Liebestöter und Apfel-Leggins

image

Mal ehrlich: Jeder junge Mensch ist auf der Suche. Nach Liebe. Nach einem Lebensabschnittsgefährten. Vielleicht nach einer Affäre. Das Problem: Sobald sich das Leben um mehr als nur eine Person dreht, wird es verzwickt – eine Kolumne über die Tücken der Partnersuche.

Zu niedrigen Temperaturen hat Wanda ein eher ambivalentes Verhältnis. Schneeflocken und Kaminabende in Wolldecken gewickelt kommen gut an. Zähneklappern und Schniefnasen nicht unbedingt. Aber ein Gutes hat der kalte Winter dann doch: Dates auf dem Weihnachtsmarkt. Die führen nicht nur dank ausführlichen Glühweingenusses schnell zu leuchtenden Gesichtern; sie ersparen Mädchen auch die sonst unvermeidlichen Garderobensorgen, erklärt mir Wanda. Unter dicken Mänteln und Schaals lassen sich locker mehrere Schichten gemütlicher Strickjacken, warmer Strumpfhosen und sogar Spuren vergangener Plätzchenorgien verstecken: Vom bescheuerten Mischoutfit mit Speckrollenalarm zum niedlichen Wintermädchen. Praktisch.

Besagte Praktik übt Wanda auch an diesem Abend, bevor sie sich mit Stefan trifft. Den hat sie in der U-Bahn kennengelernt und sofort eine Verabredung eingefädelt. Natürlich auf dem Weihnachtsmarkt. Als sie dort ihre Spiegelung in einer Christbaumkugel betrachtet, ist sie höchst zufrieden. Als ihr Stefan allerdings gleich nach der Begrüßung vorschlägt, sich ob der Kälte lieber ein warmes Plätzchen im Inneren eines Cafés zu suchen, weicht das Wohlgefühl jedoch schnell blankem Entsetzen. Als nächstes fragt er noch, ob sie nicht ins Schwimmbad wollen. Dabei hat sie sich – ganz praktisch bei der Kälte – die Beine seit einer Woche nicht rasiert. Sieht ja eh keiner.

„Mir ist gar nicht kalt“, quietscht sie nervös und bemüht sich, nicht an ihre Apfel-Leggins zu denken. Die Apfel-Leggins ist eigentlich viel zu klein und schneidet ziemlich ein. Die Krönung sind rote und grüne Apfelhälften, die sich, hat man seine Krautstampfer erst einmal in die engen Hosenbeine gedrückt, zu immensen Vollmonden ausdehnen.

Wanda hat genug. Ihr Date mit Stefan endet, wo es angefangen hat. In der U-Bahn, wo sie sich alleine auf den Heimweg macht, nachdem sie ihre Verabredung mit einem schlecht gespielten Notfallanruf abgespeist hat. Von jetzt an wird hübsch gefroren, schwört sie sich. Morgen kommt die Apfel-Leggins in den Müll.

Von Lisi Wasmer