Zehn junge Fotografinnen und Fotografen treffen auf zehn junge Menschen mit Bühnenerfahrung.
Das Ergebnis: „10 im Quadrat Volume 3“ – eine Ausstellung der Junge-Leute-Seite im Farbenladen des Feierwerks. Hier im Porträt: Fotograf Özgün Turgut
Die dünne Haut des Kondoms presst die dunklen Haare von Nico Reimann eng an seine Stirn. Auch die Nase ist flach gedrückt durch die einengende Hülle. Dass es unter dieser Kuppel schwerfällt zu atmen, beweist die Hand des Fotografierten. Vorsichtig zieht er die Haut, die ihn umgibt, vom Mundraum weg – nur so ist es möglich zu atmen, nur so ist es möglich, unter dem Druck zu leben. Genau um diesen Druck geht es in der Fotostrecke des Fotographen Özgün Turgut, 23. Denn der Weg, man selbst zu sein, sei oftmals schwer, da ständig äußere Einflüsse wie Religion oder Kultur auf einen einwirken, sagt Özgün. „Als fühle man sich gefangen im eigenen Körper“, beschreibt er das Gefühl, das er selbst nur zu gut kennt.
Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in der Nähe von Regensburg, fühlte er sich dort nie wirklich daheim. „Du weißt, dass du anders bist, kannst es aber nicht sagen“, sagt er. Dann kam die Fotografie, im Alter von acht Jahren bei einem der vielen Besuche von Verwandten in der Türkei. Auf der Straße wurde ihm eine Kamera in die Hand gedrückt: „Da hat es mich gepackt“, sagt er. Verändert hat sich dann alles mit dem Umzug in die (wie es damals zu sein schien) große Stadt Ansbach. Im Studium „Multimedia und Kommunikation“ – natürlich mit einem Schwerpunkt auf Fotografie – traf er auf andere Kreative, die seine Leidenschaft teilten und ihn verstanden.
Heute lebt er in München und hat sich, wie er sagt „in die Stadt verliebt“. Hier absolviert er gerade ein Praktikum in der Bildredaktion der GQ, als Teil seines Studiums. Äußere Einflüsse haben ihn eingeschränkt, äußere Einflüsse haben ihn aber auch zu dem gemacht, der er heute ist. Ein angehender Fotograf, der diesen Prozess der Suche nach sich selbst, mehr in den Fokus der Menschen rücken möchte.
Diese Zweiseitigkeit der äußeren Einflüsse in seinem eigenen Lebensweg spiegelt sich auch in den Aufnahmen wider. Jedes Model posiert gemeinsam mit einem Objekt: ein Strumpf oder eben ein Kondom, das diesen äußeren Einfluss darstellt. Ein Kondom auf dem Kopf, geht es da um Sexualität? Nein, nicht in den Augen des Fotografen. Die Objekte stehen zwar für die äußeren Einflüsse, sollen aber kein plakativer Einfluss sein – sie haben keine Symbolkraft. Durch Vorgaben wie diese und gleichzeitiges Zurücknehmen, stellt Turgut durch seine Aufnahmen Fragen über diesen vielschichtigen Prozess des Selbstfindens. Beantworten kann sie nur der Betrachter, für sich selbst.
Text: Larissa Kahr
Foto: Özgün Turgut
Alle Informationen zur Ausstellung gibt es hier