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Kunst und Party. Die beiden Münchner Eric Schönemeier und Matthias Lamsfuß kombinieren ihre Leidenschaften und gründen ihre eigene Galerie. Mit der “Downstairs Galerie” wollen sie junge Künstler aus ihrem Umfeld unterstützen.

München – Es ist nur ein Strichmännchen – und doch Zeichen einer großen Leidenschaft. Es muss sich dabei um mehr als nur eine Schwärmerei handeln, es scheint eher eine Lebenseinstellung zu sein. Sonst hätten sich Matthias Lamsfuß, 23, und Eric Schönemeier, 24, kaum das Symbol tätowieren lassen, der eine auf den Arm, der andere auf den Knöchel: ein Männchen, das eine minimalistisch dargestellte Treppe heruntersteigt. Das Symbol, das U-Bahnfahrern bekannt vorkommt, ist das Logo der „Downstairs Galerie“.

Gleich nach ihrem Abitur gründen Matthias und Eric ihre eigene Galerie, bespielen ihre ersten gemieteten Räume. Sie wollen junge Künstler aus ihrem Umfeld unterstützen – aber dahinter steckt noch mehr. Sie wollen die Kunstszene in München verändern, konservative Strukturen brechen, frischen Wind und vor allem junge und freche Kunst in graue Ausstellungsräume bringen. Jugendliche Selbstüberschätzung? Oder einfach der Mut, neue Wege auszuprobieren?

Die gebürtigen Münchner wollen ihre zwei Hobbys zusammenzubringen: Kunstausstellungen sollen auf das Nachtleben treffen. Die Ausstellungen der Downstairs Galerie finden in Clubs oder Off-Locations statt. Für Installationen brauchen die Jung-Galeristen Platz: Einmal haben sie im Pathos einen Käfig aufgebaut und einen Freund, „der ein bisschen schäbig aussieht“, einen ganzen Abend lang darin eingesperrt – als Happening, um die Reaktionen des Publikums zu testen. Doch so viel Raum wie im Pathos haben sie nicht in jedem Club. Deswegen finden viele Ausstellungen in Off-Locations statt. „Man kennt die Clubs in München, aber jedes Wochenende dort zu stehen, ist langweilig. Die Leute brauchen auch mal was anderes“, sagt Matthias. Um das dreijährige Bestehen ihres Projekts zu feiern, veranstalteten sie eine Party im Maienzeit-Carrée in der Lindwurmstraße.

Klingt erfrischend, aber ist Kunst und Party wirklich ein neues Konzept? „Ganz so innovativ, wie wir es am Anfang gedacht haben, ist die Idee, Ausstellungen und Partys zu kombinieren, nicht“, sagt Matthias. Denn das Partyleben war immer ein Teil der Kunstszene, besonders in den Boomzeiten der Achtzigerjahre. Das sieht auch die Münchner Galeristin Julia Klüser so. „Allerdings war damals auf den Partys das zentrale Thema immer noch die Kunst. Es wurde um Neuerungen gestritten, Ausstellungen diskutiert. Heute kommt es mir oft so vor, als wäre die Party das Hauptspektakel. Und die Ausstellung der Ort, wo die Party diskutiert wird“, sagt sie.

Matthias und Eric finden die Galerieszene von München konservativ und bedauern, dass besonders junge Künstler auf Schranken stoßen, sobald sie versuchen, in der Branche Fuß zu fassen. Julia Klüser weist dies zurück. Sie sagt, dass in München eine gute Mischung aus traditionellen Galerien mit einer langen Geschichte und jungen spannenden Tendenzen besteht. Erschwingliche Atelierräume zu finden, sei in München jedoch schwierig, da habe man in Berlin größere Chancen. Doch Raiko Schwalbe, der Veranstalter der Urban-Art Fair, die in München und Berlin stattfindet, gibt zu bedenken, dass die Vorteile von bezahlbaren Ausstellungsräumen auch Nachteile mit sich bringen. „Die Münchner Kunstszene, in der sich die beiden bewegen, ist noch nicht übersättigt, wie das in anderen Städten, zum Beispiel in Berlin der Fall ist“, sagt er.

Ohne jobben zu gehen, können sich Matthias und Eric mit der Galerie nicht ernähren. Für die Zukunft haben sie den Wunsch, einen eigenen Kulturraum zu eröffnen, noch trägt sich das Geschäft mit den Ausstellungen nicht einmal annähernd. „Man wird nach und nach zum Ökonom“, sagt Matthias. Ein Künstler hat einmal ihre Ausstellung als Plattform genutzt, jedoch hinter ihrem Rücken seine Werke verkauft. Ein Minus von 500 Euro ist entstanden, die sie als Veranstalter tragen mussten. Das sehen die beiden locker. Aus solchen Erfahrungen würde man lernen, sagen sie, die Auswahl ihrer Künstler erfolge nun geschulter: Wenn es menschlich nicht passt, dann findet keine Kooperation mehr statt.

Foto: Felix Lankes

Stefanie Witterauf