Florian Schmidt-Sommerfeld kommentiert seit einem Jahr American Football bei ProSieben MAXX. Sein Interesse für Football entstand aber eher aus Versehen, nachdem seine Eltern ihm ein falsches Gameboyspiel schenkten.
„Willkommen zurück zu ran NFL! Die Entscheidung steht an: Wer geht in die Playoffs?“ Markant und rauchig erklingt die Stimme von Florian Schmidt-Sommerfeld, mittlerweile besser bekannt als „Schmiso“. Es ist der August vor einem Jahr, Florian dreht sein Bewerbungsvideo für die Stelle als Kommentator der American Football-Liga NFL im deutschen Fernsehen. Hinter ihm weiße Wände, ein weißer Schrank und ein weißer Schreibtisch, das WG-Zimmer eines Freundes. Das Video stellt er auf Youtube.
51 Tage und ein Casting später: „Willkommen zurück zu ran NFL!“ Die gleiche Stimme, gleiches Gesicht, anderer Hintergrund. Hinter Florian, damals 25, ist die US-Flagge auf einem Screen zu sehen, er sitzt an einem Plexiglas-Tisch und hat ein professionelles Headset auf. Er sitzt nun da, wo auch Frank Buschmann und Wolff-Christoph Fuss saßen, zwei seiner größten Vorbilder. Sein Debüt bei ProSieben MAXX feiert er im Oktober 2015 beim Heimspiel der San Francisco 49ers gegen die Green Bay Packers. Seitdem führt Florian wöchentlich durch die Sendung. Der 26-Jährige kommentiert die Footballspiele im Zwiegespräch mit einem der Experten und scherzt nebenbei mit dem Redakteur Icke, der die neuesten Reaktionen zum Spiel aus dem Netz parat hat.
Das Konzept der NFL-Übertragung in der letzten Saison übertraf jegliche Erwartungen des Senders. „Wenn uns am Anfang der Saison jemand gesagt hätte, ihr landet mit den Playoffs auf ProSieben Maxx bei einer Einschaltquote von 600 000, hätten wir ihm alle einen Vogel gezeigt“, sagt Florian. Auf Sat.1 wollten zuletzt sogar über eine Million die Übertragungen sehen. In vielen Freundeskreisen – vor allem unter jungen Männern – wurde der Sendungs-Slogan „jeden verdammten Sonntag“ zum Pflichtprogramm. Das Erfolgsrezept: die persönliche Note. Die Moderatoren erzählen eigene Anekdoten, sprechen sich mit ihren Spitznamen an und posten abseits der Sendung Fotos und Videos von gemeinsamen Fußballabenden oder Silvesterfeiern. Kommentatoren zum Anfassen.
Während andere Kommentatoren vor allem beim Fußball regelmäßig Gegenstand von Anfeindungen werden, wird das Sendungsteam bei ran NFL Teil des Hypes. Das liegt auch daran, dass sich anders als beim Fußball beim American Football in Deutschland bisher nur wenige für Experten halten, die es besser wissen als die Kommentatoren. Trotzdem gab es zum Sendestart in den sozialen Medien noch einige, die sich über Florians jugendliches Alter echauffierten, aber inzwischen sind die skeptischen Stimmen leiser geworden.
Auch die Fans hätten gemerkt, dass Florian über die besten Voraussetzungen für den Job als NFL-Kommentator verfüge, sagt „ran“-Sportchef Alexander Rösner: „authentisch, gute Stimme und vor allem Ahnung von der Materie Football“. Auch M94.5-Programmchef Wolfgang Sabisch, bei dem Florian während des Studiums seine ersten Schritte im Sportjournalismus machte, ist beeindruckt von der „erstaunlichen Entwicklung“ in sehr kurzer Zeit.
Den Höhenflug seiner ersten NFL-Saison habe er erst in der Spielpause seit Februar verarbeitet, sagt Florian. Er erinnert sich an das Gefühl nach der Job-Zusage, als er bei der Basketball-EM in Berlin war. Bis sechs Uhr morgens lag er in der Nacht noch wach. „Mir wurde plötzlich klar: Wenn ich es jetzt nicht verkacke, bin ich an meinem Ziel angekommen. Das kam alles 20 Jahre früher, als ich es mir in meinem Lebensplan erhofft hatte.“ Traumjob direkt als Uniabsolvent statt mühsames Hocharbeiten – bis heute hat er das Gefühl, auf der Überholspur gelandet zu sein.
Mittlerweile hat Florian ein Management, das sich um die nächsten Schritte kümmert. Zum Beispiel darum, was er in den sieben Monaten Spielpause macht. Neben Motorsportsendungen bei Motorvision TV und ProSieben Fun moderiert er neuerdings auch Unterhaltungsformate, etwa eine Ausgabe Galileo Spezial. Immer öfter wird er nun auf der Straße erkannt.
Seinen ersten Kontakt mit American Football hatte er eher zufällig: Als Kind schenkten ihm seine Eltern aus Versehen ein Gameboyspiel mit Football statt, wie beabsichtigt mit Fußball. Tiefer in die Materie Football stieg er erst über seine Begeisterung für die Munich Cowboys, das Münchner Footballteam, ein.
Er selbst hat lange Handball beim TSV Trudering gespielt, sein Trainer sah Aufstiegschancen für den damals 16-Jährigen. Dass er den strengen Trainingsplänen und spielintensiven Wochenenden das Feiern mit Freunden vorzog, bereut er bis heute. Jetzt wünscht er sich, durch die Sendung Zuschauer für Sport zu begeistern – und zwar nicht nur vor der Glotze: „Wenn jemand nicht nur ‚jeden verdammten Sonntag’ NFL schaut, sondern auch zum Beispiel jeden verdammten Montag ins Football-Training gehen würde, das wär für mich der schönste Verdienst.“
Von: Elisabeth Kagermeier
Foto: Prosieben maxx, Sat1