Magische Momente, authentische Auftritte

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Welche Musiker fallen in München auf? Jeden Montag stellen wir auf der Junge-Leute-Seite die „Band der Woche” vor. Zehn Bands, die in den vergangenen Monaten von sich reden machten, stehen nun zur Wahl für die „Band des Jahres” – ein Überblick:

Für Pop aus München sind wir regelmäßig unterwegs: Wir schauen bei den Konzertbühnen dieser Stadt vorbei. Wir besuchen Proberäume und durchkämmen das Internet. Von daher wissen wir meist, welche Bands in München auffallen und von welchen Bands man in Zukunft hören wird – nachzulesen jeden Montag in unserer Rubrik „Band der Woche“. Ende des Jahres gehen wir einen Schritt weiter. Wir haben zehn Bands, die uns in diesem Jahr aufgefallen sind, ausgewählt für die Wahl zur „Band des Jahres“. Die Facebook-Abstimmung läuft bis Ende Januar. Hier die zehn Bands im Überblick:

Matija
Indie-Pop

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Das Gefühl kennen die Musiker noch aus ihrer Anfangszeit, als sie sich noch The Capitols nannten: Die Stimmung im Münchner Club Strom kocht, junge Frauen stehen in der vordersten Reihe und schmachten den Frontmann an, der sich betont cool inszeniert; der Traum von präpotenten Jungs. Neu ist: Sänger Matija, nach dem jetzt die Band benannt ist, wird gerade auf den Armen der Fans durch die Halle getragen. Matija wird als das nächste große Münchner Indie-Ding gehandelt. Die Songs haben Hit-Potenzial, poppige Melodien treffen auf einprägsame Gitarrenriffs – die Fanliebe scheint nicht zu erlöschen.
Foto: Rue Novelle


Klimt
Soul-Pop / Singer-Songwriter

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„Um sich weiterzuentwickeln, muss man manchmal allein sein.“ Das sagt Verena Lederer, Sängerin von The New Colossus, die man mittlerweile viel häufiger mit ihrem Soloprojekt Klimt auf Münchens Bühnen bestaunen kann. Melancholische Melodien am Klavier treffen auf eine soulige Stimme, verraucht und auch ein bisschen verrucht, brechend, aber dennoch immer sicher. Um sich weiterzuentwickeln, muss man auch Risiken in Kauf nehmen. Dieses Jahr hat die 25-Jährige ihre Festanstellung als Beauty-Redakteurin gekündigt, um Musik zu studieren. Foto: Ar Hart

King Pigeon
Indie-Pop

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Das Atomic Café gibt es nicht mehr. Das ist schade. Aber immer wieder tauchen junge Musiker auf den Münchner Bühnen auf, die in dem ehemaligen Britpop-Club ihre musikalische Unschuld verloren haben und dort mit der Musik sozialisiert wurden, die sie heute selbst spielen. Bei King Pigeon heißt das: treibendes Schlagzeug samt Bass, funkig-kratzige Gitarrenriffs, ein etwas aufgerauter Grundklang, melodiöser Gesang und vor allem live viel Druck und Energie. Dazu erzählen die Musiker etwas vertrackte Liebesgeschichten. Wie damals im Atomic Café – nur hier von Dauer. Und das ist gut so. Foto: Sebastian Menacher

Ni Sala
Bluesrock

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Auf einmal steht die Welt Kopf. Auf dem Boden sind ein Schlagzeug, der Bass, die E-Gitarren zu sehen, an der Decke hängen auf diesem Bandfoto die Musiker. Oder anders herum. Eine Täuschung, und das passt sehr gut zu Robert Salagean. Vor noch gar nicht so langer Zeit wollte er weg aus München, weg aus dem spießigen Deutschland mit all seinen Verpflichtungen. Längst ist er wieder zurück – mit neuer Musik und seiner neuen Band Ni Sala, die diese Stadt um einiges spannender macht: Post-Weltenbummler-Bluesrock mit ausladenden Hippie-Phrasen und fetten Gitarren-Riffs. Foto: Luis Zeno Kuhn

Liann
Singer-Songwriter

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Kilian Unger ist alles, nur kein Punkrocker. Als Singer-Songwriter nennt er sich Liann, er singt deutschsprachige Lieder, einfache, aber poetische Texte über sein Viertel, seine Freunde, seine Kindheit, seine Kneipen. Sein Auftreten, seine Texte, seine Musik – all das macht Liann zu einer Figur, die nicht unnahbar erscheint. Ein bisschen holt er so eine nostalgische Schlager-Ästhetik in den Indie-Lifestyle. Authentisch könnte man das aber auch nennen – ein Wert, für den Plattenfirmen viel Geld ausgeben, eine Ausstrahlung, die man zum Glück nicht kaufen kann. Mit seinem Lied „Eismann“ hat er zum Beispiel das Herz von Sportfreunde Stiller-Manager Marc Liebscher berührt, es folgten Auftritte im Vorprogramm der Sportfreunde und der Rapperin Fiva. Aber auch sein Auftritt beim Festival „Sound Of Munich Now“ war umjubelt – auch von Tobias, Gitarrist der Punkrock-Band Todeskommando Atomsturm. An sich höre er nur Punkrock, sagt der, aber die Musik von Liann, „die hat mich berührt“. Foto: Victoria Schmidt

Beta
Hip-Hop

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Weg vom Wilde-Kerle-Image, raus aus der Komfortzone. Als nach dem dritten Album – der Debüt-Platte bei Sony – die Karrierechancen von Exclusive eher als gering eingeschätzt wurden, starteten Schlagzeuger Christian Rehländer und Bassist Markus Sebastian Harbauer mit der herrlich störrischen Hip-Hop-Band Beta. Eine Bandbesetzung aus Gitarre, Bass, Elektronik und Schlagzeug trifft dabei auf den Aggro-Berlin-sozialisierten Rapper Sebastian Grünwald. Funk-Licks, dröhnende Elektro-Bässe und Gitarren-Soli sind genauso Teil des Konzepts wie Raps und die dem Hip-Hop so eigene Überheblichkeit: „Ich hab’ lieber kein Style als Dein’ Style“, lautet die erste Punchline, mit der das Quartett aufbricht und die konsensverwöhnte Münchner Szene ein bisschen aufwirbelt. Das macht in erster Linie großen Spaß und kann erfolgreich werden – im kommenden Jahr gehört die Aufmerksamkeit trotzdem wieder Exclusive, die jetzt doch eine weitere Platte bei dem Major-Label veröffentlichen. Foto: privat

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Eliza
Alternative-Pop

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Feen-Pop mit sphärischen Klängen. Melancholischer Alternative, märchenhaft und düster, laut und leise, süß und sauer. Die Musik von Eliza verbindet Elemente, die auf den ersten Eindruck nicht zusammenpassen – und doch öffnet sich mit jedem Song eine gewisse Magie, vorausgesetzt, man lässt sich darauf ein. Im Mittelpunkt steht Sängerin Elisa Teschner. Auf einem der Bandfotos steht die Sängerin in schwarz-rotem Spitzen-Outfit vor einem See, gesäumt von Tannen und einem etwas verhangenen Himmel – „Game of Thrones“ lässt grüßen. Dieses groß angelegte Fantasy-Reich findet sich auch in der Musik – und muss jetzt noch den Weg aus dem Labyrinth finden. Dafür setzt die Musikerin auf Neuausrichtung: In der zweiten Jahreshälfte 2017 wurden der Produzent und Musiker ausgetauscht, die Musik klingt nun elektronischer. Dementsprechend wird sich 2018 auch abseits der Musik einiges ändern. Es soll einen neuen Look geben, verspricht Elisa. Und auch der Bandname wird sich verändern, Eliza heißt dann were here. Foto: Conny Mirbach

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Paul Kowol
Singer-Songwriter

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Die Namensänderung ist noch nicht vollzogen. Aber da sich neben Gerald Huber (Cat Sun Flower, Triska) nun auch Sportfreunde-Manager Marc Liebscher um die Zukunft von Singer-Songwriter Paul Kowol kümmert, wird das nicht mehr lange dauern. Liebscher ist ein Freund prägnanter Bandnamen, so wurde aus Spunk später die erfolgreiche Formation Fertig, Los!, und aus der List-Nachfolgeband die Combo 50/50. Das ist alleine schon deswegen erwähnenswert, weil sich Paul Kowol als Künstler schon einprägen soll, wenn seine Songs im Radio gespielt werden – und das wird wohl in nicht allzu später Zukunft passieren. Paul Kowol umgarnt mit klassischen Popsongs und überbordenden Liebesliedern sein Publikum. Der Grat ist schmal, auf dem er sich bewegt, er macht Mainstream-Musik, die auch nichts anderes als das sein will. Doch sein musikalisches Niveau ist hoch. Er lässt seinen Gesang vom Singen ins Erzählen kippen, so etwas kann man nicht trainieren, so etwas kann man nicht lernen. Das ist ein Grundgespür, das hoch begehrt ist. Zuletzt kamen immer wieder Produzenten für ein paar Tage in einen Münchner Vorort, um mit Paul an Songs zu arbeiten, um Songs aufzunehmen. Bald soll es an die Öffentlichkeit gehen. Der zuletzt favorisierte Bandname: Paul. Einfach und prägnant. Foto: Walter Hämmerle

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Swango
Hip-Hop

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Es lässt sich jetzt nicht überprüfen, aber vielleicht ist Swango in China die erfolgreichste Münchner Band – zumindest, was die Anzahl der verbreiteten Videos betrifft. Und das kam so: Die drei Musiker von Swango spielten diesen Jahr beim Festival „Sound Of Munich Now“. Die Besucher lauschten dem mitreißenden Hip-Hop der Band und wunderten sich, woher der Beat kommt. Links auf der Bühne stand Skill-Gott Heron, ein Stepptänzer und in diesem Fall ein menschlicher Beat-Generator. Das hat man in München zuvor nicht gesehen, ebenso wenig die Gäste aus Hongkong – erstmals spielten internationale Bands bei diesem Festival. Die holten bereits beim Soundcheck ihre Kameras hervor und drehten Videos von den Rap-Stücken mit der Stepp-Einlage, die vielleicht seitdem in China viral gehen. Aber Swango ist mehr als eine musikalische Zirkusnummer. Mänekin Peace, englischer Muttersprachler, ist einer der besten Rapper Münchens, flankiert durch Akustikgitarre und Stepp-Beats kommt sein Ausnahmetalent umso mehr zur Geltung. Foto: David Weichelt

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Chaem
Art-Pop

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Zwischen diesen beiden Momenten liegt fast ein Jahr: Im Januar stand die Musikerin Chaem auf der Bühne im Muffatwerk, sprang als Sängerin von Flor and the Sea barfuß über die Bühne, eine Pop-Elfe. Nun, im Dezember ihr erster Auftritt mit ihrem Soloprojekt. Nein, sie steht in ihrem roten Kleid nicht starr auf der Bühne – sehr präsent ist sie, aber bei weiten nicht mehr so ausgelassen wie früher. Das liegt auch an ihrer Musik, die man derart vertrackt und gleichzeitig modern selten in München erlebt. Ihr Elektro-Pop ist versponnen, unter vereinzelte Klavier-Klänge legt sie Beats. Keine schnellen Beats. Vielmehr zähmt Chaem die Drum ’n’ Bass-Beats und fügt sie ganz zärtlich zu den harmonisch suchenden Akkord-Welten hinzu. Und auch ihren Up-Tempo-Song „Carrousel“ bremst sie. Die Ausgelassenheit wird nur angedeutet, aber am Ende bleibt die Melancholie. Foto: Christin Büttner

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Text: Rita Argauer und Michael Bremmer

Good Cpt. Jak (Blues- & Folkrock)

Jahr: 2014, Woche: 14

Die Blues- & Folkrock-Band Good Cpt. Jak baut ihre Gitarren aus alten Ölkanistern. Den blechernen Sound vermischen die drei Münchner mit konventionellen Instrumenten. Als Einfluss nennen sie die Münchner Band “The Dope”.

Good Cpt. Jak
(Foto: Simon Ruane) haben einen Vorteil: Sie machen tatsächlich etwas Neues. Nicht im engen musikalischen Sinn, da machen sie dreckigen, aber mitreißenden Blues- und Folkrock. Doch auf ganz technischer Ebene haben sie einen Ausweg aus dem Dilemma des Alles-schon-Gehörten gefunden. Der Noise-Künstler Anton Kaun wendet als Sonytony einen ähnlichen Trick an. Bei Anton kommt auf dem aus einem Besenstiel zusammengebauten Bass allerdings nicht viel mehr als ein tiefes Murren heraus, was im Noise auch völlig zufriedenstellend ist. Dominik Sedlmayrs selbstgebaute Gitarren und Bässe hingegen können den Ansprüchen klassischer Musiker durchaus genügen.

Das edle Holz, aus dem sonst ein Gitarrenkorpus gebaut wird, weicht in Dominiks Instrumenten-Manufaktur ausrangierten Blechdosen. In alte Ölkanister fräst er Violin-Öffnungen, befestigt einen Gitarrenhals und Tonabnehmer daran und schafft damit Instrumente, die ganz herkömmlich bedient werden können, aber doch einen eigenen Klang haben. Blechern ist dieser Sound, erinnert ein bisschen an ein Banjo, das ja auch mit einem metallenen Korpus arbeitet.

Als Good Cpt. Jak verpasst das Münchner Trio sich so einen eigenen Sound, auch indem sie die selbstgebauten Gitarren mit dem Klang herkömmlicher Instrumente vermischen. Der Kontrabass gibt in „Stuck Rhythm“, der Single, die sie im Dezember veröffentlicht haben, eine weiche verschleppte Kontur, die Ölkanister-Gitarre verliert sich warm-verzerrt in Pentatoniken darüber. Wenn die drei Jungs mit Anfang 20 dann die Münchner Band „The Dope“ ebenso als Einfluss angeben wie die amerikanischen „Modest Mouse“, ist das ein schöner Bezug zur lokalen Musikszene, in der sie derzeit immer mehr Aufmerksamkeit erlangen. Rita Argauer

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Lilit And The Men In Grey (Bluesrock)

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Jahr: 2013, Woche: 49

Das Publikum ist hart bei Frauen mit E-Gitarre und Bass, der Diskurs um das Geschlecht folgt leider immer noch zwangsläufig. Die Musikerinnen von Lilit And The Men In Grey sind sich dieser Sache bewusst – und spielen damit. Sie nennen Tarantino-Filme als Einfluss, auch weil sie den Sinn des Regisseurs für Erotik und Frauen mit starker Persönlichkeit schätzen.

Es ist die Sehnsucht nach einem anderen Leben, zumindest nach einer anderen Zeit. Etwa die, in der noch analog fotografiert wurde. Nur, die Fotos macht man jetzt mit Instagram, die Outfits findet man in mütterlichen Kleiderkisten, und die Haare kriegt man mit ein bisschen Übung auch so zusammengesteckt wie Brigitte Bardot. Die Münchner Band Lilit And The Men In Grey (Foto: Sebastian Stiphout) spielt mit dieser Ästhetik. Aber sie nehmen die Inszenierung ernster und zeigen sich konsequent als Figuren, die auch vor 40 Jahren hätten leben können. Dem Wüsten-Blues, den sie spielen, hört man jedoch an, dass er die musikalische Gegenwart, zumindest in Form der White Stripes, sehr genau kennt.

Als The Coxx machte die Band vor ein paar Jahren das erste Mal von sich reden. Ihre Musik klang ähnlich, und auch damals spielten sie schon mit einer äußerlich inszenierten Ästhetik. Das Publikum ist hart bei Frauen mit E-Gitarre, der Diskurs um das Geschlecht folgt leider immer noch zwangsläufig. Und die Band um die Sängerin Sandra Le wählte schon damals den Angriff: Kurze Höschen und Schmollmünder wurden so offensiv getragen, dass sich sämtliche Diskussion erübrigte. Jetzt nennen sie Tarantino-Filme als Einfluss, auch weil sie den Sinn des Regisseurs für Erotik und Frauen mit starker Persönlichkeit schätzten, sagt Gitarristin Jana Hartmann.

Das Wilde der Inszenierung schätzt auch Rosa Kammermeier, die Einzige des Quintetts ohne The-Coxx-Erfahrung. Die Bassistin spielt auch bei der Shoegaze-Band Come Back Harriet, die würden aber gerade pausieren und ihr die Zeit geben, die großen Pläne von Lilit And The Men In Grey umzusetzen: ein Album, viele Konzerte, aber eben auch eine Menge gut in Szene gesetzter Bandfotos und Musikvideos. Am Donnerstag, 5. Dezember, treten sie im Atomic Café auf.
Rita Argauer

Stil: Bluesrock
Besetzung: Sandra Le: Gesang; Jana Hartman: Gitarre; Laila Friedrich: Gitarre; Jennifer Weinzierl: Schlagzeug; Rosa Kammermeier: Bass
Aus: München
Seit: 2013
Internet: lilit-and-the-men-in-grey.de; www.facebook.com/lilitandthemeningrey

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Elektrik Kezy Mezy (Bluesrock)

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Jahr: 2013, Woche: 10

Aus der Zeit gefallen? Vielleicht. Einfallslos? Keineswegs. Das männliche Duo von Elektrik Kezy Mezy zeigt mit ihrem Blues-Rock, dass einfach auch gefährlich, spannend und geradezu ein sündiges Vergnügen sein kann.

Mit Blues-Rock holt man heute keinen mehr hinter dem Ofen hervor. Mit verzerrtem Gesang, der Phrasen drischt, und den ellenlangen Gitarren-Soli wirkt das Münchner Duo ebenso aus der Zeit gefallen wie einfallslos. Doch all diese Vorwürfe werden hinfällig angesichts der Energie und Kunstfertigkeit, die Elektrik Kezy Mezy (Foto: Alexander Jesipow) auf die Bühne bringen und jetzt zum zweiten Mal auf Platte gepresst haben.

Songtitel wie „Pretty Girl“ und „Strange Woman“ erinnern an die Doors und an Jimi Hendrix. Die Postmoderne in all ihrer verspielten Doppelbödigkeit scheint vergessen, auf „Simple Pleasures“ bringen es Gitarrist und Sänger Amadeus Böhm und Frank Feiler am Schlagzeug auf den Punkt: Hier wird das pure Vergnügen an dieser Musik gefeiert. Hedonistisch und ohne Hintergedanken oder schlechtes Gewissen. Mit Können statt mit Dilettantismus. Der Albumtitel ist ausgesprochen gut gewählt: Erlaubt der doch die Assoziation zu den „Guilty Pleasures“, dem sündigen Vergnügen. Und sündig mit simpel gleichzusetzen, damit wischt Amadeus all den verstockten Ironikern eines aus. Zeigt so, dass die oft verpönte Einfachheit manchmal gefährlicher und spannender ist, als all die komplizierten Zitat-Diskurse, die derzeit immer noch so gerne in der Popmusik geführt werden.

Der Raum ist offen: für den Wiedererkennungswert der Melodien, für das rockende Schlagzeug und für die wunderbar satt und warm klingende verzerrte Gitarre.
Tatsächlich scheinen sich derzeit immer mehr Bands auf die Zeit vor 1970 zurückzubesinnen. Und da diese Musik immer noch am besten funktioniert, wenn sie unmittelbar und live stattfindet, stellen Elektrik Kezy Mezy ihr Album am Freitag, 8. März, im Münchner Atomic Cafe vor.
Rita Argauer

Stil: Bluesrock
Besetzung: Amadeus Böhm: Gitarre, Gesang; Frank Feiler: Schlagzeug
Aus: München
Seit: 2007
Internet: www.facebook.com/elektrikkezymezy

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Gipsy Beards (Bluesrock)

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Jahr: 2013, Woche: 08

Kompromisslos, bärtig, sexy – so beschreiben sich die Jungs von Gibsy Beards und versprechen viermal Rock`n`Roll. Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang erinnern an die Zeiten, in denen noch Legenden geboren wurden. Am Samstag, 23. Februar, stellen sie ihre erste EP im Orangehouse im Feierwerk vor.

Ein bisschen Schauspiel ist da schon dabei wenn Sänger Mattej Bellus Bühnenansagen mit slawischem Akzent macht – und das in München. Ganz politisch korrekt ist diese ganze Zigeuner-Romantik ja sowieso nicht, dennoch schafft es die Münchner Band Gipsy Beards (Foto: Annette Hengsberger) ein mitreißendes Lebensgefühl zu vermitteln. Durch ihre Musik, aber auch durch ihr Auftreten und ihre Attitüde.

Bluesrock spielen sie, etwas jazzig, sehr aus der Zeit gefallen. Die Gitarren jaulen, als seien sie noch vor Hendrix aufgenommen, und Gesang und Schlagzeug klingen ebenfalls, als hätten sie keinen Tag nach 1968 erlebt. Doch die vier Jungs, die gerade mal Anfang 20 sind, treten nicht als musealer Abklatsch auf, sondern schaffen eine skurrile Mischung aus theatralischen Show-Einlagen und gut gemachter und ernst gemeinter Musik. Dass dies funktioniert, mag wohl hauptsächlich an der überzeugenden Spielfreude liegen, die sie vermitteln.

Sie stehen ein bisschen in der bunten, aber versierten Zigeuner-Jazz-Tradition eines Django Reinhardts und übersetzen diese Haltung unverbraucht und jugendlich in ihre Lebenswirklichkeit. So erzählt auch Schlagzeuger Martin Kopp, dass „gipsy“ für ihn ein verplanter und alternativer Lebensstil voller Lebensfreude sei. Das vergangene Jahr haben sie dann aber recht ernsthaft an ihrer ersten EP gearbeitet, die nun bei „In Bloom Records“ erscheinen und am Samstag, 23. Februar, im Orangehouse im Feierwerk vorgestellt wird. Rita Argauer

Stil: Bluesrock
Besetzung: Matej Bellus: Gesang,Gitarre; Karsan Ameen: Gitarre; Samuel Hammer: Bass; Martin Kopp: Drums
Aus: München
Seit: 2010
Internet: www.facebook.com/gipsybeards

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.