Dave A Marat (Indie-Synth-Pop)

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Jahr: 2012, Woche: 13

Zwischen Dreck und Inszenierung. Zwischen perfider Künstlichkeit und verwaschener Ästhetik des Krautrocks. Die noch so junge Band „Dave A Marat“ aus Zorneding gibt sich mystisch.

Dave A Marat (Foto: Cosima Holzapfl) versteckt sich hinter venezianischen Masken, trägt dazu ein etwas abgenutztes (Fake?)-Chanel-Shirt. Und präsentiert ihre erste EP „King of the Sun“. Das Quartett gibt es schon seit etwa drei Jahren – zuerst haben sie verschiedene Stile, Instrumente, Richtungen ausprobiert. Nun haben sie sich eingeschossen – auf britischen Indie-Rock mit Synthies. Da blitzt bei Sänger Gabriel Terwesten auch ein versucht englischer Akzent durch. Aber da schwingt noch mehr mit, außer den typischen Britpop-Bands: Das etwas konfuse Kreativtum des Krautrocks etwa, oder der zurückhaltende Tanz-Charakter der, mit ihrem letzten Album so gefeierten „Metronomy“. Der Gesang ist angenehm gemischt, so haben die vielen verschieden kleinen Gitarren- und Synthie-Melodien Raum; und wirken nicht überladen. In den sechs Songs zeigen die vier ihre Welt wie durch einen pastellfarbenen Schleier – mit einer verschmitzt-zurückgenommenen Attitüde. Nach der digitalen Veröffentlichung von „King of the Sun“ im November 2011 folgte nun der richtige Release über den Flowerstreet-Records-Ableger „In Bloom“. Seitdem läuft der Titelsong FM4. Doch jetzt steht erst einmal das Abitur an – damit danach umso ausgiebiger getourt werden kann.

Stil: Indie-Synth-Pop
Besetzung: Gabriel Terwesten: Gesang, Gitarre, Synthesizer; Florian Holzmann: Gitarre, Synthesizer; Michael Heiß: Schlagzeug; Felix Gotzler: Bass
Aus: Zorneding
Seit: 2009
Internet: www.facebook.com/daveamarat, soundcloud.com/dave-a-marat

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Freier Fall und Frühlingsgefühle

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Es gibt ein Accessoir, das eine gute Wohnung unbedingt braucht: einen Balkon. Denn Balkone sind beliebt. Balkone sind einzigartig. Balkone sind unersetzlich. Vor allem wenn die Sonne scheint. Dann könnte man sich natürlich auch in einem Park niederlassen – aber das ist nicht dasselbe.

Jetzt, da sich der Frühling ankündigt, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man hat einen Balkon oder man hätte gern einen Balkon. Gerade die ersten Sonnenstrahlen im Jahr wecken das Bedürfnis, einfach alles Menschenmögliche unter der Sonne auch wirklich im Sonnenschein zu verrichten. Und genau hier kommt der Balkon ins Spiel. Ein Balkon ist super, weil man Aktivitäten, die man nicht einmal in den Englischen Garten verlegen würde – so wie das Schneiden von Zehennägel und das Schälen von Kartoffeln – mühelos dort verrichten kann. In der Stadt muss man sich dazu lediglich einen leichten Tunnelblick zulegen, um davon absehen zu können, was die Nachbarn auf ihren Balkonen so treiben.

Aber so einen Balkon hat leider nicht jede Wohnung. Diese Kolumne zum Beispiel schreibe ich im Wohnzimmer, obwohl die Sonne scheint. Ich habe ehrlich versucht, sie im Englischen Garten zu schreiben. Dabei bin ich nur auf einen weiteren Vorteil des Balkons gestoßen: Sie sind frei von Fernsehteams. In den Grünanlagen deutscher Großstädte, so mein Gefühl, sind dagegen zurzeit mehr Fernsehteams, die Frühlingsgefühle dokumentieren wollen, als Menschen, die Frühlingsgefühle haben. Und wenn man es nicht schnell genug schafft, als Abschreckungsmanöver den Bimsstein rauszukramen und mit der Pediküre zu beginnen, heimst man sich einen Auftritt als sonnenhungriger Bundesbürger in den 20-Uhr-Nachrichten irgendeines Privatsenders ein. Auf einem Balkon wäre das nicht passiert.

Leider kann man sich auf Balkone auch nicht immer verlassen. Marcel, zum Beispiel, war so blauäugig zu glauben, er würde immer einen Balkon an seiner Wohnung haben. Also, nicht an allen Wohnungen, die er jemals bewohnen würde – für die Art von Naivität gibt es schon kein Wort mehr! Nein, aber er war vertrauensselig genug, zu glauben, dass eben der spezifische Balkon an seiner Wohnung immer da sein würde. Tja, falsch gedacht! Eines Morgens, als er aufsteht, ist der Balkon verschwunden. Aber keine Sorge, die Geschichte geht gut aus. Marcel hat seinen Balkon sehr schnell wieder gefunden: Er lag nur ein Stockwerk tiefer im Hof. Bei solchen (freien) Fällen erlischt übrigens die Garantie, die ich oben gegeben habe: dass Balkone eine Fernsehteam-freie Zone seien.

Nur so nebenbei: Habe ich eigentlich erwähnt, wie grandios Terrassen sind? Susanne Krause

Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es dann nicht lange, bis man sich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht – oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. „Bei Krause zu Hause“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Beziehungsweise“.

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Geboren in der östlichsten Stadt Deutschlands, aufgewachsen in der oberbayrischen Provinz: Susanne Krause musste sich schon früh damit auseinandersetzen, wo eigentlich ihre Heimat ist – etwa wenn die bayrischen Kinder wissen wollten, was sie für eine Sprache spreche und wo „dieses Hochdeutschland“ sei.

Demograffics (Hip-Hop)

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Jahr: 2012, Woche: 12

Achim Schneemann, der sich MC Maniac nennt, rappt in gewohnt lupenreinem Englisch – das erscheint auffällig, ist doch die deutsche Sprache gerade im deutschen HipHop fast Paradigma. usammen mit den Beats von DJ Rufflow erscheint er nun in der deutschen Hip Hop Szene als Gegenpol.

Das ist Käse – eine im Deutschen eher abfällige Phrase. Doch im Englischen wird es millionenfach gesagt, um Fotos eine künstliche Fröhlichkeit zu geben. Wenn das Hip-Hop-Duo Demograffics (Foto: Denis Falkenstein) sein nun schon drittes Album, das Ende März erscheint, „Cheese“ nennt und das Cover-Artwork eine besonders ausufernde Schimmelkultur zeigt, bildet das die sprachliche Zwischenwelt der Demograffics gut ab. Achim Schneemann, der sich MC Maniac nennt, rappt in gewohnt lupenreinem Englisch – das erscheint auffällig, ist doch die deutsche Sprache gerade im deutschen HipHop fast Paradigma. Doch was bei Indie-Rock-Bands völlig akzeptiert ist – der Wechsel ins Englische – beansprucht Maniac auch für sich. Und das ist auch gut so. Zusammen mit den Beats von DJ Rufflow erscheint er nun in der deutschen Hip Hop Szene als Gegenpol. Das Englische lenkt so auch auf „Cheese“ den Fokus ein wenig mehr auf die Beats, den Rhythmus und den Flow der Musik. Und die ist zwischen Piano-Samples und Jazz-Verweisen erstaunlich vielschichtig, ohne dabei unnötig kompliziert zu sein. Rita Argauer

Stil: Hip-Hop
Besetzung: Maniac (Achim Schneemann): Texte, Raps. DJ Rufflow: Beats
Aus: Regensburg / München
Seit: 2006
Internet: www.demograffics.net, www.facebook.com/demograffics

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Standardtänzer oder Latin Lover

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Auf eine körperliche, aber nicht allzu plumpe Art ein Mädchen verführen? Philipp ist überzeugt, dass ihm das im Tanzkurs gelingen kann. Nur leider ist die Bezeichnung Mädchen da fehl am Platz. Die Alternative? Berühren lassen statt berühren.

Philipp ist zufrieden. Seit zwei Stunden steht er im Bad – und endlich sitzt die Frisur. Auf der anderen Seite der Tür steht seine kleine Schwester Marie und verlangt lautstark Zutritt. Als er endlich so aussieht, als sei er gerade erst aus dem Bett aufgestanden, gibt er das Sperrgebiet frei. „Sah vorher besser aus“, zischt Marie und schlägt die Tür hinter sich zu. Aber Philipp lässt sich nicht verunsichern. Schon gar nicht von seiner kleinen Schwester. Stattdessen schnappt er sich ein Hemd, badet noch kurz in Eau de Cologne und verschwindet. In Richtung Tanzschule.

Er hat seinen ersten Tag heute. Walzer, Tango, Cha-Cha-Cha. Mädchen, Mädchen, Mädchen. Das ist der Plan. Ein Kumpel hat ihn auf die Idee gebracht: In Tanzschulen gebe es unzählige Frauen. Ungefähr ein Drittel davon sei vergeben. Aber der Rest brauche dringend einen Tanzpartner. Bei etwa acht Paaren pro Kurs kommt Philipp also auf fünf oder sechs Frauen, die sich darum reißen, mit ihm tanzen zu dürfen. Und wenn er denen erst auf dem Parkett gezeigt hat, wo es langgeht, ist der Weg ins Bett auch nicht mehr weit. Vom Standardtänzer zum Latin Lover in nur einer Tanzstunde. Mission completed. Philipp verspricht, mir alle Einzelheiten zu berichten.

Als ich ihn zwei Tage später besuche, ist er allerdings erstaunlich wortkarg. „War ganz okay“, nuschelt er. Nach und nach lässt er sich aus der Nase ziehen, was passiert ist: Er sei schon ein wenig früher in die Tanzschule gefahren, um sich erst einmal umzusehen und sich eine Glückliche auszusuchen, die das Vergnügen haben würde, mit ihm tanzen zu gehen. Die Auswahl war in der Tat immens. Gleich sechs Frauen drängten sich um ihn, fragten, ob er schon einmal getanzt habe, priesen die eigenen Tanzkünste und wollten ihn als festen Tanzpartner anheuern. Leider musste Philipp aber feststellen, dass alle sechs gemeinsam ungefähr 389 Jahre alt waren. Die einzige in seinem Alter war die Freundin des Tanzlehrers. Alle anderen hätten ihm auch erzählen können, sie hätten den Walzer anno dazumal sogar erfunden. Er hätte es ihnen geglaubt. Dass manche der Damen ihn trotzdem nur allzu gerne auch abseits des Parketts „näher kennengelernt“ hätten, machte die Sache nur noch schlimmer. 45 qualvolle Minuten verbrachte Philipp damit, von einer Oma zur nächsten durchgereicht zu werden, viele traten ihm auf die Füße, zwei fassten ihm an den Hintern, eine steckte ihm ihre Telefonnummer zu.

Ich frage, ob er schon angerufen hat. Findet er nicht lustig. Das mit dem Tanzschulplan hat sich zumindest erst einmal erledigt. Jetzt muss er mich aber leider wegschicken. Er will es jetzt doch lieber mal bei seiner süßen Friseurin versuchen, dort hat er in zwei Stunden einen Termin – und seine Frisur ist noch nicht gemacht. Lisi Wasmer

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche. „Beziehungsweise“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Bei Krause zu Hause“.
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Lisi Wasmer setzt sich in ihrer Kolumne mit allen Tücken der Partnersuche auseinander. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, gibt uns Lisi Einblicke in verschiedenste Beziehungen. Die Lektüre endet bei uns oft mit Tränen in den Augen – sei es vor Lachen, Freude oder Traurigkeit.

Wo die wilden Nerds wohnen

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Garching ist der natürliche Lebensraum eines Mathematikstudenten. Auch Max ist ein so ein Mathematikstudent. Aber Max hat ein Problem mit Garching– mit der Entfernung. Zur Innenstadt. Zum öffentlichen Geschehen. Denn Max’ Herz schlägt auch für Geisteswissenschaften, Kultur nämlich.

Max ist Mathematiker. Er ist sogar ein extrovertierter Mathematiker. Ja, das gibt es! Max hat mir erklärt, wie man herausfindet, ob man einem Mathematikstudenten der schüchternen oder der forschen Bauart gegenübersteht: Der Introvertierte schaut beim Reden auf seine Füße, der Extrovertierte auf deine Füße.

Weil Max ein Mathematikstudent ist, verbringt er viel Zeit mit anderen Mathematikstudenten an der TU in Garching. Damit hat Max etwas, was ich das „Garchingproblem“ nenne. Wenn man etwas paranoid wäre, könnte man es auch die „Garchingverschwörung” nennen (etwa so wie die Bielefeldverschwörung). Natürlich bezweifelt niemand, dass es Garching gibt – wohl aber, ob es in Garching etwas gibt. Mit diesen Zweifeln sehen sich betroffene Studenten konfrontiert, wenn sie vor der Wahl stehen: Entweder im U-Bahn-Berufsverkehr vor sich hinvegetieren, um im geschäftigen München zu leben? Oder doch lieber den Weg zur Uni abkürzen, indem man sich im… äh, nun ja … also in Garching einmietet?

Wenigstens für Mathematikstudenten, die bevorzugt mit ihren eigenen Schuhspitzen reden, gibt es an der zweiten Lösung wenig auszusetzen. Ein Mathestudium lässt eh nur begrenzten Spielraum für Kulturprogramm. Max aber ist nicht glücklich mit Lösung zwei, da draußen in Garching. Max möchte ins Theater gehen. Oder zu einer Lesung. So Geisteswissenschaftskram halt. Aber davon trennen ihn nicht nur eine halbe Stunde in der U-Bahn, sondern auch die Fach-Nerds in seinem Studiengang: Immer wenn er Kommilitonen fragt, ob sie ihn begleiten wollen, erntet er nur betretenes Schweigen. Und Nicht-Mathematiker-Freunde zu finden, ist für Mathestudenten gar nicht so einfach. Denn selbst wenn sie in ihrem natürlichen Umfeld einen ausfindig machen, bleibt ein Problem: Der durchschnittliche Mensch weiß einfach zu wenig über das Kommunikationsverhalten des studens mathematicae vulgaris.
Es ist schon eine halbe Weltverschwörung, in die Max da geraten ist. Und das ist richtig super! Denn wenn die Garchingverschwörung publik wird, kommt vielleicht schon bald die Boulevardpresse. Und dann gibt es viel Theater – direkt vor der Haustür. Susanne Krause

Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es dann nicht lange, bis man sich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht – oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. „Bei Krause zu Hause“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Beziehungsweise“.

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Geboren in der östlichsten Stadt Deutschlands, aufgewachsen in der oberbayrischen Provinz: Susanne Krause musste sich schon früh damit auseinandersetzen, wo eigentlich ihre Heimat ist – etwa wenn die bayrischen Kinder wissen wollten, was sie für eine Sprache spreche und wo „dieses Hochdeutschland“ sei.

Talking Pets (Indie / Pop / Folk)

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Westküsten-Pop mit englischen Einflüssen

Carolina ist reifer geworden. Carolina will weniger, aber das, was sie will, will sie richtig. Carolina braucht keine hysterisch-überdrehten Schrammelgitarren mehr: eine zurückhaltende Akustikgitarre ist – neben dem Gesang und einem zerbrechlichen Glockenspiel-Synthesizer – der Hauptakteur von „Carolina“, der ersten Single des neuen Albums der Talking Pets (Foto: Max Hoell). Gerade haben die Talking Pets ihre zweite Platte „Cities“ veröffentlicht. Es ist die erste professionelle Produktion, die die Münchner Band erlebt hat. Ihr Debüt, das mittlerweile ausverkauft ist, hatten sie in Eigenregie aufgenommen – und eine überwältigende Resonanz dafür bekommen. „Cities“ ist dagegen runder und hat eine sehr klare Linie – vorgegeben vom ersten Song „Sunlight Anthem“: Das milchige Sonnenlicht in Los Angeles, das man aus so vielen Hollywood-Filmen kennt, scheint die perfekte Untermalung für den Folk-Pop der vierköpfigen Band zu sein. Tatsächlich nennen sie ihre Musik selbst Westküsten-Pop. Doch wenn „Love’s Just An Empty Word“ mit einem fanfarenartigen Bläsersatz beginnt, wird klar, dass ihr Popgespür seinen Ursprung im verregneten England hat: Unter den eingängigen Melodien klingt ein wenig die Experimentierfreude der Beatles auf „Sgt. Pepper’s“ durch. Am Freitag, 16. März, steht das Release-Konzert für „Cities“ im „Atomic Café“ an.

Besetzung: Franko van Lankeren: Gitarre, Gesang; Christoph Geigl: Bass; Jonas Klingenfuss: Piano, Synthesizer; Lennart Stolpmann: Schlagzeug.

Aus: München.

Seit: 2009.

Internet: www.talkingpets.de, www.facebook.com/talkingpets.

Von Rita Argauer

Fjords (Indie-Pop / Dream-Pop)

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Jahr: 2012, Woche: 10

Die Ukulele, diese klimpernde hawaiianische Mini-Gitarre entwickelt sich zum Trendinstrument. Sie klingt leichter, nicht ganz so ernsthaft wie eine Gitarre und vermittelt immer ein wenig Sonnenschein, ein wenig Urlaub.

Mit dem skandinavischen Bandnamen bricht das Duo Fjords (Foto: Adriana Demacek) dieses Bild allerdings. Und die Musik klingt nach frischem und modernem Indie-Pop – obwohl die beiden Wahlmünchner doch einiges anders als gewohnt machen. Eigentlich war Fjords das Soloprojekt von Eduard Demacek.

Der 23-Jährige ist Schlagzeuger, zog beruflich nach München und konnte sein sperriges Instrument nicht mitnehmen. Also kaufte er eine Ukulele und bastelte mit dem Drumcomputer Beats zu den klimpernden Klängen. Sang dazu eingängig-melancholische Melodien; nannte sich irgendwann Fjords – das sollte die verschiedenen musikalischen Zusammenflüsse visualisieren. 2011 stieg Alex Strazdins mit Synthesizer und Bass ein, sorgte für die nötigen tiefen Frequenzen und vervollständigte den Sound. So produzieren die beiden sehr zeitgeistige Musik. „Bed-room Pop Music“ nennen sie diese verträumten Klänge. Wenn sich der Drum-Beat aber einem treibenden Disco-Beat annähert, bekommt der weiche Klang eine durchaus tanzbare Dichte. Am Donnerstag, 8. März, ist das im Cord Club in München live zu erleben. Rita Argauer

Stil: Indie-Pop / Dream-Pop
Besetzung: Eduard Demacek: Ukulele, Drumcomputer, Gesang; Alex Strazdins: Bass, Synthesizer
Aus: München
Seit: 2011 (diese Besetzung)
Internet: www.soundcloud.com/fjordsproject; www.fjordsproject.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.

Monday Tramps (Indierock)

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Montage sind die Bastarde. Besonders für Pop-Musiker.

Montage sind die Bastarde. Und die Pop-Musik – faule Musiker, die gar nicht daran denken, einen 9to5-Job anzunehmen – hackt seit jeher auf diesem Tag herum. Aber das ist nicht die einzige Tradition, der sich die Freisinger Band Monday Tramps (Foto: Michael Berninger) anschließt. Rückwärtsgewandt werden die Einflüsse im London der 60er bis 70er verortet: Die Swinging-Sixties inklusive Sonnenuntergänge und schicke Autos. Dabei vertreten die Musiker das romantische Konzept von Ehrlichkeit und Authentizität. So anachronistisch klingt die Musik des Quartetts aber gar nicht: Die Retro-Rock-Welle um britische Bands wie The Kooks und die Kaiser Chiefs macht ihren Einfluss genauso geltend wie eine Szene, die sich seit etwa zehn Jahren um das Münchner Atomic Café tummelt. Heraus kommt dabei oft gehörter, aber gut gemachter Indie-Rock: Die Gitarren klingen warm, das Schlagzeug spielt einen tanzbaren Beat und Tom Appel singt dazu in einem fast akzentfreien Englisch – wobei seine Kollegen ihn gekonnt unterstützen. Ein paar Ecken und Kanten würden den vier Jungs vielleicht ein wenig mehr Eigenständigkeit geben – andererseits funktioniert ihre Musik prächtig. So begleiten sie gerade Max Rafferty auf dessen Solo-Tour als Vorband; am Freitag, 2. März, treten sie im 59:1 in München auf.

Stil: Indierock

Besetzung: Tom Appel: Gesang, Gitarre; Dominic O’Barden: Bass, Gesang; Maxi Blank: Schlagzeug, Gesang; Tobi Riedl: Gitarre.

Aus: Freising / Petershausen.

Seit: 2011.

Internet: www.mondaytramps.net; www.facebook.com/MondayTramps.

Von Rita Argauer

Alles grün und niemand blau

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Mädchenabende sind legendär und nicht alle, aber so manche sind auch einzigartig. Loriot durch die grasgrüne Brille. Jogginghosen anstatt Jeans, die bei so viel vernaschten Schokobonbons schon längst geplatzt wären. Bändchen um Gläschen. Das klingt fast so, als ob da bei den Mädels ein Kabel locker wär.

Manche Abende sind legendär. So legendär, dass, wenn Freunde zusammenkommen, die einen solchen Abend erlebt haben, unweigerlich Sätze fallen, die mit „Wisst ihr noch, damals“ beginnen. Meistens ist eine Menge Alkohol im Spiel. Nur selten finden solche Abende auf dem Sofa, vor dem Fernseher statt. Aber es ist möglich, ich habe es erlebt.

Wir schreiben den Abend nach der Logik-Klausur, als Daliah uns die Wohnungstür öffnet. Daliah ist ein Phänomen. Daliah ist ein Meter fünfzig geballte Freundlichkeit, sie ist so etwas wie die Idee des Herzensguten. Sie hat sich noch mit jedem Sonderling im ersten Semester Philosophie unterhalten – und sobald ein hämisches Wort über den Typen fällt, der offensichtlich direkt aus den 80er Jahren in die Einführungsvorlesung gewarpt wurde, schaltet sie sich ein. Er sei eigentlich ganz nett, sagt Daliah. Zu ihrem Loriot-Abend hat sie ihn trotzdem nicht eingeladen.

Daliahs Loriot-Abend. Als drei Jahre danach diese Worte fallen, beginnen wir, fünf Zeugen des legendären Abends, sofort durcheinander zu reden: die Schokoladenbonbons, die Jogginghosen, die Grünstich-Taste. Zum Glück sitzt ein Mensch mit am Tisch, den vor drei Jahren noch keiner von uns kannte: Wir konnten alles noch einmal erzählen. Daliah hat bunte Bändchen um unsere Gläser gebunden, sie hat Schokoladenbonbons auf dem Wohnzimmerboden verteilt und Jogginghosen rausgelegt, für den Fall, dass irgendjemandem beim Fernsehschauen seine eigene Hose unbequem wird – nach sehr vielen Schokoladenbonbons kann das durchaus passieren!

Alles ist so liebevoll. Es stört kaum, dass das DVD-Titelmenü seit zehn Minuten ausschließlich in Grüntönen erscheint. Loriot wirkt wie eine gesetzte Variante des Grinch. Daliah ist überzeugt, dass es der Fernseher eigentlich nur gut meint und schwankt zwischen den Erklärungen, dass a) Loriot-Sketche schon immer in Grünschattierungen gesendet wurden oder b) jemand versehentlich die Grünstich-Taste auf der Fernbedienung aktiviert hat.

Ich beginne mich gerade an ein Leben in sanften Grüntönen zu gewöhnen, als die Suche nach der Grünstich-Taste beendet ist: Am Fernseher war ein Kabel locker. Bei der Pointe müssen wir seufzen. Wir müssten unbedingt mal wieder einen Loriot-Abend veranstalten. Auch wenn das nur ein müder Abklatsch werden kann. Susanne Krause

Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es dann nicht lange, bis man sich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht – oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. „Bei Krause zu Hause“ erscheint im Wechsel mit der Kolumne „Beziehungsweise“.

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Geboren in der östlichsten Stadt Deutschlands, aufgewachsen in der oberbayrischen Provinz: Susanne Krause musste sich schon früh damit auseinandersetzen, wo eigentlich ihre Heimat ist – etwa wenn die bayrischen Kinder wissen wollten, was sie für eine Sprache spreche und wo „dieses Hochdeutschland“ sei.

Kein Signal (Deutschpunk)

Jahr: 2012, Woche: 08

Etwas verkrampft sehen sie aus – mit den klassischen Instrumenten in der Hand. Doch die Komposition des Fotos, die Symmetrie der Instrumente, die Position der Musiker, all das wirkt auch sehr ruhig und durchdacht. Irgendetwas passt nicht, etwas Rebellion blitzt da durch: einer trägt ein AC/DC-T-Shirt, die Blicke sind herausfordernd.

Herausforderung ist wichtig für diese Musiker. Sie fordern viel; sowohl von sich selbst als auch von ihrem Publikum: Punk ist tot, vor allem der politische Deutsch-Punk. Doch die Punkband Kein Signal (Foto: Oli Hüttner) rüttelt ein wenig an diesen festgefahrenen Paradigmen. Das Münchner Quartett gibt es schon seit fast zehn Jahren. Als Teenies verschrieben sie sich dem Deutsch-Punk; probten die Rebellion. Doch die Szenen haben sich verschoben, Techno hat die Durchschlagskraft von Punk abgelöst, Feiern steht über der Gesellschaftskritik. Kein Signal hat trotzdem weitergemacht und veröffentlicht am Freitag, 24. Februar, ein neues Album: „Zwischen den Zeilen“ heißt es. Deutsch-Punk, wie man ihn kennt: schnell, rumpelnd, verzerrte Gitarren und Texte über gesellschaftliche Missstände. Doch die Punk-Musiker spielen zudem mit den Erwartungen und lassen bei ihrem Release-Konzert im Orangehouse im Feierwerk ein klassisches Streichquartett auf ihr Publikum los. Rita Argauer

Stil: Deutschpunk
Besetzung: El Maniac: Gitarre, Gesang; Mio: Gesang, Gitarre; Harry: Bass; Daniel: Schlagzeug
Aus: München
Seit: 2004
Internet: www.keinsignal.blogspot.com

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Rita Argauer ist die Musik-Expertin der Junge-Leute-Seite. Sie ist nicht nur ständig auf der Suche nach neuen Münchner Bands und deswegen in den Clubs dieser Stadt unterwegs. Sie kennt die Szene auch von der anderen Seite: Sie singt und spielt Keyboard in der Band Candelilla.