Band der Woche: Cosma Joy

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Die Münchener Singer-Songwriterin Cosma Joy, 17, überzeugt mit ihrer selbstbewussten Stimme über sanften Gitarrenklängen. In der Zukunft will sie die Musik zum Beruf machen. 

Die Gitarre erscheint heute als Platzhalter für all diejenigen, die gerne Musik machen und insbesondere singen wollen, sich aber mit dem instrumentalen Bereich der Musik möglichst wenig auseinandersetzen möchten. Eine Gitarre ist dafür sehr praktisch. Die offenen Grundakkorde, mit denen man jeden Lagerfeuerklassiker begleiten kann, hat man auch als Autodidakt schnell drauf. Und auf den unauffälligen Akkordklang lässt es sich famos singen. Denn die Stimme ist da zwangsläufig immer die Hauptattraktion. Das kann zum Problem werden, wenn die Stimme mal nicht so fabelhaft außergewöhnlich ist, denn dann wird der künstlerische Output der vielen Akustik-Gitarren-Singer-Songwriter austauschbar.

Wie großartig aufregend Songwriter-Musik sein kann, wenn die Gitarre mal gegen ein anderes Instrument getauscht wird, zeigt sich etwa bei Joanna Newsoms Harfe oder Regina Spektors Klavier. So weit ist die erst 17-jährige Münchner Songwriterin Cosma Mollenhauer alias Cosma Joy noch nicht. Sie spielt sich bisher die übliche Akustik-Gitarren-Begleitung unter ihre selbstgeschriebenen Songs. Doch diese Songs haben Potenzial. Denn was Cosma stimmlich macht, ist viel näher an den genannten US-Amerikanerinnen als an Münchner Open-Stage-Sessions. 

Das hängt zum einen mit Cosmas Stimme zusammen. Ausgesprochen sicher intoniert sie auch in komplizierteren melodischen Linien. Doch es ist nicht nur das: Cosma benutzt ihre Stimme auch schön selbstbewusst und nicht so kleinmädchenhaft und pseudo-schmollend wie das bei so vielen Songwriterinnen seit Dillon und CocoRosie angesagt ist. Cosma hingegen singt mit einem klaren Timbre, das sich eher an den dezidierten Aussagen eines Bob Dylan oder einer Janis Joplin orientiert. Dazu schreibt sie auch noch spannende Gesangslinien über ihre bisweilen doch recht langweiligen Akustik-Gitarren-Akkorde. Da drängt mal die piepsige Verwirrtheit durch, mit der Joanna Newsom bisweilen kokettiert, da finden sich aber genauso auch die schwere Theatralität und das verrückte Selbstbewusstsein einer Regina Spektor.

Selbstbewusst ist sie auch, was ihre weitere Karriere betrifft. Cosma will Berufsmusikerin werden und all ihre Zeit der Musik widmen: „Ich will Musik als meine Arbeit machen, genug Geld damit verdienen, dass ich nie beruflich etwas anderes machen muss, als ich wirklich möchte, das ist der Traum“, sagt sie ähnlich zielgerichtet wie ihre Musik klingt. Und gerade läuft es ganz gut an für sie. Sie supported die Kölner Musikerin Josin auf deren Tour mit Konzerten in Berlin, Hamburg, Köln und München. Zudem hat sie gerade die EP „Baby, I’m a dreamer“ veröffentlicht. 

Von ihrer Familie bekommt sie Unterstützung. Die Familie hatte sie auch von Kindheit an geprägt: Ihre Mutter habe ihr zum Einschlafen Jazz-Lieder vorgesungen, Vater und Mutter hätten sich über ein gemeinsames Bandprojekt kennengelernt. Die Musik ist Cosma also nah. Eine Band aber sucht sie derzeit noch nicht, auch wenn die vergrößerte Klangvielfalt ihre Musik vermutlich noch ein Stück interessanter machen würde. Aber: „Es ist schwierig, Menschen halbwegs in meinem Alter zu finden, die sich komplett einer Karriere als Musiker widmen“, erklärt sie.

Text: Rita Argauer

Foto: Tim Davies

Band der Woche: Sunspiration

Bereits zwei Alben hat die Indie-Folkband Sunspiration veröffentlicht. Die Bandmitglieder kennen sich schon seit Kindertagen – die Songtexte stammen aus der Feder von Violetta Ditterich, der Cousine des Gitarristen Lenny Bachmeier.

Die menschliche Stimme umweht ein besonderer Mythos. Das beginnt in der Bibel, in der das “Wort” Gottes eine oberste Wahrheitsinstanz ist – und zieht sich bis in die Postmoderne, wenn der französische Philosoph Jacques Derrida den Wahrheitsanspruch beschreibt, der im gesprochenen Wort liegt, das also direkt mit dem Hirn und dem Denken verbunden ist. Auch die Popmusik gewinnt durch die Dringlichkeit, die eine Stimme mit selbstgeschriebenen Texten vermitteln kann. Funktioniert diese Ebene nicht, wirkt die Musik gleich viel unzugänglicher. Sei es bei Instrumentalmusik oder aber bei einer Sängerin oder einem Sänger ohne Charisma. Dabei geht es nicht darum, ob jemand die Töne trifft, sondern vielmehr, ob sich die Worte des Texts in Timbre und Ausdruck der Stimme so spiegeln, dass sie den Hörer treffen können.

Umso überraschend wirkt der Songwriting-Prozess der Münchner Band Sunspiration . Denn die Musik klingt äußerst dringlich, ein bisschen so wohlig melancholisch wie die BrightEyes. Jedoch brechen Sunspiration die Vereinigung zwischen Textdichter und Sänger in einer Person auf. Es textet Violetta Ditterich, die Cousine von Gitarrist, Keyboarder und Sänger Lenny Bachmeier, für die drei Musiker. Sie selbst tritt in der Band nicht in Erscheinung. Doch Lenny und seine beiden Bandkollegen – der Gitarrist und Sänger Florian Heimbuchner sowie Stefan Gackstatter am Schlagzeug – kommen mit dieser Aufgabenverteilung gut klar. Denn daraus ergebe sich auch eine ganz eigene Dynamik, erklärt Violetta: Sie schreibe ein paar Zeilen, die Musiker lassen sich davon zu Musik inspirieren – und so schreibt sich der Song mit gemeinsamen Assoziationen fort. “Dabei kommt es immer wieder zu Überraschungen. Wir entwickeln uns zusammen weiter”, sagt sie. Geschrieben habe sie schon immer gerne. Irgendwann habe ihr Cousin gefragt, ob sie nicht ein paar Strophen auf die Musik seiner Band schreiben wolle. “Die Konstellation harmoniert bisher sehr gut bei uns. Sowohl ich als auch die drei Jungs können sich frei im eigenen Bereich ausleben, bevor es dann zu einem großen Ganzen wird”, erklärt Violetta.

Angefangen, zusammen Musik zu machen, haben sie noch zu Schulzeiten, sie kennen sich seit Kindertagen. Mittlerweile versuchen sie ihr Leben auf die Musik auszurichten und haben bereits zwei Alben veröffentlicht. Darauf findet sich zweistimmiger Gesang, klirrende Keyboards, treibende Beats und anachronistische Orgeln: “Damit ist unsere Musik einerseits modern und nah am Zeitgeist dran, gleichzeitig schwingt ein Flair der Sechzigerjahre mit”, erklären sie, die ursprünglich aus Ebersberg stammen und nun in München, Leipzig und Würzburg studieren und deshalb viel Zug fahren, um weiterhin gemeinsam zu proben und Songs zu schreiben. Gezupfte Gitarren-Patterns treffen auf zum Teil fast altmodisch und ritterlich klingenden mehrstimmigen Gesang. Die Musik plätschert vor sich hin, umgarnt den Hörer, anstatt unbedingte Aufmerksamkeit zu fordern. “Am Anfang waren es bei uns eher Singer-Songwriter-Melodien, mittlerweile hat sich einiges verändert”, sagen sie. 

Doch vielleicht trägt auch der ungewöhnliche Songwriting-Prozess und Violettas Ghostwriter-Tätigkeit dazu bei, dass etwa der Song “Three Men” besonders, ja beinahe episch klingt. Denn wenn man sich drei junge Männer vorstellt, die über drei junge Männer in der dritten Person schreiben, ist das vielleicht ein bisschen seltsam. Doch in diesem Song, dessen Gitarren-Picking schließlich von noisigen Keyboards und einem konkret trabenden Beat eingeholt wird, hat man das Gefühl, einer spannenden, fremdartigen Geschichte zu lauschen. Eine Geschichte, die eben oft ein Außenstehender besser erzählen kann als der, der selbst drinsteckt. Am Montag, 12. März, spielen Sunspiration im Münchner Club Milla.

Foto: Simon Heimbuchner

Text: Rita Argauer

EP-Kritik: “Up the ante” von Inside Golden

München scheint dem Blues verfallen. Nach Jesper Munk und The Whiskey Foundation schicken sich nun auch Inside Golden an, mit ihrem Debüt “Up the ante” gute Gitarrenmusik unter’s Volk zu bringen.

Viele Medien sprechen in letzter Zeit gerne von einer Art neuen „Blues“-Bewegung, die sich in München entwickelt. Immerhin hat die Stadt mit Jesper Munk einen Künstler hervorgebracht, der nicht nur in der Szene als Sensation gefeiert wird, sondern auch Deutschland weit Erfolge aufweist. Gleichzeitig gibt es mit Bands wie den Black Submarines oder The Whiskey Foundation eine Reihe von sehr fähigen Gattungsvertretern.
Auch die Musiker von Inside Golden, die übrigens früher größtenteils mit besagtem Jesper Munk in einer Band gespielt haben, schlagen in dieselbe Kerbe: auf ihrer ersten EP „Up the ante“ zeigen sie, wieso sie dem eben etablierten Genre-Standard in nichts nachstehen. Eine Spur rockiger als etwa von Jesper Munk gewohnt setzen die sechs Lieder jeweils ganz eigene Schwerpunkte, von treibend-intensiv wie der Opener „My Muse“, über melancholisch in „Letting Go“ bis hin zum ruhig und gefühlvoll in „Velvet Smoke“.
Trotz vieler Zitate und bekannter Klänge, entwickeln die Musiker auf der kurzen Platte einen eigenen Sound. Ein Sound, der zum Zuhören einlädt und das emotionale des Blues ebenso transportiert, wie der der anderen Vertreter des „Münchner Blues“. Ein sehr gelungenes Debüt.

Text: Phillipp Kreiter