Leopold Knott, 21, macht Mode für ein friedliches Miteinander. Mit seiner neuen Kollektion will er zwischen europäischer und arabischer Kultur vermitteln. Dazu gehören auch bauchfreie Shirts.
München – Es gibt eine neue Mode-Marke in der Stadt: „Fahem Wear“. „Fahem“ ist arabisch und bedeutet Verständigung oder Verständnis. Der Grafikdesign-Student Leopold Knott, 21, möchte mit seinen selbstgestalteten Shirts zu einem besseren Miteinander der arabischen und der westlichen Kultur beitragen.
SZ: Wie soll Kleidung dazu beitragen, dass sich Menschen unterschiedlicher Kulturen besser verstehen?
Leopold Knott: Durch die Flüchtlingsdebatte ist das Thema ja sehr aktuell. Hier prallen Welten aufeinander. Wenn die beiden Kulturen kein friedliches Miteinander anstreben, dann wird es ungemütlich.
Verstehe. Aber warum sollen ausgerechnet Klamotten helfen?
Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, wie beide Kulturen öffentlich zeigen können, dass sie ein Miteinander wollen.
Und dieses Miteinander soll jetzt mit Shirts funktionieren?
Jeder soll so zeigen können, dass er die Verständigung mit der anderen Kultur will. Und zwar anhand von Shirts mit Aufdrucken: So kann jeder die Botschaft nach außen tragen, ohne sich erst darüber unterhalten zu müssen. Auf diese Weise können zum Beispiel ein Syrer und ein Münchner gleichermaßen zeigen, dass ihnen dieses Miteinander am Herzen liegt.
Und was ist auf die Shirts gedruckt?
Ich habe durchweg positiv besetzte Begriffe gewählt, damit keine Missverständnisse aufkommen. Zudem sind es Begriffe, die sowohl in der Bibel als auch im Koran zu finden sind und die ein friedliches Miteinander zum Ziel haben. Und zwar: Respekt, Verständigung, Verbundenheit, Toleranz, Kooperation und United. Es werden aber auch noch mehr Begriffe hinzukommen. Die Wörter sind jeweils in arabischer und unserer Schrift auf die Klamotten gedruckt. Das soll die Verbundenheit der beiden Kulturen veranschaulichen.
Im Angebot sind aber auch bauchfreie Tops. Steht das nicht etwas im Widerspruch zur arabischen Kultur?
Ich gebe nur die Möglichkeit, sich ein bauchfreies T-Shirt zu kaufen, ich zwinge niemanden dazu. Es soll sich jeder das raussuchen, was für ihn passt. Ich möchte, dass sich beide Kulturen anstrengen, dass es dieses Miteinander gibt. Deshalb müssen beide Seiten tolerant sein.
Aber bei einem bauchfreien Top könnte die Toleranz schnell vorbei sein.
Wir müssen die andere Kultur genauso akzeptieren, wie die unsere. Meine ehemalige arabische Sprachlehrerin beispielsweise hat mir gesagt, sie würde sich kein bauchfreies Top kaufen, aber sie stört sich auch nicht daran. Meine Idee gefällt ihr super.
Das könnte aber auch genau als Intoleranz und Unwissenheit ausgelegt werden.
Auch mein Vater hat mich darauf angesprochen, ob ich diese Shirts wirklich anbieten will. Allerdings ist es – wie gesagt – nur eine Möglichkeit, sich ein bauchfreies Top zu kaufen. Meine Zielgruppe sind Menschen beider Kulturen. Jeder soll sich das aussuchen, was für ihn passt. Und die Idee eines Miteinanders muss auf Gegenseitigkeit beruhen. Das heißt, wir müssen die arabische Kultur genauso akzeptieren und tolerieren, wie die unsere.
Die Begriffe sind in lateinischer und arabischer Schrift aufgedruckt. Warum?
Ich habe vergangenes Semester in London studiert. Dort habe ich Sprachunterricht in Arabisch genommen und dabei auch das arabische Alphabet gelernt. Dabei habe ich einige Begriffe selbst geschrieben – auch die, die jetzt auf meinen Klamotten gedruckt sind. Mit den Wörtern habe ich etwas herumexperimentiert und verschiedene Farben und Designs ausprobiert. Und dabei kam mir dann die Idee, die arabische und die lateinische Typografie zu kombinieren.
Wieso wurde die arabische Schrift gewählt? Aus Gründen des Designs?
Ich habe mich schon immer für Kalligrafie interessiert. Im Vergleich zu unserer lateinischen Schrift ist sie nicht so starr, sondern sehr elegant. Durch mein Studium habe ich mich dann intensiver damit auseinandergesetzt und so kam ich schnell zur arabischen Schrift. Während meiner Zeit in London habe ich auch einen Kurs zur „Interkulturellen Typografie“ besucht.
Sieht natürlich auch schick aus…
Ich habe eine persönliche Affinität zur arabischen Schrift. Und ich beschäftige mich mit ihr, weil ich es für eine gute Möglichkeit halte, tiefer in die arabische Kultur einzutauchen und mehr über die Kultur zu lernen und sie zu verstehen. Das ist für mein Projekt unverzichtbar.
Geht es um Optik? Oder um Inhalte?
Mein Ziel ist es, den Leuten die Möglichkeit zu geben, dass ihnen die Verständigung mit der jeweils anderen Kultur am Herzen liegt. Die Ästhetik ist ein entscheidender Punkt. Für mich ist die arabische Schrift wunderschön. Aber das ist nicht die einzig treibende Kraft, sie auf T-Shirts drucken zu lassen. Mit einem Kleidungsstück, das man in der Öffentlichkeit trägt, kann man seine Überzeugung am besten ausdrücken, dass ein Miteinander der Kulturen wichtig ist.
Wie gut kennst du dich mit der arabischen Kultur aus?
Ich habe mich in London viel mit arabischen Menschen über Vorurteile unterhalten. Auch jetzt, zurück in München, lerne ich weiter Arabisch. Durch Gespräche mit meinem jetzigen Lehrer lerne ich viel über die arabische Kultur. Ich plane demnächst eine Reise nach Ägypten und möchte auf jeden Fall noch mehr darüber lernen.
Interview: Stephanie Albinger
Foto: Lorraine Hellwig