleitung doch ziemlich an das “Ho ho ho” des Weihnachtsmannes – und das werde ich im Radio oder TV noch früh genug zu hören bekommen.

Das führt mich auch schon zum nächsten Punkt: Die Weihnachtsmärkte beginnen nächstes Wochenende, zur Einstimmung besuche ich am Mittwoch das Winter-Tollwood. Ich
probiere mich durch indische, peruanische und marokkanische Gerichte und lande
am Ende des Abends an einem schnuckeligen Glühweinstand. Den gibt es hier sogar
mit Apfelgeschmack!

Vor wenigen Wochen war der Münchner

Felix Krull

unsere Band der Woche.

Am Donnerstag präsentiert er sein neues Album und zeigt, dass auch hier Hip Hop möglich ist – mit viel Kitsch und Grünwald-Image. Der Club Helene in der Occamstraße verspricht voll zu werden, bis 23:00 Uhr gibt es Jägermeister for free. Grünwald eben.

Und schon ist eine wirklich bunte und abwechslungsreiche Woche um. Damit das Wochenende gleich richtig los geht, tanze ich am Freitag im Neuraum zu Lost Frequencies. Seine Remixes versprechen gute Stimmung – optimal also, um die Tage des ersten Adventswochenendes zu genießen.  

Band der Woche: Felix Krull

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Hip-Hop und Rap – zwei Dinge, die wohl eher mit Berlin statt mit München verbunden werden. Doch Felix Krull – ja, das ist dieser Hochstapler aus dem Deutschunterricht – dreht den Spieß um und produziert Kitsch-Rap über das Münchner Image.

München hat ein schlechtes Image, was Pop-Musik betrifft. Denn während Berlin immer noch als Metropole des Untergrunds, des Slacker-Lifestyles und der durchtanzten Nächte wahrgenommen wird, gilt München als reich, arbeitsam, teuer, wohlig – eben alles, was nicht cool ist. Klar, das sind Klischees. Und die kann man benutzen. Das ist im Münchner Hip-Hop nun schon zwei Mal exemplarisch geschehen. Eigentlich braucht Hip-Hop das Leid der Gosse, um seine Authentizität zu beweisen. In Berlin versuchten Sido und Konsorten die Ghetto-Romantik mit Aggro-Berlin zu reproduzieren. In München reagierten ein paar Spaßvögel-Rapper darauf mit Aggro-Grünwald, der Schampus-saufenden Rich-Kid-Variante der Rüpelrapper.

Felix Krull hat diesen Stil nun perfektioniert. Während Aggro-Grünwald so schnell wieder verschwand wie das Lachen über den Namenswitz anhielt, schärfte Krull sein Image als schleimiger Bonzenrapper über Jahre hinweg. Felix Krull, Thomas Manns Hochstapler, den benutzt er als Pseudonym, und zeigt schon hier den Inszenierungscharakter des Ganzen an. Seinen echten Namen möchte er natürlich nicht nennen, denn: „Um für Verwirrung zu sorgen, behaupte ich auch manchmal, es sei mein echter Name“, erklärt er. Krull möchte der Popmusik nun den Kitsch (zurück-)geben. Als Heilsbringer der einfachen Wahrheit, unter der die Abgründe beginnen, wie das schon bei Falco der Fall war, und den Krull zum großen Vorbild erklärt hat.

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Dahingehend hat er, der vor sechs Jahren noch mit präpotentem Männlichkeitsgehabe auf den Plan trat und von sich selbst nur als dem „Stemmer“ sprach, sich gewandelt. Der Strategie einer Sekte gleich, folgen seine knapp 4000 Facebook-Fans seinen „5 Regeln des Kitsch“, in denen der Erleuchtete eine Anleitung zum Leben im rosa Polo-Hemd beim Hugo trinken auf Münchens Sonnenplätzen gibt. Und natürlich – auch das ist schon wieder ein Klischee – beginnt sein Album „Kitsch“, das am 28. Oktober erscheinen soll, mit Mario Adorfs „Geld“-Monolog aus „Kir Royal“. Die Musik, die er dabei macht, ist erstaunlich sanft. Die Edginess, die er sich in der Inszenierung erlaubt, fehlt seinen Beats, die ein wenig nach dem üblichen Loop-Allgemeingut klingen. Seine prahlerischen Texte könnten aber durchaus eine Rampe gebrauchen, die sie ins wirklich Extraordinäre treiben würde. Etwas, dass sein theatrales Talent so grenzüberschreitend und wunderbar vorgibt. 

Stil: Kitsch-Rap
Besetzung: Felix Krull
Aus: München
Seit: 2010
Internet: www.facebook.com/felixkrullofficial

Von: Rita Argauer


Fotos: Philip Klett, Spring Pictures