In München darf man zwar wieder in Clubs und Bars feiern, aber das fühlt sich in der momentanen Situation für Laurens einfach nicht richtig an. Wie er sich anderweitig Ablenkung von den schlimmen Dingen, die gerade in der Welt passieren, sucht.
Die letzten Tage waren turbulent und ziemlich ruhelos. Seit dem 24. Februar, dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine, hänge ich pausenlos am Handy und schaue die neuesten Nachrichten. Inzwischen habe ich mir sogar Twitter zugelegt, obwohl ich mir gesagt hatte, dass Instagram und Facebook eigentlich schon zu viel des Guten sind. Das rächt sich. Mein Handy sendet mir inzwischen täglich besorgniserregende Benachrichtigungen über meinen Bildschirmkonsum. Gestern waren es mehr als 10 Stunden. Dabei bin ich nicht mal selbst betroffen, im Gegensatz zu vielen Menschen in München. Klar, irgendwie muss man wieder zur Normalität zurückfinden, aber gerade jetzt scheint mir das fast unmöglich. Weitergehen muss es trotzdem. Und wenn ich mir meine Augenringe und zynischen Kommentare der letzten Tage so anschaue, wird mir die ganz guttun.
Am Freitag gibt es deshalb erstmal die volle Ladung Ablenkung. Die Rennbahn an der Münchner Freiheit feiert Rerereopening und ich werde wohl mit dabei sein. Denn die Rennbahn ist eine wahre Kulteinrichtung und für mich als Anwohner eigentlich Pflichtprogramm. Von 19:00 Uhr an geht’s los. Aber nicht vergessen: Trotz Lockerungen gilt noch 2G+.
Am Samstag gibt es erstmal Kunst, denn wenn es eine Sache gibt, die mich wirklich ablenkt, dann das – nicht mal Bier schafft das so gut. Im House of Arts, einem leerstehenden Bürogebäude am Schatzbogen 38 wird vom 4. bis zum 5. einiges geboten. Von Skulpturen über Bilder bis hin zu NFTs in digitalen Rahmen ist alles dabei. Der Eintritt ist frei und alle Werke können gekauft werden.
Kunst und Bier helfen aber auch nicht immer und minütlich Twitter zu aktualisieren macht die Situation auch nicht besser, denn zurück bleibt meist nur ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Um das zu bekämpfen, treibt es mich Sonntag auf eine Großdemo der LMU gegen den Ukraine-Krieg. Ab 14:00 Uhr am Max Weber Platz werden wohl einige, denen es ähnlich geht, ihrer Wut Luft machen.
Montags werde ich wohl wieder in alte Gewohnheiten zurückfallen und ganztägig Twitter durchstöbern. Es gibt einige Kanäle, die durchgehend über die neusten Entwicklungen informieren. Davon werde ich wohl viel Gebrauch machen, denn die Medienlandschaft in Deutschland hängt meistens mehrere Stunden hinter den neusten Entwicklungen zurück. Gerade die Seiten Euromaidan PR und Kyiv Independent berichtet viel aus der Ukraine und bei den Bildern, die sie zeigen, fällt es schwer nicht hinzuschauen.
Sich zu informieren oder auch zu demonstrieren ist gut, selbst aktiv zu werden aber deutlich besser. Deshalb werde ich wohl am Dienstag Klamotten, Schmerzmittel und Essbares an eine der vielen großartigen Münchner Organisationen verteilen, die Spenden in die Ukraine bringen. Die Organisation Help Ukraine ist eine davon. Von 10:00 bis 20:00 kann jeder, der will Sachspenden für Ukraine an der Einsteinstraße 96 bei ihnen abgeben.
Mittwoch muss ich mich trotz aller Ereignisse in der Welt auch mal wieder meinem eigenen Leben widmen. Mich erwartet die letzte Klausur meines Studiums und trotzdem habe ich wohl nicht wirklich Lust feiern zu gehen. Ein bisschen Ablenkung muss aber sein, deshalb treffe ich mich zur Feier des Tages dann wohl doch mit einer Freundin und begieße meinen zweiten Abschluss.
Ein komisches Gefühl in der Magengrube wird sich mir dann spätestens am Donnerstag einstellen, denn während ich wohl nur mit einem Kater zu kämpfen haben werde, sind die Menschen in der Ukraine gerade mitten in einem Krieg. Deshalb gehe ich wohl auch am Dienstag zum Spenden. Dieses Mal werde ich statt Sachen einfach Geld spenden. Viele Menschen haben gerade Angst, dass mit der Eroberung der Ukraine auch die Uhr in Sachen queer-Rights in der Ukraine zurückgestellt wird. Deshalb werde ich wahrscheinlich beim Verein Munich Kyiv Queer vorbeischauen und ihre Arbeit unterstützen. Der Verein setzt sich für die Rechte queerer Menschen in der Ukraine ein und jeder, der helfen will, kann das über ihr Instagram tun. Der Link ist in ihrer Bio.
Und dann ist schon wieder Freitag. Nach meiner vollen Woche wird es dann wohl Zeit für mich auch mal ein bisschen zu entspannen und den Terminkalender einfach mal in der Ecke versauern zu lassen. Schließlich gibt es in München jede Woche viel zu tun und zu erleben. Einen Tag kann ich mir also auch mal getrost freinehmen und mir einfach gediegen die Bettdecke über den Kopf ziehen.
Laurens Greschat