Band der Woche: Willing Selves

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Anton und Antonia machen gemeinsam Musik. Und das schon lange. Denn Anton und Antonia sind Geschwister. Mit den “Willing Selves” startet nun ihr zweites gemeinsames Projekt: guter Elektro/Pop.

Das Verhältnis von Geschwistern ist oft seltsam. Das beginnt mit der Eifersucht des Erstgeborenen auf den Nachzügler, trägt sich in Behauptungsstreitigkeiten weiter, bildet ein seltsames Konkurrenzverhältnis, in dem aber gleichzeitig ein kaum zu überbietendes Vertrauen liegt. Kompliziert ist das. Umso erstaunlicher sind dann immer wieder die Geschwister, die kreativ zusammenarbeiten und sich darüber nicht irgendwann zerstreiten. Es gibt da bekannte Beispiele wie die Coen-Brüder, es gibt Fake-Geschwister wie die White Stripes, die eigentlich verheiratet waren und sich nur als Bruder und Schwester ausgaben, und es gibt seltsam künstliche Geschöpfe wie die TV-Zwillinge Ashley und Mary-Kate Olsen.

Fast normal wirken da Antonia und Anton Schröpfer, Geschwister und Münchner Musiker, die zusammenarbeiten, seit sie 16 und 17 Jahre alt waren. Damals spielten sie eine verdrehte Form von Reggae. Danach folgte nicht etwa ein Ablösungsprozess, sondern die nächste Band, sowie ein gemeinsames Haus, in dem sie auch ihr Tonstudio haben. Mit dem zirkushaft-melancholischen Trip-Hop-Soul-Projekt Trallala bekamen sie einige Aufmerksamkeit, seit 2016 treten sie in alter Gemeinsamkeit unter dem neuen Namen Willing Selves auf. „Der Wechsel des Namens soll ganz einfach eine Entwicklung zum Ausdruck bringen“, sagen sie, Trallala habe im Gegensatz dazu einen sehr kollektiven Ansatz gehabt. „Trallala hatte viele Gesichter, die die Band über die Zeit hinweg repräsentierten. Mit jedem neuen Gesicht transformierte sie sich“, erklären sie. Bei Willing Selves wollen die beiden nun als konstante Gesichter erkennbar bleiben. Das funktioniert hauptsächlich über die Stimmen. Antonia hat dabei eine tief-soulige Singstimme, die Anton zum Teil auch rappend unterstützt. Doch auch musikalisch hat sich etwas verändert. Während die Ästhetik von Trallala bisweilen überdreht eklektisch war, klingen Willing Selves nun reduzierter, wenn auch nicht weniger stilübergreifend. Etwa die erste Single „Sunset“: Ein zurückgenommener, subtil schiebender elektronischer Track, der die beiden Stimmen markant in den Vordergrund stellt. Doch nach und nach verdrängen einzelne Klavier-Töne mit unterschwelligem Drama die loungige Atmosphäre. Das ist Popmusik, die im besten Sinne so eigensinnig ist wie etwa die Musik von Aimee Mann, die sich ebenfalls nie ganz einer einheitlichen Ästhetik oder Vermarktung unterordnen ließ.

Doch ganz alleine läuft das nicht. Auch als Willing Selves arbeiten die beiden Musiker mit Produzenten zusammen. Etwa die Kollaboration mit dem Landshuter DJ und Produzenten Future Proof, dem sie für seine EP „People“ ihre Stimmen liehen – aus dieser Zusammenarbeit entsprang der Willing-Selves-Track „4Keeps“.

Dass hier eine elektronische Ästhetik überwiegt, wollen die beiden jedoch keineswegs als richtungsweisend verstanden wissen. Denn gerade sei es auch spannend für sie, wieder zu akustischen Instrumenten zurückzukehren, Anton an die Gitarre und Antonia ans Klavier. Das sei etwas, dass sie sich auch live vorstellen können. Für die Umsetzung der Musik auf der Bühne, wollen sie sich nun von ihrer bloßen Sängerrolle lösen und auch als Instrumentalisten auftreten.

Anton und Antonia sind dabei so etwas wie perlende Außenseiter der Münchner Szene. So ganz haben sie sich nie einer gewissen Ästhetik oder Linie angeschlossen, gleichzeitig zeigen sich ihre Veröffentlichungen immer überraschend und glitzernd anders – auch wenn es in der Musik nie um Verweigerung oder Rebellion gegen bestehende Ästhetiken geht.  Rita Argauer

Stil: Elektro/Pop
Besetzung: Antonia Schröpfer (Gesang, Klavier, Produktion), Anton Schröpfer (Gesang, Gitarre, Produktion)
Aus: München
Seit: 2016
Internet: www.facebook.com/willingselves

Text: Rita Argauer

Foto:
Florian Paulus/Kommando Kunst

Rendez-vous mit Rihanna

In wenigen Tagen ist Stadt Land Rock 2017. Hier geben wir Einblicke
in die Tiefen des diesjährigen Kosmos aus Britpoppern, Traumwandlern und
Chartstürmern. Heute im Kurzportrait: Nick Yume.

Nick Yumes
Musik erwartet man einfach nicht aus München. Nicht dass seine elektronischen
Klänge untypisch für die „heimliche Pophauptstadt“ wären, im Gegenteil – immer
mehr Musiker und Bands kommen auf den Geschmack elektronisch produzierter Töne.
Doch wie weltmännisch, astrein produziert und stimmig vor allem die neuen Tracks
der EP „Limerence“ daherkommen, würde man dahinter doch eher beispielsweise
einen etablierten Londoner Produzenten vermuten als einen 22-jährigen Münchner
Nachwuchsmusiker. Doch, das lehrt uns der Mann mit der souligen Stimme, die
ganz große Bühne ist niemandem bestimmtem vorenthalten, jeder kann sie betreten
– man muss es nur wollen. So kam es, dass Nick Yume, wie er in dem kürzlich
erschienen Junge-Leute-Interview erzählt, letzten Sommer mal eben spontan als
Vorband von Rihanna engagiert wurde. Vor 30.000 Menschen. „Die Erfahrung war
natürlich unglaublich, es war schließlich ein riesiges Open-Air-Konzert vor dem
Parlamentspalast in Bukarest. Ich glaube, ich war selbst noch nicht einmal als
Gast bei so einem großen Konzert“, erklärt Nick. Seitdem hat er sich eine
unglaublich große Fangemeinschaft erspielt und mit Jakob Arnu und Florian
Balmer zwei Mitspieler gefunden, „die es auch noch wahnsinnig drauf haben“. Na
wenn das so ist, können wir uns ja nur freuen auf deren Auftritt auf dem Stadt
Land Rock.

Das Stadt Land Rock Festival findet dieses Jahr vom 29. Juni bis
zum 1. Juli statt, täglich von 19 bis 22:30 Uhr in der Half Moon Bar auf
dem Sommertollwood. Nick Yume spielt am 1. Juli zusammen mit About Barbara, Eliza und Flonoton.

Text: Tilman Waldhier

Foto: Keno Peer