Maria Rüegg hat erfahren, dass es einst auch Toilettenstühle für die Oberschicht gab Foto: Privat

Lokus im Fokus

In der Reihe „Unikate“ stellen wir in loser Folge Studentinnen und Studenten vor, die spannende Abschlussarbeiten geschrieben haben. Heute: Über Toiletten im alten Rom schrieb Maria Rüegg ihre Bachelorarbeit

Es geht ums Geschäft. Und doch muss es früher ein großer Spaß gewesen sein. Ein Event, wenn man so will. Damals im alten Rom. So fand Maria Rüegg, 26, bei ihren Recherchen für ihre Bachelorarbeiten in Archäologie sowie in Kunstgeschichte heraus, dass es einst keine einzeln abgetrennten Kabinen gab, sondern Sitzbänke, wo 30 bis 40 Leute auf einmal Platz hatten und man gemeinsam sein Geschäft verrichten und sich unterhalten konnte. Ihre Schlussfolgerung: Es musste damals ein ganz anderer Umgang mit dem Toilettengang geherrscht haben. „Diese öffentlichen Toilettenbauten sahen nicht so schäbig aus, wie heute etwa ein Dixi Klo“, sagt sie. „Sie waren häufig groß und reich ausgeschmückt, zum Beispiel mit Marmor, Mosaiken und großen Fenstern.“ Ihre Bachelorarbeit „Lokus im Fokus“ schrieb sie dann über drei spezifische römische Toilettenbauten in Ostia, Ephesos und Pergamon.

„Auf die Thematik kam ich durch ein Seminar über öffentliche Bauten im alten Rom“, sagt Maria. Sie wollte ihre Arbeit unbedingt über das dort angebotene Thema der Toilettenbauten schreiben. „Es interessierte mich, wie früher mit Fäkalien umgegangen wurde und ob die Thematik des Toilettengangs wie teils heute noch ein Tabuthema war“, sagt sie, „es ist doch ein sehr menschliches Thema, das uns sehr beschäftigen sollte aufgrund seiner Alltäglichkeit und den Auswirkungen auf die Gesundheit bei unkorrekter Entsorgung.“

Die Toilettenforschung existiere eigentlich erst seit den vergangenen Jahren, sagt Maria. Lange sei nicht zu diesem Thema geforscht worden, oder Toilettenbauten seien als Badehäuser oder Saunen fehlinterpretiert worden. „Das liegt zum einen daran, dass die jeweiligen Vorstellungen und Konventionen in die Vergangenheit projiziert wurden, zum anderen daran, dass es im prüden 19. Jahrhundert oft verboten war zu Toiletten zu forschen“, sagt Maria.

Sie stieß bei der Recherche auf zwei Toilettenstühle, die im Laufe ihrer 2000-jährigen Existenz zu verschiedensten Zwecken verwendet und auch immer wieder unterschiedlich interpretiert wurden. In ihrer Bachelorarbeit in ihrem Zweitstudium der Kunstgeschichte – „Habet et bene pendentes. Zwei antike Latrinenstühle im Vatikan und im Louvre“ – schrieb sie eine Objektbiografie zu den beiden Toilettenstühlen. Es handelt sich um zwei thronartige Stühle aus rotem Marmor mit je einem Loch in der Sitzfläche. Sie dienten als Toilettenstühle der Oberschicht.

Von Tabitha Nagy